Zeitungsartikel in der Botschaft vom 21.03.2015

Datum: 21.03.2015
Bürli AG
5312 Döttingen
056/ 269 25 25
www.botschaft.ch
Medienart: Print
Medientyp: Tages- und Wochenpresse
Auflage: 8'514
Erscheinungsweise: 3x wöchentlich
Radioaktivität
Themen-Nr.: 999.026
Abo-Nr.: 1078012
Seite: 3
Fläche: 59'708 mm²
ein Schreckgespenst im Fokus
«Radioaktivität - überschätzte oder unterschätzte Gefahr?», so lautete der Titel der restlos ausgebuchten Veranstaltung im KKL.
Walter Rüeggs Vortrag war ein Garant für Aha-Erlebnisse.
Kernphysiker Walter Ruegg aus Endingen referiert vor 100 Besuchern über Mythen und Fakten zur Radioaktivität.
LEIBSTADT (tf) -Wie gefährlich ist Ra- Gefahr wahrgenommen; im Gegenteil, gegenüberzustellen. Es zeigte sich, dass
dioaktivität? ETH-Kernphysiker Walter Radioaktivität in kleinen Dosen wurde der Teufel, wie so oft, im Detail liegt. Wer
Rüegg aus Endingen machte gleich zu
Beginn seines einstündigen Vortrags vor
rund 100 Personen deutlich, dass die Antwort auf diese Frage in der Geschichte, je
nach Epoche und Zeitgeist, unterschiedlich ausgefallen sei. Ohne, dass aber die
tatsächliche Bedrohung durch Radioak-
tivität in der gleichen Zeit zu- respektive abgenommen habe und ohne, dass
das tatsächliche Wissen zur Radioaktivität gesunken beziehungsweise gestiegen sei.
Er ging von Beispielen aus der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts aus. Obwohl
man schon damals, so Rüegg, relativ viel
gewusst habe über die Wirkungen von
Radioaktivität und zum Beispiel gewusst
habe, dass sie tödlich ist, sei der Mainstream-Tenor zu Radioaktivität ein ganz
anderer gewesen. Öffentlich wurde Radioaktivität bis 1960 offenbar nicht als
als gesundmachendes Produkt beworben. Radioaktive Zahnpasta, RadiumSchokolade und Radium-Zigaretten,
radioaktive Wolle für Babykleider und
sogar radioaktiven Dünger für die Bewirtschaftung der Äcker seien aktiv be-
sich zu den Gefahren der Radioaktivität
informieren will, muss genau hinsehen
und genau prüfen, welche Aussagen eine
Studie machen kann und welche sie eben
nicht machen kann. Schockdosis, externe
und interne Dosis lind durchschnittliche
worben worden und gehörten zu den All- Lebensdauerdosis, das klingt zwar alles
tagsprodukten. Im Rückblick, so Rüegg, ähnlich und beschreibt im Kern die Aussei manches davon natürlich Unsinn ge- wirkungen von Radioaktivität auf die Lewesen, manches aber auch nicht. Es sei bewesen - aber unter immer anderen Bediesbezüglich ähnlich gewesen wie heu- dingungen.
te mit den Vitaminen: Gesundheit war
Wie Rüegg ausführte gibt es heute vier
schon damals ein Geschäft.
verlässliche Quellen für das Wissen zu
Radioaktivität. Zu allererst wären da die
Was man weiss
Überlebenden von Hiroshima und Nagaund was man nicht weiss
sah, dank derer man Aussagen vor allem
Walter Rüegg lag am Donnerstagabend zu radioaktiven Schockdosen und deren
viel daran, aufzuräumen mit den bekann- Wirkung machen kann. Zweite Quelle
ten Mythen zur Radioaktivität und sie sind die unzähligen Studien zu den sogeden erhärteten Fakten der Wissenschaft nannten Raditurnnalerinnen - auch «Ra-
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dium Girls» genannt - mit Hilfe derer vor Zusammenhang mit Krebs zu betrachten.
allem allgemeine Aussagen zu externen Viel wertvoller seien Aussagen zur Leund internen Dosen und deren Langzeit- bensdauer und hier sprächen die Zahlen
auswirkungen gemacht werden können. zur Radioaktivität eine deutliche SpraDrittens sind die Humanstatistiken zu che: Bis zu einer Schockdosis von 1 Sieerwähnen, auf deren Grundlage Tausen- vert - «das ist eine absolute Horrordosis»
de von Studien geschrieben wurden und - habe Radioaktivität praktisch keinen
mit denen man, so Rüegg, letztlich alle Einfluss auf die Lebensdauer.
möglichen Aussagen zur Radioaktivität
Auch die Beispiele der Radiummabelegen und widerlegen kann. Schliess- lerinnen hätten gezeigt, dass die aufgelich und viertens sind die sehr wertvollen nommene Menge an Radioaktivität eiResultate der Tierversuche und der mik- nerseits und die Zeit, in der sie aufgerobiologischen Versuche zu nennen, die nommen wird andererseits, entscheidend
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man pflegt, einen viel grösseren Einfluss
auf die Lebensdauer hat als die Radioaktivität. Wer es auf das durchschnittliche
statistische Mittel der Lebensdauer herunterbreche, stelle fest, dass sozioökonomischer Status, eine lange Staatskrise mit
zehn Prozent Reduktion des BIP oder
Feinstaub einen viel grösseren Einfluss
auf die Lebensdauer hätten, als die Radioaktivität. Ein Beispiel? Wer lebenslänglich in der «No entry-Zone» in Fukushima lebe, müsse allenfalls eine Reduk-
tion der Lebensdauer um drei Monate
sind für die Wirkung die die Radioakti- in Kauf nehmen, wer aber andauernd
aber nur beschränkt direkt auf den Men- vität auf die Gesundheit hat. Bei der Le- 40 Mikrogramm Feinstaub (pro Kubikschen übertragen werden können.
bensdauerdosis liege die Schwelle bei 200 meter) ausgesetzt sei, müsse ein Jahr seiSievert. Unterhalb dieser Schwelle könne nes Lebens abziehen. «Vor diesem HinEntscheidend ist die Menge
Radioaktivität sogar positiv wirken auf tergrund sollte man sich in der Tat überlegen, ob man sich aus Fukushima nach
Aus den Ausführungen Rüeggs wurde die Gesundheit.
Tokyo evakuieren lassen will. Ganz abdeutlich, dass bis heute keine andere
gesehen davon, dass wir in den Alpen an
Auswirkung auf den menschlichen Kör- Vergleichen ist unabdingbar
per so intensiv untersucht wurde wie die Walter Rüeggs Hauptaussage zielte auf vielen Orten ganz ähnliche Dosen haben
der Radioaktivität insbesondere mit die fehlende Bereitschaft in der Gesell- wie in Fukushima.»
Fokus auf Schockdosen. Das Ergebnis schaft, Vergleiche anzustellen. Es bestehe Strahlenschutz
ist erstaunlich: Das Krebsrisiko steigt ein bedeutender Unterschied zwischen
bei Schockdosen linear an. Das heisst, dem Bild der Realität und den tatsäch- im Fokus
doppelte Dosis führt zu doppelt so ho- lichen Gefahren, die von Radioaktiviher Krebsrate. Ein wichtiges Aber gibt es tät ausgehen und dem Bild, dass sich die Im zweiten Teil der Veranstaltung liejedoch: Die Dosis muss genügend hoch Gesellschaft von der Radioaktivität ma- ferte Lars Kämpfer, der Leiter des
und intensiv sein, damit dieses «Gesetz» chen. Die Risikowahrnehmung sei bei ,Ressorts Strahlenschutz im KKL,
gültig bleibt. Liegt die erfahrene Strah- Radioaktivität viel sensibler wie bei an- einen Einblick in seine tägliche Arlenmenge bei unter 11,1 bis 0,2 Sievert, deren Gefahren. Die deutliche Aussage beit. Obwohl man Strahlung mit seidann ist kein Effekt von,Radioaktivität Rüeggs dazu: «Natürlich sehen, riechen nen menschlichen Sinnen nicht wahrauf das Krebsrisiko nachweisbar. Und: und schmecken Sie die Radioaktivität nehmen kann, ist sie dennoch keine
Die sehr grosse Mehrheit der Fälle von nicht. Aber sehen Sie Feinstaub? Sehen Bedrohung. Denn Strahlung kann
Fukushima und Tschernobyl läge genau Sie CO2? Oder das Arsen in ihrer Sup- man messen und sich sinnvoll davor
schützen, so die Botschaft des Fachin diesem tiefen Bereich.
pe?»
Walter Rüegg warnte aber generell daStudien und Rechnungen würden experten aus dem KKL.
vor das Thema Radioaktivität «nur» im deutlich zeigen, dass der Lebensstil, den
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