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Freie Presse
Mittwoch, 15. April 2015
LESEROBMANN
Mehr Geld
ist doch gut
REINHARD OLDEWEME
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K
ürzlich war es wieder so
weit, und gedacht habe ich,
wie schnell wieder ein Jahr
vergangen ist: „Sachsen verdienen
drei Prozent mehr“ lautete eine
Überschrift. Drei Leser am selben
und zwei am nächsten Tag haben
mich angerufen: „Ich kenne niemanden, der 26.000 Euro im Jahr
verdient, diese Zahl kann nicht stimmen“, formulierte ein Leser, während eine Anruferin sagte: „Auch
wenn die Summe richtig ist, weil
viele mit Gehältern jenseits unseres
Vorstellungsvermögens den Durchschnitt in die Höhe treiben, sollten
Sie auf die Veröffentlichung verzichten, weil sie ein Schlag ins Gesicht
für alle ist, die trotz ihrer vollen Arbeitsstelle und im Dreischichtbetrieb nur davon träumen können, so
viel Geld zu verdienen.“
Keine Panik: Weil ich in meiner
Kolumne schon mehrfach erklärt
habe, was von Angaben über Durchschnittslöhne zu halten ist und welche Aussagekraft diese Zahlen tatsächlich haben, verzichte ich auf eine erneute Erläuterung. Nur einer
Kritik, die ich immer höre, möchte
ich mit Nachdruck entgegentreten:
„Dann lassen Sie diese Nachricht
doch künftig einfach weg, Sie ersparen sich dann den Ärger mit Lesern,
die kein Verständnis dafür haben,
dass sie lesen müssen, wie arm sie in
Wirklichkeit sind“, sagte ein Leser.
Das aber passiert auf keinen Fall.
Der Anstieg von Löhnen und Gehältern ist ein wichtiger Teil des
Stimmungsbarometers hinsichtlich
der wirtschaftlichen Entwicklung
einer Region; es geht dabei vor allem
um die Kaufkraft, also den Betrag,
der pro Haushalt vom Einkommen
verbleibt, nachdem alle regelmäßig
wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen bedient wurden. Drei
Prozent mehr sind eine gute Sache,
auf diese wichtige Nachricht kann
die Zeitung nicht verzichten.
In diesem Sinne habe ich auch
kürzlich die Nachricht mit der Überschrift „Volkswagen zahlt 5900 Euro
Bonus“ verteidigt, denn fünf Leser
hatten mich deswegen angerufen.
„Wir wissen doch, dass die mehr als
10.000 VW-Mitarbeiter viel verdienen, dass müssen Sie uns nicht auch
noch auf’s Brot schmieren“, meinte
eine Anruferin. Ein anderer Leser
formulierte es so: „Ich verrate Ihnen
mal, was ich, der seit 40 Jahren in
demselben Betrieb arbeitet, in der
Lohntüte habe, und dann bekommen Sie eine Vorstellung davon, was
ich fühle, wenn ich diese Zahl lese.“
Alle waren sich einig: Diese Nachricht braucht kein Mensch.
Dem ist aber nicht so: Volkswagen ist ein Konzern, dessen wirtschaftliche Lage weit über die Belange der Beschäftigten hinaus vermutlich für Millionen Menschen von
Bedeutung ist, weil sie beispielsweise in Zulieferbetrieben arbeiten oder
vielleicht auch, weil sie VW-Aktien
besitzen und auf deren Wert beispielsweise für Altersrücklagen vertrauen. Dass VW den Mitarbeitern
einen Bonus zahlt, ist eine gute
Nachricht, die in die Zeitung gehört.
Bei zwei Gesprächen habe ich es
gewagt, diese Frage zu stellen: „Können Sie sich nicht auch ein bisschen
darüber freuen, dass es in Sachsen
jetzt viele Menschen gibt, die etwas
mehr Geld haben?“
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Wer legt fest, was wissenschaftlich ist?
wie man es heute oft als Ganzheitsmedizin benennt. Die Stärken der
einzelnen Aspekte zu bündeln, würde uns wohl weiterbringen. Ich gebe
Oude-Aost recht, dass Marketing bei
einer Entscheidung für eine medizinische Behandlung nichts zu suchen hat. Das aber nur für die Komplementärmedizin zu fordern, geht
wohl an der Realität vorbei. Wir sehen und hören doch immer wieder
Beispiele, wie Geld und Macht in all
diese Prozesse hineinspielen. Und
wer bitte legt fest, was wirklich wissenschaftlich ist? Sollte man dazu
nicht alle urteilsfähigen Geister der
wesentlichen soliden Denkrichtungen einbeziehen?
Ekkehard Bleidistel, Grünhainichen
In dem Artikel „Ein Konzept ohne Wissenschaft“
innerhalb der Reihe „Einspruch“ hat der Arzt Jan
Oude-Aost die Meinung
vertreten, dass Homöopathie & Co. nicht wirken.
Dies sind Auszüge aus
Leserbriefen dazu.
Götterglaube weit verbreitet
Erkenntnisse der Naturwissenschaften genießen eine hohe Akzeptanz.
Allerdings kann der Nichtfachmann
oft die wirkliche Herkunft „wissenschaftlicher“ Aussagen nicht erkennen. So neigt man dazu, Datenerhebungen als umso naturnäher anzusehen, je leistungsfähigere Computer zum Einsatz kommen. Dabei
wird verkannt, dass die physikalischen Grundlagen oft überstrapaziert werden, je komplexere Programme zum Einsatz kommen. Eine
andere Fehlentwicklung zeichnet
sich bei Studien ab, bei denen nahezu ausschließlich statistische Daten
ausgewertet werden. Auch das hat
mit der physikalischen Realität tatsächlich eher selten etwas zu tun,
sondern allenfalls nur mit der mathematischen Methode. Auf die Beweiskraft des Experiments wird verzichtet oder es muss – etwa in der
Medizin – aus ethischen Gründen
grundsätzlich entfallen.
Sowohl die Medizin als auch die
alternativen Heilkonzepte basieren
auf nichts anderem als auf rein praxisorientierten Erfahrungen. Beide
stützen sich einerseits auf Studien
von beschriebenem Typus und andererseits auf Glaubensbekenntnisse. Immerhin bedient sich die Medizin zunehmend physikalischer Untersuchungsverfahren und biochemischer Mittel. Auch ersetzt sie gewissermaßen mit dem Skalpell das
Experiment, doch viele Patienten
werden davon auch nicht glücklich,
zumal sich die für die Wahrheitsfindung notwendige Wiederholung in
der Regel verbietet. Der Götterglaube ist trotzdem weit verbreitet, und
die Fahnenstange bricht oft, bevor
ihr Ende erreicht wurde. Eine eigenartige neuzeitliche Aufklärung
mündet zusehends im alternativen
Glaubensbekenntnis, das freilich im
Kern hoffnungslos zersplittert ist,
doch retten sich hierin viele, und
wählen im Grunde nur eine andere
Fahnenstange. Die Schulmedizin
empfindet das natürlich als Affront,
doch ist sie selber schuld daran, solange sie nicht endlich naturwissenschaftlich wird und insbesondere
Viele vertrauen darauf, die Schulmedizin bestreitet es: Wirken homöopathische Mittel?
FOTO: PATRICK PLEUL/DPA
Der Arzt Jan Oude-Aost vertritt in seinem „Einspruch“ unter anderem diese Standpunkte
Alternativmedizin gilt vielen Menschen als „sanfte“ Möglichkeit, gesund zu werden oder zu bleiben. Alternativmedizin ist jedoch in erster
Linie ein Marketingbegriff. Der Begriff
ist offen für jeden, der sich ihn zu eigen macht.
Methoden der Alternativmedizin bedienen die Weltanschauung einer bestimmten Zielgruppe und damit ein
Marktsegment. Bei der Wahl der Methode ist für jeden etwas dabei. Viele
Anhänger einer alternativmedizinischen Methode kennen wahrscheinlich mindestens einen Anhänger einer
anderen Methode, die sie selbst für
unsinnig halten. Überzeugt sind jedoch beide.
Homöopathie ist das Paradebeispiel
einer solchen Methode. Weil kein
oder fast kein aktiver Wirkstoff ent-
das Nervensystem begreift. Zu allem
Überfluss verdienen sich immer
mehr Mediziner mit eben jenen alternativen Methoden ein Zubrot
oder auch ein Vermögen.
Hans Dieter Langer, Niederwiesa
Etwas Demut wäre angebracht
Jan Oude-Aost ist dem Bild nach
noch ein jüngerer Mensch, sodass
sich die Altersweisheit, die es wohl
halten ist, hat Homöopathie keine Nebenwirkungen und ist unwirksam.
Vom ersten Doppelblindversuch 1835
bis heute liefern Studien solide Hinweise, dass Homöopathie ausschließlich über Kontexteffekte wirkt.
dert. Alternativmedizin verändert
sich kaum, Homöopathie ist seit 200
Jahren unverändert.
Ein zentraler Unterschied zwischen
Medizin und Alternativmedizin ist die
Möglichkeit, die Praxis an neue Daten
anzupassen. Die Behandlung des Magengeschwürs hat sich innerhalb der
letzten 25 Jahre grundlegend geän-
Auch in Experimenten mit Zellen,
Pflanzen und Tieren lässt sich keine
Wirksamkeit der Homöopathie nachweisen. Studien, die positiv ausfallen,
lassen sich nicht wiederholen. Ein
wichtiger Schritt, um zu überprüfen,
ob Ergebnisse zufällig entstanden
sind oder der Realität entsprechen.
Dieses Schicksal teilt sie mit der überwiegenden Zahl alternativer Methoden. Die Studienlage hat in der Alternativmedizin keinen Einfluss auf die
Praxis. Weder in der Homöopathie,
noch in der Geistheilung oder der
Akupunktur. Es gibt jedoch außer Wissenschaft keinen anderen rationalen
Maßstab, um die Grenze zwischen
wirksamen und unwirksamen Methoden zu erkennen.
auch in der Wissenschaft gibt, erst
später einstellen wird. Bei aller wissenschaftlichen Akribie würde ich
ihm aber zu etwas mehr Demut raten. Wer sich mit der Biologie des
Menschen beschäftigt, muss doch
zu dem Schluss kommen, dass wir
viele Dinge einfach nicht wissen.
Und daraus den Schluss zu ziehen,
dass es sie nicht gibt oder nicht geben kann, weil sie der Verstand
nicht erfasst, dafür keine Erklärung
und schon gar kein „Messgerät“ hat,
ist ja auch nicht sehr intelligent. Alternativmedizin ist kein guter Ausdruck, da man damit oft das Entweder-oder zwischen Schulmedizin
und anderen Heilansätzen sieht.
Deshalb sind Integrative Medizin
oder aber Naturheilkunde besser gewählt. Ich denke, dass es ein Zusammengehen der Ansätze braucht, so
Gemeint ist damit unter anderem,
dass sich jemand Zeit nimmt und eine
vertrauensvolle Umgebung schafft,
kurz: das therapeutische Ritual. Diese
Erkenntnis gilt nicht nur für die
Homöopathie, ähnlich verhält es sich
mit Methoden wie Akupunktur, Osteopathie, Irisdiagnostik oder Geistheilung.
Total aus dem Herzen gesprochen
Zum Interview „MultiKulti und Liebesgedichte
von Heine“ mit dem
Schauspieler Horst Krause
haben uns Leser ihre
Meinung mitgeteilt.
Ausdruck deutscher Vernunft
Ich halte die Äußerungen von Horst
Krause für einen einfachen Ausdruck deutscher Vernunft, ohne
Fremdenfeindlichkeit oder etwa nationalistisches Gedankengut. Unverständlich finde ich die Frage „zur
möglichen kulturellen Zurückhaltung der Deutschen wegen ihrer
Vergangenheit“. Es gibt in der Jahrhunderte alten deutschen Kultur –
im Rahmen der europäischen Kultur – überwiegend Substanz, die das
Gegenteil von faschistischem Gedankengut ist. Wir sollten deshalb
unsere Kulturgüter stets als Alternative zu den Fällen aktueller Oberflächlichkeit und Geschmacklosig-
keit bereithalten; ohne Überheblichkeit und ohne Scheu.
Dieter Rausendorff, Schlettau
Mutig zu Pegida geäußert
Horst Krause hat sich mutig zu Pegida und Integration geäußert. Das
kann aber auch damit zusammenhängen, dass er mit 73 Jahren und
seinem Bekanntheitsgrad nicht
mehr um jedes Engagement bangen
muss. Denn genau das kann so ein
Interview schon kosten. Das dürfte
bei einem jüngeren Prominenten
schon anders aussehen. Der überlegt
sich dreimal, ob er offen seine abweichende Meinung sagt.
Günter Schlag, Auerbach/E.
Pflichtlektüre für Abgeordnete
Vielen Dank für das Interview. Seine
Aussagen treffen haargenau, was die
Menschen bewegt. Es ist keineswegs
Fremdenfeindlichkeit oder gar Ausländerhass, was man beim geringsten Anlass unterstellt, sondern die
Entfremdung zwischen den Regierenden und den Sorgen und Mei-
Die Leser haben den mutigen Worten
von Horst Krause in einem Interview
zugestimmt. FOTO: ROBERT SCHLESINGER/DPA
nungen der Bevölkerung. Das Interview mit Horst Krause sollte für alle
Bundestagsmitglieder vom Bundestagspräsidenten zur Pflichtlektüre
gemacht werden.
Lothar Frohberg, Chemnitz
Politiker haben Angst davor
Das war ja mal ein mutiger Artikel.
Ich glaube, dass dieser Mann so vielen Menschen in unserem Land total
aus dem Herzen spricht. Ich glaube
auch, dass so mancher Politiker
ebenfalls so denkt, aber aus lauter
Angst, in die rechte Ecke geschoben
zu werden, immer nur bemüht sein
muss, ja nichts Falsches zu sagen.
Was für eine Freiheit ist das, wo und
wann sind die Gedanken noch frei?
Unsere Kultur ist schon am Ende,
aber Geiz ist ja geil, was soll’s. Unserer Bundeskanzlerin waren die deutschen Werte vor Jahren sehr wichtig, man weiche nicht davon ab, war
ihre Meinung. Wo sind diese Werte
geblieben, wenn ich in der Zeitung
lese, dass es 2070 in Deutschland
mehr Muslime als Christen geben
könnte? Wir sind eine Familie, die
aus der deutschen Rolle fällt, denn
wir haben vier Kinder und bisher
acht Enkelkinder. Was müssen die
Kinder einmal ausbaden? Man
möchte gar nicht daran denken.
Monika Müller, Oelsnitz
Diskussion bringt nichts
Seit 200 Jahren gibt es die Homöopathie. Seitdem gibt es immer wieder
„Klügere“, die beweisen wollen oder
müssen, dass sie Mist und unwirksam ist. Seit 200 Jahren aber gibt es
viele Leute, denen sie hilft, aus welchen Gründen auch immer. Ein kluger Arzt sagte einmal: Alles, was
hilft, ist gut. Welches Produkt hält
sich 200 Jahre, wenn es nichts taugt?
Warum muss man einen besonders
„klugen“ Autor zu Wort kommen
lassen und damit eine nichts bringende Diskussion eröffnen?
Günter Barthel, Chemnitz
Der Weg ist dabei völlig egal
Jeder, der sich in einen Beruf begibt,
Menschen helfen zu wollen, hat die
Pflicht, den Mensch durch eine
Krankheit oder Krise zu führen und
ihn dabei zu stärken, damit er gesund und heil werden kann. Es ist
dabei völlig egal, welchen Weg der
Patient nimmt, er sollte nie seine positive Grundeinstellung verlieren
und nach seiner eigenen inneren
Stimme entscheiden dürfen. Ich bin
als Heilpraktikerin tätig. Selbst wurde ich in meiner Kindheit eher von
der Schulmedizin geprägt, aber
schon als Kind wusste ich, dass man
dadurch nicht allein gesund werden
kann. Nur der Mensch, wenn er es
auch wirklich will, kann heil und
vollkommen gesund werden, da ist
der Therapeut nur der Wegbegleiter.
Unsere Gesellschaft lässt dafür häufig keine Zeit und setzt den Kranken
durch gesellschaftliche Normen unter Druck. Krankheit ist immer ein
Weg. Wenn dieser Weg gelingt, geht
man daraus gestärkt hervor, und
man erkennt häufig, was wirklich
wichtig im Leben ist.
Susanne Ramisch, Marienberg
MEINUNGEN zum Einspruch „Schluss mir
der Voreingenommenheit“, in der ein Arzt eine gegensätzliche Ansicht vertritt, lesen Sie
in der nächsten Woche auf dieser Seite.
Thema ganz ohne
Beschönigungen
Zum Artikel „Ein Quantum
Trost“ auf der Titelseite der Osterausgabe:
Es ist faszinierend, wie der Autor
über dieses Thema schreibt. Da gibt
es keine Beschönigungen, Gott wird
nicht verteidigt, nicht erklärt. Es
bleiben Fragen offen, und trotzdem
wird Vertrauen zu diesem Gott ausgesprochen, der geheimnisvoll und
unverständlich bleibt. Er ist nicht
der „liebe Gott“, der Wunscherfüller,
wenn wir artig sind. Er lässt dem
Menschen seinen freien Willen; wir
sind keine Marionetten. Er leidet
mit seinen Geschöpfen. Auch seine
Nachfolger erleben brutales Leid,
Verbrechen und Krankheit. Aber Jesus hat den Weg für die Menschen in
das Reich Gottes freigekämpft, den
Tod „totgestorben“ und bietet uns allen ein Leben bei ihm an, das ewig
dauert und nichts Negatives enthält.
Diese Aussicht relativiert das
Schwere in unserem Leben, weil es
die Endgültigkeit verloren hat.
Christian Henschel, Hohenstein-E.