taubblind Zeitschrift für taubblinde u. hörsehbehinderte Menschen Heft 2 März / April 2015 77. Jahrgang, erscheint zweimonatlich in Punktschrift, Schwarzschrift und digital per E-Mail Bezug für taubblinde und hörsehbehinderte Mitglieder der DBSV - Landesvereine kostenlos Herausgeber: Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. Rungestr. 19, 10179 Berlin Tel.: 030 / 28 53 87 - 0 Fax: 030 / 28 53 87 200 Abo-Verwaltung: Petra Wolff (DBSV) Tel.: 030 / 28 53 87 – 220 Mail: [email protected] Spendenkonto: Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e. V. Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE93 1002 0500 0003273300 BIC: BFSWD33BER Redaktion: Reiner Delgado (DBSV) Tel.: 030 / 28 53 87 – 240 Mail: [email protected] Blindenschriftdruck: Blindenhilfswerk Berlin Rothenburgstraße 15, 12165 Berlin Inhalt Der Dunkle Wettkampf Meine kleine Schwester und die Zuckerschale Das Fest der Menschlichkeit Gute Laune Tage zum Winterende Termine und Infos Tag der Offenen Tür im Deutschen Taubblindenwerk 4. Dunkle Wanderung 2015 Wiehl Qualifizierung TaubblindenassistentInnen Hannover Der Dunkle Wettkampf von Mercedes Seidel Über Bretter balancieren, um Hindernisse herummanövrieren, eine Schnitzeljagd absolvieren – und das alles, ohne hören und sehen zu können. Der 4. Dunkle Wettkampf, der Mitte August 2014 in Kleve an der niederländischen Grenze stattfand, hat den Teilnehmern einiges abverlangt. Mercedes Seidel erzählt von ungewohnten Erfahrungen und großen Überraschungen. Fünf Wettkämpfe sollten in den kommenden Tagen mein Geschick, meine Konzentration und meinen Orientierungssinn herausfordern, mich an meine Grenzen bringen – und weit darüber hinaus. Ich habe von der Fachgruppe Taubblinde und Hörsehbehinderte der Blindenund Sehbehindertenvereine in Nordrhein-Westfalen vom Dunklen Wettkampf erfahren und war neugierig darauf, wie es ist, gar nicht mehr sehen und hören zu können. Ich wollte einen Vorgeschmack darauf bekommen, was noch möglich ist, falls mein Usher-Syndrom fortschreitet und die betroffenen Sinne eines Tages vollständig ihren Dienst versagen. 17 hörsehbehinderte und taubblinde Teilnehmer hatten sich mit ihren Taubblindenassistenten und Begleitern zum 4. Dunklen Wettkampf zusammengefunden. Wir verständigten uns über das Lormen, über taktile Gebärden und auch über Lautsprache. Der selbst hörsehbehinderte Organisator, Georg Cloerkes, erklärte die Regeln des Wettkampfs. Alle hörsehbehinderten Teilnehmer konnten entscheiden, ob sie einen Gehörschutz, eine Augenbinde oder eine Simulationsbrille tragen woll- ten. Je eingeschränkter das Hören und Sehen, desto mehr Punkte gab es in der Wertung. Nur wer alle Stationen mit völliger Taubblindheit bewältigte, konnte den Dunklen Wettkampf in der höchsten Kategorie, der AKlasse, gewinnen. Alle waren ehrgeizig und haben sich für das Tragen von Augenbinde und Gehörschutz entschieden. Die Umstellung war anstrengend. Mich beeindruckt es, wie taubblinde Menschen sich im Alltag zurechtfinden. Ich erkenne sonst noch neblig-trübe Umrisse und nehme mit meinem Hörgerät zumindest Stimmen und Geräusche wahr, je nachdem, wie laut die Umgebung ist. Nicht alle hielten die Taubblindheit bei allen Aufgaben durch. Der Wettkampf begann mit einem Domino-Spiel. Die Spielsteine waren jeweils mit zwei Braille-Buchstaben beschriftet und mussten so aneinandergelegt werden, dass sich Städtenamen ergaben. Ich konnte nicht teilnehmen, da ich die Punktschrift nicht beherrsche, und rutschte in der Wertung in die B-Klasse. Für die zweite Aufgabe gingen wir auf den Spielplatz der Jugendherberge, in der wir untergebracht waren. Dort gab es eine Seilbahnanlage, also ein gespanntes Stahlseil in knapp drei Metern Höhe, an dem mit einer Kette ein kleiner Sitz befestigt ist. Wir fuhren allerdings nicht mit der Seilbahn, sondern nutzten sie als Leitlinie. Mit meinem Langstock pendelte ich über den Boden, mit einem zweiten Langstock, den uns die Organisatoren gegeben hatten, tastete ich mich an dem gespannten Seil über mir entlang. Es galt, vom Startpunkt bis zum Anschlag der Seilbahn zu gelangen und dabei Hindernissen auszuweichen. Mal lagen Holzstapel im Weg, mal stand jemand aus dem Organisationsteam auf der Strecke. Das Seil war eine ungewöhnliche Orientierungshilfe. Ich musste mich sehr auf meine Bewegungen konzentrieren. Hilfreich war, dass man üben durfte, bevor man an den Start ging. Der nächste Wettkampf stellte nicht nur für mich eine noch größere Herausforderung dar. Man musste von der Jugendherberge bis zu einer Grillhütte finden. Über Sandboden ging es einen Hang hinab, nur wenige Meter des Weges waren gepflastert. Als Wegbegrenzung diente eine Böschung. Ich musste achtsam mit dem Langstock zwischen den Gräsern pendeln. Sobald ich an der Hütte angekommen war, hob ich als Zeichen meinen Arm. Es war schwierig, auf dem unebenen Untergrund zu laufen und dabei ohne Streckenmarkierungen die Orientierung zu behalten. Am Startpunkt der vierten Station musste ich eine Karte ziehen, die mit taktilen Zeichen eine Himmelsrichtung vorgab. Auf meiner Karte stand „Nordwest“. Den übergroßen, aus Pfählen gebauten Kompass, mit dem ich die Richtung bestimmen konnte, musste ich jedoch erst finden. Der Weg zum Kompass war mit auf dem Boden installierten Kunststoffröhren markiert. Wieder mit zwei Langstöcken ausgerüstet, arbeitete ich mich Stück für Stück vor, bis ich an einem Pfahl ankam, der die Kompassmitte bildete. Um ihn herum wiesen weitere Pfähle in die verschiedenen Himmelsrichtungen. Ich identifizierte Nordwesten, ging in die vorgegebene Richtung und fand mich am Ziel wieder. Beim letzten Wettbewerb war Geschicklichkeit gefragt. Auf dem Boden lag ein etwa zehn Meter langes Holz- brett. Darauf musste ich entlanglaufen, ohne das Gleichgewicht zu verlieren. Beim ersten Durchgang konnte man sich Zeit lassen, aber beim zweiten Lauf wurde die Zeit gestoppt. Da ich sehr mit meinem Gleichgewicht zu kämpfen habe, dachte ich mir: „Augen zu und durch!“ Aber zu meiner eigenen Überraschung habe ich es geschafft. Hungrig von den anstrengenden Aufgaben freuten wir uns, dass wir am Abend grillen konnten – den Grillplatz hatten wir schließlich alle gefunden! Wir saßen gemütlich beisammen, auch wenn das Wetter so gar nicht sommerlich sein wollte. Es folgte die Siegerehrung als Belohnung für unsere Leistungen. Alle Teilnehmer bekamen eine Urkunde überreicht. Der Sieger der A-Klasse war Oliver Ley aus Engelskirchen. Als Sieger der B-Klasse wurde mein Name verkündet. Damit hatte ich gar nicht gerechnet – hatte ich doch nur zum Spaß teilgenommen! Mit großer Begeisterung tanzten wir anschließend bis in die späten Stunden den Fuchstanz – ein Tanz für taubblinde Menschen, bei dem man sich paarweise eingehakt im Kreis zur Vibration einer großen Trommel dreht. Der Dunkle Wettkampf war für alle eine tolle Erfahrung. Wir hatten viel Spaß daran, unsere Fähigkeiten auf ungewohntem Terrain auszuprobieren und uns mit anderen zu messen. Das Wichtigste aber war, dass wir uns selbst beweisen konnten, was wir mit dem Langstock und unserem Orientierungssinn ohne fremde Hilfe zu leisten vermögen. Neben meiner Siegerurkunde habe ich viel Selbstbewusstsein mit nach Hause genommen, das mir auch im Alltag mehr Sicherheit geben wird. Ich möchte anderen hörsehbehinderten und taubblinden Menschen Mut machen, am Dunklen Wettkampf teilzunehmen. Ich jedenfalls nehme die Herausforderung gerne ein zweites Mal an! Mercedes Seidel (53) arbeitet als Sachbearbeiterin in der Qualitätssicherung im Bereich Maschinenbau und lebt mit ihrem Mann in Bielefeld. Kurzinfo: Der nächste 5. Dunkle Wettkampf ist vom 2. bis 4. September 2016 in Blankenheim (Nordeifel, NRW) geplant. Mehr Infos bei Georg Cloerkes E-Mail: [email protected] Quelle: Die Gegenwart 2/2015 Meine kleine Schwester und die Zuckerschale Geschichte von Theda: Meine Eltern hatten einen kleinen Bauernhof mit sechs Kühen, fünf Schweinen, zwei Schafen, zehn Hühnern und einem Ackergaul. Das Wohnhaus hatte noch ein Strohdach, der Fußboden war aus Holz und mit dunkelroter Farbe gestrichen. Wir waren zu Hause sechs Kinder. Meine kleine Schwester Gerda war zwei Jahre jünger als ich. Der Krieg war zu Ende. Meine Mutter musste nachmittags oft am Spinnrad sitzen und das Garn noch selber spinnen. Abends strickte sie dann für die ganze Familie. Meine Schwester Gerda mochte so gerne Süßigkeiten. Das war eine Hilfe, als sie laufen lernte. Ich vergesse nie, wie sie zu laufen begann. Sie machte einen Schritt, dann fing sie wieder an zu kriechen. Dabei schob sie immer den linken Fuß voraus, den rechten Fuß zog sie dann hinterher. Sie machte es wie ein Schimpanse. Meine große Schwester wollte nachhelfen, und so ließ sie sich etwas einfallen: Sie füllte eine Schale mit Zucker und steckte auch einen kleinen Löffel hinein. Nun nahm sie noch ein Meter Band und befestigte es an der Zuckerschale. Jetzt stellte sie die kleine Schwester an die Zimmerwand und die Zuckerschale zwei Meter davor. Gerda machte einen Schritt vorwärts und wollte dann wieder kriechen. Aber die ältere Schwester zog die Zuckerschale langsam vor Gerda über den Fußboden. Gerda wollte schnell an den Zucker kommen, und so schaffte sie schon bald zehn Schritte. Als Belohnung bekam sie einen Löffel voll Zucker. So lernte meine Schwester Gerda schneller das Laufen. Wenn ich auch jetzt wieder mal daran denke, dann höre ich noch immer die Zuckerschale über den Fußboden rattern. Das Fest der Menschlichkeit Taubblinder Diakon Peter Hepp besucht das zweite europäische Festival der Taubblinden in Plovdiv in Bulgarien. Vom 14. bis 22. September 2014 fand in Plovdiv, der zweitgrößten Stadt Bulgariens das „2. Europäische Festival der spezifischen Möglichkeiten der Taubblinden 2014“ statt. Diese außergewöhnliche Veranstaltung wurde vom Internationalen Sportverband der Taubblinden (ISFDB) in Kooperation mit dem nationalen Taubblindenverband Bulgariens (NADBB) organisiert und geleitet. Von den ca. 180 Teilnehmern kamen ca. 70 Personen aus Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark, Deutschland, Spanien und Italien. Schon vier Tage heftiger Regen ohne Pause! So etwas gab es nie in Bulgarien! Schlimmes Unwetter, begrüßte uns der Chauffeur in gebrochenem Englisch und bekreuzigte sich bevor er losfuhr. Nach über drei Stunden, in denen unser Auto des Öfteren schwamm statt fuhr, kam ich mit meinen beiden Assistentinnen, Rauia Toama und Yara Toama, heil im Hotel an. Im Jahr 1997 verwirklichte Dimitar Parapanov seine Idee von der Vereinigung von Taubblinden und Blinden mit zunehmendem Hörverlust indem er den „Nationalen Taubblindenverband Bulgarien (NADDB)“ ins Leben rief. Er selbst ist taubblind, in seinem Fall blind von einer fortschreitenden Schwerhörigkeit betroffen. Diese Neugründung erfolgte zunächst gegen den Widerstand des bulgarischen Blindenverbandes, der um einen Mitglieder- und Kompetenzverlust fürchtete. Heute zählt der NADDB ca. 600 taubblinde Mitglieder, von denen ca. 100 ganz taubblind sind also nichts sehen und nichts hören. Der NADDB gibt seine Zeitschrift „Klang und Licht“ monatlich heraus. Für alle veranstaltet der NADBB einmal jährlich ein großes Fest. Der NADDB gründete im Jahr 2004 in Plovdiv das „Helen-Keller-Zentrum“ mit Dimitar Parapanov als Direktor. In den Jahren zwischen 2004 und 2014 erhielten dort 81 Taubblinde die Rehabilitation. Außerdem machten 18 Personen dort eine Ausbildung als professionelle Assistenten bzw. Dolmetscher. Nebenbei können Studenten der Sonder- und Sozialpädagogik ein mehrmonatiges Praktikum machen. Auch Angehörige, Freunde, Freiwillige können dort spezielle Kurse belegen. Eines der Hauptziele ist „die Rehabilitation und Integration von taubblinden Menschen, ihre Gleichsetzung und vollständige Inklusion in die Gesellschaft“. Neben den üblichen Reha-Maßnahmen wie Erlernen von taktilen Kommunikationsformen, Lebenspraktischen Fertigkeiten, Mobilitätstraining, werden dort auch Kurse für Stricken und Makramee, Gedächtnistrainingsspiele, Unterhaltungstherapie und Sport angeboten. Zur Eröffnung des Festivals begrüßte uns Dimitar Parapanov mit den Worten: „Dieses Festival ist nicht nur ein Sportwettbewerb, sondern auch ein Fest der Menschlichkeit. Ich hoffe, dass es künftig noch mehr Möglichkeiten wie diese Veranstaltung geben wird, auf der sich taubblinde Menschen aus der ganzen Welt treffen können, in einer Welt, in der es für uns viel zu kämpfen gibt und in der wir uns durch unser Miteinander gegen unmenschliche Isolation wehren, denn wir sind nicht nur Menschen, sondern auch Brüder und Schwestern!“ Eine Art „Paralympics für taubblinde Menschen“ mit den Sportdisziplinen Leichtathletik, Armdrücken, Bowling aber auch neue unerprobte Wettkampfarten wie Backgammon, das ist wahrlich neu und konnte auch ich mir vor dieser Reise nur schwer vorstellen. Taubblinde Menschen jeder Art, ob nun ganz taubblind, ganz taub mit Sehrest, ganz blind mit Hörrest unter 50 Jahren oder gar weit über 70, Männer oder Frauen – sie alle kämpften um den europäischen Meistertitel. Geir Jensen (72), Präsident des norwegischen Taubblindenverbandes: „Die Herausforderung besteht darin, gute Dolmetscher und Assistenten zu haben, denn wenn dem so ist, können Taubblinde mit anderen Kontakt aufnehmen und an den Aktivitäten teilnehmen. Das wichtigste ist die Begegnung und dass taubblinde Menschen aus Bulgarien Taubblinde aus ganz Europa treffen können. Auf diese Weise lernen wir uns kennen und wir lernen auch voneinander. Sie können Informationen austauschen über ihr Leben zuhause.“ Geir sprach beim Interview norwegisch. Er ist blind und trägt seit einigen Jahren ein CI. Seine Assistentin dolmetscht lautsprachlich von Norwegisch auf Englisch, meine Assistentin lormte mir die Äußerungen auf Deutsch. Arne Pirkola, 24, aus Finnland: „Viermal wöchentlich gehe ich ins Fitnessstudio, dann treffe ich mich mit einem Freund zum Tandemfahren. Im Winter schwimme ich im Hallenbad, und im Sommer laufe ich. Beim Trainieren ist immer ein Dolmetscher mit dabei. Und außerdem haben wir Anspruch auf einen persönlichen Assistenten. Ich war überrascht über meine vielen Medaillen. Bevor ich herkam, hatte ich niemals dran gedacht, überhaupt etwas zu gewinnen. War schön dabei zu sein. Die Gewinne waren zusätzliche angenehme Überraschung. Ich hoffe, dass beim nächsten Festival das Schwimmen als weitere Disziplin hinzukommt.“ Arne Pirkola ist ganz taubblind. Er kommuniziert über taktile Gebärden, die Dolmetscherin übersetzte seine Gebärden in Englische Lautsprache, meine Assistentin wiederum lormte mir in deutscher Sprache. Bei der Generalversammlung des Internationalen Sportverbandes der Taubblinden (ISFDB) wurden Spanien und Italien als neue Mitglieder zu den drei bereits vorhandenen Mitgliedern Bulgarien, Finnland und Norwegen mit aufgenommen. Oskar Nielson gilt mit seinen 80 Jahren als ältester aktiver Sportler. Gehörlos geboren verlor er in seiner Jugend sein linkes Auge durch einen Arbeitsunfall im Boot. Er war fast 50 Jahre berufstätig im Lebensmittelgroßhandel, ist sechsfacher Großvater, erfolgreicher Sportler (vier Weltrekorde!) und Skilehrer im Gehörlosensport: „Zu Hause hängt alles voll mit Urkunden, Medaillen, Pokalen, so dass gar kein Platz mehr ist! Ich bin Hochleistungssport und Weltrekorde gewöhnt. Früher kam es mir sehr auf Höchstleistung an. Heute war das irgendwie ei- ne andere Erfahrung. Beim Bowling-Wettkampf war ich ein bisschen enttäuscht, weil da so viele Bulgaren waren, die wirklich nicht wissen, wie man spielt. Ich mag den Wettkampf. Die Bulgaren sowie jedes andere Land hätten einfach nur ihre besten Spieler nehmen sollen und sich dann aneinander messen.“ Plovdiv, die zweitgrößte Stadt Bulgariens, ist auf mehreren Hügeln gebaut. Hindurch fließt der Fluss Mariza, der ins Schwarze Meer mündet. Dank dieser MeerFlussverbindung ist Plovdiv schon seit mehr als 2000 Jahren ein wichtiger Ort für Handel und Handwerk. Noch im 19. Jahrhundert war Plovdiv größte und reichste Stadt Bulgariens, allerdings bis dahin ständig unter fremder Herrschaft: Griechen, Römer, Osmanen und sogar Russen. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde Bulgarien unabhängiger Staat. Viele Sehenswürdigkeiten - Zeugen der Geschichte der wechselnden Herrscher - gibt es dort. Die Moschee, ein römisches Stadion, ein römisches Theater, viele schöne orthodoxe Kirchen, eine katholische Kirche St. Ludwig, und eine evangelische Kirche. Bei unseren Besuchen in Kirchen und Klöstern in Plovdiv und an anderen Orten fiel uns eine Besonderheit orthodoxer Volksfrömmigkeit auf: Vor jedem Eingangsportal aller orthodoxer Kirchen stand eine Urne, die aussah wie ein Briefkasten, worauf ein großes Foto geklebt war, das das Gesicht eines Priesters zeigte. Die Leute warfen Briefe in die Urne, standen kurz und still betend davor und gingen dann in die Kirche. Warum? Dieser Priester ist Mitte September in Sofia gestorben. Er war sehr beliebt und gilt als Heiliger. Ich und meine beiden Assistentinnen, Rauia und Yara, waren tief beeindruckt und berührt, über das große Verständnis für Nähe und Berührung zwischen Menschen innerhalb des Festivals und außerhalb in der bulgarischen Öffentlichkeit. Ich durfte so vieles ertasten, wertvolle Gegenstände, aber auch „das Heilige“ in den Kirchen mit den Händen berühren. Oft und wie ganz selbstverständlich wurden mir die landestypischen Dinge wie Rosenprodukte und Weihrauchkörner zum Riechen in meine Hände gegeben. Erstmalig in der ganzen Weltgeschichte der Taubblinden ist dem ISFDB erfolgreich gelungen, innerhalb einer Woche Europameisterschaften für Schach, Backgammon, Bowling, Kugelstoßen, Diskuswerfen, Weitsprung, 60 Meter Lauf, 200 Meter Gehen, Armdrücken und Dart, durchzuführen. Als erfolgreichster Sportler wurde der Finne Arne geehrt. Bulgarien wurde als erfolgreichste Nation mit Pokal gewürdigt. Mit viel Tanzmusik wurde das Festival am späten Abend des Sonntags, dem 21. September 2014, offiziell beendet mit einer feierlichen Vorankündigung: „Das 3. Europäische Festival der Möglichkeiten von Taubblinden findet im Jahr 2017 in Finnland statt!“ Gute Laune Tage zum Winterende So war der Begegnungsaufenthalt im Aura-Hotel in Saulgrub für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen vom Deutschen Katholischen Blindenwerk vom 28. Februar bis 8. März ausgeschrieben. Es waren für die Teilnehmenden nicht nur Tage der guten Laune, auch des Wohlfühlens, des reichen Erlebens, und der Zeiten des Innehaltens. Am Sonntag bestand das Angebot, in die Wieskirche zum Gottesdienst zu fahren. Vom Priester wurden unsere Teilnehmer begrüßt. Die Gebärdensprachdolmetscherinnen konnten den Gottesdienst für unsere gehörlosen Kirchenbesucher gebärden. Am Nachmittag waren die Wanderer eingeladen, die Umgebung zu beschnuppern. Abends war die Möglichkeit zum Innehalten mit einigen Gedanken über das Licht, das wir im Herzen tragen und an andere Menschen weitergeben können. Außerdem lernten sich alle Teilnehmer in der Vorstellungsrunde kennen. Montag war unser Ziel Innsbruck mit dem Berg Isel. Dort konnten wir von der Höhe aus einen Eindruck gewinnen, wie die Skispringer über den 90 m langen Schanzentisch in den Hang springen. Der Dienstag war bei herrlichem Sonnenschein der Landeshauptstadt München gewidmet. Das Schloss Nymphenburg war vormittags unser Ziel. Zu bestaunen waren außer den Prunkräumen auch die Schönheitengalerie König Ludwig I., die er sich malen ließ, damit sie für ihn stets gegenwärtig waren. Der riesige Park präsentierte sich uns im schönsten Winterkleid. Der Nachmittag war einer kleinen Altstadtführung vorbehalten oder frei zum Bummeln. Am Mittwoch tauschten wir uns aus biblischer und gegenwärtiger Sicht über das „Fasten“ aus. Nachmittags stand die reizvoll am Rande der Alpen gelegene Barockstadt Murnau mit einer kleinen Stadtführung auf dem Programm. Am Donnerstag befassten wir uns mit dem „Warten“, jeweils aus biblischer und unserer Sicht. Der Nachmittag führte uns ins Kloster Ettal. Bei der Kirchenführung in der 12-eckigen Wallfahrtskirche konnten wir erfahren, dass die riesige Kuppel aus dem 18. Jahrhundert auf den Außenmauern der Vorgängerkirche aus dem 14. Jahrhundert ruht. Anschließend durften wir in der Destillerie des Klosters vom „Frater Destillateur“ (Berufsbezeichnung für den Mönch, der durch Studienabschluss befähigt ist, Schnäpse und Liköre zu brennen) einige Geheimnisse der Ingredienzien (Zutaten) und der Herstellung der Klosterbrände erfahren. Zu den Gewürzen zählt u. a. auch „Manna“ (gestockter Pflanzensaft), das wir kosten konnten. Bei einer Führung im Schloss Neuschwanstein - mit hunderten von Stufen - wurde uns über das Märchenschloss König Ludwig II. berichtet. Der 1868 begonnene Schlossbau, in überwiegend romanischen Stil, wurde nie vollendet. Am Nachmittag konnten wir am romantisch gelegenen und noch zugefrorenen Alatsee die Sonne genießen. Samstagnachmittag besuchten wir die Kirche in Unterammergau zur Kirchenführung und zum Taubblin- dengottesdienst. Anschließend feierten wir mit einigen Gästen in einer Alm am Skihang unseren Abschlussabend. Am Sonntagnachmittag konnten wir noch einer spannenden Beschreibung von Sonnenuhren in Bad Bayersoien lauschen, gelormt bekommen oder in Gebärdensprache aufnehmen. Dabei wurden noch viele interessante Fragen gestellt und beantwortet. Dem Erarbeiten und Aufstellen einer Sonnenuhr müssen genaue Berechnungen über die Erdachse und die Längen- und Breitengrade vorausgehen. Am Montagmorgen hieß es dann wieder Abschied nehmen. Sprache des Herzens – Text zum Film –Teil 2 „taubblind“ druckt in 10 Folgen eine Textfassung zum Film. So können taubblinde Menschen den Film wahrnehmen, die ihn nicht hören oder sehen können. Grundlage des Textes sind die Untertitel und der Text der Audiodeskription bearbeitet und ergänzt von Torsten Resa. Wir danken für die Erlaubnis, die Texte zu verwenden und zu veröffentlichen. Marguerite tastet sich leicht orientierungslos durch den Kräutergarten und versucht so, die Welt von Marie zu begreifen. Sie läuft eine Treppe hinunter. Erschrocken stürzt Raphaëlle ihr nach. Marguerite vor einem Springbrunnen. Raphaëlle stellt sich dazwischen, Marguerite läuft weiter, die Dunkelhaarige plumpst rücklings ins Wasser und rudert mit den Armen. Oberin: Ich habe nein gesagt. Enttäuscht steht Marguerite vor dem Schreibtisch der Oberin. Marguerite: Ich entschied mich nicht für Erziehung und das Handwerk liegt mir mehr, aber seit unserer Begegnung auf dem Baum denke ich nur noch an sie. Oberin: Ihnen fehlt Erfahrung mit Tauben. Marguerite: Ich spreche ihre Sprache. Oberin: Aber sie aus der Stille zu holen, ist etwas ganz anderes. Und sie ist blind. Marguerite flüstert: Ich möchte es versuchen. Ich hatte eine Eingebung. Oberin: Eine Eingebung? Marguerite: Nun, keine Eingebung, aber... so eine Idee, nur eine Idee. Ich denke, es ist meine Aufgabe, mich um Marie zu kümmern. Ihr eine Sprache zu geben, damit sie ein Teil der Welt wird. Marguerite macht eine kleine Verbeugung, wendet sich zum Gehen und dreht sich abrupt wieder um. Oberin: Nein. Marguerite: Aber... Oberin: Ich habe zugehört. Sie haben gefragt und ich sage nein. Marguerite murmelt leise: Danke ehrwürdige Mutter. Marguerite dreht sich weg und geht Richtung Tür. Dort bleibt sie stehen, sieht zur Oberin und hebt ihren Zeigefinger: Aber man kann Marie nicht so eingesperrt lassen. Jemand muss sie sprechen lehren. Oberin: Und wie? Marguerite: Mit Gebärdensprache. Oberin: Sie ist aber auch blind! Marguerite: Ich zeichne in ihre Hand. Oberin: Es ist angeboren. Ihre Intelligenz muss gelitten haben. Marguerite: Ist sie aber intakt, dann leidet sie in diesem Zustand. Sollte die Chance noch so klein sein... Oberin: Das ist eine große Aufgabe. Und bei Ihrer Gesundheit... Marguerite: Meine Lunge ist mein Tod, aber bis dahin... Oberin: Es ist ein Wunder, dass Sie noch leben. - Nein, kein Wunder, aber... (sie befeuchtet ein Tuch mit etwas Spucke und tupft Blut unter Marguerites Nase ab). Die kleinste Überanstrengung kann tödlich sein. Marguerite: Ich könnte ebenso gut allein in einer Kammer sterben. Dann lieber sofort. Oberin: Bin ich die Oberin dieses Klosters? Marguerite: Ja, ehrwürdige Mutter. Mutter Oberin: Schulden Sie mir Gehorsam? Marguerite: Sicher. Oberin: Sage ich nein, müssen Sie das akzeptieren, ohne Diskussion! Bestimmt sieht die Oberin Marguerite in die Augen, die dreht sich weg und geht Richtung Tür. Dort bleibt sie stehen, sieht zur Oberin und hebt ihren Zeigefinger. Resigniert blickt die Oberin sie an. Marguerite schreibt: 27. Mai. Ich bin unterwegs, um die kleine Marie abzuholen und ich bin fast genau so aufgeregt, wie an dem Tag, als ich mein Gelübde abgelegt habe. Mit resoluten Schritten geht Marguerite eine kleine Anhöhe hinauf. Sie trägt ihre blaue Nonnentracht. In der Hand hat sie eine kleine Reisetasche. Marguerite läuft einen schmalen Weg. Zu ihrer Rechten ein Zaun, dahinter Obstbäume. Zu ihrer Linken eine Böschung. Sie steht vor einem Haus und geht auf die Tür zu. Marguerite klopft an und drückt die Holztür auf. Marguerite: Ist da jemand? Marguerite kommt in das Haus und stellt ihre Reisetasche auf dem Boden ab. Spärliches Licht fällt in einen kargen Raum. In der Mitte steht ein Tisch mit Stühlen, darauf eine halbvolle Weinflasche, ein Krug und zwei Teller mit Besteck. Daneben liegt ein Laib Brot auf einem Tuch. Ernst schaut Marguerite in das schummrige Licht. Eine kleine Hand tastet von unten nach einem Taschenmesser auf dem Tisch. Marguerite schaut unter den Tisch und kniet sich daneben. Das Mädchen, Marie, sitzt zusammengekauert auf dem Boden, den Kopf auf den Knien. Marguerite krabbelt ein Stück näher an sie heran. Langsam streckt Marguerite ihre Hand nach dem Kind aus. Ihre Fingerspitzen berühren sacht das Knie des Mädchens. Das stößt sie weg. Marguerite: Ich bin es. Fluchtartig entfernt sich Marie von ihr, Marguerite setzt ihr nach. Sie bekommt das Kind zu fassen, schlingt die Arme um seinen Körper und hält es fest. Marguerite: Hab keine Angst! Marie reißt metallenes Geschirr aus einem Regal. Sie befreit sich aus Marguerites Umklammerung und stürmt die Stufen einer kleinen Treppe hoch. Marguerite hält sie an ihren nackten Beinen fest und zieht sie am Kittel zurück. Sie flüchtet sich in eine Ecke unter dem Fenster. Marguerite: Ganz ruhig! Mehl stiebt auf. Eine schlanke Frau, Maries Mutter, tritt durch die Tür. Dahinter der Vater. Mutter: Aber wer sind Sie denn? Marie kauert sich in eine Ecke. Marguerite: Ich bin hier, um ihnen zu helfen. Der Vater läuft mit Marie auf den Schultern über eine Wiese. Dahinter Marguerite und die schlanke Frau. Marguerite: Aber hat sie denn keine Schuhe? Mutter: Ihr welche anzuziehen, haben wir nie geschafft, auch nicht sie zu kämmen oder ihr ein Kleid überzuziehen.“ Marguerite nickt. Sie geht weiter. Mutter: Moment! Fast hätte ich es vergessen. (Sie hält Marguerite ihre geschlossene Hand hin.) Dieses kleine Messer (sie öffnet die Hand) es gibt nichts, was sie lieber mag. Sie hat es lieber als Puppen. Die beiden Frauen lächeln einander an. Marguerite nimmt das kleine Taschenmesser. Sie dreht es zwischen ihren Fingern. Herzlich umarmt Marguerite die Mutter von Marie. Die Mutter lächelt verlegen. Zögernd legt sie ihre Hände auf Marguerites Rücken. Marguerite löst sich von ihr, blickt sie warmherzig an, nimmt die Tasche hoch und geht. Die Mutter sieht ihr hinterher, lächelt verhalten und hebt kurz die Hand zum Gruß. Sie trägt ein türkisfarbenes, sommerliches Kleid, ihre dunkelblonden Haare sind hochgesteckt. In einem dichten Wald auf einem schmalen Pfad. Marie sitzt auf den Schultern ihres Vaters und breitet die Arme nach vorne aus. Marguerite läuft zwei Schritte hinter dem Vater. Marguerite: …sie jetzt mir überlassen. Am Waldrand bleiben sie stehen. Der Vater dreht sich zu Marguerite um. Marie fasst ihm an den Mund. Vater: Ich weiß. Marguerite stellt ihre Tasche ab. Der Vater greift nach oben, zieht Marie behutsam von seinen Schultern und stellt sie auf den Boden. Marie schmiegt sich an ihn und tastet über seine Brust. Er holt einen Lederriemen aus seiner Hosentasche. An jedem Ende ist eine Schnalle befestigt. Er formt damit zwei Schlaufen und steckt eine Hand seiner Tochter durch eine hindurch. Das Mädchen verzieht unwillig das Gesicht. Die Schlaufe am anderen Ende des Riemens legt er um Marguerites Hand. Marguerite sieht den Vater ernst an. Marie klammert sich an seinen Arm. Sanft gibt er ihr einen Kuss auf die Haare und streichelt ihre Hand. Marguerite: Gehen Sie jetzt, na los! Er zieht seinen Arm aus der Umklammerung des Mädchens und geht. Marie will ihm nach. Marguerite hält sie fest. Der Vater bleibt mit dem Rücken zu ihnen stehen. Marguerite: Gehen Sie, gehen Sie endlich. Entschlossen läuft er los. Marguerite zieht Marie am Lederriemen zu sich heran. Marie und Marguerite laufen über dichtes Gras eine kleine Anhöhe hinauf. Die Hände der beiden dicht nebeneinander, mit dem Riemen um ihre Handgelenke. Die Sonne scheint. Marguerite zieht Marie mit sich. Oben auf die Anhöhe. Widerstrebend folgt das Kind Marguerite, die läuft leicht vornüber gebeugt und zieht es angestrengt hinter sich her. Marguerite sitzt an einem Bach und hält einen Fuß ins seichte Wasser. Sie nimmt ihn heraus und streift das Wasser ab. Sie schaut hoch, ihr Blick fällt auf Marie. Die liegt in einiger Entfernung auf dem Bauch und robbt dicht ans Ufer heran. Sie streckt beide Arme aus und berührt vorsichtig die Wasseroberfläche. Marie taucht ihre Hände hinein. Marguerite beobachtet sie. Auf dem Bauch liegend spritzt sie fröhlich mit dem Wasser und bewegt dazu ihre Beine. Marguerite tippt mit Maries Zeigefinger auf die Brust des Mädchens: Du, du. ... und dann auf ihre eigene: Ich. Wir beide. Sie führt die Hand des Kindes zwischen beiden hin und her: Zusammen. Maries Blick ist ins Leere gerichtet. Sie ist schlank, hat schulterlange, braune, struppige Haare, ein rundes Gesicht, braune Augen und volle Lippen. Sie sitzt reglos da. Marguerite greift in die Tasche ihres Gewandes und holt das Taschenmesser hervor. Sie dreht es in ihren Händen, nimmt Maries Hand und legt das Taschenmesser hinein. Behutsam schließt sie Maries Finger um das Messer. Marie führt es an ihr Gesicht und reibt es mehrmals unter ihrer Nase hin und her und über ihre Lippen. Marguerite beobachtet sie lächelnd. Es donnert. Ein Unwetter. Marguerite öffnet eine Stalltür und steckt den Kopf herein. Vorsichtig betritt sie den Stall und zieht Marie nach. Die hält die Arme vorgestreckt. Stroh liegt auf dem Boden. Marie gibt einen Laut von sich. Marguerite hält Marie den Mund zu. Sie hat einen Arm um Marie gelegt und sieht sich im dunklen Stall um. Die beiden sitzen nebeneinander. Marie wippt vor und zurück, hat die Knie angezogen und eine Hand um ihre nackten Beine gelegt, mit der anderen fährt sie sich über Hals und Mund. Schon bald schlafen beide. Vogelzwitschern. Sonnenlicht fällt in den Stall. Marguerite liegt in einer Ecke des Stalls auf dem Stroh und schläft, die Reisetasche neben sich. Mit geschlossenen Augen tastet sie über das Stroh, öffnet erschrocken die Augen und richtet sich auf. Suchend blickt sie sich um. Weit hinten im Stall steht eine braun-weiß gefleckte Kuh. Zwei Hände streicheln darüber, Maries brauner Haarschopf taucht hinter dem Kuhrücken auf. Marguerite lächelt. Marie hat den Kopf an den Rücken des Tieres geschmiegt und befühlt das Fell. Marguerite stellt sich neben sie. Behutsam nähert sie ihre Hand der Hand des Mädchens, nimmt sie sacht und führt sie mit der Handinnenfläche über den runden Bauch der Kuh. Marguerite zieht Maries Hände sanft an ihren Kopf heran. Sie formt mit ihren eigenen Händen Hörner nach. Dabei ruhen die Hände des Mädchens auf Marguerites Handrücken. Marguerite: Kuh, Kuh. Marie wendet sich ab und streichelt die Kuh. Marguerite greift erneut nach Maries Händen: Kuh! … und führt sie wieder an ihre Schläfen: Das ist eine Kuh. Marie schmiegt ihr Gesicht an das Fell und streichelt es. Marguerite läuft durch hohes Gras. Sie trägt Marie huckepack. In einer Hand hat sie ihre Reisetasche. Vor einer verlassenen Scheune entdeckt sie eine Schubkarre. Marguerite setzt Marie hinein, im Laufschritt schiebt Marguerite die Schubkarre eine Anhöhe herunter. Marie reckt ausgelassen ihre Arme nach oben, zwischen ihren Beinen steht die Reisetasche. Beide lachen fröhlich. Marguerite geht die Allee entlang auf das Kloster zu. Durch ein hohes Tor kommt sie in den Hof. Drei Schülerinnen in hellblauen Kleidern reden miteinander in Gebärdensprache und entdecken Marie und Marguerite. Die Schülerinnen gebärden: Schau! - Ihre Haare! Raphaëlle und eine andere Nonne winken Marguerite zu. Marie hat die Augen geschlossen. Kleine Mädchen toben um beide herum und berühren Maries Haare. Marguerites Nonnentracht ist stark verschmutzt. Aufgereiht stehen ein Dutzend Nonnen im Hof: Marguerite führt Marie die Reihe entlang. Marie berührt die Gesichter der einzelnen Frauen. Marie umfasst den Kopf von Raphaëlle und streichelt mit Nase und Hand über ihr Gesicht. Daneben steht eine Nonne mit roten Wangen. Die lächelt freundlich. Marie befühlt ihre Augen und kuschelt sich an sie. Die Nonne drückt sie an sich. Marie steht vor der rundlichen Nonne und packt sie vergnügt an der Nase. Die Rundliche schmunzelt gutmütig. Die Nonnen in der Reihe beugen sich vor und lachen. Am Schluss der Reihe steht die Mutter Oberin, die alles mürrisch beobachtet. Marie geht zur Oberin und hält der Oberin die Hand vor das Gesicht. Die weicht zurück. Grob drückt Marie ihr die Hand direkt auf Wange und Nase. Marie gibt einen Laut von sich. Die Oberin blickt ungerührt Marie an, die anderen Nonnen kichern hinter vorgehaltener Hand. Streng sieht die Oberin zu ihnen rüber. Im Schlafsaal. Marguerite geht mit Marie einen Mittelgang entlang, rechts und links stehen Betten mit vorgezogenen Vorhängen. Marguerite bleibt am Ende des Schlafsaals vor einem Bett stehen: Das ist dein Bett, hier schläfst du. Marguerite drückt Maries Hand auf die Matratze: Ich bin gleich wieder da. Marguerite stellt sich in den Gang und gebärdet zu den anderen Mädchen: Ich hole Bettwäsche. Die Mädchen nicken. Marguerite gebärdet: Sie ist neu hier. Seid nett zu ihr. Sie deutet auf eins der Mädchen und gebärdet: Du passt auf sie auf. Ich bin gleich wieder da. Marguerite geht aus dem Schlafsaal. Die Mädchen, alle in weißen Nachthemden, sehen ihr nach. Sie klettern aus ihren Betten und schieben neugierig ihre Vorhänge beiseite. Mit vorsichtigen Schritten nähern sie sich dem Bett von Marie. Die sitzt steif auf ihrer Matratze. Die Mädchen umringen sie von allen Seiten. Sie berühren sie, tippen auf ihre Arme und ziehen an ihren wilden Haaren. Marie schlägt um sich und schiebt die vielen Hände weg. Die Mädchen stehen im Kreis um Marie herum und schubsen sie von einer zur anderen. Marie wehrt sich heftig. Die anderen werden immer zudringlicher. Marie schlägt verzweifelt um sich. Marguerite kommt mit dem Bettzeug angerannt. Sie wirft es beiseite, stürzt auf die Mädchen zu und treibt sie auseinander: Ins Bett! Marie hockt am Boden, die Knie angezogen, die Hände schützend über dem Kopf. Aufgebracht gebärdet Marguerite: Hört auf mit dem Unsinn! Ich habe euch vertraut! Ihr seid alle böse. Ich sage es der ehrwürdigen Mutter, ihr werdet schon sehen, ich bin enttäuscht. Sie hockt sich zu Marie. Die stößt sie von sich und schlägt auf Marguerites Hände ein. Marguerite: Ich bin es. Ich bin‘s. Sie führt Maries Hand in ihr Gesicht: Da, genau. Termine und Infos Tag der Offenen Tür im Deutschen Taubblindenwerk 14.06.2015, von 11 bis 17 Uhr Buntes Programm mit Musik, verschiedenen Aktionen, Führungen durch das Taubblindenwerk www.taubblindenwerk.de 4. Dunkle Wanderung 2015 Wiehl Veranstaltet von: Fachgruppe Taubblinde und Hörsehbehinderte BSV NRW 28. - 30.08.2015 bei Wiehl im Bergischen Land in Nordrhein-Westfalen, mit Wettlauf, Labyrinthspiel, Besuch und viele Informationen in einer Tropfsteinhöhle Infos und Anmeldung: Georg Cloerkes Mittelweg 2c, 50859 Köln Fax 02234 943017 E-Mail: [email protected] Qualifizierung TaubblindenassistentInnen Hannover Das Land Niedersachsen fördert eine neue Qualifizierung von TaubblindenassistentInnen in Hannover. Infos: Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen e. V. Beratungsstelle für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen Simone Amacher Kühnsstraße 18, 30559 Hannover Tel.: 0511/5104-282, Fax : 0511/5104-283 E-Mail: [email protected] Web: www.blindenverband.de
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