22.03., Mosaik-Gottesdienst zu Hildegard von Bingen, Pfarrerin

Mosaik- Gottesdienst über Hildegard von Bingen am 22. März 2015 Kreuzkirche
Pfarrerin Astrid Gilch-Messerer mit KonfirmandInnen
Zum Leben von Hildegard von Bingen
- Hildegard war ein kränkliches Kind. Sie war die 10. Tochter einer
Adelsfamilie. Mit 8 Jahren kam sie ins Kloster.
- Schon als Kind hatte sie Visionen, vorauszusehen und Gegenwärtiges auf
die Zukunft hin richtig deuten. Viele dieser Visionen sind uns schriftlich
erhalten.
- Im Laufe der Zeit wurde sie Äbtissin in diesem Kloster.
Im Alter von 53 Jahren gründete sie das Kloster Rupertsberg bei Bingen.
- Sie war eine geachtete Frau:
Sie stand im Briefwechsel mit Kaiser Barbarossa, den sie kritisierte.
- Der Mitbegründer des Zisterzienser-Ordens Bernhard von Clairvaux
verhalf ihr durch Fürsprache beim Papst dazu, dass sie ihre Schriften
veröffentlichen durfte.
Hildegard kannte sich in vielen Bereichen aus:
-Sie wusste , wie man Krankheiten verhindert oder heilt
- Ihr lag viel an einer gesunden Ernährung
Zur Getreidesorte Dinkel sagte sie z. B.:
„Dinkel ist das beste Getreide.
Fettig und kraftvoll
und leichter verträglich
als alle anderen Getreide.
Es verschafft dem, der es isst,
ein rechtes Fleisch
und bereitet ihm gutes Blut.
Die Seele des Menschen
macht es froh
und voll Heiterkeit.“
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- Sie war Schriftstellerin und Dichterin.
- Sie hat Musikstücke verfasst.
Hildegard schrieb einmal:
In der Musik hat Gott den Menschen die Erinnerung an das verlorene Paradies
hinterlassen.
Hildegard hatte den Mut, sich gegen einflussreiche Männer zu stellen:
Sie ließ einen aus der Kirche ausgeschlossenen Edelmann auf dem Friedhof
ihres Klosters Rupertsberg beerdigen.
Die Folge war eine harte Bestrafung: Ihr ganzes Kloster wurde von dem für sie
zuständigen Bischof von Mainz von allen Sakramenten ausgeschlossen, solange
Hildegard lebte.
Für Hildegard von Bingen ist es klar, dass alles in Gottes Schöpfung miteinander
und mit Gott in Verbindung steht.
Das können wir an dem Bild „Kosmosmensch“ gut sehen.
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Das Bild hat ein Mönch nach den Anweisungen von Hildegard gemalt – wir
haben es auf unser Gottesdienstblatt abgedruckt.
Der Mensch steht im Zentrum der Schöpfung.
Alles ist miteinander verbunden, und die ganze Schöpfung wird von Gott
gehalten und umfangen.
Der Mensch steht aufrecht mit ausgebreiteten Armen.
Seine Fingerspitzen berühren einen der Kreise, die sich um ihn herum befinden.
Die Kreise stellen sich in unterschiedlichen Farben dar.
Ich erkenne blaue und weiße Schichten. Sie stehen (von außen nach innen) für
den Äther und das Wasser, also die Luft mit Wolken und Regen.
Dann sehe ich verschiedene Linien, die die Kreise und den Menschen
durchziehen und unterschiedliche Bereiche im Bild miteinander verbinden. Jetzt
erst nehme ich die dicke braune Kugel in der Mitte war. Sie steht für die Erde,
auf der unser Leben stattfindet. Sie wird gleichsam von den anderen ringsum
gehalten, „ist mit ihnen verbunden und empfängt von ihnen ununterbrochen
die grünende Lebensfrische wie auch die Fruchtbarkeit.“
Im Übergang vom blauen zu den beiden roten Kreisen sehe ich verteilt in alle
vier Richtungen Tierköpfe:
den Kopf eines Leoparden, eines Wolfes, Löwen und eines Bären.
Sie sind wieder von anderen Köpfen umgeben. Sie alle hauchen in das Rad und
auf die Gestalt des Menschen zu.
Auch sehen wir oberhalb des Menschen sieben Planeten, die ebenfalls ihre
Strahlen auf die Tierköpfe und den Menschen hin senden.
Hildegard zeigt: Alles ist geordnet in Gottes Schöpfung.
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Jedes Geschöpf hat seine Aufgabe und seinen Ort.
„Nichts leidet Mangel, nirgendwo erhält sich die Unordnung, keinem steht ein
Übermaß zu. Denn die Werke Gottes leben in einer einheitlichen Ordnung.“
Gott, der Urlebendige trägt, wie eine Mutter, den gesamten Kosmos in seinem
Herzen.
Im Flammenkreuz der Liebe umarmt er alles Geschaffene.
So kann ich die Hände in dem leuchtenden Feuerkreis erkennen, die die
gesamte Schöpfung in sich bergen.
Für Hildegard geht es im Leben darum, dass der Mensch erkennt, wie sehr er in
dieses Bezugs- und Beziehungsgeflecht eingebunden ist. Es ist die Aufgabe des
Menschen, sich in der Schöpfung einzuordnen und so die eigene, angemessene,
und vom Schöpfer zugedachte Stellung zu finden.
Ansprache Pfrin Gilch-Messerer
Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,
was bedeutet uns eine Frau wie Hildegard von Bingen, die vor fast 1000 Jahren
gelebt hat?
Eigentlich hätte sie ein stilles, geordnetes Leben hinter Klostermauern führen
sollen und können, und wir haben gehört, dass sie eine eher kränkliche Person
war.
Und doch ist sie Äbtissin geworden, Schriftstellerin, Komponistin, Ärztin,
Ernährungswissenschaftlerin, und sie hat sich in die Politik eingemischt und, wo
immer es ging, ihren Einfluss geltend gemacht.
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Sie ist ihren Weg gegangen und hat ihre Begabungen und Talente entfaltet.
Deshalb reden wir bis heute von ihr, und sie kann uns Beispiel und Vorbild sein.
Ihre Kraft und ihren Mut dazu hat sie, so denke ich, aus ihrem Glauben
bekommen. Es kommt nicht darauf an, zu tun, was alle tun.
Es kommt darauf an, dass jeder/jede von Euch seinen/ihren eigenen Weg findet,
Euer Leben zu gestalten.
Sicher, heute gibt es viel mehr Möglichkeiten, Euer Leben zu gestalten.
Ihr habt ganz viele Möglichkeiten, wie Ihr Eure Freizeit verbringen könnt: Es gibt
ganz viele Sportarten, die ihr ausüben könnt oder Musikinstrumente, die Ihr
lernen könnt.
Dass ihr dazu Begabungen habt, sehen wir ja daran, dass einige von Euch heute
für uns singen und musizieren.
Es gibt viele Berufe, die es noch zu der Zeit, als ich Abitur gemacht habe, gar nicht
gab.
Was alles möglich ist, ist fast nicht mehr zu überschauen.
Deshalb mein Rat:
Schaut Euch an, was andere machen – aber kopiert nicht, was sie machen.
Überlegt, was zu Euch passt, auch im Gespräch mit Menschen, die Euch kennen –
aber geht dann Euren Weg.
Hildegard von Bingen ist ein Beispiel, wie eine Frau ihr Leben gestalten kann –
jenseits von Normen und Erwartungen.
Ich würde sagen, sie hat ein erfülltes Leben geführt.
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Es war nicht nur ein langes Leben – sie ist ja über 80 Jahre alt geworden.
Es war ein Leben, das sie selbst reich gemacht hat an Wissen und
Lebenserfahrung und Glaube.
Und sie hat die Menschen ihrer Umgebung teilhaben lassen an dem, was sie an
Wissen und Lebenserfahrung und Glaube gewonnen hat.
Es ist ein Reichtum, der sich nicht in Geld messen lässt – ein Reichtum, an dem
wir auch heute, 1000 Jahre später, noch teilhaben können.
Amen.
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Fürbitten
Wir beten mit Worten von Hildegard von Bingen
Bitte stehen Sie auf:
„O Urkraft aus Ewigkeit -:
Geordnet hast Du in Deinem Herzen das All.
Alle die Dinge der Welt,
so wie sie da sind, wie Du sie gewollt,
Du hast sie geschaffen,
aus Deinem Wort."
Das lebendige Getier im Wasser und am Himmel,
Du hast es geschaffen.
Nach deinem Bilde hast Du geformt den Menschen,
als Mann und Frau.
„Werk aus Gottes Hand"
- o Mensch du erschaffen in hoher Heiligkeit,
da die Gottheit, die heilige,
in ihrer Demut die Himmel durchdrang.
O wie so groß ist die Güte:
daß der Gottheit Leuchten
nun aufstrahlt im irdischen Urstoff daß da die Engel,
die dienen in Gott
erschaun die Menschlichkeit Gottes!"
Zwei Augen hast du, o Gott, mir gegeben,
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im Dunkeln ein herrliches Licht zu schauen,
zu wählen den Weg, den ich gehen soll.
Bin ich nun sehend oder auch blind,
ich weiß, daß ich einen Führer brauche
zum Tage hin und auch zur Nacht.
Wenn ich mich im Finstern verberge,
kann ich auch Dunkles tun;
im Licht aber werde ich gesehen
und zieh’ statt Belohnung mir Strafe zu,
wenn ich es tue.
Lebendiger Gott, ich rufe dich an,
führ’ mich den Weg des Lichts
und heile meine bösen Geschwüre,
damit ich am Tage mich nicht schämen muß;
zerreiße die Stricke meiner Gefangenschaft!
Lehre mich, Gott, im Heiligen Geist
deine Wege zu geh’n,
zu empfangen die Speise des Lebens,
die du den Gläubigen reichst
zur Erwählung und Heiligung.
In die höchste Glückseligkeit
nimm mich dann gütig auf,
laß mich ruhen in deinem Schoß.
Im Himmel ist meine Heimat,
dort begegne ich auch den Geschöpfen;
Gottes Liebe ist mein Verlangen,
den Turm der Sehnsucht will ich errichten.
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Was du, Gott, willst, das will ich tun.
Mit den Flügeln des guten Willens
fliege ich über des Himmels Gestirne,
um deinen Willen zu tun.
Nichts mehr bleibt mir zu suchen und zu wünschen,
ich sehne mich nur noch nach Dir.
Laß mich, o Gott, dein Saitenspiel sein
und der Zitherklang deiner Liebe.
Wenn ich mit offenen Augen betrachte,
was du, mein Gott, geschaffen hast,
besitze ich hier schon den Himmel.
Ruhig sammle ich im Schoß
Rosen und Lilien und alles Grün,
während ich deine Werke preise.
Pfarrerin Gilch-Messerer: Bitte für Verstorbene und Vaterunser
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