2015-03-30 PM Grundwassersituation im Bereich

Grundwassersituation im Bereich der
Wölfershäuser Straße
DER BÜRGERMEISTER
Heringen (Werra), 30.03.2015
PRESSEMITTEILUNG
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
im Jahr 2005 hatte ich auf den Weg ins Büro ein Rinnsal vom Brunnenhaus der K+S am
Heinerberg kommend entdeckt, das in den Straßeneinlauf floss. Weil ich einen seltsamen
Geruch festgestellt hatte, habe ich das Wasser probiert und festgestellt, dass es extrem salzig
schmeckte.
Die angerufene K+S erklärte daraufhin, dass der Austritt die Folge eines Pumpenausfalles
gewesen sei und nicht wieder vorkomme.
Schriftlich habe ich das Unternehmen nochmals darauf hingewiesen, dass dies nicht nochmals
passieren dürfe, da wir diesen Bereich auf Anweisung der Aufsichtsbehörden an die
Kläranlage anzuschließen hätten.
2009 haben wir das Unternehmen K+S, wie alle anderen Anlieger in diesem Bereich
aufgefordert, die Klärgruben stillzulegen und direkt an den Hauptsammler, umzuschließen.
Zuvor hatten wir immer wieder gerätselt, warum man diesen gesamten Bereich nicht schon in
den 80er Jahren an die Kläranlage angeschlossen hatte, zumal die Infrastruktur dafür fast
vollständig vorhanden war. Weder kam von K+S noch von den Behörden, die den Zustand
seit etwa 30 Jahren bestens kennen mussten, irgendeine Warnung zu dem, was sich da
tatsächlich im Untergrund abspielte.
Im Frühjahr 2010 bekam ich dann einen aufgeregten Anruf vom Leiter der Kläranlage, dass
wir einen ungewöhnlichen Salzwassereinbruch aus Richtung Werradüker in der Kläranlage
hätten.
Wir haben uns sofort vom Pumpwerk am alten Sportplatz, über den RÜB, bis zu den
Kanalschächten in der Wölfershäuser Straße vorgearbeitet und mit Entsetzen festgestellt, dass
bis zu 3000 Kubikmeter Grundwasser mit bis zu 40g Salz je Liter in unsere Kanäle strömten.
Der von mir sofort angerufene zuständige Vertreter der K+S erklärte dazu zunächst, dass das
allein unser Problem sei und die Stadt daher sehen müsse, wie sie damit fertig werde.
Ich habe daraufhin augenblicklich den Bereich abschiebern lassen, um die Kläranlage nicht
weiter zu gefährden.
Die hernach angerufene Werkleitung stellte nach einem weiteren Termin mit Vertretern der
Wasserbehörden und unserem Planungsunternehmen einige Tage später fest, dass die
Absenkpumpen der K+S, die ohnehin wohl bis zu 3000 Kubikmeter täglich abpumpen um
den Pegel des kontaminierten Grundwassers unterhalb der Überlaufschwelle zu halten, den
Zufluss nicht mehr schaffen könnten und so die Lauge z. B. über Hausdrainagen sowie
Keller- und Hofeinläufe in unsere Kanäle schwappen würde.
Nach einer anschließenden Beratung in den Räumen der K+S habe ich noch am gleichen Tag
einen Planungsauftrag für ein Trennsystem erteilt.
Es erfolgten weitere sporadische Salzwassereinbrüche, allerdings war ich aufgrund der
Stellungnahme des Regierungspräsidiums angewiesen worden, nicht mehr sofort
abzuschiebern. Jedoch konnte ein von mir beauftragtes Gutachten der Universität Kassel nicht
klären, wann aufgrund der Salzwassereinbrüche mit einem Umkippen der Kläranlage zu
rechnen ist.
In einer weiteren Konferenz, diesmal mit Vertretern des hessischen Umweltministeriums,
stellte dieses dann fest, dass die Verantwortung nicht etwa bei den die Laugeversenkung
genehmigenden Behörden liege, sondern was den folgenden möglichen Schaden anbetreffe,
allein der Bürgermeister in der Haftung stehe.
Sollte ich zu früh abschiebern und daher unnötig häusliche Fäkalien in die Werra gelangen,
müsse ich mit einem Strafverfahren rechnen und Gleiches würde für den Fall gelten, dass ich
zu spät abschiebern würde und die Kläranlage Schaden nimmt oder ganz ausfällt.
Das Umweltministerium wird also weiterhin die Versenkung genehmigen und im
Schadensfall wird man den Bürgermeister persönlich in die Haftung nehmen. Damit war klar,
dass das Umweltministerium der Auffassung ist, dass die Stadt Heringen allein sehen müsse,
wie sie mit dem Problem fertig wird.
Man wird weiterhin ohne die Beteiligung der Stadt entscheiden, was schon Amtskollegen vor
mir kritisiert haben, die Folgen hat jedoch im Wesentlichen die Stadt zu tragen.
Inzwischen hatte die untere Wasserbehörde mit Schreiben vom 16.12.2010 eine positive
Stellungnahme zu den erstellten Planungen eines zu errichtenden Trennsystems
abgegeben.
Schreiben vom Landkreis
Mit den Verkehrsbehörden, Hessen Mobil, K+S und den Wasserbehörden wurde in Folge ein
Zeitplan entwickelt, da die Bauarbeiten nur unter Vollsperrung erfolgen konnten und in die
weiteren Baumaßnahmen an den zahlreichen Landesstraßen innerhalb der Stadt Heringen
eingepasst werden mussten. Schließlich mussten noch die Hauptstraße in der Kernstadt wegen
der maroden Kanäle komplett aufgerissen werden und die Werrabrücken standen gemäß
Hessen Mobil 2015 eigentlich zum Neubau an. Parallel mussten mehrere weitere
Landesstraßen unter Vollsperrung neu gebaut werden, bzw. waren im Bau.
Daher bekam die Kraftwerksstraße plötzlich eine ganz andere Bedeutung und das
Regierungspräsidium stimmte daher einer Besitzeinweisung für die Grundstücke zu, deren
Besitzer nicht verkaufen wollten.
Nun jedoch folgte nach dem gescheiterten Abwahlverfahren im Frühjahr 2013 die
angekündigte Blockade im Stadtparlament und warf fast alle Planungen über den Haufen.
Mehrfach griffen die Wasserbehörden ein und verlangten, dass die von den Stadtverordneten
gestrichenen Mittel wieder in den Haushalt eingebucht wurden.
Wir waren inzwischen völlig verzweifelt, weil es immer wieder zu starken
Salzwassereinbrüchen und entsprechenden Schäden an der Kläranlage kam, wobei sich K+S
bis heute weigert, die Kosten dafür allein an der Kläranlage in Höhe von rund 100.000 Euro
zu übernehmen.
Der letzte Akt der Blockade folgte mit einem Gespräch der drei Fraktionen CDU, SPD und
UL beim Regierungspräsidenten persönlich, offenbar mit dem Ziel, dass nicht nur die
laufenden und gesetzlich zwingenden Kanalerneuerungen sondern insbesondere der Bau des
notwendigen Trennsystems im Bereich der Wölfershäuser Straße nicht durchgeführt sondern
bis 2021 verschoben werden sollten, also zeitlich gleichgesetzt mit der verlängerten
Versenkerlaubnis der Umweltministerin. Sollte diese terminliche Übereinstimmung wirklich
ein Zufall sein?
Nach unseren Einwendungen und einer nachfolgenden Prüfung ordnete der
Regierungspräsident wiederum den sofortigen Bau an, jedoch wurde nun demnach von den
gleichen drei Fraktionen bei der Kommunalaufsicht, Frau Hühn, vorgetragen, dass die
vielfach geprüften Planungen gemäß ihrer eigenen Kompetenz im Kanal- und Straßenbau
Luxusausführungen seien und die vielen, inzwischen mit den städtischen Kanälen, Straßen
und Wasserleitungen befassten Ingenieurbüros, wie auch die Ingenieure der
Aufsichtsbehörden in schlüssiger Folge offenbar völlig unzureichend geplant und geprüft
hätten. Dabei gab es bis heute von den prüfenden Behörden nicht eine einzige diesbezügliche
Beanstandung.
Daraufhin wurde von der Kommunalaufsicht und demnach wieder mit Unterstützung des
Regierungspräsidenten eine erneute Prüfung der von Fachleuten erstellten und geprüften
Planungen durch ein schon beteiligtes Planungsunternehmen angeordnet und hernach sollen
wohl die Stadtverordneten nach ihrer eigenen Sachkompetenz die tatsächliche Bauausführung
bestimmen.
Es bleibt abzuwarten, ob Fachingenieure oder in Zukunft doch Laien die Planungen
komplexer Bauwerke und deren Bauausführung bestimmen. Mit Sicherheit dürfte dies jedoch
einen einmaligen Fall in unserem Land darstellen.
Ich habe dem Regierungspräsident übrigens mitgeteilt, dass dem Stadtparlament weder ein
Tiefbauingenieur noch ein Statiker angehört.
Beteiligung der K+S
Seit 2010 führen wir bereits Verhandlungen mit K+S zum Zweck der Kostenübernahme für
die notwendige Errichtung eines Trennsystems, jedoch gestaltet sich dies sehr schwierig.
Ich werde hierzu demnächst eine uns anonym zugegangene chronologische Auflistung
veröffentlichen, die bis in die 80er Jahre zurückreicht.
Mein mehrfacher Vorschlag indes war, dass jeweils Fachingenieure unter Einbeziehung der
Behörden, die die Laugeversenkung genehmigt haben, gegenüber einem Gericht oder einer
Schiedsstelle vortragen und deren Entscheidung als vertragliche Regelung zwischen K+S und
der Stadt akzeptiert wird. Das hat K+S bisher abgelehnt und stattdessen einen Betrag für den
Bereich Heinerberg angeboten, der jedoch das Zukunftsproblem m. E. nicht abdeckt.
In einem letzten Gespräch wurde vereinbart, dass ich nun einen Eckpunktevertrag zur Lösung
des unmittelbaren Problems entwerfen solle, den ich am 30.01.2015 K+S zugeschickt und
nachfolgend veröffentlicht habe.
Eine Antwort der K+S steht dazu noch aus.
Wichtige Fragen an die Genehmigungsbehörden
Aufgrund der Position des Umweltministeriums zur Haftung des Bürgermeisters bei Schäden,
die voraussichtlich durch die Erlaubnis zur Laugeversenkung bzw. der Aufhaldung entstanden
sind, sowie dem ständigen Hin und Her der Behörden und angeblich mangelhafte
Transparenz, habe ich meinerseits folgende Fragen an den Regierungspräsidenten und die
Umweltministerin zu stellen und darum gebeten sie vor den Bürgen in Heringen, die letztlich
ebenfalls die Folgen tragen und finanzieren sollen, zu beantworten. Zumindest diesen
Aufwand müssten die Menschen des Werratales wert sein.


Seit wann muss K+S die in diesem Bereich abgepumpten Grundwassermengen
sowie die entsprechenden Werte an Behörden des RP oder des
Umweltministeriums melden?

Welche Konsequenzen hat das Umweltministerium oder der RP daraus seit
wann gezogen?

Warum hat das Umweltministerium und das Regierungspräsidium die Stadt
Heringen ggf. nicht über die von K+S abgepumpten Grundwassermengen und
Werte in diesem Bereich informiert?

Gibt es seit Bekanntwerden der gewaltigen Laugeaustritte und
Grundwassergefährdung in den 80er Jahren eigene Planungen des
Umweltministeriums oder des RP zur baulichen und technischen Lösung des
Problems aus der genehmigten Laugeversenkung?

Wenn die bisher gebauten Entwässerungssysteme auch nach Ansicht des
Regierungspräsidiums und der Kommunalaufseherin Hühn ggf. Luxuskanäle
sind, wie soll dann alternativ die schlichte und angemessene Bauweise aussehen?

Wie sollen nach Ansicht der Umweltministerin und des Regierungspräsidenten
die langfristigen gewaltigen Belastungen aus der Versenkgenehmigung finanziert
werden, insbesondere nach der beabsichtigten Änderung des kommunalen
Finanzausgleiches und über den Produktionszeitraum der Kaliindustrie hinaus?

Wie kann auch weiterhin nach Ansicht der Umweltministerin eine von den
Bürgern finanzierbare Wasserversorgung für das Werratal gesichert werden?

Welche Unterstützung kann sich die Umweltministerin für die besonders
belastete Stadt Heringen vorstellen?

Wie hat das Umweltministerium unter Führung des damaligen Umweltministers
Joschka Fischer auf den bemerkenswerten Brief des Bürgermeisters Hühn aus
1985 zu dem geschilderten Problemen zur Wasserversorgung und den
Entwässerungssystemen reagiert?

Warum hat die Umweltministerin meine bisherigen Einladungen ausgeschlagen,
nämlich sich einmal die besonderen Brennpunkte des Kalireviers anzuschauen?
Wie sehen der Regierungspräsident und die Umweltministerin die Haftungsfrage?
Bemerkt werden muss außerdem, dass ich ebenfalls Herrn Landrat Dr. Schmidt ausführlich
und mehrfach über die schwierige und folgenreiche Situation informiert und darum gebeten
habe, dass ich ihm vor Ort die Probleme einmal zeigen und erklären kann. Es ist nicht einmal
eine Antwort bezüglich eines Ortstermins gekommen. Das Geld aus dem Werratal war wohl
wichtig, das Problem wollte man hingegen nicht einmal anschauen.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wir sind über 100 Jahre einen gemeinsamen Weg mit der Kaliindustrie gegangen und ich
hoffe das bleibt noch möglichst lange so.
Wir haben trotz der enormen Belastungen und heftiger Angriffe gegen diese Industrie gerade
jetzt zum Bergwerk gestanden und wir tun es weiterhin.
Aber es wurden z. T. ohne unsere Kenntnisse über uns hinweg Entscheidungen getroffen, die
augenblicklich sowie noch für viele Generationen erhebliche Folgen haben werden, die diese
Stadt niemals alleine schultern kann.
Deshalb muss jetzt mit dem Entscheidungsträger Land und dem Konzern K+S eine Regelung
getroffen werden, die unserer Stadt nach dem Ende der Kaliindustrie eine Zukunft lässt und
auch die aktuellen Probleme löst.
Ich wollte die Sache diskreter lösen und habe dies immer wieder dem
umfänglich informierten Parlament wie auch gegenüber K+S deutlich erklärt. Allerdings
blockiert nun zum wiederholten Mal eine Mehrheit des Parlamentes die nötigen
Haushaltsmittel und die besondere Rolle der Kommunalaufsicht, Frau Hühn (Ehefrau des
damaligen Heringer Bürgermeisters Hühn), und des Regierungspräsidenten will sich mir nach
all den Prüfungen und Zustimmungen nicht erschließen. Deren Ziel, außer es möglicherweise
richtig eskalieren zu lassen, ist mir ansonsten völlig unklar. Andererseits soll ich im
Schadensfall in die Haftung genommen werden und muss jederzeit, wie so oft in der
Vergangenheit, mit weiteren Anzeigen rechnen. Mir bleibt daher zum eigenen Schutz und
zum Schutz meiner Mitarbeiter kein anderer Weg, als die vollständige Veröffentlichung der
Sachlage, sowie die zuständigen Behörden und die Umweltministerin zur Aufklärung
aufzufordern.
Hans Ries
Ansprechpartner
Hans Ries
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Fax: (06624)933-100