Sehen wir nur die Spitze des Eisbergs?

P.b.b.
Retouren an PF555, 1008 Wien
GZ 09Z038186M
ISSN 2306-8213
EUR 7,–
Jahrgang 9 | 2015
Medizinisches Fachjournal
Infektiologie &
Gastroenterologie-Hepatologie
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
Mikroskopische Kolitis:
Sehen wir nur
die Spitze des
Eisbergs?
Seite 39
EBOLA
Fakten und
Vorsorge
in Osterreich
Seite 7
2015/1
JATROS
Universimed CMC GmbH
Markgraf-Rüdiger-Straße 6–8, 1150 Wien
NEU
dolutegravir/abacavir/
lamivudine
InnereStärke
Triumeq® - Das onepill-Regime mit Dolutegravir
Eine Tablette einmal täglich1
Unabhängig von den Mahlzeiten1
Unabhängig von der Tageszeit1
Wirksam ohne Booster1
Wenige Wechselwirkungen
mit häufig verwendeten
Medikamenten1
Auswahl klinisch relevanter Sicherheitsinformationen zu Triumeq®. Kontraindikationen: Überempfindlichkeit gegen einen der Inhaltsstoffe,
gleichzeitige Einnahme von Dofetilid. Warnhinweise: Hypersensitivitätsreaktion gegen Abacavir oder Dolutegravir; Auftreten eines Immun-RekonstitutionsSyndroms; eine kausale Beziehung zwischen der Behandlung mit Abacavir und dem Risiko für einen Myokardinfarkt kann derzeit weder bestätigt noch
widerlegt werden. Nebenwirkungen: Überempfindlichkeitsreaktionen, Immun-Rekonstitutions-Syndrom, Laktatazidose, Pankreatitis, Rhabodmyolyse,
schwerwiegende Hautreaktionen, aplastische Anämie.
Für eine vollständige Auflistung der Kontraindikationen, Warnhinweise und Nebenwirkungen siehe die Fachinformation.
Fachkurzinformation
WDieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall
einer Nebenwirkung zu melden. Hinweise zur Meldung von Nebenwirkungen, siehe Abschnitt 4.8 der Fachinformation. BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS: Triumeq 50 mg/600 mg/300 mg Filmtabletten. QUALITATIVE UND
QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG: Jede Filmtablette enthält 50 mg Dolutegravir (als Natrium-Salz), 600 mg Abacavir (als Sulfat) und 300 mg Lamivudin. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Mannitol (E421), Mikrokristalline
Cellulose, Povidon K29/32, Poly(O-carboxymethyl)stärke-Natriumsalz, Magnesiumstearat. Filmüberzug: Opadry II Violett 85F90057 bestehend aus:Poly(vinylalkohol), Titandioxid, Macrogol, Talkum, Eisen(II,III)-oxid, Eisen(III)-oxid.
KLINISCHE ANGABEN: Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung, Antivirale Mittel zur Behandlung von HIV-Infektionen, Kombinationen, ATC-Code: J05AR13. Anwendungsgebiete: Triumeq
ist angezeigt zur Behandlung von Infektionen mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) bei Erwachsenen und Jugendlichen im Alter von über 12 Jahren, die mindestens 40 kg wiegen (siehe Abschnitt 4.4 und 5.1 der
Fachinformation). Vor Beginn der Behandlung mit Abacavir-haltigen Arzneimitteln sollte unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit jeder HIV-infizierte Patient auf das Vorhandensein des HLA-B*5701-Allels hin untersucht
werden (siehe Abschnitt 4.4 der Fachinformation). Patienten, bei denen bekannt ist, dass sie das HLA-B*5701-Allel tragen, sollten Abacavir nicht anwenden. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Dolutegravir, Abacavir
oder Lamivudin oder einen der in Abschnitt 6.1 der Fachinformation genannten sonstigen Bestandteile. Siehe Abschnitte 4.4 und 4.8. der Fachinformation. Gleichzeitige Anwendung mit Dofetilid (siehe Abschnitt 4.5 der
Fachinformation). INHABER DER ZULASSUNG: ViiV Healthcare UK Limited, 980 Great West Road, Brentford, Middlesex, TW8 9GS, Vereinigtes Königreich. ZULASSUNGSNUMMERN: EU/1/14/940/001; EU/1/14/940/002 Abgabe:
NR, rezept- und apothekenpflichtig
Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit und Nebenwirkungen
entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
Ausführliche Informationen zu diesem Arzneimittel sind auf den Internetseiten der Europäischen Arzneimittel-Agentur http://www.ema.europa.eu/verfügbar. Hinweise zur Dosierung und Art der Anwendung: Die empfohlene
Dosis von Triumeq® beträgt eine Tablette einmal täglich bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren, die mindestens 40 kg wiegen. Triumeq® kann mit oder ohne eine Mahlzeit eingenommen werden. Triumeq®
ist eine fixe Kombination und darf nicht für Patienten verschrieben werden, die eine Dosisanpassung benötigen (darunter: Patienten mit einer dokumentierten oder klinisch vermuteten Integrase-Inhibitor-Resistenz,
bei denen Dolutegravir 50 mg zweimal täglich zusammen mit einer Mahlzeit verabreicht werden soll). Monopräparate mit Dolutegravir, Abacavir und Lamivudin stehen zur Verfügung.
Die Patientensicherheit steht für GSK stets an oberster Stelle. Jeder Verdacht auf eine unerwünschte Wirkung, die bei einem Patienten auftritt, ist dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen/Medizinmarktaufsicht in
Übereinstimmung mit dem nationalen Erfassungssystem für Spontanberichte zu melden. Gerne steht Ihnen auch unsere Pharmakovigilanzabteilung für die Erfassung dieser Informationen zur Verfügung. Sie erreichen uns
telefonisch unter 01/970 75 – 0 oder schriftlich unter [email protected].
Reference: 1. Triumeq ® Fachinformation, Stand September 2014.
AT/TRIM/0002/14a, Oktober 2014
TRIUMEQ ® ist eine eingetragene Marke der ViiV Healthcare Unternehmensgruppe.
©2014 ViiV Healthcare Unternehmensgruppe. Alle Rechte vorbehalten.
INHALT
HIV/Aids
CROI 2015: Highlights vom größten
HIV-Kongress des Jahres
19
© AGES
A. Zoufaly, Wien
Hepatologie
AGES-Fortbildung Ebola Seite 7
Infektiologie
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
Emerging Infections
Ebola – Fakten und Vorsorge in Österreich
7
Hepatitis-C-Virusinfektion
Interaktionspotenzial der neuen
interferonfreien Kombinationstherapie
23
L. Meemken, Wien
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Virushepatitis C – Update 2015
27
I. Graziadei, Hall i. Tirol
Giftiger Dienstag
Infektionen des Respirationstrakts
Impfmedizin
Impfen und Kinder
9
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Fettleber/NASH: Von der Ignoranz zur häufigsten
Lebererkrankung – wo stehen wir?
30
C. Datz, Oberndorf
11
R. Kerbl, Leoben
Nosokomiale Infektionen
Clostridium difficile – Gefahr im Krankenhaus
ÖGACH-Jahrestagung
Machen Enterokokken krank?
Gastroenterologie
14
15
O. Janata, Wien
ÖGACH-Jahrestagung
Makrolide: Geschichte und aktueller Stellenwert
17
ECCO 2015
Neue Therapieansätze und individualisierte Dosierung
35
Darm-selektiver Wirkansatz bei CED
37
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Mikroskopische Kolitis –
sehen wir nur die Spitze des Eisbergs?
39
S. Miehlke, Hamburg
R. Gattringer, Linz
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Behandlung des Reizdarmsyndroms:
Fortschritte in Sicht?
42
M. Thumshirn, Basel
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Highlights aus der gastrointestinalen Onkologie
46
E. Wöll, Zams
Impressum
Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-Rüdiger-Straße 6–8, 1150 Wien. [email protected]. Geschäftsführung: Dr. med. Bartosz Chłap, MBA. Tel.: 01/876 79 56. Fax: DW 20. Chefredaktion:
Mag. Thomas Schindl. E-Mail: [email protected]. Redaktion: Mag. Sandra Winter-Toman. Externer Redakteur: Dr. Norbert Hasenöhrl. Projektleitung: Mag. René Milich. Grafik: Albert Ressi. Lektorat:
DI Gerlinde Hinterhölzl, Dr. Patrizia Maurer, Mag. Sabine Wawerda, Mag. Josef Weilguni. Druck: AV + Astoria Druckzentrum GmbH, 1032 Wien. Fotonachweis: iStockphoto, Fotolia, Archiv. Gerichtsstand: Wien.
Offenlegung: Universimed Cross Media Content GmbH (100%ige Tochter der Universimed Holding GmbH). Eigentümer und Medieninhaber: Universimed Holding GmbH.
Bezugsbedingungen Abonnement: Bestellung bei Universimed oder unter www.universimed.com. Jahresabo EUR 33,–, Einzelheft EUR 7,– inkl. MwSt. und Versand innerhalb von Österreich; im Ausland zzgl. Versandspesen. Das Medium Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie ist für den persönlichen Nutzen des Lesers konzipiert und beinhaltet Informationen aus den Bereichen Expertenmeinung, wissenschaftliche Studien
und Kongresse sowie News. Namentlich gekennzeichnete Artikel und sonstige Beiträge sind die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des Verfassers und müssen daher nicht mit der Meinung der Redaktion
und des Herausgebers übereinstimmen. Diese Beiträge fallen somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Mit der Übergabe von Manuskripten und Bildern gehen sämtliche Nutzungsrechte in
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insbesondere Dosierungsanweisungen und Applikationsformen, kann seitens der Redaktion keine Garantie/Haftung übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand
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Die am Ende jedes Artikels vorhandene Zahlenkombination (z.B.: ■1603) stellt eine interne Codierung dar. Geschlechterbezeichnung: Um die Lesbarkeit der Informationen zu erleichtern, wird bei Personenbezeichnungen in der Regel die männliche Form verwendet. Es sind jedoch jeweils männliche und weibliche Personen gemeint.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Seite 3 I JATROS
GASTROENTEROLOGIE-HEPATOLOGIE
Liebe Leserinnen
und Leser!
P. Ferenci, Wien
H. Tilg, Innsbruck
„Mikroskopische Kolitis – sehen wir nur die Spitze des Eisbergs?“ Dieser spannenden Frage widmet sich der
Artikel von Prof. Dr. Stephan Miehlke, Hamburg-Eppendorf, der auf einen Vortrag im Rahmen des Update
Gastroenterologie-Stoffwechsel, 14.–15. November 2014 in Innsbruck, zurückgeht; nachzulesen ab Seite 39
in dieser Ausgabe.
„Die mikroskopische Kolitis wurde lange Zeit als seltene Erkrankung betrachtet. Neue epidemiologische
Studien aus Europa und Nordamerika zeigen jedoch, dass die Inzidenzraten der mikroskopischen Kolitis in
den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen und mit denen der klassischen chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen vergleichbar sind“, so Prof. Miehlke. In einer populationsbasierten Studienkohorte aus Kanada
lag die Inzidenz der mikroskopischen Kolitis sogar über derjenigen von Colitis ulcerosa und Morbus Crohn.
Angesichts dessen könnte sich unsere Wahrnehmung der Erkrankung in Zukunft nachhaltig verändern.
Demgegenüber scheinen die therapeutischen Möglichkeiten in der Behandlung der Erkrankung jedoch noch
nicht ausreichend erforscht. Lediglich die Wirksamkeit von oralem Budesonid ist bis dato durch Daten aus
randomisierten, placebokontrollierten Studien belegt.
Mit dem wichtigen Thema „Fettleber/NASH: Von der Ignoranz zur häufigsten Lebererkrankung“ befasst sich
Univ.-Prof. Dr. Christian Datz, Oberndorf, in seinem Artikel ab Seite 30. Aus den USA liegen für die nicht
alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) Prävalenzdaten von bis zu 46% vor. Insbesondere in Risikogruppen von Patienten mit Diabetes mellitus und krankhafter Adipositas steigen diese Zahlen auf bis zu 70–90%
an. Damit zählen nicht alkoholische Fettlebererkrankungen gegenwärtig zu den häufigsten schwerwiegenden Lebererkrankungen in der westlichen Welt. „Aus prognostischer Sicht relevant ist, dass die NAFLD als
nunmehr häufigste Lebererkrankung mit einem hochsignifikant erhöhten Risiko für extrahepatische Erkrankungen und Mortalität einhergeht“, gibt Prof. Datz zu bedenken. Klarerweise gibt es auch zur Behandlung
von Fettlebererkrankungen bisher keine zielgerichteten medikamentösen Therapien. Die Ausarbeitung und
Erprobung von multimodalen Therapiekonzepten, bestehend aus Lebensstilmodifikationen und medikamentösen bzw. chirurgischen Ansätzen, wird uns in den nächsten Jahren als Herausforderung mit großer Bedeutung für die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung begleiten.
Wir wünschen Ihnen eine spannende und informative Lektüre!
Univ.-Prof. DDr. h.c. Peter Ferenci
Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg
Co-Editor Hepatologie
Co-Editor Gastroenterologie
Wissenschaftlicher Beirat – Gastroenterologie & Hepatologie
OA Dr. H. Bognar, Krems; Univ.-Prof. Dr. C. Datz, Oberndorf; Univ.-Prof. Dr. I. Graziadei, Innsbruck; Univ.-Doz. Dr. M. Gschwantler, Wien; OA Dr. T. Haas, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. P. Knoflach,
Wels-Grieskirchen; Univ.-Prof. Dr. R. Koch, Innsbruck; OA Dr. W. Korak, Klagenfurt; Univ.-Prof. Dr. L. Kramer, Wien; Prof. Dr. C. Madl, Wien; OA Dr. A. Maieron, Linz; Priv.-Doz. DDr. A. R. Moschen,
Innsbruck; Univ.-Prof. Dr. M. Peck-Radosavljevic, Wien; Univ.-Prof. Dr. W. Petritsch, Graz; Univ.-Prof. Dr. W. Reinisch, Wien; Univ.-Prof. Dr. R. Stauber, Graz; Assoc. Prof. Dr. C. Steininger, Wien;
OA Dr. M. Strasser, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. W. Vogel, Innsbruck; Univ.-Prof. Dr. H. Vogelsang, Wien
JATROS I Seite 4
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
INFEKTIOLOGIE
EDITORIAL
Liebe Kolleginnen
und Kollegen,
F. Thalhammer, Wien
die erfreulichste Meldung der letzten Monate war die Information des Bundesministeriums für Gesundheit sowie der Österreichischen Ärztekammer, dass das Sonderfach „Innere Medizin und Infektiologie“ im
Fächerkanon der Inneren Medizin weiterbestehen wird – in Analogie zum Sonderfach „Innere Medizin
und Angiologie“ zunächst einmal bis 2021, anschließend werden beide Fächer reevaluiert. An dieser Stelle
möchte ich mich bei allen beteiligten Personen und Institutionen für die trotz aller Heftigkeit letztlich
konstruktiven Gespräche bedanken.
Die beherrschenden infektiologischen Themen der letzten Monate waren Ebola und MERS. Die ÖGIT veranstaltete zu beiden Themen einen eigenen Fortbildungsabend, die AGES (www.ages.at) organisiert eigene
Schulungen, die auch von unserer Gesellschaft mitgetragen werden. Mehr dazu im Heftinneren.
Ein weiteres wichtiges Thema, nicht unbedingt als Ruhmesblatt geeignet, ist die Impffreudigkeit von
Herrn und Frau Österreicher – oder deren Mangel. Wir haben auch dieses Thema aufgegriffen und für
Sie aufbereitet.
Die Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für antimikrobielle Chemotherapie (ÖGACH) war meinem Altchef Herrn Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger und der Infektiologie in seiner Schaffensperiode
gewidmet. Aus der großen Themenvielfalt wurden zwei Aspekte herausgegriffen: die Enterokokken als
Vertreter der Bakterien und die Makrolide als jene der Antibiotika.
Zu guter Letzt darf ich Sie noch auf den 9. Österreichischen Infektionskongress hinweisen, der sich vom
15. bis 18. April 2015 im Hotel Gut Brandlhof dem Thema „(Re-)Emerging Infections“ unter der Kongressleitung von Herrn Univ.-Prof. Dr. Robert Krause und Frau Priv.-Doz. Dr. Ines Zollner-Schwetz widmen wird.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre der aktuellen Ausgabe von JATROS Infektiologie und
hoffe, viele von Ihnen am Österreichischen Infektionskongress antreffen zu können.
Mit herzlichen Grüßen
Florian Thalhammer
Präsident der ÖGIT
Wissenschaftlicher Beirat – Infektiologie
Univ.-Doz. Dr. P. Apfalter, Linz; Prim. Dr. C. Aspöck, St. Pölten; Univ.-Prof. Dr. H. Burgmann, Wien; Univ.-Prof. DDr. A. Georgopoulos, Wien; Univ.-Prof. DDr. W. Graninger, Wien; OA Dr. O. Janata,
Wien; Univ.-Prof. Dr. C. Lass-Flörl, Innsbruck; OA Dr. A. Lechner, Salzburg; Univ.-Prof. Dr. A. Lischka, Wien; Ao. Univ.-Prof. DDr. E. Marth, Graz; Univ.-Prof. Dr. I. Mutz, St. Marein i. M.; Univ.-Prof.
Dr. M. Peck-Radosavljevic, Wien; Univ.-Prof. Dr. E. Presterl, Wien; Ass.-Prof. OA Dr. A. Rieger, Wien; Univ.-Prof. Dr. T. Staudinger, Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. F. Thalhammer, Wien; Prim. Dr. N. Vetter,
Wien; Ao. Univ.-Prof. Dr. G. Weiss, Innsbruck; Prim. Univ.-Doz. Dr. C. Wenisch, Wien; Univ.-Prof. Dr. W. H. Wernsdorfer, Wien; Univ.-Prof. Dr. B. Willinger, Wien
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Seite 5 I JATROS
HIV/AIDS
EDITORIAL
Liebe Leserinnen
und Leser!
A. Zoufaly, Wien
Der weltweit größte wissenschaftliche HIV-Kongress, die Conference on Retroviruses and Opportunistic
Infections (CROI), fand dieses Jahr von 23. bis 26. Februar in Seattle statt. Erneut trafen sich über 4.000
HIV-Forscher und Kliniker aus aller Welt, um die neuesten wissenschaftlichen Errungenschaften und ihre
Anwendbarkeit in der Klinik zu diskutieren.
Auch wenn dieses Jahr wieder Ernüchterung in Bezug auf die baldigen Möglichkeiten einer Heilung von HIV
eingetreten ist, erscheint das Bild darüber, wie und wodurch HIV Schaden anrichtet und wo therapeutische
Interventionen möglich sind, vollständiger als zuvor.
Es wurde unter anderem gezeigt, dass eine bedarfsweise Einnahme von antiretroviralen Medikamenten
(sogenannte Prä-Expositionsprophylaxe) kurz vor und nach dem ungeschützten Geschlechtsakt eine Ansteckung mit HIV bei homo/bisexuellen Männern wirkungsvoll verhindern kann. Obwohl eine solche
Maßnahme natürlich teurer ist als Kondome und nicht vor allen sexuell übertragbaren Infektionen schützt,
sollte diese durchaus auch bei uns als Teil eines Präventionspakets in Hochrisikopopulationen diskutiert und
angeboten werden.
So wie in den letzten Jahren konnten auch diesmal neue Therapieoptionen zur Behandlung der HIV/Hepatitis-C-Koinfektion vorgestellt werden. Die exzellenten Heilungsraten durch die direkt antiviral wirksamen
Substanzen wurden auch für koinfizierte Patienten eindrucksvoll bestätigt.
In der vorliegenden Ausgabe finden Sie eine subjektive Auswahl von Highlights der CROI 2015. Dazu
stellen wir das Interaktionsprofil einer neu in Österreich erhältlichen Kombinationstherapie zur Behandlung
der Hepatitis C vor.
Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!
Dr. Alexander Zoufaly
Co-Editor HIV/Aids
JATROS I Seite 6
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
REFERAT
INFEKTIOLOGIE
Emerging Infections
Ebola – Fakten und Vorsorge
in Österreich
Obwohl die Ebola-Epidemie im Abklingen zu sein scheint und es bisher zu keinem Fall
in Österreich gekommen ist, muss das Land dennoch vorbereitet sein. Zu diesem Zweck
veranstaltete die AGES in Zusammenarbeit mit anderen Institutionen eine Fortbildung
für „Multiplikatoren“, die das Gelernte in ihrer eigenen Institution weitergeben sollen.
Hier einige Informationen aus dem Kurs und ein Interview mit einem Teilnehmer.
Stuhl oder Blut. Solche Tröpfchen können beim Niesen, Husten, Erbrechen
oder durch spritzendes Absetzen von
Stuhl bei Diarrhö auf die Schleimhaut
oder nicht intakte Haut eines Empfängers gelangen (abzugrenzen von einer
aerogenen Transmission über mehrere
Meter).
Weitere theoretische Möglichkeiten der
Transmission betreffen Gegenstände, wie
z.B. Nadeln, Spritzen oder kontaminierte
Oberflächen, wofür es aber wenig Evidenz gibt. Keine Evidenz gibt es für
eine Transmission durch natürliche Aerosolisierung, wie dies z.B. bei Masern,
Influenza, Varizellen oder Tuberkulose
der Fall ist. Und auch über Wasser oder
Lebensmittel konnte bisher keine EbolaTransmission nachgewiesen werden.
Bisher wurde in Österreich noch kein
Ebola-Patient behandelt, aber dennoch
müssen entsprechende Vorsorgemaßnahmen gesetzt werden. Auf Anregung
des Gesundheitsministeriums veranstaltete die AGES im Dezember 2014
erstmals eine Schulung unter dem Titel
„Nationales Multiplikatoren-Training
für Gesundheitspersonal“ zum Thema
Ebola.
Die Infektion mit dem Ebola-Virus
kann durch direkten Kontakt mit einer
erkrankten Person erfolgen (Haut zu
nicht intakter Haut oder Schleimhaut)
oder durch direkten Kontakt mit Körperflüssigkeiten von Erkrankten oder
Verstorbenen. Dabei ist die letztere
Möglichkeit mit einem höheren Ansteckungsrisiko behaftet. Körperprodukte
mit dem höchsten Transmissionsrisiko
sind Blut, Stuhl und Erbrochenes. Hingegen gibt es für Speichel, Tränenflüssigkeit und Muttermilch nur schwache
Evidenz bezüglich der Transmission.
Im Schweiß kann zwar durch molekulare Methoden Ebola nachgewiesen
werden, es gibt jedoch keinerlei Evidenz für eine Transmission.
Eine Tröpfchentransmission ist theoretisch möglich. Dabei kann es sich um
Tröpfchen respiratorischer Sekrete bei
gleichzeitig bestehender respiratorischer
Infektion handeln oder auch um Tröpfchen von Erbrochenem, diarrhoischem
Expositions- und klinische Kriterien
Eine Person gilt als Ebola-exponiert,
wenn sie sich entweder in einem betroffenen Gebiet aufgehalten hat oder
während der letzten 21 Tage (= von
der WHO angegebene durchschnittliche Inkubationszeit) Kontakt mit einem wahrscheinlichen bzw. bestätigten
Ebola-Fall hatte. Eine Kontaktperson
ist per definitionem asymptomatisch und
hatte direkten Kontakt mit infektiösen
Körperflüssigkeiten oder kontaminiertem Material. Das Infektionsrisiko einer Kontaktperson richtet sich danach,
© AGES
Übertragungswege
Das Risiko für den Import eines EbolaFalls nach Österreich wurde und wird
als gering bewertet.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Abb. 1: Schutzanzüge erfolgreich angelegt
Seite 7 I JATROS
INFEKTIOLOGIE
ob es sich um eine Hochrisiko- oder
eine Niedrigrisiko-Exposition handelt.
Eine Hochrisiko-Exposition liegt vor,
wenn ein enger oder direkter Kontakt
ohne Schutzanzug bzw. ohne Augenschutz mit einem Erkrankten erfolgt ist,
wenn direkter Kontakt mit kontaminiertem Material oder eine perkutane
Verletzung mit kontaminierten Gegenständen vorliegt, weiters wenn direkter
Kontakt mit sterblichen Überresten eines Erkrankten oder mit Tierarten (Fledermäusen, Nagetieren, Primaten oder
Buschantilopen) aus einem betroffenen
Gebiet vorliegt oder Kontakt mit sogenanntem Buschfleisch (meist von Affen)
bzw. Verzehr von solchem erfolgte.
Eine Niedrigrisiko-Exposition besteht
dann, wenn nur beiläufiger Kontakt
(z.B. in einem öffentlichen Verkehrsmittel) mit einer exponierten Person
vorlag, die zum Zeitpunkt des Kontakts lediglich Fieber hatte.
Klinische Kriterien für eine Ebola-Infektion sind Fieber 38,6°C und mindestens ein weiteres der folgenden Kriterien: starke Kopfschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, unerklärliche Blutungen sowie Multiorganversagen. Auch ein plötzlicher, unerwarteter Todesfall wird (im entsprechenden Kontext) als Verdachtskriterium gewertet.
Berufliche Exposition
Als beruflich exponiert gelten alle Personen, die an Transport, Pflege und
Behandlung eines Ebola-Patienten mitgewirkt haben (dazu gehört auch das
Reinigungspersonal im involvierten
Krankenhaus!), weiters Personen, die
im Labor mit Proben eines Ebola-Patienten gearbeitet haben, und Personen,
die in betroffenen Gebieten direkten
beruflichen Kontakt mit Ebola-Patienten gehabt haben und dann in ihr Heimatland zurückkehren.
Krankheitsverlauf
Die Erkrankung entwickelt sich in
mehreren Phasen.
In der frühen febrilen Phase (Tag 0–3)
bestehen Fieber, Unwohlsein, Müdigkeit, Arthralgie und Myalgie.
Es folgt die gastrointestinale Phase
(Tag 3–10) mit epigastrischen SchmerJATROS I Seite 8
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
zen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall,
Fieber, Konjunktivitis und Allgemeinsymptomen.
Zwischen Tag 7 und 12 kommt es entweder zu Schock oder zu Erholung.
Wenn Schock eintritt, entsteht Multiorganversagen mit Oligo-/Anurie,
Koma, Kreislaufversagen, pulmonalem
Versagen und „capillary leak“. Tritt
Erholung ein, so klingt die gastrointestinale Symptomatik ab und der
Patient wird zunehmend belastbarer.
Späte Komplikationen können GI-Blutungen, Sekundärinfektionen bis hin zur
Sepsis und Meningoenzephalitis sein. ■
REFERAT
Bericht und Interview:
Dr. Norbert Hasenöhrl
Quelle:
Unterlagen vom „Nationalen MultiplikatorenTraining für Gesundheitspersonal/HygieneAusbildungskurs ,Ebola‘“ der AGES,
veranstaltet in Kooperation mit der
Österreichischen Gesellschaft für Hygiene,
Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP),
der Österreichischen Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT),
der Paracelsus Medizinischen
Privatuniversität Salzburg,
dem Roten Kreuz und der
Magistratsabteilung 15 (Gesundheitsamt Wien);
9.–11. Dezember 2014
■16
Vom praktischen Umgang mit Ebola-Patienten
JATROS Infektiologie sprach mit Christoph Schöller, Desinfektionsassistent, Qualitätsmanager sowie Schulungsleiter an der Zentraldesinfektion im AKH Wien und Teilnehmer an der Ebola-Schulung der AGES im Dezember 2014.
Was war das Ziel des AGES-Kurses zu Ebola?
C. Schöller: Das Ziel war es, jene Personen
zusammenzubringen, die sich in Österreich mit
dem Thema Ebola beschäftigen. Es ging einerseits natürlich um konkrete Fortbildung, wobei
die Teilnehmer in ihren jeweiligen Häusern als
Multiplikatoren wirken sollen, andererseits auch
um den Austausch von Meinungen und Erfahrungen.
Was waren die Schwerpunkte?
C. Schöller: Ein ganz zentraler Punkt war der
Umgang mit der Schutzausrüstung. Rund um
dieses Thema gibt es natürlich eine Reihe weiterer Fragen bezüglich des Aufbaus und Betriebs von Krankenhauseinrichtungen, die geeignet sind, um hochinfektiöse Patienten, wie etwa
Ebola-Kranke, aufzunehmen.
Was könnten solche Fragen sein?
C. Schöller: Nebst der Schulung des Personals
wurden Fragen zur Logistik behandelt, z.B. zum
Umgang mit potenziell infektiösem Müll, der
bei Kontakt mit infektiösen Patienten entsteht,
und wie dieser entsorgt werden soll.
Zum Thema Schutzanzug: Was sind Ihre
Erfahrungen, wo liegen die Probleme?
C. Schöller: Zunächst muss ich sagen, dass es
wünschenswert wäre, wenn die Hersteller klarere Anweisungen zur Dekontamination und zum
richtigen Ausziehen der Schutzanzüge geben
würden. Das ist deshalb so relevant, weil man
ja gehört hat, dass Ebola-Infektionen von medizinischem Personal beim Ausziehen von Schutzanzügen passiert sind. Ein weiterer Punkt scheint
mir zu sein, dass es zu wenige unterschiedliche
Größen gibt. Im Rahmen der Schulung wurde
das Anlegen und Ablegen eines Schutzanzuges
geübt und es wurden Erfahrungen ausgetauscht,
mit dem Ziel, Achtsamkeit in Bezug auf ein
sicheres Anlegen und kontaminationsfreies Ablegen zu entwickeln.
Wer sollte denn eigentlich für die Assistenz beim Ausziehen von Schutzanzügen,
aber auch für die Dekontamination von
Räumen etc. verantwortlich sein?
C. Schöller: Idealerweise gibt es dafür Desinfektionsassistenten, deren Ausbildung vor Kurzem neu geregelt und aufgewertet wurde. Allerdings stehen solche Desinfektionsassistenten in
kleineren Häusern nicht zur Verfügung. Dort wird
diese Aufgabe wohl von speziell geschultem
Pflegepersonal übernommen werden müssen.
Welche Faktoren sind noch zu bedenken?
C. Schöller: Wichtig ist sicher auch, dass man
für die Betreuung auch nur eines einzigen EbolaPatienten einen hohen Personalaufwand hat.
Es ist somit eine Herausforderung, mit dem bestehenden Personal auch diesen Aufgaben gerecht zu werden. Und nicht zuletzt sind natürlich
die hohen Kosten ein Thema.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
INFEKTIOLOGIE
KONGRESS
Giftiger Dienstag
Infektionen des Respirationstrakts
Erreger, die Infektionen im Respirationstrakt verursachen können, sind Legion. Univ.-Prof.
Dr. Florian Thalhammer, MedUni Wien, sprach bei einem „Giftigen Dienstag“ über einige
der wichtigsten respiratorischen Infektionen und klärte dabei vor allem die Frage, wann ein
Antibiotikum erforderlich ist und wann nicht.
Die Erreger von Infektionen der Atemwege umfassen ein breites Spektrum –
einige der wichtigsten Erreger sind in
Tab. 1 zusammengefasst.
Bakterien
Mykoplasmen
Pneumokokken
Akute Bronchitis
„90% aller Episoden von akuter
Bronchitis sind durch Viren bedingt“,
stellte Prof. Dr. Florian Thalhammer,
supplierender Leiter der Klinischen
Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, MedUni Wien, fest. Die Inkubationszeit liegt zwischen zwölf
Stunden und drei Tagen. „In solchen
Fällen brauchen wir definitiv kein
Antibiotikum!“, betonte Thalhammer.
„Wir wissen, dass ein Großteil der in
solchen Fällen verschriebenen Antibiotika schlicht und einfach sinnlos ist.“
Nur 5–10% aller Infektionen der oberen Atemwege sind primär bakteriell
bedingt, allerdings gibt es bakterielle
Superinfektionen.
Legionellen
Pseudomonaden
Staphylokokken
Pilze
Aspergillus
Candida
Pneumocystis
Viren
Adenoviren
Coronaviren (MERS, SARS)
Herpesviren
Influenzaviren
Metapneumoviren
Quelle: F. Thalhammer
Tab. 1: Erreger von Atemwegserkrankungen
„Diese zeigen sich meist durch Fieber,
das über mehr als drei bis vier Tage
KeyPoints
• Bei der akuten Bronchitis, die in aller Regel viral bedingt ist, sind Antibiotika meist
sinnlos.
• Für Prävention und Therapie der „common cold“ ist Zink eine interessante Option.
• Gegen Grippe sollte geimpft werden; Neuraminidasehemmer sind nur in den ersten
24–48 Stunden wirksam.
• MERS könnte jederzeit wieder nach Österreich eingeschleppt werden; ein Fall wurde
in Wien erfolgreich mit Lopinavir behandelt.
• Die wichtigsten Antibiotika bei akuten Exazerbationen der COPD sind Amoxicillin/
Clavulansäure und moderne Chinolone.
• Haupterreger der CAP sind immer noch Pneumokokken.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
anhält, oder durch einen neuerlichen
Fieberschub nach anfänglicher Besserung oder durch Veränderung eines
ursprünglich serösen Schnupfensekrets
zu einem gelbgrünlich-eitrigen Sekret.“
Eine relativ rezente Studie zeigte, dass
bei Patienten mit akuter Bronchitis
und verfärbtem Sputum eine Behandlung mit Amoxicillin/Clavulansäure
nicht besser wirkt als Ibuprofen und
beide auch nicht besser als Placebo.1
„Common cold“
Die gewöhnliche Erkältung oder
„common cold“ (CC) ist eine selbstlimitierende Virusinfektion der oberen
Atemwege, die in der Regel die Nase,
die Nasennebenhöhlen, den Rachen
und den Larynx betrifft. 2014 wurde
die Evidenz für die Prävention und
Therapie der CC einem kritischen Review unterzogen.2
„Diese Evidenz ist natürlich eher
schlecht“, kommentierte Thalhammer.
Für die Prävention der CC finden sich
die noch relativ besten Daten einerseits
für eine gute Händehygiene, andererseits eventuell auch für Zink-Supplemente. „Diese wirken evtl. auch therapeutisch, müssen aber in jedem Fall
ausreichend dosiert sein“, berichtete
der Infektiologe.
In der Therapie der CC sind Paracetamol und NSAR symptomatisch
wirksam (gegen Schmerzen und Fieber). Etwas schwächer ist die Evidenz
für Schleimhaut-abschwellende, Antihistaminika enthaltende Produkte sowie intranasales Ipratropium. In BeSeite 9 I JATROS
INFEKTIOLOGIE
zug auf nichttraditionelle Therapien
gibt es die besten Daten für die schon
erwähnten Zink-Supplemente sowie
bei Husten für Honig vor dem Schlafengehen (Erwachsene und Kinder ab
einem Jahr).
Influenza
„Bei der Grippe ist es wichtig, die
Spreu vom Weizen zu trennen, mit anderen Worten: die echte Influenza von
der ‚common cold‘ zu unterscheiden“,
betonte Thalhammer. Die Rhinitis ist
bei der Influenza zumeist weniger ausgeprägt als bei der CC, dafür sind
Symptome wie Kopf- und Halsschmerzen, Abgeschlagenheit, Unwohlsein,
Husten, Frösteln, Fieber und Muskelschmerzen bei der Influenza meist
deutlich stärker.3
„Zu Neuraminidasehemmern ist klar
zu sagen, dass sie wirken, aber nur
innerhalb der ersten 24 bis 48 Stunden“, sagte Thalhammer deutlich.
Die Grippeimpfung ist daher immer
noch alternativlos, allerdings gibt es
jetzt auch in Österreich einen nasalen Impfstoff, der den bisherigen Vakzinen in der Wirksamkeit überlegen
sein dürfte. „Dieser Impfstoff hat den
Vorteil, keine Konservierungsstoffe
oder Adjuvanzien zu enthalten, und
natürlich erspart man sich eine Injektion“, kommentierte der Infektiologe.
„Durch die lokale Applikation auf die
Schleimhaut des Nasen-Rachen-Raums
entsteht nicht nur eine systemische,
sondern auch eine lokale Immunität
durch schleimhautständige IgA-Antikörper und somit ein Schutz dort, wo
er gebraucht wird.“
Die nasale Grippeimpfung ist in Österreich (im Gegensatz zu den USA) nur
für Kinder und Jugendliche zwischen
2 und 18 Jahren, nicht aber für Erwachsene zugelassen. „Zu beachten
ist, dass es sich bei dieser Impfung
um einen Lebendimpfstoff handelt“,
schränkte Thalhammer ein.
MERS
Das „Middle East Respiratory Syndrome“, kurz MERS, ausgelöst durch
MERS-CoV, ein Coronavirus, ist ein
JATROS I Seite 10
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
schwerer akuter respiratorischer Infekt
mit Husten, der mit oder auch ohne
Fieber auftreten kann und klinisch mit
Verdacht auf Pneumonie bzw. ARDS
einhergeht, wobei die Symptome per
definitionem nicht auf eine andere
Krankheit oder Infektion zurückzuführen sind.
Zusätzlich zu diesen klinischen gibt
es auch epidemiologische Kriterien:
Es muss Kontakt zu einem bestätigten
oder wahrscheinlichen MERS-Fall bestanden oder in den letzten 14 Tagen
(also innerhalb der maximalen Inkubationszeit) eine Reise in ein Risikogebiet stattgefunden haben oder auch
ein Aufenthalt an einem Ort, an dem
sich auch ein Patient mit wahrscheinlichem oder bestätigtem MERS in der
symptomatischen Phase aufgehalten
hat. Als wahrscheinlich gilt ein Fall
dann, wenn die klinischen und epidemiologischen Kriterien erfüllt sind;
bestätigt wird ein Fall erst durch die
Labordiagnostik.
Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion (maximale Reichweite
ca. 1,5m) oder engen Kontakt.
„Es gibt eine Therapie, nämlich Lopinavir, die zwar nicht zugelassen ist, mit
der aber die bisher einzige MERS-Patientin, die in Wien behandelt wurde,
geheilt werden konnte“, so Thalhammer.
Akute Exazerbation der COPD
In diesem Fall ist die – allerdings besser fremdbeurteilte – Sputumfarbe oft
ein guter Anhaltspunkt. Eine Studie
zeigte, dass purulentes (grünes) Sputum mit einer Sensitivität von 94%
und einer Spezifität von 77% für eine
hohe bakterielle Belastung und damit
für einen potenziellen Nutzen einer
Antibiotikatherapie bei COPD-Patienten spricht.4
„Die Keimbesiedelung ändert sich
auch mit dem COPD-Schweregrad“,
fuhr Thalhammer fort. Auch zu diesem Krankheitsbild gibt es einen österreichischen Konsensus.5 „Die wichtigsten Antibiotika in dieser Indikation
sind Amoxicillin/Clavulansäure sowie
moderne Fluorchinolone“, so der Infektiologe.
KONGRESS
Ambulant erworbene Pneumonie (CAP)
„Der negative Vorhersagewert einer
Auskultation für die CAP ist mit 96%
sehr hoch, der positive Vorhersagewert
hingegen mit 57% nahezu unbrauchbar“, erläuterte Thalhammer.6
Das Erregerspektrum der CAP wird
immer noch von den Pneumokokken
dominiert, die 40 bis 60% aller CAPErreger ausmachen, gefolgt von Mykoplasmen und Legionellen.
Zur Therapie der CAP gibt es ein
österreichisches Expertenstatement.7
„Bei Pneumokokken ist übrigens Penicillin G noch immer Therapie der ersten Wahl, sofern keine Resistenz besteht“, so Thalhammer abschließend.
„Die Therapiewahl hängt aber auch
vom Schweregrad, d.h. vom CRB-65■
Score, ab.“
Literatur:
1
Llor C et al: Efficacy of anti-inflammatory or antibiotic treatment in patients with non-complicated
acute bronchitis and discoloured sputum: randomised
placebo controlled trial. BMJ 2013; 347: f5762.
doi:10.1136/bmj.f5762
2
Allan GM, Arroll B: Prevention and treatment of the
common cold: making sense of the evidence. Can
Med Assoc J 2014; 186(3): 190-199. doi:10.1503/
cmaj.121442
3
Thalhammer F et al: Konsensusstatement: Therapie
der Grippe. Medical Dialogue/Supplementum ÖÄZ,
November 2010
4
Stockley RA et al: Relationship of sputum color to nature and outpatient management of acute exacerbations of COPD. Chest 2000; 117(6): 1638-1645
5
Wenisch C et al: Konsensusstatement: Antimikrobielle
Therapie von Exazerbationen der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Medical Dialogue/Supplementum ÖÄZ, April 2009
6
van Vugt SF et al: Diagnosing pneumonia in patients
with acute cough: clinical judgment compared to
chest radiography. Eur Respir J 2013; 42(4): 10761082. doi:10.1183/09031936.00111012
7
Thalhammer F et al: Expertenstatement: Ambulant erworbene Pneumonie. Medical Dialogue/Supplementum ÖÄZ, April 2008
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
Quelle:
Giftiger Dienstag – „Infektionen des
Respirationstraktes – Bronchitis – Pneumonie“,
Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer,
27. Jänner 2015, Wien
■16
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
INFEKTIOLOGIE
REFERAT
Impfmedizin
Der Nutzen und die extrem günstige Nutzen-Risiko-Relation von Impfungen
sind wissenschaftlich unbestritten. Leider drückt sich dies nur zum Teil auch
in entsprechenden Durchimpfungsraten aus. Viele Eltern – und sogar manche
Ärzte – nehmen eine skeptische oder gänzlich ablehnende Haltung gegenüber
Impfungen ein. Die Gründe dafür sind zum Teil simple Fehlschlüsse, wie dass
bestimmte Erkrankungen ausgerottet seien, die in Wirklichkeit nur durch
Herdenimmunität in Schach gehalten werden. Zudem werden von Impfgegnern zahlreiche Fehlinformationen, vor allem via Internet, verbreitet.
„Um sich die Bedeutung von Impfungen für Kinder, aber natürlich auch
für Erwachsene, vor Augen zu halten,
braucht man sich nur anzusehen, wie
viele Menschen im 20. Jahrhundert –
vor Beginn der Impfära – an impfpräventablen Erkrankungen gestorben
sind“, begann Prim. Univ.-Prof. Dr.
Reinhold Kerbl, Abteilung für Kinder
und Jugendliche, LKH Leoben, seinen
Vortrag (Tab. 1). „Niemand leugnet,
dass es auch Impfschäden gibt“, fuhr
der Pädiater fort, „aber die Komplikationsraten von Impfungen gegenüber
jenen der Krankheiten, gegen die geimpft wird, sind verschwindend gering!“ (Tab. 2)
Unterschiede zwischen
Erwachsenen und Kindern
Es gibt einige praktisch relevante Unterschiede zwischen der Impfsituation
bei Kindern und jener bei Erwachse-
nen. Im Gegensatz zu diesen erhalten
Kinder relativ viele Impfungen in rascher Abfolge, können den Sinn dieser
meist doch eher schmerzhaften Maßnahmen – wenigstens anfangs – nicht
verstehen und entscheiden auch nicht
selbst über die Verabreichung. Dies
setzt die Eltern unter Druck, die ohnehin oft skeptisch gegenüber der relativen Vielzahl angebotener Impfungen
sind. „Dazu kommt, dass Eltern sich
oft genug aus fragwürdigen Quellen informieren, z.B. im Internet, wo es für
den medizinischen Laien de facto nicht
möglich ist, zwischen seriöser und unseriöser Information zu unterscheiden“, so Kerbl. „Das führt zu dem interessanten Phänomen, dass viele Eltern,
die sich als Impfskeptiker bezeichnen,
glauben, die Empfehlungen des österreichischen Impfplans irgendwie modifizieren zu müssen, wofür es allerdings
keine rationalen Begründungen gibt“,
so Kerbl. Ein weiterer Faktor sind die
KeyPoints
• Die Komplikationsraten von Impfungen sind um viele Zehnerpotenzen geringer als
jene der Erkrankungen, gegen die geimpft wird, und das Nebenwirkungsspektrum
ist auch qualitativ anders.
• Dennoch gibt es eine größere Zahl an Eltern, die Impfungen skeptisch oder gänzlich
ablehnend gegenüberstehen.
• Die Impfaufklärung durch Pädiater wäre in einigen Punkten noch optimierbar.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
® Kerbl MAM
Impfen und Kinder
R. Kerbl, Leoben
Kosten bei jenen Impfungen, die nicht
von der öffentlichen Hand finanziert
werden, wie z.B. bei Varizellenimpfung.
Gibt es ein Recht auf Impfung?
Die Frage, ob Kinder einen Rechtsanspruch auf Impfungen haben, ist nicht
ganz einfach zu beantworten. In der
auch von Österreich ratifizierten UNKinderrechtskonvention heißt es zwar,
das jedes Kind das Recht „auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit“
habe und dass „die Gesundheitsvorsorge“ sowie „die Elternberatung“ auszubauen seien; Impfungen als konkrete
medizinische Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge werden jedoch nicht explizit erwähnt.
Was denken Kinder und Jugendliche?
Für Kleinkinder und junge Schulkinder gibt es keine Studien, die zeigen
würden, wie sie zu Impfungen stehen.
Sehr wohl gibt es solche Studien für
Jugendliche. Hier zeigt sich, dass die
Meinung über Impfungen mit steigender Aufklärung besser wird, was keine
Überraschung darstellt. Durch Aufklärung, die persönlich, aber auch über
Internet, Apps und dergleichen erfolgen kann, lassen sich die Beteiligungsraten Jugendlicher an Impfungen deutlich erhöhen.
Seite 11 I JATROS
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
INFEKTIOLOGIE
Was denken Eltern?
Eltern lassen sich erfahrungsgemäß und
laut den vorliegenden Daten, was die
Einstellung zu Impfungen angeht, in
vier Gruppen einteilen.
Die erste Gruppe sind Impfbefürworter
(sie machen ungefähr 40% aus), die die
Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums befolgen.
Eine zweite Gruppe befürwortet Impfungen zwar grundsätzlich auch, hat
aber das Bedürfnis, die vorhandenen
Impfempfehlungen zu modifizieren (z.B.
Impfungen erst ab dem fünften und
nicht ab dem dritten Lebensmonat;
Masernimpfung ja, aber nur eine etc.).
Eine dritte Gruppe sind die sogenannten Impfskeptiker, die sich sehr kritisch
über Impfungen äußern und dabei verschiedenste (und sehr oft falsche) Argumente verwenden, jedoch Impfungen
noch nicht vollständig ablehnen.
Die vierte Gruppe sind Impfgegner, die
jegliche Impfung ablehnen, und dies
meist mit stark ideologisierter Argumentation. Diese Gruppe macht etwa
3 bis 4% aller Eltern aus und ist für
rationale, naturwissenschaftlich fundierte Argumente kaum erreichbar.
Was denken Kinderärzte?
„Die hier beschriebenen vier Gruppen
gibt es wohl auch bei den Kinderärzten,
allerdings haben die Gruppen zwei bis
vier einen deutlich geringeren Anteil als
bei den Eltern“, erläuterte Kerbl.
„Eine Diplomarbeit1 an unserer Abteilung hat anhand von 33 österreichischen
Kinderordinationen erhoben, wie es mit
der Impfaufklärung in pädiatrischen
Ordinationen aussieht“, fuhr Kerbl fort.
Wie der Oberste Gerichtshof im Jahr
1999 feststellte, besteht eine Aufklärungspflicht nicht nur bei operativen
Eingriffen, sondern unter anderem auch
bei Impfungen, wobei der Umfang der
Aufklärung von den Umständen des
Einzelfalls abhängt. Wie aus der Umfrage hervorgeht, werden in pädiatrischen
Ordinationen durchschnittlich 48 Impfungen pro Woche verabreicht. „Deshalb ist es schon aus zeitlichen Gründen
nicht möglich, jede einzelne noch so
unwahrscheinliche Nebenwirkung im
Rahmen eines Aufklärungsgesprächs zu
erläutern“, schränkte der Pädiater ein.
JATROS I Seite 12
Erkrankung
REFERAT
Geschätzte Zahl der Todesfälle im
20. Jahrhundert vor Einführung der Impfung
Todesfälle
im Jahr 2002
Pocken
4,81 Millionen
0
Poliomyelitis
1,63 Millionen
0
Diphtherie
17,60 Millionen
2
Haemophilus influenzae
2,00 Millionen
22
Masern
5,03 Millionen
36
Mumps
1,52 Millionen
236
Pertussis
1,47 Millionen
6.632
Röteln
4,77 Millionen
20
0,13 Millionen
13
Tetanus
†
Zahlen aus den USA; Quelle: Nabel GJ et
al2
Tab. 1: Todesfälle vor und nach Beginn der Impfära†
Symptom/Erkrankung
Komplikationsraten
Bei Erkrankung
Nach Impfung (MMR)
Exanthem
98%
5%, abgeschwächt
Fieber
98%, meist hoch
3–5%, selten hoch
Fieberkrämpfe
7–8%
≤1%
Thrombopenie
1/3.000
1/30.000–50.000
Enzephalitis
1/1.000–10.000
1/1 Mio. (Zusammenhang unsicher)
Masern
Letalität
30%
Defektheilung
20%
Vorübergehende
Immunsuppression
Oft Folgekrankheiten
wie z.B. Pneumonie
Mumps
Parotitis
98%
0,5%
Pankreatitis
2–5%
0,5%
Orchitis bei Jugendlichen
und Erwachsenen
20–50%
1/1 Mio.
Meningitis
ca. 15%
1/1 Mio.
Taubheit
1/20.000
0
Gelenksbeschwerden
bei erwachsenen Frauen
40–70%, anhaltend
1/10.000, meist kurz und schwach
Enzephalitis
1/6.000
0
Thrombopenie
1/3.000
1/30.000–50.000
Embryopathie bei Infektion
in der Schwangerschaft
>60%
0
Röteln
Quelle: Meyer C et al3
Tab. 2: Komplikationen nach Erkrankung vs. nach Impfung anhand der MMR-Impfung
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
INFEKTIOLOGIE
REFERAT
94% der Befragten betreiben eine
mündliche Aufklärung, 72% verteilen
auch Informationsbroschüren. „Interessanterweise gaben jedoch nur 25%
an, dass Fragen der Eltern beantwortet
werden, was mich selbst ein wenig verwundert“, so Kerbl. Fragen nach dem
Inhalt der Aufklärung zeigen, dass alle
antwortenden Kinderärzte den Eltern
erläuterten, vor welchen Krankheiten
die Impfung schützt. 93% fragen nach
Komplikationen bei vorangegangenen
Impfungen, 82% klären über das richtige Verhalten nach Impfung auf, 70%
geben Auskunft über Herdenimmunität
bzw. erklären den Impfstoff. „60% fragen nach Allergien, das sollten aber eigentlich alle tun“, kommentierte Kerbl.
Die meisten Kinderärzte (82%) sind
der Überzeugung, dass ihre Variante
der Aufklärung die beste sei; 43% geben an, aus rechtlichen Gründen aufzuklären. 50% machen eine zweizeitige
Aufklärung, d.h., es wird erstmals einige Tage vorher (beim vorigen Besuch)
aufgeklärt und ein zweites Mal unmittelbar vor der Impfung. 50% nehmen
sich weniger als fünf Minuten Zeit für
die Aufklärung, weitere 47% jedoch
zwischen sechs und 15 Minuten – im
Durchschnitt sind es knapp sieben Minuten.
„Ebenfalls interessant finde ich, dass
sich 70% der Befragten die Impfaufklärung von den Eltern nicht schriftlich
bestätigen lassen; nur 30% tun das“, so
der Pädiater.
61% klären die Kinder und Jugendlichen selbst gesondert über Impfungen
auf, wobei 6% dies schon ab dem achten, 21% ab dem zehnten Lebensjahr
tun. 79% gaben an, bereits mit Impfnebenwirkungen bzw. -komplikationen
zu tun gehabt zu haben. Am häufigsten
waren diese Fieber und Schmerzen an
der Einstichstelle sowie Impfgranulome
und Fieberkrämpfe. Von längerfristigen gesundheitlichen Einschränkungen
wurde nicht berichtet.
„Wir haben auch eine Studie gemacht,
um zu sehen, wie viel Prozent der österreichischen Kinder alle empfohlenen
Impfungen haben“, so der Pädiater abschließend. „Dies waren 56%, in einer
anderen Studie waren es noch weniger, nämlich nur 40%. Einer der häufigsten Fehlschlüsse, die als Gründe
für das Nicht-impfen-Lassen angegeben
werden, lautet, dass es die betreffende
Erkrankung ohnehin nicht mehr gebe,
was bekanntlich aber nur so lang wahr
ist, wie eben weiter geimpft wird.“ ■
Literatur:
1
Pirsch O et al: Impfaufklärung in Österreich. Paediatr
Paedolog 2013; 48: 10-14
2
Nabel GJ et al: Designing tomorrow‘s vaccines. N Engl
J Med 2013; 368(6): 551-560
3
Meyer C et al: Vaccine opponents and sceptics. History, background, arguments, interaction. Bundesgesundheitsblatt 2004; 47(12): 1182-1188
Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl
Quelle:
Vortrag „Impfen und Kinder“
von Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl,
LKH Hochsteiermark/Leoben
im Rahmen der Tagung „Schutzimpfungen –
rechtliche, ethische und medizinische Aspekte“,
veranstaltet durch das Institut für Ethik und Recht
in der Medizin (IERM), 18. September 2014, Wien
■16
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
15. bis 18. April 2015 | Brran
ndlhof | Saalfelden
in Zusammenarbeit mit
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Präventivmedizin (ÖGHMP)
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Information & Anmeldung: www.oegit.eu
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Seite 13 I JATROS
INFEKTIOLOGIE
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
KONGRESS
Nosokomiale Infektionen
Clostridium difficile – Gefahr im Krankenhaus
Es ist wenig bekannt, dass in Europa jährlich genauso viele Menschen an Infektionen mit Clostridium difficile
sterben wie infolge von Verkehrsunfällen. Und immerhin ein Viertel aller CD-Infektionen wird gar nicht erkannt.
Doch nun wird auf EU-Ebene versucht, diesem Problem beizukommen. In Österreich ist eine einheitliche
Erfassung sowohl von antimikrobiellen Resistenzen als auch von nosokomialen Infektionen geplant.
In diesem Zusammenhang sind „antimicrobial stewardship“ und gute Hygienemaßnahmen entscheidend,
wie Experten bei einer Pressekonferenz festhielten.
Laut einer Studie der ESCMID1 verursachen Infektionen mit Clostridium difficile
(CDI) in der EU Kosten von ca. 3 Mrd.
Euro pro Jahr. Das Problem besteht jedoch nicht nur in der Behandlung bekannter, sondern auch in der Erkennung
unbekannter CDI-Fälle, wie die österreichische EU-Abgeordnete Karin Kadenbach (SPÖ) bei einer Pressekonferenz erklärte. So zeigte die vor Kurzem publizierte EUCLID-Studie auf,2 dass alleine
in den teilnehmenden Krankenhäusern
in Europa pro Jahr ca. 40.000 CDI-Fälle
unerkannt bleiben – das sind ca. 25%
aller CDI. Deshalb forderte Kadenbach
bessere Testverfahren und einen verringerten Antibiotikaeinsatz, um das Problem CDI in den Griff zu bekommen.
Einheitlicher Standard für Österreich
„Die Sterblichkeit bei CDI ist deutlich
höher als bei anderen Durchfallerkrankungen“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Franz
Allerberger, Leiter des Bereichs Humanmedizin, AGES, Wien. „Jährlich sterben in
der EU 27.000 Menschen daran, genauso
viele wie durch Verkehrsunfälle.“
In Österreich beträgt die CDI-Rate
4,1/10.000 Patiententage. Damit liegt
Österreich europaweit im Mittelfeld. Das
österreichische Gesundheitsministerium
ist derzeit bemüht, eine bundesweit einheitliche Erfassung sowohl von antimikrobiellen Resistenzen als auch von nosokomialen Infektionen wie CDI festzulegen,
um die Situation zu verbessern. „Die Einführung verbindlicher Qualitätsstandards
in Form einer Richtlinie soll noch 2015
umgesetzt werden“, so Allerberger.
JATROS I Seite 14
Difficile heißt „schwierig“
Dass Clostridium difficile seinen Namen
nicht umsonst trägt, erklärte die Hygienebeauftragte Ärztin der Krankenanstalt
Rudolfstiftung in Wien, OÄ Dr. Agnes
Wechsler-Fördös. „Dieses Bakterium kann
in der Umgebung, insbesondere aber in
Krankenhäusern, weit verbreitet sein, ist
enorm beständig gegen Umwelteinflüsse
und leider – aufgrund seiner Sporenbildung – auch gegen konventionelle Desinfektionsmaßnahmen wie Hände- und
Flächendesinfektion.“
Es gibt im Wesentlichen zwei Strategien,
um CD-Infektionen einzudämmen: einerseits eine konsequente, gründliche Reinigung und Desinfektion, andererseits einen
verantwortungsbewussten Umgang mit
Antibiotika („Antimicrobial Stewardship“).
„Da CD-Sporen resistent gegenüber gängigen Hand- und Flächendesinfektionsmitteln sind, ist auf das intensive Waschen der Hände mit Warmwasser und
Seife und auf die Verwendung sporozider
Flächendesinfektionsmittel wie Persäuren,
Chlor- oder Sauerstoffabspalter Wert zu
legen“, betonte Wechsler-Fördös.
„CDI sind zweifellos als Kollateralschäden der Antibiotikagabe zu betrachten.
Und wir wissen, dass es Bereiche gibt,
in denen prinzipiell viel zu viele Antibiotika unnütz verabreicht werden, etwa bei
Infektionen des oberen Respirationstrakts
oder bei asymptomatischer Bakteriurie“,
so Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer,
supplierender Leiter der Klinischen Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin,
MedUni Wien. Ein anderer Bereich, in
dem häufig sinnlos mit antimikrobiellen
Substanzen behandelt wird, ist eine positive Borrelienserologie ohne klinisches
Substrat. „Ein gezielter Einsatz von Antibiotika hilft uns, die CDI-Inzidenz zu
reduzieren“, betonte Thalhammer.
Umgekehrt muss eine CDI selbst ebenfalls mit bestimmten Antibiotika behandelt werden. „Dies sind z.B. Vancomycin,
Metronidazol oder das neuere Fidaxomicin, das zwar mit höheren Kosten,
aber auch mit einer niedrigeren Rezidivrate verbunden ist“, so Thalhammer abschließend. Zu Prävention, Diagnostik
und Therapie der CDI gibt es ein österreichisches Konsensus-Statement.3
■
Literatur:
1
Antibiotika: Ursache und Abhilfe
Ein falscher, aber auch ein notwendiger, vital indizierter Antibiotikaeinsatz
kann zu einer CDI führen. Wichtig ist es,
die Indikation zu überprüfen, die Dauer
der AB-Therapie so kurz wie möglich zu
halten, die Verabreichung (Dosis, Intervall, Infusionsdauer) zu optimieren und
bestimmte Substanzklassen restriktiv zu
verwenden.
Kuijper EJ et al: Clin Microbiol Infect 2006; 12(Suppl 6):
2-18
2
Davies KA et al: Lancet Infect Dis 2014; 14(12): 1208-1219
3
Thalhammer F, Weiss G et al: „Clostridium-difficile-Infektion [CDI] – Prävention, Diagnostik, Therapie“, Supplementum der Österreichischen Ärztezeitung, März 2014; als pdf
erhältlich unter www.oegit.eu/publikationen.htm
Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl
Quelle: „Clostridium difficile – der stille Feind
in meinem Krankenhaus“,
Pressegespräch am 23. Jänner 2015, Wien
■1602
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
INFEKTIOLOGIE
KONGRESS
ÖGACH-Jahrestagung
Enterokokken sind ubiquitäre Erreger, die eine gewisse Rolle bei intraabdominellen und nosokomialen Infektionen spielen. Welche Rolle dies
genau ist und wie pathogen diese Erreger wirklich sind, ist jedoch im
Grunde bis heute nicht ganz klar. Daher wird auch immer noch darüber
diskutiert, welcher mikrobiologische Befund tatsächlich eine gegen
Enterokokken wirksame Therapie rechtfertigt, wie OA Dr. Oskar Janata
bei der ÖGACH-Jahrestagung erläuterte.
soll, ist E. faecium nur etwa bei
20–40% vorhanden.
Als resistente nosokomiale Erreger haben vor allem Vancomycin-resistente
Enterokokken (VRE) in den letzten
Jahren an Bedeutung gewonnen. Zimmer, in denen Patienten mit VRE- oder
anderen Enterokokkeninfektionen behandelt wurden, müssen adäquat gereinigt und dekontaminiert werden.
„Bei Enterokokken scheint das – im
Gegensatz zu Clostridium difficile – zu
funktionieren, wenn man den Raum
mit H2O2 ausgast“, bemerkte Janata.
Vorkommen und Bedeutung
im Krankenhaus
Virulenz und Resistenz
Enterokokken sind imstande, eine
„Enterokokken gehören zu den ubiqui- ganze Reihe von Virulenzfaktoren zu
tären Erregern und sind somit nahezu exprimieren, die in vitro auch genau
überall in Wasser, Erde und
verschiedensten Lebewesen
nachweisbar“, erklärte OA
Dr. Oskar Janata, Hygienebeauftragter im SMZ Ost.
„Als Fäkalkeime sind Enterokokken natürlich auch
im Krankenhaus anzutreffen
und spielen für die Spitalshygiene eine gewisse Rolle.“
Im Menschen können Enterokokken nicht nur im Intestinaltrakt, sondern auch
im Pharynx, in den Gallenwegen, dem Urogenitaltrakt
und der Haut vorkommen.
Während E. faecalis bei
allen Menschen vorkommen Abb. 1: Enterokokken bei Pneumonie (Gramfärbung)
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
O. Janata, Wien
beschrieben wurden. Dazu gehören
beispielsweise Hämolysin, aggregationsfördernde Substanzen, Gelatinase,
„enterococcal surface protein“ und andere. „Von manchen Autoren werden
auch Resistenzgene zu den Virulenzfaktoren gezählt, hier ist die Abgrenzung recht unscharf“, so der Infektiologe. „Das Problem bei der Sache ist
nur, dass sich in vivo keine Korrelation zwischen dem Vorhandensein von
Virulenzfaktoren und der Fähigkeit,
Infektionen zu verursachen, findet“,
fuhr Janata fort. Auch zwischen Virulenzfaktoren und 14-Tages-Mortalität
durch Enterokokken fand sich in einer
Studie keine Korrelation.
Tabelle 1 gibt Auskunft über die generelle Resistenzsituation von Enterokokken. „Dabei muss man jedoch
bedenken, dass die Resistenzsituation von E. faecium
anders ist als jene von E.
faecalis“, schränkte Janata
ein. „Und die Resistenz von
Enterokokken gegen Cephalosporine und Peneme
ist auch kein ganz einfaches Kapitel – man denke
nur an die Tatsache, dass in
den Guidelines zur Therapie der VRE-Endokarditis
die Kombination von Ampicillin mit Ceftriaxon Mittel
der Wahl ist!“
Ein ins Auge fallender Unterschied zwischen der Resistenzsituation von E. faecalis
Quelle: Centers for Disease Control and Prevention, Public Health Image Library/Dr. Mike Miller
Die Erstbeschreibung der Enterokokken (Abb. 1) erfolgte 1899 durch Thiercelin. Enterokokken sind – zumindest
morphologisch – Streptokokken und
wurden (als sogenannte LancefieldGruppe D) ursprünglich auch zu diesen gezählt, später jedoch – seit 1984 –
als eigene Gattung bezeichnet. Innerhalb der Enterokokken lassen sich drei
Gruppen unterscheiden: Zur ersten
Gruppe gehört E. avium, zur zweiten
Gruppe zählen E. faecalis, E. faecium,
E. galinarum und E. casseliflavus, zur
dritten Gruppe gehört E. durans.
© intmedcom
Machen Enterokokken krank?
Seite 15 I JATROS
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
INFEKTIOLOGIE
und E. faecium ist die Tatsache,
dass laut AURES-Bericht in Österreich um die 90% aller Isolate von E.
faecium, aber weniger als 2% von E.
faecalis resistent gegen Aminopenicilline sind.
Therapie – theoretisch und praktisch
„Seit Jahren wird die Frage diskutiert,
ob man einen durch Enterokokken
verursachten Harnwegsinfekt mit Cotrimoxazol behandeln kann bzw. soll
oder nicht“, fuhr Janata fort. Beide
Substanzen, Trimethoprim und Sulfamethoxazol, hemmen (unterschiedliche)
Enzyme der bakteriellen Folsäuresynthese. „Allerdings sind Enterokokken
auch in der Lage, externe Folsäure
zu verwerten, was sich in einer reduzierten Empfindlichkeit gegenüber Cotrimoxazol bei Zufuhr von Folsäure
ausdrückt“, berichtete Janata. „Die
klinische Erfahrung lehrt uns, dass die
Therapie eines Enterokokken-Harnwegsinfekts zwar möglich ist, es aber
eine gewisse Rate von Therapieversagern bzw. Durchbruchsinfektionen gibt.
Auch die Situation bei Fluorchinolonen ist nicht eindeutig, denn einerseits besteht hier eine mehr oder weniger ausgeprägte Resistenz der Enterokokken, andererseits gibt uns aber die
EUCAST einen Breakpoint für die Behandlung sogenannter unkomplizierter
Harnwegsinfekte mit Fluorchinolonen“,
so der Infektiologe.
Für die Vancomycin-Resistenz von
Enterokokken – die dann per definitionem als VRE bezeichnet werden –
gibt es für Österreich Daten aus dem
AURES-Bericht. Sie liegt für E. faecium
bei ca. 4%, für E. faecalis unter 1%.
„Gegen VRE gibt es wenige zugelassene Substanzen – man denkt hier vor
allem an Linezolid –, aber eine ganze
Reihe von nicht zugelassenen Antibiotika, denen jedoch eventuell trotzdem
eine gewisse Nützlichkeit zukommt;
dazu gehören etwa Daptomycin und
Tigecyclin, aber auch Nitrofurantoin,
Fosfomycin, Rifampicin und sogar
Tetrazykline“, referierte Janata.
Krankheitsbilder
Enterokokken treten relativ häufig
als Erreger nosokomialer Infektionen
auf. Ein beträchtlicher Teil davon sind
Katheter-assoziierte Infektionen (E.
faecalis häufiger als E. faecium), aber
auch auf Fremdkörpern wie Gelenksimplantaten, bei immunsupprimierten
Patienten sowie in der Neonatologie spielen Enterokokken eine Rolle.
„Die Fähigkeit zur Biofilmbildung, die
Enterokokken besitzen, ist natürlich
eine wichtige Voraussetzung vor allem
für Katheter- und andere Fremdkörperinfektionen“, ergänzte Janata.
Intrinsische Resistenz/Toleranz
Erworbene Resistenz
Aztreonam
Aminopenicilline
Flucloxacillin, Ticarcillin
Aminoglykoside
Amidinopenicilline, Temocillin
Glykopeptide
Polymyxine
Lipopeptide
Cephalosporine
Oxazolidinone
Peneme
Pristinamycin
KONGRESS
Andere Krankheitsbilder sind erheblich
seltener und weniger gut belegt. „Zum
Beispiel gibt es zur Frage, ob Enterokokken einen Hirnabszess verursachen
können, keine Studien, sondern nur
einzelne Kasuistiken, bei denen der
Infektionsweg etwa über eine chronische Otitis media, eine Endokarditis, eine Zahnextraktion, neonatal oder
über eine Superinfektion nach Blutung
gelaufen sein soll.“
„Ein anderes schwieriges Kapitel sind
Enterokokken im Bereich der Lunge“,
so der Infektiologe. Auch hier existieren verschiedene Kasuistiken, wobei
aber immer wieder ein Zusammenhang mit abdominellen Infektionen
und bauchchirurgischen Eingriffen hergestellt wurde – ob es einen Pleuraerguss mit Enterokokken ohne abdominelle Pathologie gibt, bleibt unklar.
„Ich persönlich würde sagen, dass es
eine Enterokokkenpneumonie nicht
gibt“, betonte Janata.
Im Bereich des Abdomens sind bei
Infektionen Enterokokken zwar in
fast einem Viertel der Fälle zu finden,
scheinen aber nicht übermäßig pathogen zu sein. „Wir müssen der Ehrlichkeit halber zugeben, dass wir die Rolle
von Enterokokken bei intraabdominellen Infektionen nicht zur Gänze verstehen und daher auch nicht mit Sicherheit sagen können, wann in solchen
Fällen ein Enterokokken-wirksames
Antibiotikum gegeben werden soll“,
vermerkte Janata.
Bei Bakteriämien im Krankenhaus sind,
wie von Wolfgang Graninger 1992 gezeigt, Enterokokken in 8% der Fälle
als Erreger zu erwarten (Graninger
W, Ragette R, Clin Infect Dis 1992).
„Aber auch bei Bakteriämie bzw.
Sepsis ist der genaue Beitrag, den die
Enterokokken zur Mortalität leisten,
nicht wirklich klar definiert“, so Janata
abschließend.
■
Makrolide, Clindamycin*
Tetrazykline*
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
Chloramphenicol*
Cotrimoxazol*
Chinolone*
* unterschiedlich ausgeprägte Resistenz bzw. Toleranz
Tab. 1: Resistenzsituation von Enterokokken
JATROS I Seite 16
Quelle: Oskar Janata
Quelle:
„Machen Enterokokken krank?“
Vortrag von OA Dr. Oskar Janata
im Rahmen der ÖGACH-Jahrestagung,
17. November 2014, Wien
■16
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
INFEKTIOLOGIE
KONGRESS
ÖGACH-Jahrestagung
Makrolide: Geschichte und
aktueller Stellenwert
Immer wieder hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass der unkritische
und breite Einsatz von Makroliden zu einem massiven Anstieg der Makrolidresistenz bei Bakterien führt. Ketolide, als Weiterentwicklung der Makrolide,
sind wegen Lebertoxizität in Verruf geraten. Eventuell könnten jedoch neue
Ketolide oder Fluorketolide in Zukunft einen Stellenwert im antimikrobiellen
Armamentarium erlangen, wie OA Dr. Rainer Gattringer im Rahmen der
ÖGACH-Jahrestagung ausführte.
„Wenn man heute über Makrolide
spricht, ist es vielleicht doch interessant, auch einen Blick zurück zu werfen“, so OA Dr. Rainer Gattringer,
stellvertretender Leiter des Instituts für
Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin des Krankenhauses der Elisabethinen, Linz.
Die Telithromycin-Story
„Vor ca. einem Jahrzehnt haben wir
gemeinsam mit der klinischen Pharmakologie am Wiener AKH eine pharmakokinetische Studie zu Telithromycin
durchgeführt, einem damals neuen
oralen Ketolid, also einem Makrolidderivat“, erinnerte sich der Infektiologe.1 „Wir haben damals zehn Probanden rekrutiert, denen einerseits
Venflons und andererseits Mikrodialysesonden in die Oberschenkelmusku-
latur und ins Subkutangewebe gesetzt
wurden. Dann erhielten sie einmalig
800mg Telithromycin per os. In Abständen von 30 Minuten entnahmen
wir Blut und Gewebsdialysat. Die Proben wurden mittels ‚high-performance
liquid chromatography‘, kurz HPLC,
analysiert“, erklärte Gattringer den
Studienaufbau.
Es zeigte sich, dass Telithromycin für
die Therapie von Haut- und Weichteilinfektionen wahrscheinlich nicht
wirklich geeignet ist, weil die Gewebskonzentrationen für die Behandlung
von Staphylokokkeninfektionen nicht
ausreichen.
Im Jahr 2006 wurde bekannt, dass
Telithromycin erhebliche Leberprobleme
verursachen kann und zudem nicht
von Patienten eingenommen werden
darf, die an Myasthenia gravis leiden.
Aufgrunddessen wurde die Substanz
KeyPoints
• Makrolide sind vor allem gegen Atemwegsinfektionen einsetzbar, doch es gibt auch
weitere Einsatzgebiete. Azithromycin kann als Single-Shot-Infusion für die APAT
verwendet werden.
• Neue Ketolide bzw. Fluorketolide könnten in Zukunft das therapeutische Spektrum
bereichern.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
R. Gattringer, Linz
2007 zwar nicht gänzlich vom Markt
genommen, jedoch in ihren Indikationen erheblich eingeschränkt. Telithromycin ist nur noch für Atemwegsinfektionen zugelassen, wenn der Patient
über 18 Jahre alt ist, eine milde CAP
(ambulant erworbene Pneumonie) vorliegt und eine Resistenz gegen Makrolide sowie Betalaktame zu erwarten ist.
Die Indikationen Sinusitis und Bronchitis wurden aufgehoben. De facto ist
Telithromycin in Österreich nicht mehr
verfügbar.
Apropos Mikrodialyse
Die klinische Mikrodialyse ist eine
Untersuchungstechnik, die es erlaubt,
Gewebsspiegel kleiner Moleküle in
verschiedenen Organen zu messen.
Durchgeführt wird die Untersuchung
mittels einer dünnen Sonde, die von
einer semipermeablen Membran umgeben ist und mittels einer Führungskanüle ins Gewebe eingebracht wird.
Mit einer Pumpe wird eine Trägerlösung, das Perfusat, in die Sonde gepumpt. Aufgrund von Konzentrationsgradienten treten im Gewebe vorhandene körpereigene oder pharmakologisch wirksame Moleküle in das
Perfusat über, das so zum Dialysat
wird. Umgekehrt können über das PerSeite 17 I JATROS
Österreichische Gesellschaft für
Infektionskrankheiten und Tropenmedizin
INFEKTIOLOGIE
fusat auch Substanzen in das lokale
Gewebe eingebracht werden.
Mikrodialyse ist im ZNS möglich, weiters in der Haut, der Leber, dem subkutanen Fett, der Peritonealhöhle, verschiedenen Muskeln, aber im Prinzip
auch in fast allen anderen Geweben.
„Auch intraoperativ kann Mikrodialyse durchgeführt werden“, kommentierte Gattringer.
Allerdings weist die Methode bestimmte Limitationen auf. So sind die
Probenvolumina sehr klein und benötigen daher eine sensitive Analysemethode. Die Untersuchung lipophiler und großer Moleküle ist schwierig. Intrazellulär gelegene Substanzen
können nicht untersucht werden und
der Zugang zu manchen Geweben ist
limitiert.
Makro- und Ketolide allgemein
Die Basis jedes Makrolids ist ein Lactonring, der 14-, 15- oder 16-gliedrig
sein kann. Makrolide mit 14-gliedrigem Lactonring sind Erythromycin,
Clarithromycin und Roxithromycin,
einen 15-gliedrigen Ring besitzt Azithromycin und einen 16-gliedrigen Josamycin (Abb. 1). „Übrigens sind auch
Tacrolimus und Sirolimus Makrolidderivate“, ergänzte Gattringer.
Ketolide wie Telithromycin zeichnen
sich durch eine Ketogruppe an Position
3 des Lactonrings aus. Außer Telithromycin existieren noch andere Ketolide
wie Cethromycin, Modithromycin und
Solithromycin, die jedoch alle (noch)
nicht auf dem Markt sind. Die Zulassung für Cethromycin wurde 2009 von
der FDA in den USA abgelehnt. Die
anderen beiden Substanzen befinden
sich in Phase II (Modithromycin) oder
III (Solithromycin).
Makrolide und Ketolide haben den
gleichen Wirkmechanismus. Sie wirken
bakteriostatisch, indem sie an die
50S-Untereinheit prokaryotischer Ribosomen binden und so die bakterielle
Proteinsynthese unterbinden. „Ketolide
binden besser an ihr Target und wirken
daher auch bei makrolidresistenten
Erregern“, so der Infektiologe.
Ein Resistenzmechanismus gegen Makrolide kann die Mutation des Target
(23-S-ribosomale RNA) sein, weiters
die Produktion von Esterasen oder
Kinasen, welche das Makrolid inaktivieren, und schließlich die Expression
von Effluxpumpen.
Fluorketolide als dritte Generation?
„Die Frage, ob Makrolide oder besser gesagt Ketolide noch eine Chance
haben, ist nicht ganz einfach zu beantworten“, führte Gattringer aus. „Es
gibt Kollegen, die meinen, dass dies
nicht der Fall sein wird, solange das
Problem der Lebertoxizität nicht gelöst ist.“ Diese wird angeblich durch
einen Nikotinrezeptor ausgelöst, dessen Affinität zu Solithromycin geringer
KONGRESS
sein soll als zu den anderen Ketoliden.
Eine weitere Neuentwicklung sind die
Fluorketolide.2 „Diese Substanzen besitzen, wie der Name schon sagt, zusätzlich zur Ketolidstruktur noch ein
Fluoratom und sollen durch ein etwas
verändertes Bindungsverhalten am Ribosom eine stärkere Dysregulation des
bakteriellen Stoffwechsels auslösen als
andere Ketolide“, so der Infektiologe.
„Dies sollte den Therapieerfolg erhöhen.“ Zumindest die bisher publizierten minimalen Hemmkonzentrationen
(MHK) für die erwähnten Fluorketolide gegenüber verschiedenen Bakterienspezies scheinen vielversprechend
zu sein.
Makrolide 2015
Makrolide werden heute vor allem bei
Infektionen der Atemwege und des
Rachenraums eingesetzt, wie z.B. bei
CAP, atypischer Pneumonie, Pertussis,
Tonsillitis und anderen Erkrankungen.
Insbesondere Azithromycin mit seiner
langen Halbwertszeit kommt als „single shot“ (1,5g i.v. über 3–4h) auch
für die ambulante parenterale Antibiotikatherapie (APAT) infrage.
Weitere mögliche Einsatzgebiete sind
die Helicobacter-Eradikation, die Therapie von Mykobakterien, Borrelien
oder Campylobacter. „Auch beim
,Knacken‘ des Biofilms wird den Makroliden eine Wirksamkeit zugesprochen“, so Gattringer abschließend. ■
Literatur:
Erythromycin als Ausgangssubstanz, Ketolide (obere Reihe) und Fluorketolide (untere Reihe)
1
Gattringer R et al: Pharmacokinetics of telithromycin
in plasma and soft tissues after single-dose administration to healthy volunteers. Antimicrob Agents
Chemother 2004; 48(12): 4650-4653. doi:10.1128/
AAC.48.12.4650-4653.2004
2
Krokidis MG et al: Insights into the mode of action
of novel fluoroketolides, potent inhibitors of bacterial protein synthesis. Antimicrob Agents Chemother
2014; 58(1): 472-480. doi:10.1128/AAC.01994-13
Bericht:
Dr. Norbert Hasenöhrl
Quelle: Krokidis M et al, Antimicrob Agents Chemother 2014; 58(1): 472-80
Abb. 1: Strukturformeln von Ketoliden und Fluorketoliden
JATROS I Seite 18
Quelle:
„Der Stellenwert von Makroliden 2014?“,
Vortrag von OA Dr. Rainer Gattringer
im Rahmen der ÖGACH-Jahrestagung,
17. November 2014, Wien
■16
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
HIV/AIDS
KONGRESS
CROI 2015
Highlights vom größten
HIV-Kongress des Jahres
Aktuelles zur PrEP, neue ART-Strategien, kardiovaskuläres und renales
Risiko unter Langzeit-ART sowie Neues zur Therapie der HIV/HCVKoinfektion – dies waren nur einige der Highlights, die im Rahmen der
diesjährigen Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections
(CROI), 23.–26. Februar in Seattle/USA, diskutiert wurden.
Aktuelle Daten zur PrEP
Aus immer mehr Studien wird klar,
dass die antiretrovirale „Pre-Exposure“Prophylaxe (PrEP) wirksam gegen eine
Ansteckung mit HIV ist. Untersucht
wurde bisher vor allem die Kombination aus Tenofovir (TDF)/Emtricitabin per os, die in den USA seit 2012
zur PrEP zugelassen ist. In allen bisherigen Studien zeigte sich eine starke
Abhängigkeit der Wirksamkeit von der
Einnahmehäufigkeit bzw. Adhärenz
(Abb. 1). Adhärenz ist und bleibt ist
somit die Achillesferse der PrEP. Klar
ist aber auch, dass die HIV-PrEP nur
vor einer Ansteckung mit HIV schützt,
nicht aber vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen. Der relativ
hohe Preis ist eine weitere Herausforderung für die Gesundheitssysteme.
In zwei neu vorgestellten Studien konnten erneut die guten Schutzraten einer
kontinuierlichen PrEP bzw. einer intermittierenden PrEP eindrucksvoll dargestellt werden.
In der PROUD-Studie wurden über
500 HIV-negative MSM („men who
have sex with men“) randomisiert in
Arme mit sofortiger oder um ein Jahr
verzögerter PrEP mit Truvada. Eingebettet war diese Intervention in eine
routinegemäße STI-Beratung an den
Kliniken. Im Sofortarm zeigten sich
3 HIV-Serokonversionen versus 19 im
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Verzögerungsarm. 2 der Serokonversionen im Sofortarm traten wohl schon zu
Studienbeginn auf. Es zeigte sich eine
86%ige Schutzrate durch die PrEP, die
„number needed to treat“ (NNT) in
dieser Hochrisikopopulation war mit
13 sehr niedrig. Die PrEP wurde gut
vertragen und Hinweise auf ein geändertes Risikoverhalten gab es nicht. Die
Rate an sexuell übertragbaren Infektionen (STI) in beiden Gruppen war hoch,
statistisch aber nicht unterschiedlich.
Eine Kosteneffektivitätsanalyse folgt.
In der IPERGAY-Studie wurde die
Wirksamkeit einer intermittierenden
PrEP untersucht. 445 HIV-negative
MSM mit Hochrisikoverhalten wurden
randomisiert in einen Placeboarm und
einen Interventionsarm. Die Intervention beinhaltete 2 Tabletten Truvada
2–24 Stunden vor dem Sex und je eine
Tablette 24 bzw. 48 Stunden nach dem
Sex. Der Placeboarm wurde bereits vorzeitig bei signifikant mehr Ansteckungen beendet. Es zeigte sich erneut keine
Änderung des Sexualverhaltens bzw.
der durchschnittlichen Anzahl der Partner. Die Adhärenz zur Intervention war
gut, die PrEP wurde gut vertragen. In
beiden Gruppen war die Rate an STI
sehr hoch mit je 20% Chlamydien/
Gonorrhö und 10% Lues ohne Unterschiede zwischen den Armen. Die HIVInzidenz konnte um 86% gesenkt werden, dies entspricht einer NNT von 18.
A. Zoufaly, Wien
Erneut enttäuschte die Anwendung eines mikrobiziden Vaginalgels mit 1%
TDF 12 Stunden vor und nach dem
Sex in einer Studie aus Südafrika. Über
2.000 Frauen wurden in einen Interventions- bzw. Placeboarm randomisiert und die HIV-Inzidenz war in beiden Armen gleich hoch. Ursache war
eine schlechte Adhärenz, nur 13% der
Frauen gaben an, >80% der notwendigen Dosen verabreicht zu haben. Die
derzeitig verfügbaren Applikationsformen des Vaginalgels sind somit anscheinend nicht geeignet, um eine HIVInfektion effektiv zu verhindern.
Neue antiretrovirale Medikamente
und Strategien
Tenofovir-Alafenamid (TAF) ist eine
Weiterentwicklung von Tenofovir-Disoproxilfumarat (TDF), mit vergleichbarer antiviraler Potenz bei niedrigeren Tenofovir-Plasmaspiegeln. In den PhaseIII-Studien GS 104 und 111 wurde
1.733 Patienten in Elvitegravir/Cobicistat/Emtricitabin/TAF vs. Stribild randomisiert. Nach 48 Wochen waren 92%
bzw. 90% unter der Nachweisgrenze
von 50cop/ml, eine klare Nichtunterlegenheit. Bei 5 vs. 3 Versagern traten
Integraseresistenzen auf, bei denen allerdings Dolutegravir als Option bleibt.
Die Medikation wurde gut vertragen
und die von Patienten berichteten Nebenwirkungen sind mit denjenigen von
Seite 19 I JATROS
HIV/AIDS
JATROS I Seite 20
virale Fitness. Andererseits wurde angemerkt, dass der GSS veraltet ist und
nicht immer die klinische Realität
widerspiegelt, sodass einige der NRTI
trotz eines Scores von 0 möglicherweise durchaus noch wirksam gewesen wären.
Neues zu kardiovaskulärem Risiko
und Statinen
Zumindest zwei neue Untersuchungen
belegen den Nutzen einer Statintherapie in der Primärprävention zur Verhinderung des Progresses von artherosklerotischen Plaques bei HIV-Patienten.
100
80
● iPrEX
● TDF2
●
●
40
20
0
● CAPRISA 004
●
●
●
60
Effektivität (%)
Interessant erscheint auch BMS 955174,
ein Maturationshemmer der zweiten
Generation. In einer Phase-IIa-Studie wurden variable Dosierungen (5–
120mg 1x/Tag) hinsichtlich Sicherheit
und antiviraler Potenz getestet. Der
neue Inhibitor wirkt spät im Replikationszyklus und blockt ein Gag-Polyprotein, was dazu führt, dass ein unvollständiges nichtinfektiöses Viruspartikel hergestellt wird. Im Vergleich zu
Bevirimat, einem Maturationshemmer
der ersten Generation, hat die neue
Substanz eine 176-fach größere Potenz
und wirkt auch bei Bevirimat-resistenten Stämmen. Bereits ab 10mg/Tag
zeigt sich ein Abfall der Viruslast (VL)
von 1 Log-Stufe nach 10 Tagen, bei
40mg zeigte sich bereits die maximale
antivirale Potenz. Die Halbwertszeit
(HWZ) der Substanz ist lange und
zeigt einen VL-Abfall noch 7 Tage nach
Absetzen. Gag-Polymorphismen, die
zum Teil zu einer eingeschränkten Wirksamkeit gegenüber Bevirimat geführt
haben, sind für die Substanz kein Problem. Es traten keine Grad-3- oder
-4-Nebenwirkungen auf, bis zu einer
Dosierung von 80mg/Tag zeigten sich
keinerlei Laborveränderungen. Eine
Koformulation scheint möglich zu sein.
Die EARNEST-Studie ist eine SecondLine-Studie aus Afrika, in der Patienten, die auf 2 NRTI + NNRTI nicht
angesprochen hatten, auf einen Prote-
asehemmer (PI) mit 2–3 NRTI vs. PI +
Raltegravir vs. PI-Monotherapie randomisiert wurden. Der PI-Monotherapie-Arm schnitt überraschend schlecht
ab und wurde vorzeitig gestoppt. 60%
der eingeschlossenen Patienten hatten
einen NRTI-GSS („Stanford genotypic
sensitivity score“) von 0, d.h., es war
von keiner Aktivität des NRTI auszugehen. Dennoch schützen die scheinbar nicht wirksamen NRTI den PI
und die Ansprechrate des PI+2NRTIArms sind vergleichbar mit der bei
zwei neuen Substanzen (PI + RAL).
Möglicherweise spielen hier die NRTI
eine wichtige bleibende Rolle für die
● Partners PrEP (TDF)
● Partners PrEP (Truvada)
●
●
0
10
20
● FemPrEP
●30
40
50
60
70
80
90
–20
● VOICE (TDF)
● VOICE (Truvada)
● VOICE (TFV gel)
–40
●
–60
Abb. 1: Zusammenhang zwischen Adhärenz und Effektivität der PrEP
▲ Multivariabel
■ Univariabel
1,80
Inzidenzrate pro zusätzlichen Jahr
ARV-Exposition (95% CI)
Stribild vergleichbar. 10% der Studienteilnehmer in beiden Armen hatten zu
Baseline eine Proteinurie, die Proteinausscheidung im Studienverlauf war
unter TAF signifikant geringer. Ebenso
war der Abfall der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) bei
TAF geringer, aber aufgrund des Cobicistat-Effektes dennoch vorhanden. In
beiden Armen trat keine Tubulopathie
auf. Auch die Abnahme der Knochendichte war bei TAF gering (–0,6 Hüfte
und –1,3 WS) und insgesamt signifikant weniger ausgeprägt als bei Stribild.
Die Lipidwerte stiegen unter TAF geringfügig mehr an als unter TDF, die
Cholesterin/HDL-Ratio blieb gleich.
KONGRESS
1,60
1,40
■
▲
1,20
■
■
▲
▲
■
■
▲
1,00
▲
0,80
TDF
ATV/r
LPV/r
Andere PI/r
ABC
Abb. 2: ART-Exposition und Auftreten eines Nierenversagens (univariable und multivariable Analyse)
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
HIV/AIDS
KONGRESS
In einer weiteren randomisierten Studie aus dem Massachusetts General
Hospital verhinderte Atorvastatin 20–
40mg täglich vs. Placebo bei vorwiegend mit PI-basierter ART behandelten
Patienten den Progress von nicht kalzifizierenden koronaren Plaques. Diese
Plaques bedeuten ein besonders hohes
Risiko für eine Ruptur. Ohne Statintherapie hatten immerhin 80% der Patienten einen nachweisbaren Progress
der Plaques.
Kumulative ART-Exposition
und renales Risiko
Eine Analyse aus der D:A:D-Kohorte
beschäftigte sich mit der Frage, ob
eine kumulative Exposition mit gewissen antiretroviral wirksamen Substanzen mit dem Auftreten eines Nierenversagens vergesellschaftet ist (Abb. 2).
Von über 23.000 Studienteilnehmern
in der Kohorte entwickelten 0,9%/Jahr
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
ein Nierenversagen (GFR <60ml/min).
In der adjustierten Analyse stieg das
Risiko für ein Nierenversagen pro Jahr
mit Tenofovir um 12%, mit geboostertem Atazanavir um 27% und mit geboostertem Lopinavir um 16% an. Das
Risiko unter Atazanavir war in den
Analysen konsistent am höchsten und
blieb auch dann bestehen, wenn alle
Patienten, die Tenofovir als Teil des
NRTI-Backbones erhielten, ausgeschlossen wurden. Neuere PI wie Darunavir
sowie Integrasehemmer sind in dieser
Analyse leider noch nicht enthalten.
bielle Translokation (sCD14), Inflammation (IL-6, CRP), Koagulation (DDimer) und Fibrose (Hyaluronsäure).
Abgesehen vom D-Dimer blieben alle
diese Marker trotz der ultrafrühen
ART im Verlauf von 12 Wochen erhöht. Konsequenz dieser Studie ist,
dass der Schaden bereits sehr früh zu
Beginn der Infektion angerichtet wird
und selbst eine ultrafrühe ART dies
nicht verhindern kann.
Frühe ART schützt nicht vor erhöhter
Immunaktivierung durch HIV-Infektion
In der ION-4-Studie wurden 335 HIV/
Hepatitis-C-koinfizierte Patienten –
fast ausschließlich mit HCV-Genotyp
(GT) 1 (98%, GT4: 2%) – mit Sofosbuvir/Ledipasvir über 12 Wochen behandelt. Die ART bestand aus Tenofovir/Emtricitabin plus Rilpivirin, Raltegravir oder Efavirenz. 20% hatten
eine kompensierte Zirrhose. Es zeigte
sich eine ausgezeichnete „sustained
virologic response“ zu Woche 12 (SVR
12) von 96%, unabhängig davon, ob
die Patienten therapienaiv oder vorbehandelt waren, zirrhotisch oder nicht
zirrhotisch. Einziger Risikofaktor für
den Relaps war die Zugehörigkeit zur
In die bemerkenswerte RV254-Studie
wurden 78 thailändische MSM mit
akuter HIV-Infektion eingeschlossen
und sofort nach Diagnose mit Atripla
bzw. Atripla/Maraviroc/Raltegravir behandelt. Das Infektionsalter zu ARTBeginn wurde je nach Reaktivität der
Antigen- bzw. Antikörper-basierten
HIV-Tests ermittelt und lag in einem
Bereich von 8 bis 12 Tagen. Bei allen
Probanden zeigten sich, verglichen mit
Nichtinfizierten, erhöhte Marker für
Enterozytenuntergang (IFABP), mikro-
Aktuelles zur Behandlung der
Hepatitis C bei HIV-Koinfizierten
30
behandeln in F2
% die während ihres Lebens ein
Ereignis erfahren
In der SATURN-Studie wurden ARTbehandelte Patienten mit einem Serum-LDL<130mg/dl in einen Arm mit
Rosuvastatin 10mg vs. Placebo über
96 Wochen randomisiert. Untersucht
wurde die Auswirkung der Statintherapie auf die Intima-media-Dicke der
Carotis (IMD) sowie auf den koronaren Kalkscore im CT – beides Surrogate für die kardiovaskuläre Mortalität. Unter Statintherapie zeigte sich
nach 96 Wochen ein signifikanter
Rückgang der IMD. Bei den Patienten,
die bereits einen Calcium-Score von
>0 zu Baseline hatten (ca. 30%), war
ein signifikant geringerer Progress des
koronaren Kalks in der Statingruppe
zu verzeichnen. Beide Veränderungen
waren unabhängig von PI-Gebrauch,
Lipidwerten, Markern der Insulinresistenz und CD4-Zellzahl. Der größte
Vorteil hinsichtlich einer geringeren
Zunahme von IMD und koronarem
Kalk und somit einer Verringerung des
kardiovaskulären Risikos durch Rosuvastatin zeigte sich bei Patienten, bei
denen bereits Plaques nachgewiesen
worden waren.
behandeln in F3
behandeln in F4
20
10
0
DC
HCC
liver death
Abb. 3: Wahrscheinlichkeit des Auftretens von dekompensierter Zirrhose (DC), hepatozellulärem Karzinom (HCC)
und leberassoziiertem Tod („liver death“) je nachdem, in welchem Fibrosestadium die Therapie begonnen wird
(Annahme 90% Heilungsrate)
Seite 21 I JATROS
schwarzen Ethnie. Es zeigte sich kein Unterschied in den
pharmakokinetischen (PK) Daten zwischen den Ethnien,
genauere genetische Analysen folgen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen und Müdigkeit, es
gab keine Therapieabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen. Ein Kreatininanstieg wurde bei lediglich 4 Patienten verzeichnet und führte bei 2 Patienten zu einer Dosisreduktion/zum Absetzen von Tenofovir.
1
N!3
OHN
ZE
E
R
EN
(K
KONGRESS
Z-) R E S I S
EU
T
E
SL
U
T
N
G!
MI
A
-E M PFEH
L
Meine Leber sagt leben.
Meine Leber
sagt VIREAD.
99,3%
HBV-DNASupression*, 2
96,0%
74,0%
Regression
oder Stillstand
der Leberfibrose 4
Reversion der
Leberzirrhose 4
In der ALLY-2-Studie wurden 203 Patienten mit allen Genotypen in zwei Kohorten unterteilt. In der ersten Kohorte wurden nur therapienaive Patienten
in 8 vs. 12 Wochen Sofosbuvir und Daclatasvir randomisiert. In der zweiten Kohorte wurden therapieerfahrene Patienten über 12 Wochen mit SOF/DCV behandelt.
Die meisten Patienten hatten GT1a, 14% hatten eine
Zirrhose. Die SVR12-Raten nach 12 Wochen Therapie
waren auch hier exzellent und bei therapienaiven und
vorbehandelten Personen gleich (GT1: 96%, GT2-4:
100%). Auch das Vorliegen einer Zirrhose beeinflusste
die Heilungschance nur gering (SVR12: 89–93%). Die
kürzere Behandlungsdauer von 8 Wochen führte zu einer eingeschränkten SVR12 von 76%, wobei alle Patienten mit <2 Mio. IE/ml geheilt werden konnten. Die
Therapie wurde sehr gut vertragen, allerdings bleibt der
derzeit hohe Preis für diese Kombination sicherlich ein
Hemmnis.
In einer Modellberechnung aus der Schweizer HIVKohorte wurde berechnet, um wie viel das Risiko für
dekompensierte Zirrhose, Leberkrebs und leberassoziierten Tod differiert, je nachdem in welchem Fibrosestadium eine Therapie mit den modernen direkt antiviralen
Substanzen (DAA) begonnen wird (Abb. 3). Einfluss haben neben sehr guten Raten des Ansprechens auf die
Therapie auch der natürliche Verlauf und andere Risikofaktoren wie Alkoholgebrauch und auch die langjährige
Einnahme von ART. Ab dem Fibrosestadium F2 zeigten
sich insgesamt mehr Komplikationen nach der HepatitisC-Elimination als davor und das Risiko z.B. für HCC
und Tod ist mehr als doppelt so hoch, wenn die Therapie
im Stadium F3 begonnen wird statt im Stadium F2.
Obwohl ein solches Modell natürlich Limitationen hat,
wurde damit erstmals quantifiziert, wie groß der Schaden durch die Verzögerung der Therapie sein kann.
■
Literatur beim Verfasser
Referenzen: 1. EASL Clinical Practice Guidelines., J Hepatol 2012; 57:167-185. 2. Marcellin P et al., AASLD 2013; Poster #926. 3.
Kitrinos K et al., Hepatology 2013; 59(2):434-442. 4. Marcellin P et al., Lancet 2013 Feb 9; 381(9865):468-75 * HBV-DNA < 400 Kopien/
ml nach 6 Jahren
1. Es wird empfohlen, die Kreatinin-Clearance bei allen Patienten vor Beginn der Therapie mit VIREAD zu berechnen. 2. Die Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance und Serumphosphat) sollte bei Patienten ohne Risikofaktoren für eine Nierenfunktionsstörung
nach 2 bis 4 Behandlungswochen, anschließend nach 3 Monaten und im weiteren Therapieverlauf alle 3 bis 6 Monate überwacht
werden. Bei Patienten mit einem Risiko für eine Nierenfunktionsstörung ist eine häufigere Überwachung der Nierenfunktion erforderlich. 3. Wenn die Kreatinin-Clearance auf < 50 ml/min oder der Serumphosphatspiegel auf < 1,0 mg/dl (0,32 mmol/l) gesunken
ist, sollte eine Unterbrechung der Therapie mit Tenofovirdisoproxilfumarat erwogen werden. Für den Fall, dass die Nierenfunktion
kontinuierlich abnimmt, ohne dass ein anderer erkennbarer Grund vorliegt, sollte ebenfalls eine Unterbrechung der Therapie mit
Tenofovir Disoproxil Fumarat erwogen werden. 4. VIREAD sollte bei erwachsenen Patienten mit Nierenfunktionsstörung nur dann
eingesetzt werden, wenn der potentielle Nutzen der Behandlung gegenüber dem potentiellen Risiko überwiegt. Bei erwachsenen
Patienten mit einer Kreatinin-Clearance von 30-49 ml/min ist die Anpassung der täglichen Dosis durch Verwendung von VIREAD
33 mg/g Granulat empfohlen. Alternativ kann eine Anpassung der Dosierungsintervalle von VIREAD 245 mg Filmtabletten gemäß
Fachinformation vorgenommen werden. Für erwachsene Patienten mit einer Kreatinin-Clearance < 30 ml/min und Patienten unter
Hämodialyse wird eine Dosisanpassung unter Verwendung von VIREAD 33 mg/g Granulat empfohlen. Für Patienten, für die das
Granulat nicht geeignet ist und die keine andere Therapieoption haben, können verlängerte Dosiierungsintervalle von VIREAD 245
mg Filmtabletten gewählt werden. 5. VIREAD sollte aufgrund eines erhöhten Risikos renaler Nebenwirkungen nicht gleichzeitig mit
Adefovir Dipivoxil oder gleichzeitig/kurz nach nephrotoxischen Arzneimitteln angewendet werden. Ref: Viread 245 mg, 204 mg,
163 mg, 123 mg Filmtabletten und 33 mg/g Granulat SmPC (Aug 2014)
Erstellungsdatum: Februar 2015
50
Fachkurzinformation: siehe Seite xx
VIR/AT/15-02/MI/1031
Autor:
Dr. Alexander Zoufaly
Facharzt für Innere Medizin,
Infektiologie
Sozialmedizinisches Zentrum Süd –
Kaiser-Franz-Josef-Spital
mit Gottfried von Preyer’schem Kinderspital, Wien
E-Mail: [email protected]
■16
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
HEPATOLOGIE
REFERAT
Hepatitis-C-Virusinfektion
Interaktionspotenzial der neuen
interferonfreien Kombinationstherapie
Die Europäische Kommission hat eine weitere hocheffektive, nebenwirkungsarme Interferon-freie Kombinationstherapie für die Hepatitis-C-Virus (HCV)Infektion mit relativ kurzer Therapiedauer zugelassen. Die Kombinationstherapie besteht aus zwei direkt antiviral wirksamen Medikamenten, Exviera®
und Viekirax®.
L. Meemken, Wien
Exviera® und Viekirax® wird bei dem
Genotyp 1 einer Hepatitis C Infektion eingesetzt. Bei der Therapie des
HCV-Genotyps 1a wird Ribavirin hinzugegeben, bei Patienten mit einem
Genotyp 1b ohne Zirrhose ist Ribavirin in der Regel nicht notwendig.
Beim Genotyp 4 wird nur Viekirax®
verwendet und mit Ribavirin kombiniert. Viekirax® besteht aus dem NS3Proteasehemmer Paritaprevir, der mit
Ritonavir geboostert wird, und dem
NS5A-Inhibitor Ombitasvir. Die Tabletten werden einmal täglich eingenommen. Exviera® ist zweimal täglich
einzunehmen und enthält den nichtnukleosidischen Polymerase (NS5B)-Inhibitor Dasabuvir.1, 2
Wie bei allen direkt antiviral wirksamen Arzneistoffen (DAA) ist auf das
Interaktionspotenzial der Substanzen
zu achten. Bei dieser Kombination verursacht Ritonavir einen Großteil der
Interaktionen. Viele davon sind durch
die Therapie der HIV-Infektion mit
HIV-Proteasehemmern (PI) bekannt.
Insgesamt sind vier verschiedene Interaktionsmechanismen zu beachten.
Typ-1-Interaktion: Dosisreduktion der
Begleitmedikation durch Hemmung von
Isoenzymen und Transportermolekülen
Ritonavir wird zur Boosterung von
Paritaprevir eingesetzt, wodurch die
Halbwertszeit (HWZ) verlängert wird
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
und die Paritaprevir-Spiegel angehoben
werden können. Dies macht eine Einnahme einmal täglich möglich. Doch
der hemmende Effekt auf das Isoenzym CYP3A4 wirkt sich nicht nur auf
Paritaprevir aus, sondern auch auf
die Begleitmedikation. Über 50% der
Medikamente werden über das Enzym
abgebaut. Weiters hemmen alle drei
Wirkstoffe die Glucunoryltransferase
UGT1A1 und Transportermoleküle wie
z.B. OATP1A1/3 bzw. BCRP. Deshalb
sollte insgesamt bei der Begleitmedikation auf Nebenwirkungen geachtet
und ggf. eine Dosisreduktion vorgenommen werden.
Typ-2-Interaktion: Risiko eines
Wirkungsverlusts der DAA durch
CYP3A4-Induktoren
Es gibt einige wenige CYP3A4- bzw.
P-Glykoprotein-Induktoren wie die
alten Antiepileptika, Rifampicin und
Johanniskraut, die den Abbau der DAA
beschleunigen. Durch die vermehrte
Produktion von CYP3A4-Isoezymen
bzw. des P-Glykoproteins können nicht
ausreichende DAA-Spiegel aufgebaut
werden. Das Risiko eines Wirkungsverlusts ist erhöht. Diese Interaktion
betrifft alle DAA wie Simeprevir,
Daclatasvir, Ledipasvir, Sofosbuvir und
Paritaprevir.
Deshalb sollten diese Induktoren durch
Alternativen ersetzt werden. Für Car-
bamazepin, Primidon, Phenobarbital
und Phenytoin werden Gabapentin,
Pregabalin oder Levetiracetam empfohlen. Bei Viekirax®/Exviera® wird
Rifampicin mit Rifabutin ausgetauscht
und Johanniskraut durch ein anderes
Antidepressivum wie z.B. Venlafaxin
ersetzt. Vorsicht ist auch bei den
pflanzlichen Kombinationspräparaten
wie z.B. Sedariston plus® oder Remifemin plus® geboten, da sie versteckt
ebenfalls kleine Mengen Johanniskraut
enthalten, die die Hepatitis-C-Therapie
gefährden können.
Typ-3-Interaktion: mögliche Nebenwirkungen einiger DAA aufgrund von
CYP3A4-Inhibitoren
Die Makrolidantibiotika und Azolantimykotika können den Abbau der DAA
hemmen und damit das Risiko von
vermehrten Nebenwirkungen der DAA
erhöhen. Davon sind die DAA betroffen, die über das Isoenzym CYP3A4
abgebaut werden, wie Daclatasvir,
Simeprevir und Paritaprevir. Hier ist
es sinnvoll, eine Alternative zu finden,
um dem Patienten Beschwerden zu ersparen. Ein interaktionsarmes Azol ist
Fluconazol, bei den Makrolidantibiotika ist Azithromycin zu bevorzugen;
wobei die meisten Antibiotika renal
ausgeschieden werden und damit mit
Viekirax® und Exviera® kombinierbar sind.
Seite 23 I JATROS
HEPATOLOGIE
Arzneistoffklasse
REFERAT
Kontraindikation
oder vermeiden
Geringe oder keine Interaktion
Antibiotika
Moxifloxacin2  Amoxicillin3, Cephalosporine3 Ciprofloxacin3,
Levofloxacin3, Penicilline3, Piperacillin3, Tazobactam3
Diverse
Makrolide
Clarithromycin5
Clindamycin2 , Azithromycin3
Antiarrhythmika
Amiodaron2, Chinidin2
GT1: Viekirax®+Exviera®: Digoxin1, Sotalol3
GT 4: Viekirax® ohne Exviera®: Digoxin1, 2  (30–50% der Dosis)
Antihypertensiva
Lisinopril3, Captopril3, Benazepril3, Ramipril3
ACE-Hemmer
-Blocker
Kalziumblocker
Carvedilol3, Metoprolol3, Propranolol3
Lercanidipin2, 9
(vermeiden)
Amlodipin1  (1/2 Dosis), alle Kalziumkanalblocker 
Alle anderen Sartane  Azilsartan3, Eprosartan3
Sartane
Typ-4-Interaktion: evtl. verminderte
Wirkung der Protonenpumpenhemmer
Analgetika
Diverse
Metamizol4 (vermeiden)
Acetylsalicylsäure3, Diclofenac3, Ibuprofen3, Paracetamol3
Opioide
Flupirtin10 (vermeiden)
Dihydrocodein2 , Fentanyl2  Tilidin2 , Tramadol2 
Codein3, Pethidin3, Morphin3
-Antagonisten
Salmeterol2
Fenoterol2 , Formoterol2  Salbutamol3
Kortikosteroide
Kortison-Injektion2 (vermeiden)
Budesonid2 , Betamethason4 , Dexamethason2 ,
Hydrocortison2 , Triamcinolon2 , Beclomethason3, Ciclesonid2
Antiasthmatika
Fluticason2, 9 (vermeiden)
Antidiabetika
Diverse
Insulin3, Metformin3
DPP-4-Inhibitoren
Saxagliptin2  (2,5mg QD), Sitagliptin8, Vildagliptin3
Meglitinide
Repaglinid2 , Nateglinid3
Sulfonylharnstoffe
Gliclazid7 , Glibenclamid3, Glimepirid3
Antiepileptika
Carbamazepin1,
Phenobarbital4, Phenytoin4
Lamotrigin2  Valproinsäure2 
Gabapentin3, Levetiracetam3, Pregabalin3
Antihistaminika
Astemizol2, Terfenadin2
Fexofenadin2 , Loratadin2, 9  , Cetirizin , Diphenhydramin3
Antiretrovirale Therapie
Referenzen:
Diverse
Efavirenz4, 1, 10, Etravirin4, Nevirapin4, Rilpivirin2, Cobicistat5
Maraviroc2  NRTI, Dolutegravir3, Raltegravir1
HIV-PI
Lopinavir/Ritonavir GT4:
Viekirax®: Atazanavir1 (vermeiden)
Darunavir1 (vermeiden)
GT1: Viekirax® + Exviera®
Atazanavir1 300 mg QD ohne Ritonavir; Darunavir1 800 mg QD
ohne Ritonavir (in Abwesenheit von ausgeprägten PI-Resistenzen)
Rivaroxaban2, 9  (vermeiden)
Dabigatran2 , Phenprocoumon6 (INR messen), Warfarin1
NOAK
1 Pharmakokinetische Studien mit DAA
Fluvastatin2 , Pravastatin1, 2  (1/2 Dosis)
GT1: Viekirax® + Exviera®: Rosuvastatin (max. 5mg QD)
GT4: Viekirax®: Rosuvastatin1, 2  (max. 10mg QD)
Fibrate
Viekirax® + Exviera®: Gemfibrozil1
Bezafibrat2
Hormone
Ethinylestradiol1, 10
Progestin-haltige Pille
Neuroleptika
Pimozid2, Quetiapin2
Aripiprazol2
, Fenofibrat2
, GT4: Viekirax®: Gemfibrozil3
(z.B. Levonorgestrel3, Norethisteron1)
, Risperidon2
(Dex-)Lansoprazol7
PPI
, Asenapin3, Perphenazin3
,Omeprazol1,7
Antazida3, Famotidin3, Ranitidin3
, Pantoprazol7

Psychopharmaka
Arzneistoff-Metabolismus sowie mit CYP2C9-Substraten und mit
pH-Wert-verändernden Substanzen
Begleitmedikation
6 Abgeleitet von Warfarin
7 Theoretisch: Abfall der Begleitmedikation-Spiegel aufgrund von
Induktion über CYP2C19 durch DAA oder CYP2B6 durch RTV.
Evtl. Dosiserhöhung der Begleitmedikation
8 Bei normaler Nierenfunktion
9 PK-Studie mit CYP3A4-Inhibitor Ketokonazol oder geboostertem HIV-PI
10 Stark erhöhtes Risiko eines Anstiegs der Transaminasen
11 Bei Patienten mit renaler oder hepatischer Insuffizienz
Abkürzungen
Triazolam2,
Midazolam (oral)2
Alprazolam1  Diazepam2 , Flunitrazepam2 , Lorazepam2 ,
Oxazepam2 , Bromazepam3, Diphenhydramin3, Zolpidem1
Fluvoxamin2 , Sertralin2 , Citalopram1, Fluoxetin1, Paroxetin3
SSRI
Sonstige
3 Keine Interaktionen zu erwarten aufgrund von In-vitro-Daten zum
5 Theoretisch: Anstieg der DAA-Spiegel durch CYP-3A4-Inhibitoren der
Lovastatin2,
Simvastatin2,
Atorvastatin2
Benzodiazepine
Inhibition von RTV, 2-facher Anstieg durch UGT1A1-Inhibition der DAA
oder OATP1B1-Inhibition von RTV und Paritaprevir
Begleitmedikation
Fettsenker
Statine
2 Theoretisch: Anstieg der Begleitmedikation-Spiegel durch CYP3A4-
4 Theoretisch: Abfall der DAA-Spiegel durch CYP3A4-Induktoren der
Furosemid1 , Spironolacton3, Triamteren3
Diuretika
Diese Interaktion betrifft spezifisch
Viekirax® und Exviera®. Paritaprevir/
Ritonavir/Ombitasvir mit und ohne
Dasabuvir können das Isoenzym
CYP2C19 induzieren und damit den
Abbau der PPIs beschleunigen. Diese
Dosisanpassung ist aber nicht mit
einer pH-Wert-abhängigen Interaktion
zu verwechseln, die z.B. mit Ledipasvir/Sofosbuvir auftreten kann. Hier
ist ein 4-stündiger Abstand zur Einnahme der Antazida einzuhalten und
die Omeprazol Dosis auf max. 20mg
zu begrenzen.
Johanniskraut4
Mirtazapin 2, Venlafaxin2 , Duloxetin1, Opipramol3
Trizyklische
Antidepressiva
Amitriptyllin2 , Clomipramin2 , Desipramin3, Nortriptylin3
Substitution
Buprenorphin1, Methadon1, Naloxon1
 eventuell: Dosis steigern
 eventuell: Dosis senken bzw. mit einer möglichst niedrigen Dosis
beginnen
PI: Protonenpumpeninhibitor
GT: Genotyp
NOAK: Neue orale Antikoagulanzien
PPI: Protonenpumpeninhibitoren
SSRI: Selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer
Tab. 1: Übersicht über das Interaktionspotenzial von Viekirax® und Exviera®3, 4
JATROS I Seite 24
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
ATHCV150077,06022015
Fachkurzinformation zu Inserat siehe Seite 50
Das neue Gesicht
der HCV-THERAPIE
AbbVie GmbH, Lemböckgasse 61/3. OG, 1230 Wien, Austria, www.abbvie.com
HEPATOLOGIE
Fazit
Bei einer Therapie mit DAA sollte
generell auf Interaktionen geachtet
werden. Aufgrund der langjährigen Erfahrungen und der vielen pharmakokinetischen Studien, die mit Ritonavir
als Booster durchgeführt worden sind,
sind die Interaktionen gut abzuschätzen und gut zu handhaben. Interaktionsdatenbanken wie z.B. www.hepdruginteractions.org sind zur Durchführung des Interaktions-Checks hilfreich. Aber auch in interdisziplinären
Expertenforen, wie z.B. www.meettheexperts.at oder www.inxfo.de, können individuelle Fälle diskutiert und
Expertenmeinungen eingeholt werden.
Weiters ist zu beachten, dass sich das
REFERAT
Interaktionspotenzial bei der Therapie
von Genotyp 1 und Genotyp 4 leicht
unterscheidet, da es sich einmal um
eine Zweifach- und das andere Mal
um eine Dreifachtherapie handelt. Interaktionen mit nierengängigen Medikamenten sind nicht zu erwarten, da
Viekirax® und Exviera® intensiv über
die Leber abgebaut werden. Bei Patienten mit HCV-Infektion und leichter,
mittelschwerer oder schwerer Nierenfunktionsstörung wird keine Dosisanpassung von Viekirax® mit und ohne
Dasabuvir empfohlen.3–6
■
2
Leberhilfe. Pressemitteilung Zulassung Paritaprevir/
Ritonavir, Ombitasvir, Dasabuvir. www.leberhilfe.org
2015.
3
Exviera®, Viekirax® Fachinformation 2015
4
Tseng A: Drug-drug-interaction table. www.hcvdruginfo.ca 2015.
5
Menon R et al: Drug-drug interaction profile of the
all-oral anti-hepatitis C virus regimen of paritaprevir/
ritonavir, ombitasvir and dasabuvir. J Hepatol 2015
Jan 31; S0168-8278(15)00057-4
6
Soriano V et al: Drug interactions with new hepatitis
C oral drugs. Expert Opin Drug Metab Toxicol 2015;
11: 333-41
Autorin:
Leonie Meemken
Pharmazeutin
E-Mail: [email protected]
www.meettheexperts.at
■1016
Literatur:
1
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten; Leitlinien der
chronischen Hepatitis C 2015. www.dgvs.de/leitlinien/
therapie-der-chronischen-hepatitis-c
Wie AbbVie (NYSE: ABBV) kürzlich bekannt gab,
hat die Europäische Kommission der rein oralen,
interferonfreien Kurzzeitbehandlung VIEKIRAX®
(Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir-Tabletten) +
EXVIERA® (Dasabuvir-Tabletten) die Zulassung
erteilt.1, 2 Die Zulassung gilt mit oder ohne
Ribavirin (RBV) für die Behandlung von Patienten mit chronischer Infektion mit dem HepatitisC-Virus (HCV) vom Genotyp 1 (GT1), einschließlich Patienten mit kompensierter Leberzirrhose,
HIV-1-Koinfektion, Patienten unter Opioidsubstitutionstherapie sowie Patienten mit Lebertransplantat.1, 2 Zusätzlich wurde VIEKIRAX in Kombination mit RBV zur Behandlung von Patienten
mit chronischer HCV-Infektion vom Genotyp 4
(GT4) zugelassen.1
JATROS I Seite 26
Die Zulassung folgt einer beschleunigten Beurteilung durch die europäische Zulassungsbehörde EMA, ein Verfahren, das auf neue Arzneimittel mit großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit angewandt wird. Sie stützt
sich auf ein robustes klinisches Entwicklungsprogramm zur Untersuchung der Sicherheit und
Wirksamkeit des Therapieregimes, das über
2.300 Studienteilnehmer in 25 Ländern umfasste.1, 2 Das Programm setzte sich aus sechs
Zulassungsstudien der Phase III zusammen,
die für VIEKIRAX + EXVIERA eine Heilung von
95–100% der HCV-Patienten mit GT1 belegten,
die mit dem empfohlenen Regime behandelt
worden waren. Weniger als 2% der Patienten
zeigten ein virologisches Versagen.1, 2 Zudem
beendeten über 98% (n=2.011/2.053) der Studienteilnehmer einen vollständigen Behandlungszyklus.3 Die häufigsten Nebenwirkungen
(>20%) unter VIEKIRAX + EXVIERA mit RBV
waren Müdigkeit und Übelkeit.1, 2
■
Literatur:
1
Fachinformation zu VIEKIRAX® Tabletten (Ombitasvir/
Paritaprevir/Ritonavir). Maidenhead (Großbritannien).
AbbVie, Ltd.
2
Fachinformation zu EXVIERA® Tabletten (Dasabuvir).
Maidenhead (Großbritannien). AbbVie, Ltd.
3
Daten liegen vor.
Kontakt
AbbVie GmbH
Mag. Nina Waibel
Communications & Patient Relations Manager
Tel.: 01/205 89-0
E-Mail: [email protected]
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
ATHCV150019_2015-01-16
Klinische Phase-III-Studien belegen Heilung unter VIEKIRAX + EXVIERA für 95–100% der Patienten
mit chronischer Hepatitis-C-Infektion vom Genotyp 1.1, 2
Entgeltliche Einschaltung
EMA erteilt Zulassung zur Behandlung
chronischer Hepatitis C
Fachkurzinformation siehe Seite 50
VIEKIRAX® + EXVIERA®
HEPATOLOGIE
REFERAT
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Virushepatitis C – Update 2015
Die Infektion durch das Hepatitis-C-Virus (HCV) ist eine der häufigsten
Infektionskrankheiten weltweit. Nach Schätzung der WHO sind etwa 190
Mio. Menschen mit dem HCV infiziert. Die Durchseuchung variiert geografisch und zwischen Bevölkerungsgruppen stark. Die Prävalenz liegt in Staaten
Afrikas, in Südostasien und im östlichen Mittelmeerraum deutlich höher als in
Nordamerika und Europa. Österreich gehört, wie vor Kurzem publiziert, mit
einer Prävalenz von etwa 0,3 bis 0,5% zu den Niedrigendemiegebieten.
Obwohl die Zahl der Neuinfektionen
in den letzten Jahren stetig rückläufig
war, wird der Höhepunkt der Komplikationen der chronischen Infektion,
wie der Leberzirrhose und des hepatozellulären Karzinoms (HCC), erst in
einigen Jahren erreicht werden. Unverändert stellt die HCV-assoziierte Leberzirrhose neben der Fettleberzirrhose in
Europa und in den USA die Hauptindikation zur Lebertransplantation dar.
Aus diesem Grund ist die komplette
Viruselimination essenziell, um das Fortschreiten der Erkrankung in eine Leberzirrhose und deren Komplikationen
zu verhindern.
Neben der Effektivität der Therapie ist,
wie eine internationale Studie belegte,
vor allem auch eine Steigerung der
Zahl der Erstdiagnosen mithilfe effizienter Screeningmaßnahmen zur Reduktion der HCV-assoziierten Morbidität und Mortalität essenziell. Personen, die zwischen 1945 und 1965 geboren wurden (die sogenannte „Baby
boomer“-Generation), weisen eine bis
zu 8-fach erhöhte HCV-Prävalenz auf
und stellen daher neben den bekannten
Risikopopulationen, wie Drogensüchtigen, eine besondere Zielgruppe für
ein HCV-Screening dar.
Revolution der Hepatitis-C-Therapie
Erfreulicherweise kam es in den letzten Jahren zu einer Revolution in der
Therapie der chronischen Hepatitis C.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Die rasanten Fortschritte in der antiviralen Therapie haben daher in den
letzten Jahren die internationalen Topjournale und die Kongresse ganz wesentlich geprägt. Durch die Verfügbarkeit hochpotenter oraler, direkt antiviral wirkender Substanzen („directly
acting antivirals“, DAA), die im letzten Jahr die Zulassung in Österreich
erhielten, wurde ein weiterer entscheidender Schritt geschafft, um therapeutische Möglichkeiten für Patienten
unabhängig vom Stadium der Lebererkrankung und des Genotyps bieten
zu können.
Im Jahre 2012 kam es zur Markteinführung der ersten DAA, der Proteaseinhibitoren (PI) der ersten Generation
Telaprevir und Boceprevir, und zur
Etablierung der Tripeltherapie, Telaprevir oder Boceprevir in Kombination mit pegyliertem Interferon (PEGIFN) und Ribavirin (RBV), als neuem
Therapiestandard für Genotyp-1-Patienten. Die Tripeltherapie führte bei
Genotyp-1-Patienten zu einer Steigerung der Ansprechraten von bisher
40–50% auf 70–80% der Patienten.
Erste Ergebnisse aus dem klinischen
Alltag zeigten jedoch, dass die Dreierkombinationstherapie gerade bei schwer
zu behandelnden Patientengruppen,
insbesondere Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung, bei denen wiederum die höchste Dringlichkeit einer Heilung besteht, nicht den
erhofften durchschlagenden Effekt er-
I. Graziadei, Hall i. Tirol
reicht. Zudem war diese Therapie
durch ein hohes, potenziell lebensbedrohliches Nebenwirkungsprofil limitiert. Die sogenannten „second-wave
PI“ Simeprevir und Faldaprevir zeigten in Studien zwar vergleichbare Ansprechraten, jedoch ein deutlich verbessertes Nebenwirkungsprofil. Allerdings müssen diese Präparate ebenfalls
entweder mit PEG-IFN und RBV oder
mit anderen DAA kombiniert werden.
Die Einführung von NS5B-Polymeraseund NS5A-Inhibitoren führte zu einer
weiteren Verbesserung der HCV-Therapie. Ergebnisse zu IFN-freien, oralen
Therapien wurden erstmals 2010 präsentiert. In den darauffolgenden Jahren
konnte gezeigt werden, dass Kombinationstherapien verschiedener DAAGruppen in der Behandlung der chronischen Hepatitis C hocheffizient sind.
Inzwischen wurden zahlreiche Studien
mit ausschließlich IFN-freien Therapiearmen mit zwei bis drei unterschiedlichen DAA, teilweise in Kombination
mit RBV, präsentiert. Diese erreichten bei nicht zirrhotischen Genotyp-1Patienten unabhängig von Therapiestatus (unbehandelt oder Null-Responder)
und Therapiedauer (12 oder 24 Wochen) Raten an virologischer Heilung
von >90%. Allgemeine Schwäche,
Asthenieund Fatigue waren die häufigsten Nebenwirkungen, die jedoch
äußerst selten zum Therapieabbruch
führten. Die Ergebnisse zweier IFNfreier Studien bei Genotyp-2- und
Seite 27 I JATROS
HEPATOLOGIE
-3-Patienten mit dem NS5B-Polymerase-Inhibitor Sofosbuvir in Kombination mit RBV ergaben beim Genotyp
2 bei über 90% der Patienten eine anhaltende Viruselimination. Der Genotyp 3 sprach signifikant schlechter an,
jedoch führte eine Therapieverlängerung von 12 auf 16–24 Wochen zu einer deutlichen Verbesserung des Ansprechens.
Neue Optionen für Patienten
mit fortgeschrittener Erkrankung
Auch für bisher schwer zu behandelnde Patientengruppen, insbesondere
Leberzirrhotiker, geben die rezent vorgestellten Studien zunehmend Hoffnung auf eine Heilung. Im letzten Jahr
wurden erstmals Daten zur IFN-freien
Therapie bei dekompensierten Leberzirrhotikern und Patienten mit einem
Hepatitis-C-Rezidiv nach Lebertransplantation vorgestellt, welche eine große
medizinische Herausforderung darstellen. Die Behandlung mit Sofosbuvir in
Kombination mit dem NS5A-Inhibitor Ledipasvir führte bei Patienten mit
Leberzirrhose wiederum zu Ansprechraten von >90%. Zudem konnte bei
der Mehrzahl der Patienten eine signifikante Verbesserung der Leberfunktion bzw. der Prognosescores (ChildPugh und MELD) beobachtet werden.
Es besteht daher die große Hoffnung,
dass die antivirale Therapie bei Patienten mit dekompensierter HCV-Zirrhose vergleichbare positive Effekte,
insbesondere Rekompensation der Le-
REFERAT
berzirrhose mit Möglichkeit der Streichung von der Warteliste zur Lebertransplantation und Reversibilität der
Leberzirrhose, bewirken kann, wie sie
bei Patienten mit Hepatitis B seit Jahren gesehen werden.
Bei Patienten mit einem Hepatitis-CRezidiv konnten mit Sofosbuvir/Ledipasvir ebenso ausgezeichnete Ergebnisse ohne wesentliche Nebenwirkungen und Interaktionen mit der Medikation gegen die Organabstoßung erzielt
werden. Hervorzuheben ist, dass beide
Substanzen in einer Tablette kombiniert werden konnten, sodass die sogenannte „one pill strategy“ Wirklichkeit
wurde. Sofosbuvir zusammen mit dem
NS5A-Inhibitor Daclatasvir und dem
PI Simeprevir führten auch in dieser
Kombination wiederum zu Ansprechraten von >90%, unabhängig von Genotyp, Zirrhose und früherem Therapieansprechen.
Neben Sofosbuvir (Sovaldi®), Simeprevir (Olysio®), Daclatasvir (Daklinza®)
sowie Sofosbuvir/Ledipasvir (Harvoni®),
die jeweils einmal täglich in Form
von einer Tablette verabreicht werden,
stehen seit Kurzem in Österreich mit
dem Kombinationspräparat Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir (Viekirax®)
und Dasabuvir (Exviera®) weitere Therapieoptionen für Patienten mit chronischer HCV-Infektion zur Verfügung.
Aufgrund der hohen Therapiekosten
(je nach Therapiedauer zwischen
60.000 und 120.000 Euro pro Patient)
können diese neue Substanzen vorab
allerdings nur Patienten mit fortge-
schrittener Lebererkrankung (Fibrosegrad 3 und 4) verschrieben werden.
Die Revolution in der Therapie der
chronischen Hepatitis C geht weiter.
Im Rahmen des amerikanischen Leberkongresses Anfang November 2014
wurden zahlreiche weitere hocheffektive und nebenwirkungsarme Substanzen vorgestellt. Es ist nun zu hoffen,
dass diese Therapien in Bälde allen
Patienten, im Speziellen Patienten mit
Fibrosegrad 2, für die Studien einen
klaren Benefit einer erfolgreichen Viruselimination belegen, zur Verfügung
stehen werden.
Zusammenfassung
Obwohl die Zahl der Hepatitis-CVirus-Neuinfektionen deutlich rückläufig ist, hat die maximale Last der
Komplikationen der chronischen Infektion, wie Leberzirrhose und Leberzellkarzinom, ihren Höhepunkt noch
nicht erreicht.
Im Management der Hepatitis-C-VirusInfektion ist neben der effektiven Therapie eine Steigerung der Zahl der Neudiagnosen mittels lückenlosen Screenings der Bevölkerung, insbesondere
von Risiko-populationen, essenziell.
Mit Einführung oraler, direkt antiviral
wirksamer Substanzen, der sogenannten „directly acting antivirals“ (DAA),
kam es in der Therapie der chronischen Hepatitis C zu einer Revolution.
Diese neuen Interferon-freien, nebenwirkungsarmen Therapieregime, zumeist in Form von ein bis zwei Tabletten täglich, führen unabhängig vom
Stadium der Lebererkrankung, des
Genotyps und des Therapiestatus bei
über 90% der Patienten zu einer erfolgreichen Viruselimination bzw. Ausheilung der Erkrankung. Erste Studien
konnten auch belegen, dass die erfolgreiche Viruselimination bei Patienten
mit dekompensierter Leberzirrhose mit
einer deutlichen Verbesserung der Leberfunktion und der Prognosescores
einhergeht.
■
© iStockphoto
Literatur beim Verfasser
JATROS I Seite 28
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Ivo Graziadei
Abteilung für innere Medizin,
Landeskrankenhaus Hall i. T.
E-Mail: [email protected]
■1016
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
DAKLINZA® (Daclatasvir):
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Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung, PI**-Versagen oder Genotyp 3 1,2
1392AT14PR06486-01, 8/2014
Der hochwirksame NS
S5A-Inhibitor DAKLINZA
A® in Kombination mit Sofosbuvir1,2
• Ausschließlich oral einzunehmen1 • Interfferon- und Ribavirin-fre
ei***,1 • Pangenotypissches Potential #,1,2
Ihr Erfolg mit DAKLINZA®
in Kombination mit Sofosbuvir:
Heilung* für nahezu alle
Patienten mit Hepatitis C1,2
Pangenotypisches
Potential#,1,2
Einfache
Anwendung1
Sehr gute
Verträglichkeit1,2
* Langzeit-Follow-Up-Studien haben gezeigt, dass nach einer SVR12 in über 99% der Fälle auch eine endgültige Ausheilung der HCV-Infektion erreicht wird.3,4; ** Proteaseinhibitoren (Boceprevir oder Telaprevir); *** ausgenommen bei Genotyp 3 siehe
Fachinformation; # Antivirale Aktivität wurde gezeigt bei Genotyp 1–6 in vitro und bei Genotyp 1–4 in vivo
Referenzen: 1. DAKLINZA® Fachinformation. Stand 2014. 2. Sulkowski MS, Gardiner DF, Rodriguez-Torres M, et al. Daclatasvir plus sofosbuvir for previously treated or untreated chronic HCV infection. N Engl J Med. 2014;370:211–221. 3. EASL
Clinical Practice Guidelines: Management of hepatitis C virus infection. J Hepatol. 2014;60:392–420. 4. Swain MG, Lai MY, Shiffman ML, et al. A sustained virologic response is durable in patients with chronic hepatitis C treated with peginterferon
alfa-2a and ribavirin. Gastroenterology. 2010;139:1593–1601.
FACHKURZINFORMATION: Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen
Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert,
jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Hinweise zur Meldung
von Nebenwirkungen, siehe Abschnitt 4.8. der Fachinformation. | BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS: Daklinza 30 mg Filmtabletten, Daklinza 60 mg
Filmtabletten Pharmakotherapeutische Gruppe: ATC-Code: noch nicht
zugewiesen | QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG:
Jede Filmtablette enthält Daclatasvir Dihydrochlorid entsprechend 30 mg
bzw. 60 mg Daclatasvir. | Sonstige Bestandteil(e) mit bekannter Wirkung: Jede
30-mg-Filmtablette enthält 58 mg Lactose. | Jede 60-mg-Filmtablette enthält
116 mg Lactose. Liste der sonstigen Bestandteile: Tablettenkern: Lactose,
Mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Siliciumdioxid (E551),
Magnesiumstearat, Tabletten-Filmüberzug: Hypromellose, Titandioxid (E171),
Macrogol 400, Indigocarmin Aluminiumsalz (E132), Eisen(II,III)-hydroxid-oxid
x H20 (E172). | ANWENDUNGSGEBIET: Daklinza wird in Kombination mit anderen Arzneimitteln zur Behandlung der chronischen Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) bei Erwachsenen angewendet (siehe Abschnitte 4.2, 4.4 und
5.1 der Fachinformation). | Zur spezifischen Aktivität gegen die verschiedenen
HCV-Genotypen, siehe Abschnitte 4.4 und 5.1 der Fachinformation. | GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen
Bestandteile. | Koadministration mit Arzneimitteln, die starke Induktoren für
Cytochrom P450 3A4 (CYP3A4) und P-Glycoprotein-Transporter (P-gp) sind,
da dies zu einer geringeren Exposition und Wirksamkeitsverlust von Daklinza
führen kann. Solche Wirkstoffe sind unter anderem Phenytoin, Carbamazepin,
Oxcarbazepin, Phenobarbital, Rifampicin, Rifabutin, Rifapentin, systemisch
angewendetes Dexamethason und das pflanzliche Mittel Johanniskraut
(Hypericum perforatum).
PHARMAZEUTISCHER UNTERNEHMER: Bristol-Myers Squibb Pharma EEIG,
Uxbridge Business Park, Sanderson Road, Uxbridge UB8 1DH | Vereinigtes
Königreich | Kontakt in Österreich: Bristol-Myers Squibb GesmbH, Wien, Tel:
+ 43 1 60 14 30 | VERSCHREIBUNGSPFLICHT/APOTHEKENPFLICHT: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. | Stand: 09/2014
| Weitere Angaben zu den besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln oder
sonstige Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
HEPATOLOGIE
REFERAT
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Fettleber/NASH: Von der Ignoranz
zur häufigsten Lebererkrankung –
wo stehen wir?
Das Charakteristikum der nicht alkoholischen Fettlebererkrankung
(NAFLD) ist die hepatische Steatose, definiert durch eine hepatozelluläre
Triglyzeridakkumulation von mehr als 55mg/g Leber (5,5%). Die NAFLD
kann zur nicht alkoholischen Steatohepatitis (NASH) fortschreiten. Die
NASH ist charakterisiert durch Zeichen der hepatozellulären Schädigung
mit begleitender Inflammation und Kollagenablagerung. Ca. 10–29% aller
Patienten mit NASH entwickeln im Laufe von 10 Jahren eine Zirrhose.
Die NAFLD ist ein unabhängiger und klassischer Risikofaktor für
kardiovaskuläre Erkrankungen.
Geschichtliche Aspekte
Bereits 1839 beschrieb Rokitansky,
dass eine hepatische Fettakkumulation
die primäre Affektion für die Entwicklung einer Leberzirrhose sein könnte.
1945 publizierten Holmann und Mitarbeiter eine „Leberzirrhose bei Hunden“, die mit einer fettreichen Nahrung gefüttert wurden.
Der Österreicher Prof. Heribert Thaler
erkannte 1962 als Erster die pathoge-
netische Beziehung zwischen Fettleber
und Leberzirrhose.
1980 tauchte dann erstmals die bis
heute akzeptierte Bezeichnung „nicht
alkoholische Fettlebererkrankung“ auf.
Jürgen Ludwig und Mitarbeiter von
der Mayo-Klinik beschrieben eine
Lebererkrankung, die klassische Charakteristika der alkoholtoxischen Hepatopathie aufwies, jedoch vornehmlich bei Frauen auftrat, die keine oder
keine relevanten Mengen an Alkohol
KeyPoints
• Die NAFLD stellt heute die häufigste schwerwiegende Lebererkrankung in der westlichen Welt dar.
• Der deskriptive Begriff „Fettleber“ umfasst ein breites Spektrum unterschiedlicher
Lebererkrankungen, von der „benignen Steatose“ bis zur nicht alkoholischen Steatohepatitis, verbunden mit einem erhöhten Risiko für Leberzirrhose und HCC.
• Nach wie vor gibt es keine medikamentöse Therapie der NAFLD; das zentrale Therapiekonzept besteht aus Ernährungsumstellung mit Reduktion des Fruktosekonsums
und verstärkter körperlicher Aktivität.
JATROS I Seite 30
C. Datz, Oberndorf
konsumierten.1 Als dann Willner und
Mitarbeiter 2001 im American Journal of Gastroenterology erstmals beschrieben, dass die nicht alkoholische
Fettlebererkrankung als hepatische
Manifestation des metabolischen Syndroms angesehen werden muss, war
die NAFLD endgültig in der Hepatologie angekommen.2
Der Terminus „Fettleber“ ist ein
deskriptiver Begriff, um ein Spektrum
unterschiedlicher Lebererkrankungen
zu subsumieren. Grundsätzlich kann
die Erkrankung als fettige Infiltration
im Sinne einer „benignen Steatose“ in
Erscheinung treten oder aber sich als
nicht alkoholische Steatohepatitis präsentieren, verbunden mit einem deutlich erhöhten Risiko, eine Leberzirrhose oder ein hepatozelluläres Karzinom zu entwickeln. Unverändert stellt
die Leberbiopsie die einzige Möglichkeit dar, unterschiedliche Manifestationsformen der NAFLD voneinander
abzugrenzen.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
FILMTABLETTEN
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mit starker Wirksamkeit
und hoher Resistenzbarriere für alle
Genotypen*
* Fachinformation Sovaldi®; Stand: November 2014
Fachkurzinformation Sovaldi® 400 mg Filmtabletten
Pharmakotherapeutische Gruppe: Direkt wirkendes antivirales Mittel. ATC Code: noch nicht zugewiesen. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält
400 mg Sofosbuvir. Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Mannitol (Ph.Eur.) (E421), Mikrokristalline Cellulose (E460i), Croscarmellose Natrium, Hochdisperses Siliciumdioxid (E551),
Magnesiumstearat (E470b). Filmüberzug: Poly(vinylalkohol) (E1203), Titandioxid (E171), Macrogol 3350 (E1521), Talkum (E553b), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E172). Anwendungsgebiete: Sovaldi wird in Kombination mit anderen Arzneimitteln zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC) bei Erwachsenen angewendet. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Inhaber der Zulassung: Gilead Sciences International Ltd., Cambridge, CB21 6GT, Vereinigtes Königreich. NR,
apothekenpflichtig. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Nebenwirkungen
entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Jeder Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu Sovaldi ist zu melden an Gilead Sciences GesmbH, Fax-Nr.: +43 (0)1
260 83 99, E-Mail: [email protected], und/oder über das nationale Meldesystem an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, Traisengasse 5, 1200 Wien,
Österreich, Fax: +43 (0) 50 555 36207, Website: www.basg.gv.at. Stand der Information: November 2014
Erstellungsdatum: Dezember 2014
SOV/AT/15-02/MI/1042
HEPATOLOGIE
Prävalenz und natürlicher Verlauf
der NAFLD/NASH
Die Prävalenz der NAFLD/NASH ist
sehr stark abhängig von der Untersuchungsmethode, aber auch von der
Risikogruppe. Während Leberwerte
denkbar schlechte Surrogatmarker für
die NAFLD sind, kann man mittels
bildgebender Diagnostik (Sonografie/
Computertomografie/Magnetresonanztomografie/Magnetresonanzspektroskopie) populationsbasiert 13–44% der
NAFLD-Patienten erfassen. Diese Untersuchungsmethoden sind jedoch ungeeignet, um eine NASH zu diagnostizieren. Eine Studie aus den USA
zeigte eine histologische Prävalenz der
NAFLD in 46% und der NASH in
12,2%.3 In Risikogruppen – wie Patienten mit Diabetes sowie morbider
Adipositas – steigen diese Zahlen auf
über 70–90% für die NAFLD bzw.
auf 25–35% für die NASH.
Aus prognostischer Sicht relevant ist,
dass die NAFLD als nunmehr häufigste Lebererkrankung mit einem
hochsignifikant erhöhten Risiko für
extrahepatische Erkrankungen und deren Mortalität einhergeht. In diesem
Zusammenhang ist vor allem eine
erhöhte kardiovaskuläre Mortalität,
gefolgt von einer Malignom- bzw. Leber-assoziierten Sterblichkeit, hervorzuheben. Alarmierend ist auch, dass
das hepatozelluläre Karzinom auf Basis der nicht alkoholischen Fettlebererkrankung als Indikation für eine
Lebertransplantation in den letzten
Jahren deutlich mehr zugenommen hat
als alle anderen Indikationen. Nicht
zuletzt vor dem Hintergrund der effektiven antiviralen Therapie der Hepatitis-B- und -C-Virusinfektion ist davon auszugehen, dass die nicht alkoholische Fettlebererkrankung in spätestens 10 Jahren die häufigste Indikation
für die Lebertransplantation darstellen
wird. Die Leberbiopsie ist zum jetzigen Zeitpunkt die einzige Option, die
pathognomonischen Features Steatose,
Inflammation und Fibrose zu erfassen. Wie bereits erwähnt, sind „Leberwerte“ relativ ungeeignet, um die nicht
alkoholische Fettlebererkrankung zu
diagnostizieren, geschweige denn das
Ausmaß des Leberparenchymschadens
zu erfassen. Mittels sogenannter PaJATROS I Seite 32
REFERAT
nel-Marker (NAFLD Fibrosis Score,
Fib4 Score, BAAT Fibrotest, ELF etc.)
ist es auf serologischer Basis möglich,
das Fibroseausmaß mit einer guten
„accuracy“ zu erfassen. Bildgebend ist
die Steatose mittels Sonografie, MRSpektroskopie und MR-Elastografie
gut detektierbar, die Fibrose kann mittels Sonoelastografie (Fibroscan, ARFI
[„acoustic radiation frequency imaging“] und SWE [„shear wave elastography“]) diagnostiziert werden. Die
MR-Elastografie ist eine hochinteressante Möglichkeit, nicht nur die Steatose, sondern auch Ausmaß und Distribution der Fibrose in exzellenter
Weise darzustellen (Tab. 1).
Pathophysiologie
Wenngleich die Pathophysiologie der
nicht alkoholischen Fettlebererkrankung
nur unzureichend verstanden wird, ist
die von Tilg und Moschen propagierte
Hypothese der „multiple parallel hits“
generell akzeptiert.4 Diese Hypothese
basiert auf einer komplexen Interaktion im Sinne einer „metabolischen Inflammation“ als hormoneller „cross
talk“ zwischen Darm, viszeralem Fett
und der Leber. So kommt es einerseits
aufgrund inflammatorischer Veränderungen im viszeralen Fettgewebe zu
einer Imbalance sogenannter Adipo-
kine, vornehmlich zu einer verminderten Produktion von antiinflammatorischem Adiponektin bei gleichzeitig
verstärkter Expression proinflammatorischer Adipo-/Zytokine wie Leptin,
TNF- und Interleukin 6.
Das intestinale Mikrobiom ist in den
letzten Jahren aus pathophysiologischer Sicht in den Fokus des Interesses getreten. So scheint es aufgrund
einer intestinalen Dysbiose, verbunden
mit einer erhöhten intestinalen Permeabilität, zu einer vermehrten Einschwemmung von Substanzen in das
portalvenöse System zu kommen, die
nicht nur steatogen wirken, sondern
auch in der Progression der Fettlebererkrankung eine entscheidende Rolle
spielen dürften. Der erste Insult, den
die Leber erfährt, nämlich die Leberzellverfettung, erklärt sich durch eine
generalisierte Lipotoxizität mit einem
vermehrten Influx freier Fettsäuren,
durch inflammatorische Stimuli, die
intestinale Mikrobiota sowie durch Ernährungs- und genetische Faktoren.
Für die Erkrankungsprogression dürften neben der Quantität der Ernährung vor allem auch qualitativen Faktoren wie dem Konsum von Transfetten, Phosphatidylcholin, Fruktose und
Kaffee eine entscheidende Bedeutung
zukommen. Extrahepatische Mediatoren wie das obstruktive Schlafapnoe-
Tab. 1
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
HEPATOLOGIE
REFERAT
Extrahepatische Faktoren,
die in der Erkrankungsprogression
eine Rolle spielen – obstruktives
Schlafapnoesyndrom
Abb. 1
syndrom (OSAS) bzw. körperliche Aktivität spielen hier ebenso eine wichtige
Rolle (Abb. 1).
Genetik der NAFLD (PNPLA3, TM6SF2)
Das PNPLA3(patatin-like phospholipase domain-containing protein 3)-Gen
wurde im Rahmen eines „genomewide association scan“ identifiziert.
Es zeigte sich, dass die Variante
PNPLA3 I148M mit einer ausgeprägten Fettleber, unabhängig von der Insulinresistenz, assoziiert war. Auffälligerweise fanden sich auch signifikante
Unterschiede in der Häufigkeit dieser Variante hinsichtlich der ethnischen
Zugehörigkeit. PNPLA3 kodiert für
ein Genprodukt namens Adiponutrin,
das in Adipozyten in der Leber exprimiert wird und dessen Funktion bislang unklar war. Mittlerweile haben
mehrere Studien nicht nur die Assoziation mit der Steatose bestätigt, sondern auch gezeigt, dass diese genetische Variante mit der Höhe der Leberwerte, mit NASH, Fibrose und auch
mit dem Auftreten eines hepatozellulären Karzinoms assoziiert ist.5 Eine
rezent publizierte Arbeit hat nun gezeigt, dass die Mutation I148M zu einem „loss of function“ einer Lipaseaktivität führt und dadurch die LDLInfektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Sekretion aus der Leber beeinträchtigt.
Weiters dürfte die Variante im Vitamin-A-Stoffwechsel eine bedeutende
Rolle spielen, da sie die Retinylpalmitat-Lipaseaktivität in humanen „hepatic stellate cells“ modifiziert und dies
ein möglicher Erklärungsansatz für
die verstärkte Fibroneogenese und die
HCC-Suszeptibilität darstellen könnte,
der exakte Wirkmechanismus ist jedoch unklar.6
2014 wurde in einer „genome-wide
association study“ ein Transmembran6-Superfamily-2-Gen (TM6SF2) entdeckt, das für ein Protein mit demselben Namen kodiert. In einer ersten großen Studie konnten Holmen
et al zeigen, dass TM6SF2 E167K mit
einem verminderten Risiko für einen
Myokardinfarkt einhergeht.7 TM6SF2
reguliert den Leberfettmetabolismus
mit einem hemmenden Effekt auf die
Sekretion von triglyzeridreichen Lipoproteinen und den hepatischen Fetttröpfchengehalt. Träger der Variante
E167K sind offenbar suszeptibler für
die Progression von NAFLD/NASH,
aber vor kardiovaskulären Erkrankungen offenbar eher geschützt. Erklärt
wird dieser Mechanismus der Lebertoxizität mutmaßlich durch einen beeinträchtigten VLDL-Export.8
Das obstruktive Schlafapnoesyndrom
(OSAS) ist durch eine partielle Verlegung der oberen Atemwege mit intermittierenden rekurrenten hypoxischen
Episoden während des Schlafs charakterisiert. Von Apnoe spricht man ab
10 Apnoeereignissen von mindestens
10 Sekunden pro Stunde Schlafzeit.
Aus pathophysiologischer Sicht dürften diese intermittierenden hypoxischen Episoden und die Reoxygenierung zu einer erhöhten SympathikusAktivierung, zu vermehrtem oxidativem Stress und zur Induktion einer
Inflammationskaskade führen, die in
Summe zu einer intrahepatischen endothelialen Dysfunktion führen und
auf diese Weise in der Pathophysiologie der NAFLD eine wichtige Rolle
spielen. Mittlerweile konnten in mehreren Studien, sowohl bei Kindern als
auch bei Erwachsenen, gezeigt werden,
dass das Vorliegen und der Schweregrad des OSAS mit dem Vorhandensein von NASH/Fibrose unabhängig
von BMI, viszeraler Adipositas, metabolischem Syndrom und Insulinresistenz korreliert sind und die Dauer
des Sauerstoffsättigungsabfalls mit intrahepatischen Entzündungsparametern, Apoptose und Fibroneogenesemarkern assoziiert ist.9 Diese Erkennt
nisse bieten einen faszinierenden Ansatz zur Therapie der NAFLD bei
Patienten mit gleichzeitig vorliegendem
OSAS in Form einer CPAP-Maskenbeatmung. So könnte es durch die
Reduktion der Hypoxiephasen zu einer positiven Beeinflussung der Erkrankungsprogression kommen.
Extrahepatische Faktoren –
Ernährung
Fruktose
Mehrere epidemiologische Studien haben gezeigt, dass der übermäßige Konsum von Fruktose, vor allem in Form
von Softdrinks und „high fructose corn
syrup“-hältigen Nahrungsmitteln, für
die Entstehung und auch die Progression der nicht alkoholischen Fettlebererkrankung von Bedeutung ist. Aus
Seite 33 I JATROS
HEPATOLOGIE
Tierversuchen ist bekannt, dass exzessiver Fruktosekonsum mit einer intestinalen Dysbiose und konsekutiver Endotoxinämie, endoplasmatischem Retikulumstress, einer verstärkten hepatischen Lipidperoxidation und einer
erhöhten TNF--Expression einhergeht.
Diese lipogenetischen und proinflammatorischen Effekte dürften auch für
eine transiente intrahepatische ATPDepletion und eine Erhöhung intrazellulärer Harnsäure sowie eine Hyperurikämie verantwortlich sein.10
Kaffee
In den letzten 10 Jahren konnte eine
Reihe von epidemiologischen Studien
klar zeigen, dass der Konsum von Kaffee mit erniedrigten Leberwerten, einer
geringeren Inzidenz chronischer Lebererkrankungen und einer verminderten
leberassoziierten Mortalität einhergeht.
Rezente Arbeiten konnten außerdem
zeigen, dass der Konsum von Kaffee
in Bezug auf die Entwicklung einer
NAFL und einer NASH und auch auf
das Ausmaß der hepatischen Fibrose
protektiv ist. Es ist derzeit noch unklar,
wodurch dieser vorteilhafte Effekt von
Kaffee zu erklären ist. Kaffee setzt sich
aus über 2.000 Substanzen zusammen,
wobei wichtige Bestandteile wie Koffein, antimikrobiell wirkende Terpene,
antioxidativ und antiinflammatorisch
wirkende Bestandteile wie Tocopherole und Polyphenole sowie antikanzerogene Substanzen wie Melanoidine
in sämtlichen Prozessen der Steatoseinduktion und der Erkrankungsprogression bis hin zum hepatozellulären
Karzinom eine Rolle spielen dürften.11
Körperliche Bewegung
In einer elegant durchgeführten Studie
konnten Oh et al in Hepatology vor
Kurzem zeigen, dass regelmäßige körperliche Aktivität in Form von Jogging
oder Walking von zumindest 2,5 Stunden, idealerweise jedoch 4 Stunden
pro Woche, in Kombination mit einer
Ernährungsberatung und einer Reduktion der täglichen Nahrungsaufnahme
auf 1.680kcal zu einer signifikanten
Besserung der viszeralen Adipositas, der
Steatose und auch der Fibrose führte.12
In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass Gallensäuren als RegulaJATROS I Seite 34
REFERAT
toren des Lipid-, Glukose- und Energiestoffwechsels eine entscheidende
Rolle spielen und dass sie für die Aufrechterhaltung einer metabolischen
Homöostase von enormer Bedeutung
sind. Eine zentrale Rolle spielt hier
der Farnesoid-X-Rezeptor (FXR), ein
nukleärer Hormonrezeptor, der in der
Regulation des Glukose- und Fettstoffwechsels eine wesentliche Bedeutung hat. Ein semisynthetisches Derivat
der primär menschlichen Gallensäure
Chenodesoxycholsäure, Obeticholsäure
(OCA), ist ein natürlicher Agonist
dieses FXR. In ersten Tierexperimenten konnte OCA die Insulinresistenz
verringern und Steatose und Leberwerte verbessern. In einer im November im „Lancet“ publizierten Arbeit
(FLINT Trial) konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass es unter dieser Medikation zu einer signifikanten Besserung der Fibrose kommt. Der mit
dieser neuen therapeutischen Option
verbundene Optimismus wurde allerdings durch die Tatsache gedämpft,
dass 25% der Patienten über Pruritus
klagten, es zu einer Verminderung der
HDL- und zu einer Erhöhung der LDLWerte sowie der alkalischen Phosphatase kam und dass sich im Langzeitsetting auch die Insulinresistenz verschlechterte.13 Derzeit wird eine breite
Palette von innovativen Substanzen
wie PPAR-/, CCR-Typ 2, CCR-5,
TGR5, FXR/TGR5-Agonisten, Antifibrotika wie Simtuzumab und FA-BAKonjugate wie Aramchol in Phase-IIund Phase-III-Studien untersucht. Hier
bleibt abzuwarten, welche dieser Substanzen den Weg in die klinische Anwendung finden. Es sei hier festgehalten, dass derzeit keine medikamentöse Therapie der NAFLD existiert.
Das zentrale Konzept besteht in einer
Ernährungsumstellung mit Reduktion
des Fruktosekonsums und verstärkter körperlicher Aktivität. Ein interessanter pathophysiologischer Ansatz ist
die CPAP-Beatmung bei Patienten mit
NAFLD/NASH und OSAS, wenngleich
hier keine prospektiven Studien vorliegen. Da die NAFLD meist Teil einer
Multisystemerkrankung ist, sind Antihypertensiva, Statine sowie Metformin
und Thiazolidindione bei gleichzeitig
vorliegendem Diabetes klassische Therapieoptionen.
Fazit
Zusammenfassend kann festgehalten
werden, dass die NAFLD eine Erkrankung mit einer komplexen Pathophysiologie darstellt, für die aktuell keine
medikamentöse Therapie existiert. Es
ist möglich, Patienten mit einem erhöhten Risiko einer Erkrankungsprogression genotypisch besser zu charakterisieren. Wir brauchen dringend
Langzeitstudien, um Begriffe wie Erkrankungsprogression bzw. auch „Erkrankungsregression“ sowie neue Therapieendpunkte besser zu definieren.
Gesichert ist, dass eine Gewichtsabnahme von bis zu 10%, sei es durch
eine Lebensstilmodifikation oder auch
durch bariatrische Chirurgie, zu einer signifikanten Verbesserung der Lebererkrankung führt. Die Reduktion
von Fruktose sowie Transfetten bei
Animation zu verstärktem Konsum
von Kaffee sind Optionen im Sinne
einer Ernährungsmodifikation. Da die
NAFLD nicht nur mit einer erhöhten Inzidenz eines HCC, sondern auch
mit mehr extrahepatischen Tumoren,
vor allem Kolonkarzinomen, einhergeht, sei an dieser Stelle nochmals auf
die dringende Notwendigkeit hingewiesen, diese Patienten dahingehend
zu screenen.14
■
Literatur:
1
Jürgen Ludwig et al: Mayo Clin Proc 1980; 55(7): 434438
2
Willner IR et al: Am J Gastroenterol 2001; 96(10): 2957-61
3
Williams et al: Gastroenterology 2011;140(1): 124-31
4
Tilg, Moschen: Hepatology 2010; 52(5); 1836-46
5
Liu et al: Hepatology 2014; 61(1): 75-81
6
Pirazzi et al: Hum Mol Genet 2014; 23(15): 4077-85
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Holmen et al: Nat Genet 2014; 46(4): 345-51
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Dongiovanni et al: Hepatology 2015 Feb; 61(2): 506-14
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Nobili et al: Am J Resp Crit Care Med 2014; 189(1): 66-76
10
Sapp et al: Hepatology 2014; 60(5): 1581-92
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Chen et al: J Gastroenterol Hepatol 2014 Mar; 29(3):
435-41
12
Oh et al: Hepatology 2014; doi: 10.1002/hep.27544
13
Neuschwander-Tetri et al: Lancet 2014; pii: S01406736(14)61933-4. doi: 10.1016/S0140-6736(14)61933-4
14
Stadlmayr et al: J Intern Med 2011; 270(1):41-9
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Datz
Vorstand der Abteilungen für Innere Medizin,
Krankenhaus Oberndorf/Salzburg
E-Mail: [email protected]
■1002
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
GASTROENTEROLOGIE
KONGRESS
ECCO 2015
Neue Therapieansätze
und individualisierte Dosierung
Am diesjährigen Kongress der European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO) wurden
neben innovativen Therapieansätzen auch spannende Konzepte zur individualisierten Dosisadaptierung präsentiert. Die Ergebnisse einer an Mäusen durchgeführten Studie erhärten die
Hypothese, dass das intestinale Mikrobiom einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen ausübt.
Rolle des Mikrobioms
in der Pathogenese von CED
Anti-MAdCAM-Antikörper:
OPERA und TURANDOT
Dass das Vorliegen einer Dysbiose
im intestinalen Mikrobiom bei der
Pathogenese von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) eine
wesentliche Rolle spielt, ist ein heiß
diskutiertes Thema. Die mukosale
Barriere stellt die erste Front in der
Prävention dar, wobei zahlreiche weitere Faktoren wie die adäquate Synthese von antimikrobiellen Peptiden
(AMP) in diese physiologischen Prozesse involviert sind. Demgemäß wird
davon ausgegangen, dass Barriere-assoziierte Funktionsstörungen die Entwicklung von CED entscheidend beeinflussen.1
Die Inhibition der Translokation von
Leukozyten aus den Blutgefäßen in die
intestinale Mukosa stellt einen spannenden neuen Ansatz im Management von
CED dar.3, 4 Im Rahmen des ECCOKongresses wurden vielversprechende
Ergebnisse zum voll humanen AntiMAdCAM-Antikörper (AK) PF-00657659
(PF) präsentiert. MAdCAM ist ein Zelladhäsionsmolekül, das hauptsächlich
von den Endothelzellen der mukosalen
Venolen exprimiert wird und eine wesentliche Rolle bei der Einwanderung
von T-Lymphozyten in die intestinale
Mukosa spielt. Im Gegensatz zu Vedolizumab, das via Blockade von 4 7,
dem Liganden von MAdCAM, die
Migration von Leukozyten und somit
die Promotion des inflammatorischen
Prozesses blockiert,5 übt PF direkte Effekte auf MAdCAM aus.
In der vierarmigen, doppelblinden,
randomisierten Phase-II-Studie OPERA3
(NCT01276509) wurden Wirksamkeit
und Sicherheit von PF an MC-Patienten mit vorangegangenem Versagen einer Anti-TNF-Therapie und/oder einer
Therapie mit Immunsuppressiva untersucht, die eine hs(high sensitivity)CRP
>3,0mg/l sowie koloskopisch bestätigte
Ulzerationen aufgewiesen hatten. Die
Patienten (n=267) wurden zum Erhalt
von PF à 22,5, 75 oder 225mg bzw.
Placebo als subkutane (s.c.) Injektion
Monika Schaubeck, Technische Universität München, hat am ECCO-Kongress die Ergebnisse einer Studie an
Mäusen präsentiert, die diese Hypothese weiter bekräftigen: Analog zur
Humanpathologie entwickeln TNFdeltaARE-positive Mäuse, d.h. Mäuse,
die eine Deletion in der regulatorischen
Region ARE 3‘ des TNF-Rezeptors
aufweisen, eine Morbus-Crohn(MC)ähnliche transmurale Inflammation
mit prädominanter Beteiligung des
Ileums. Diese wurde ausgelöst durch
den Transfer eines funktionell dysbiotischen Mikrobioms von ARE-deletierten Mäusen in Mäuse, die unter keimfreien Konditionen gehalten wurden.2
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
alle 4 Wochen randomisiert. Als primärer Endpunkt (EP) wurde die CDAI-70Response in den Wochen 8 bzw. 12
definiert. Zusätzlich wurden die 7-Expression auf zentralen CD4+-T-Gedächtniszellen, die CRP-Spiegel und die Spiegel von löslichem MAdCAM als krankheitsspezifische Biomarker evaluiert.
Wenn auch gemäß der CDAI-70-Response in Woche 12 zwischen PF und
Placebo keine statistische Signifikanz
konstatiert werden konnte, zeigten Patienten mit Baseline-CRP-Werten >18mg/l
substanziell höhere Remissionsraten als
jene unter Placebo (Tab. 1), was darauf hindeutet, dass sich initial hohe
CRP-Werte als Prädiktor für eine Response erweisen könnten. Der primäre
EP wurde in dieser Studie zwar nicht
erreicht, jedoch geht aus den begleitenden Untersuchungen hervor, dass PF
eine dosisabhängige Aktivität zeigt: Für
die zirkulierenden 7-exprimierenden
CD4-Lymphozyten konnte in den Wochen 8 bzw. 12 ein Anstieg und für
freies MAdCAM eine anhaltende Reduktion nachgewiesen werden.
In
die
Studie
TURANDOT4
(NCT01620255), die konzipiert wurde,
um die optimale Dosis von PD für die
Induktion einer Remission bei Patienten mit Colitis ulcerosa (CU) zu identifizieren, wurden 357 Patienten mit
einem Versagen von mindestens einer
zugelassenen CU-Therapie eingeschlossen. Dosierung und Randomisierung
erfolgten analog zur OPERA-Studie.
Seite 35 I JATROS
GASTROENTEROLOGIE
KONGRESS
TNF-Antikörper:
Pharmakokinetik und Immunogenität
Der enorme Vorteil der Spezifität von
monoklonalen AK gegenüber dem ZielAntigen (AG) geht mit dem Risiko für
die Entwicklung von „anti-drug antibodies“ (AB) einher: Diese binden anstelle des AG an die Substanz und können dadurch – insbesondere bei langfristiger Applikation – zu einer Neutralisierung der Wirksamkeit bis hin zum
Verlust der Response führen.
Darüber hinaus können inter- und
intraindividuelle Unterschiede hinsichtlich Bioverfügbarkeit und Pharmakokinetik (PK) zum Problem der insuffizienten Wirksamkeit beitragen. Im
Kontext mit dem hohen Kostenfaktor
und den limitierten Optionen für einen
Switch zu einem anderen Biologikum
wirft dies die Frage nach der Identifikation von rationaleren Dosisregimes auf.
Auch die Art der Verabreichung (i.v.
oder s.c.) kann Effekte auf die PK ausüben: Die i.v. Applikation korreliert mit
einer raschen Verteilung und einer geringen Variabilität in der Bioverfügbarkeit und ermöglicht die Infusion großer
Volumina in mehrwöchigen Abständen.
Demgegenüber können bei s.c. Applikation nur kleine Volumina injiziert
werden, die Substanz muss hochkonzentriert sein und in kürzeren Abständen verabreicht werden, es bietet sich
aber der Vorteil der Selbstapplikation.
Eine häufig diskutierte Frage ist, inwieweit die Entwicklung von AB mit dem
Applikationsintervall und -modus in
PK bedingt sein könnte,
und schlug zwecks Evaluierung der optimalen
individuellen Dosis die
regelmäßige Messung der
Ctrough vor, um sowohl
bei supra- als auch bei
i.v. verabreichte Substanz
suboptimalen Substanzs.c. verabreichte Substanz
konzentrationen
rechtoptimaler Bereich
zeitig Dosisadaptierungen
vornehmen zu können. In
diesem Zusammenhang
Spitzenspiegel Intermediärspiegel Talspiegel
entwickelten Gills und
Zeit
Vande Casteele6 das Konzept des therapeutischen
Abb. 1: Pharmakokinetisches Profil einer intravenös (i.v., rote Linie) bzw.
subkutan (s.c., blaue Linie) verabreichten Anti-TNF-Substanz gemäß einem
Fensters, bei dem eine
theoretischen Erhaltungsdosis-Regime. Konzept eines therapeutischen
Unterscheidung zwischen
Fensters (optimaler Bereich: grau) mit Kennzeichnung der Spitzen- und der
intermediären Konzentration bzw. Ctrough für die i.v. verabreichte Substanz
i.v. und s.c. verabreichten
Substanzen vorgenommen
Zusammenhang steht. Hierzu liegen je- wird und die Grenzen für die optidoch bisher divergierende Ergebnisse male Wirksamkeit für jede Substanz
vor. Auch die Vermutung, dass voll separat bestimmt werden müssen
humane vs. chimärische oder murine (Abb. 1). Dieses Modell könnte zur
AK mit einer geringeren Immunogeni- Optimierung der Anti-TNF-Therapie
tät einhergehen, konnte bis dato nicht dienen, indem den Patienten indivibestätigt werden.6
duell eine maßgeschneiderte Therapie
Jedoch konnte u.a. für Infliximab (IFX) basierend auf den engmaschig geprüfgezeigt werden, dass die Entwicklung ten Serumkonzentrationen anstelle des
von AB mit einem erhöhten Risiko für Standardregimes offeriert wird.
■
Infusionsreaktionen und einer reduzierten Responsedauer assoziiert ist7 und Literatur:
eine konkomitante Therapie mit Im- 1 Antoni L et al: Intestinal barrier in inflammatory bowel
disease. World J Gastroenterol 2014; 20: 1165-1179
munmodulatoren das Risiko für das
8
2
Auftreten von AB reduziert.
Schaubeck M et al: ECCO 2015; Abstract #OP001
Konzept des therapeutischen Fensters6
Konzentration
Der primäre EP, eine Remission, definiert durch einen Mayo-Score 2 ohne
Subscore >1, war unter den Dosierungen 22,5 und 75mg signifikant höher
als in der Placebogruppe; das Gleiche
trifft auf die mukosalen Heilungsraten
zu. Die Substanz zeigte eine gute Verträglichkeit und ging mit keiner erhöhten Infektionsrate einher.
Konzept des therapeutischen Fensters
In einer Studie mit Adalimumab nach
IFX-Versagen wurde bei jenen Patienten, die die Therapie abgebrochen
hatten, eine direkte Assoziation mit
niedrigen Serumkonzentrationen festgestellt. Dies traf v.a. auf jene Patienten zu, die AB entwickelt hatten.9
Prof. Dr. Ann Gills, Universität Leuven, Belgien, die am ECCO-Kongress
über diese Thematik referierte, argumentierte, dass ein Anti-TNF-Versagen
aufgrund von AB durch eine veränderte
Placebo
PF 22,5mg
PF 75mg
PF 225mg
CDAI-70-Response in Woche 12
59% (9,0%)
62% (9,0%)
65% (9,0%)
58% (8,9%)
Remission in Woche 12
23% (8,3%)
27% (9,1%)
28% (9,7%)
29% (9,3%)
Remission in Woche 12 bei Patienten mit
CRP-Werten >18mg/l
14% (7,6%)
37% (11%)
24% (9,2%)
39% (10,2%)
Tab. 1: Ergebnisse zur Wirksamkeit des voll humanen Anti-MAdCAM-Antikörpers PF in Woche 123
JATROS I Seite 36
3
D’Haens G et al: ECCO 2015; Abstract #OP022
4
Vermeire S et al: ECCO 2015; Abstract #OP021
5
Fachinformation Vedolizumab, Stand: Juni 2014
6
Vande Casteele N, Gils A: Pharmakokinetics of anti-TNF
monoclonal antibodies in inflammatory bowel disease:
adding value to current practice. J Clin Pharmacol 2015;
55: S39-S50
7
Baert F et al: Influence of immunogenicity on the longterm efficacy of infliximab in Crohn’s disease. N Engl J
Med 2003; 348: 601-608
8
Colombel JF et al: Infliximab, azathioprine, or combination therapy for Crohn’s disease. N Engl J Med 2010;
362: 1383-1395
9
Karmiris K et al: Influence of trough serum levels und
immunogenicity on long-term outcome of adalimumab
therapy in Crohn’s disease. Gastroenterology 2009;
137: 1628-1640
Bericht:
Mag. Dr. Anita Schreiberhuber
Quelle:
ECCO-Kongress 2015,
18.–21. Februar, Barcelona
■02
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
GASTROENTEROLOGIE
KONGRESS
Darm-selektiver Wirkansatz bei CED
Mit dem humanisierten IgG1-Antikörper Vedolizumab (Entyvio®) ist erstmals ein
Medikament verfügbar, das eigens zur Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen entwickelt wurde. Der komplett neue Wirkmechanismus zeigt sich nicht
nur als effektive Option bei vorangegangenem Scheitern einer Anti-TNF-Behandlung,
sondern auch als mögliche Biologika-First-Line-Therapie.
In den vergangenen beiden Jahrzehnten haben sich mit der Einführung von
TNF--Inhibitoren die Strategien zur
Behandlung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) komplett verändert. Doch nicht alle Patienten profitieren von diesen Medikamenten. So sprechen manche von Beginn
an nicht auf eine Anti-TNF-Behandlung an, bei anderen lässt deren Wirkung mit der Zeit nach, gab Prof. Dr.
Michael Kamm von der Universität
Melbourne bei der Jahrestagung der
European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO), 18.–21. Februar 2015
in Barcelona, zu bedenken. Daraus
können unkontrollierte Inflammation
und weitere Komplikationen resultieren.1 Mit dem humanisierten IgG1Antikörper Vedolizumab (Entyvio®) ist
nun erstmals ein Medikament verfügbar, das eigens zur Behandlung von
CED entwickelt wurde.2, 3 Namhafte
Spezialisten stellten anhand aktueller
Fälle die Anwendungsmöglichkeiten dieser hochselektiven Substanz im Rahmen der ECCO-Jahrestagung vor.
Konventionelle Therapie unzureichend
So berichtete Prof. Dr. Jean-Frederic
Colombel aus New York von einem
45-jährigen Mann mit Bluthochdruck,
der über häufige und anfallsartige
Durchfälle und Rektalblutungen geklagt hatte. Die Koloskopie offenbarte
eine kontinuierliche Entzündung vom
Rektum bis zur linken Flexur. Zwar
konnte eine Behandlung mit 5-Aminosalicylsäure (oral und rektal) die Stuhlfrequenz etwas herabsetzen, aber erst
die zusätzliche Therapie mit Prednison
(40mg) und Budenosid brachte eine
spürbare Verbesserung. Allerdings war
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
es auch ein Jahr nach Beginn dieser
Kombinationsbehandlung nicht möglich, die Kortikosteroidbehandlung auf
unter 10mg täglich zu reduzieren oder
gar komplett auf sie zu verzichten.
Mehr noch: Neben vier bis fünf dringenden Stuhlgängen am Morgen machten dem Patienten die regelmäßig auftretenden Blutungen Sorgen. „Wie
man an diesem Fall gut sehen kann, ist
eine konventionelle Therapie bei moderater bis schwerer Colitis ulcerosa
(CU) nicht immer komplett erfolgreich“, gab Prof. Colombel zu bedenken. Daraufhin wurde eine Therapie
mit Vedolizumab (300mg in Woche 0,
2 und 6; danach alle 8 Wochen) eingeleitet (in Kombination mit Azatioprin,
2mg/kg/Tag). Tatsächlich befand sich
der Patient nach 12 Wochen in Remission (Mayo Endoscopic Score: 1), was
zeige, „dass dieses darmselektive Immunsuppressivum für biologikanaive
CU-Patienten eine effektive First-LineSubstanz ist“, so Colombel.
Details zu Vedolizumab
Der humanisierte IgG1-Antikörper Vedolizumab
(Entyvio®) bindet hochselektiv an das zelluläre
Adhäsionsmolekül 47-Integrin auf der Oberfläche von aktivierten Lymphozyten. Dadurch
wird verhindert, dass Lymphozyten sich an bestimmte MAdCAM-Rezeptoren auf Darmendothelzellen binden und vom Blut ins Gewebe des
Magen-Darm-Trakts einwandern. Die Abwehrzellen werden also selektiv am Übertritt in das
Magen-Darm-Gewebe gehindert, ihnen wird
„der Weg versperrt“. Durch diese selektive immunsupprimierende Wirkung werden von Vedolizumab weitere chronische Entzündungsprozesse
im Darmtrakt gestoppt.
Gute Wirkung,
wenig Nebenwirkungen
Voraussetzung für die im vergangenen
Sommer erteilte Zulassung von Vedolizumab war das klinische GEMINI-Studienprogramm zur Wirksamkeit und
Sicherheit des Wirkstoffs bei CED. So
habe die randomisierte, doppelblinde,
placebokontrollierte GEMINI-1-Studie
mit 895 Colitis-ulcerosa-Patienten deutlich gemacht, dass Vedolizumab sowohl bei TNF--naiven Patienten als
auch bei Teilnehmern, deren TNF-Behandlung zuvor gescheitert war, signifikant wirksam sei, sagte Colombel.
Sechs Wochen nach Beginn der Vedolizumab-Behandlung zeigten 47,1% der
CU-Patienten eine klinische Response
(Placebo 25,5%), 16,9% befanden sich
in Remission (Placebo 5,4%) und
40,9% wiesen eine Mukosaheilung auf
(Placebo 24,8%, alle p0,001). Nach
52 Wochen mit dieser Therapie zeigten
im achtwöchigen Behandlungsintervall
41,8% eine klinische Remission und
51,6% eine Mukosaheilung (Placebo
15,9% bzw. 19,8%) (Abb. 1). Bemerkenswert sei dabei das Sicherheitsprofil
von Vedolizumab. So war das Auftreten
von Nebenwirkungen in der Verumund Placebogruppe vergleichbar, sagte
Colombel. „Weil Vedolizumab an das
Molekül 47-Integrin auf der Oberfläche von Lymphozyten des Darmbereichs bindet, kommt es zu speziellen
immunsuppressiven Effekten im Darm,
ohne dass bisher andere systemische
Effekte identifiziert werden konnten.“
Morbus Crohn: Frühe Behandlung
Ist diese spezifische Substanz auch bei
Morbus Crohn (MC) wirksam? Eine
Seite 37 I JATROS
GASTROENTEROLOGIE
KONGRESS
100%
80%
Patienten (%)
70%
■ Vedolizumab, alle 8 Wochen
(n=126)
(n=125)
p<0,001
p<0,001
p<0,001
51,6
41,8
p<0,001
p<0,001
60%
50%
■ Vedolizumab, alle 4 Wochen
(n=122)
p<0,01
p<0,008
56,0
44,8
45,2
40%
31,4
30%
20%
p<0,001
20,5
19,8
15,9
13,9
24,0
8,7
10%
0%
Klinische
Remission
Mukosale
Heilung
Glukokortikoidfreie Remission
Quelle: adaptiert nach Feagan BG et al, NEJM 20132
Anhaltende
klinische
Remission
100%
90%
■ Placebo
■ Vedolizumab, alle 8 Wochen
(n=153)
■ Vedolizumab, alle 4 Wochen
(n=154)
(n=154)
80%
p<0,004
p<0,005
p<0,04
Patienten (%)
70%
60%
p<0,001
50%
39,0
40%
30%
p<0,01
p<0,02
Literatur:
43,5 45,5
36,4
31,7
30,1
28,8
21,4
21,6
15,9
20%
14,4
16,2
10%
0%
Klinische
Remission
CDAI-100
Response
Glukokortikoidfreie Remission
Quelle: adaptiert nach Sandborn WJ et al, NEJM 20133
Abb. 2: Studienergebnisse in der Erhaltungstherapie bei MC-Patienten (52 Wochen)
JATROS I Seite 38
© UNIVERSIMED ®
Abb. 1: Studienergebnisse in der Erhaltungstherapie bei CU-Patienten (52 Wochen)
Tatsächlich wurden in die GEMINI2-Studie über 1.000 Patienten mit mittelschwerem bis schwerem MC und
unterschiedlichen Vorbehandlungen eingeschlossen. Allen gemeinsam war, dass
die vorhergehende konventionelle Therapie (Glukokortikoide, Immunsuppressiva wie Azathioprin, Mercaptopurin oder Methotrexat) oder Anti-TNFBehandlung entweder ohne Wirkung
geblieben war oder nicht akzeptable
Nebenwirkungen aufgetreten waren.
Innerhalb von sechs Wochen erreichte
jeder siebente MC-Patient unter Vedolizumab einen deutlichen Symptomrückgang. Nach 52 Wochen hatte sich
der Anteil der Patienten in Remission
signifikant auf 39% gesteigert, knapp
doppelt so viele wie in der Placebogruppe (21,6%, p<0,001) (Abb. 2).3 Patienten, die zuvor vergeblich mit TNFInhibitoren behandelt worden waren,
befanden sich unter Vedolizumab nach
zehn Wochen zu 26,6% in Remission (Placebo: 12,1%).5 Die Therapie
wurde allgemein gut vertragen, wobei
es zu einem etwas häufigeren Auftreten
schwerwiegender unerwünschter Ereignisse unter Verum als unter Placebo
kam (24,4% vs. 15,3%). Das Fazit von
Prof. von Assche: „Vedolizumab stellt
eine wichtige Bereicherung in der Therapie des Morbus Crohn dar.“
■
Anhaltende
klinische
Remission
1
Panaccione R et al: Aliment Pharmacol Ther 2008; 28:
674-88
2
Feagan BG et al: N Engl J Med 2013; 369: 699-710
3
Sandborn WJ et al: N Engl J Med 2013; 369: 711-21
4
D’Haens GR: Nat Rev Gastroenterol Hepatol 2010; 7: 86-92
5
Sands BE et al: Gastroenterology 2014; 147: 618-27
Bericht: Dr. Klaus Duffner
Quelle: Takeda Satellite Symposia:
IBD Treatment at the Crossroads.
ECCO, 19. Februar 2015, Barcelona
●02
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
ENTPR03151
■ Placebo
Hoffnung auch nach gescheiterter
Anti-TNF-Behandlung
Entgeltliche Einschaltung
90%
lungsoptionen.“ Vedolizumab mit seinem neuen selektiven Wirkmechanismus habe das Potenzial, anti-TNF-bedingte Resistenzen zu umgehen. Die
Substanz habe in den Zulassungsstudien sowohl biologikanaive als auch
-vorbehandelte Patienten in eine lang
anhaltende Remission gebracht.
Fachkurzinformation siehe Seite 50
entwickelte sie nach zwei Jahren trockene Haut und juckende Ekzeme auf
ihrer Kopfhaut. Zudem klagte die junge
Frau über (starken) Haarverlust, der
sich auch durch eine Intervallverlängerung der Biologikabehandlung nicht
besserte. Man entschied sich daher,
die Anti-TNF-Behandlung abzubrechen und eine Vedolizumab-Therapie
zu beginnen. Tatsächlich würden nicht
wenige MC-Patienten, die eine Behandlung mit einem ersten TNF-Inhibitor nicht vertrügen oder deren erste
Anti-TNF-Behandlung gescheitert war,
auch auf einen zweiten TNF-Hemmer schlechter reagieren, so Prof. von
Assche: „Deshalb existiert ein klar definiertes Bedürfnis nach neuen Behand© UNIVERSIMED ®
18-jährige Frau stellte sich mit abdominalen Krämpfen, nichtblutiger
Diarrhö und Gewichtsverlust vor. Eine
Ileokoloskopie offenbarte tiefe Ulzerationen und inflammatorische Stenosen im terminalen Ileum und im Dickdarm. Da die junge Frau eine schlechte
Verlaufsprognose hatte, entschied man
sich für eine baldige Anti-TNF-Therapie, erklärte Prof. Dr. Gert von
Assche von der Universität Leuven in
Belgien. Gerade solche Risikopatienten würden bei einer raschen Therapie
mit Biologika ein langfristig besseres
Outcome zeigen.4 Die Patientin sprach
gut auf die Medikamente an und befand sich acht Wochen nach Behandlungsbeginn in Remission. Allerdings
GASTROENTEROLOGIE
REFERAT
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Mikroskopische Kolitis – sehen wir
nur die Spitze des Eisbergs?
Die mikroskopische Kolitis wurde lange Zeit als seltene Erkrankung
betrachtet. Neue epidemiologische Studien aus Europa und Nordamerika
zeigen jedoch, dass die Inzidenzraten der mikroskopischen Kolitis in den
letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen und mit denen der klassischen
chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen vergleichbar sind.1
Wie häufig ist die
mikroskopische Kolitis?
ca. 16% aller Ursachen für die chronische nicht blutige Diarrhö aus.4
Einer populationsbasierten Studie aus
Kanada zufolge stieg die Inzidenz
der mikroskopischen Kolitis von
16,9/100.000 im Jahre 2004 auf
26,2/100.000 im Jahre 2008.2 Im Vergleich waren die Inzidenzraten für
Morbus Crohn (MC) und Colitis ulcerosa (CU) in derselben Population mit
16,5/100.000 und 11/100.000 sogar
niedriger. Eine Analyse des nationalen
dänischen Pathologieregisters im Zeitraum 2002 bis 2011 ergab auf der
Grundlage von 7.777 Fällen mit mikroskopischer Kolitis eine deutlich steigende Inzidenz (2011: 24,7/100.000).3
Einer aktuellen italienischen Studie zufolge macht die mikroskopische Kolitis
Ist die mikroskopische Kolitis eine CED?
Die mikroskopische Kolitis wird heute
als eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (CED) angesehen, die nur
histologisch diagnostiziert werden
kann. Folgerichtig wurde die Erkrankung auch in die ECCO-Guidelines
zur Histopathologie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen aufgenommen.5 Der endoskopische Befund ist
typischerweise unauffällig. Histologisch
werden die kollagene Kolitis, die lymphozytäre Kolitis und die inkomplette
mikroskopische Kolitis unterschieden
(Abb. 1).6 Allen gemeinsam ist eine
lymphoplasmazelluläre Infiltration der
KeyPoints
• Mikroskopische Kolitis ist ähnlich häufig wie andere CED; Risikofaktoren: weibliches
Geschlecht, höheres Patientenalter und Rauchen
• Leitsymptom: chronische, nicht blutige Diarrhö; häufige Begleitsymptome: Bauchschmerzen, nächtliche Diarrhö und imperativer Stuhldrang
• Diagnose nur histologisch anhand von Stufenbiopsien aus dem gesamten Kolon
möglich; histologisch wird zwischen kollagener Kolitis, lymphozytärer Kolitis und
inkompletter mikroskopischer Kolitis unterschieden
• Therapie der ersten Wahl ist orales Budesonid – bislang das einzige Medikament,
für das hohe Effektivität in der Remissionsinduktion und in der Remissionserhaltung
belegt ist
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
S. Miehlke, Hamburg
Lamina propria des Kolons. Histologisches Kennzeichen der kollagenen
Kolitis ist ein verbreitertes subepitheliales Kollagenband >10µm. Eine lymphozytäre Kolitis liegt vor, wenn die
Zahl der intraepithelialen Lymphozyten >20/100 Epithelzellen beträgt. Werden diese arbiträren Grenzwerte nicht
erreicht, spricht man von einer inkompletten mikroskopischen Kolits.7 Da die
histologischen Veränderungen im proximalen Kolon meist ausgeprägter sind,
wird zur sicheren Diagnosestellung eine
komplette Koloskopie mit Stufenbiopsien empfohlen.6
Risikofaktoren und „burden of disease“
Die Ätiologie der mikroskopischen
Kolitis ist nicht vollständig geklärt.
Gesicherte Risikofaktoren sind das
weibliche Geschlecht (Verhältnis 4:1)
und das höhere Patientenalter (mittleres Alter bei Diagnosestellung 50 bis
60 Jahre).1 In 3 Fallkontrollstudien
wurde übereinstimmend gezeigt, dass
Rauchen das Risiko für die mikroskopische Kolitis deutlich erhöht. Zudem scheinen Raucher 13 bis 14 Jahre
früher als Nichtraucher zu erkranken.8–10 Mehrere Fallkontrollstudien
haben zudem eine Assoziation der
mikroskopischen Kolitis mit der Einnahme bestimmter Medikamente gezeigt.1, 11 Hierzu zählen insbesondere
NSAR, Lansoprazol und SSRI. Eine
Seite 39 I JATROS
GASTROENTEROLOGIE
Die Therapie der mikroskopischen
Kolitis sollte den Schweregrad der
Symptome, die Lebensqualität und den
Leidensdruck des Patienten sowie die
Verfügbarkeit von Ergebnissen kontrollierter klinischer Studien berücksichtigen.13 Orales Budesonid ist bislang das einzige Medikament, dessen
Wirksamkeit durch randomisierte, placebokontrollierte Studien (RCT) belegt ist. Für die kollagene Kolitis liegen
inzwischen 4 RCT vor,17, 18 die nach
6- bis 8-wöchiger Therapie mit Budesonid 9mg täglich Remissionsraten
von 80% und mehr zeigen (Abb. 2).
Für die lymphozytäre Kolitis existieren
JATROS I Seite 40
Diagnose
Kollagene
Kolitis, n=270
Lymphozytäre
Kolitis, n=168
Inkomplette MC
n=101
Alter (Jahre)
65
63
62
Weibliches Geschlecht (%)
74
64
82
Monate bis zur Diagnose
6
4
5
Stühle/Tag (n)
7
6
5
Wässrige Diarrhö (%)
92
88
68
Nächtliche Diarrhö (%)
57
39
31
Abdominelle Schmerzen (%)
48
52
56
Gewichtsverlust (%)
59
48
59
Imperativer Stuhldrang (%)
74
67
75
43
34
22
Inkontinenz (%)
Tab. 1: Symptomlast der mikroskopischen
Klinische Remission
(HjortswangKriterien)
Kolitis12
ITT
PP
p<0,0006
100
p<0,0012
p<0,0033
p<0,0001
80
84,6
80,0
© UNIVERSIMED ®
Wie können wir therapieren?
Abb. 1: Histologisches Spektrum der mikroskopischen Kolitis
Proportion der Patienten (%)
echte Kausalität konnte allerdings nur
in einzelnen Fällen belegt werden.
Das Leitsymptom der mikroskopischen
Kolitis ist die chronische, meist wässrige, nicht blutige Diarrhö. Darüber
hinaus leiden die Patienten häufig an
Bauchschmerzen, nächtlicher Diarrhö,
imperativem Stuhldrang und Inkontinenz (Tab. 1).12, 13 Klinisch besteht
eine erhebliche Symptomüberlappung
mit dem Reizdarmsyndrom.14 Die klinische Manifestation der mikroskopischen Kolitis unterscheidet sich nicht
wesentlich hinsichtlich der 3 histologischen Subtypen. Laborchemische und
mikrobiologische Untersuchungen sind
in der Regel unauffällig. Das fäkale
Calprotectin ist häufig erhöht, aber
nicht ausreichend sensitiv.15 Der Verlauf der Erkrankung ist in der Regel
chronisch rezidivierend, Spontanremissionen sind jedoch möglich. Die mikroskopische Kolitis führt nicht zu strukturellen Veränderungen der Darmwand
und ist nach derzeitigem Wissensstand
nicht mit einem erhöhten Risiko für
Kolonadenome oder kolorektale Karzinome assoziiert.1 Schwere Dehydratationen sind selten. Bei Patienten
mit mikroskopischer Kolitis werden
gehäuft Autoimmunerkrankungen gefunden, z.B. rheumatische Erkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Zöliakie oder Diabetes mellitus.13 Die Symptomlast der mikroskopischen Kolitis
führt bei den betroffenen Patienten
zu einer signifikanten Reduktion der
Lebensqualität, vergleichbar mit der
Colitis ulcerosa.16
REFERAT
60
44,4
42,4
37,8
40
32,0
20
0
Budesonid
Mesalazin
Placebo
Budesonid
Mesalazin
Placebo
ITT: intent to treat; PP: per protocol
Abb. 2: Klinische Remissionsraten mit Budesonid 9mg/d versus Mesalazin 3g/d18
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
GASTROENTEROLOGIE
REFERAT
9
Aktive mikroskopische Kolitis
10
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neoplastic lesion rate in chronic nonbloody diarrhea:
a prospective, multicenter study. Inflamm Bowel Dis
2014; 20: 882-91
Bonderup OK et al: Long-term budesonide treatment
of collagenous colitis - a randomised, double-blind,
placebo-controlled trial. Gut 2009; 58: 68-72
24
Münch A et al; on behalf of the BUC-63 investigators: Low-dose budesonide for maintenance of clinical remission in collagenous colitis: a randomised,
placebo-controlled, 12-month trial. Gut 2014 Nov 25.
pii: gutjnl-2014-308363. doi: 10.1136/gutjnl-2014308363. [Epub ahead of print]
25
Münch A et al: Current status, present and future
challenges: statements of the European Microscopic
Colitis Group. J Crohn’s Colitis 2012; 6(9): 932-45
Budesonid 9mg/d, 6–8 Wochen
Loperamid
Yen EF et al: Current and past cigarette smoking significantly increase risk for microscopic colitis. Inflamm
Bowel Dis 2012; 18: 1835-41
Colestyramin
Bismuth
Nichtansprechen/Unverträglichkeit
Budesonid 9mg/d, gefolgt von
Budesonid niedrig dosiert
(3–6mg/d)
evidenzbasiert
+ Kalzium/Vitamin D
empirisch
Ileostomie
Relaps
Nichtansprechen
Azathioprin, 6-MP
Infliximab, Adalimumab
Nichtansprechen/
Unverträglichkeit
Abb. 3: Therapiealgorithmus der mikroskopischen Kolitis25
bislang 2 kleine RCT,19, 20 die ähnlich
hohe Remissionsraten zeigen. In prospektiven Studien zeigen 60–80% der
Patienten einen rezidivierenden Verlauf, wobei sich eine lange Diarrhödauer (>1 Jahr) und eine hohe Stuhlfrequenz (>5/Tag) vor Beginn der Remissionsinduktionstherapie als signifikante Risikofaktoren für ein klinisches
Rezidiv erwiesen haben.21 In 2 RCT
konnte übereinstimmend gezeigt werden, dass mit einer täglichen Gabe von
6mg Budesonid über 6 Monate eine
klinische Remission in 75% der Fälle
erhalten werden kann.22, 23 In einer
aktuellen europäischen Multicenterstudie ließ sich mit einer niedrig dosierten
Therapie mit Budesonid (4,5mg/Tag)
über 1 Jahr bei 61% der Patienten
mit kollagener Kolitis eine Remission
aufrechterhalten.24
Abgesehen von Budesonid gibt es derzeit kein Medikament, dessen Wirksamkeit nach evidenzbasierten Kriterien belegt worden ist. In einer europäischen RCT war orales Mesalazin
in einer Dosierung von 3g täglich in
der Behandlung der kollagenen Kolitis
nicht wirksamer als Placebo.20 Antidiarrhoika wie Loperamid sind ebenfalls nicht durch RCT geprüft, sind
aber erfahrungsgemäß bei milder Symptomatik als alleinige Maßnahme oder
bei schwerer Symptomatik als additive
Therapie hilfreich. Auch Colestyramin
kann empirisch eingesetzt werden, da
die mikroskopische Kolitis häufig mit
einem Gallensäureverlust assoziiert ist.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Die Datenlage zu Immunsuppressiva
(Azathioprin/6-MP) und Biologika ist
bislang sehr begrenzt und zudem
kontrovers, sodass ein genereller Einsatz nicht empfohlen werden kann.
Basierend auf der bislang verfügbaren
Literatur hat die European Microscopic Colitis Group (EMCG) einen Therapiealgorithmus formuliert, der als
Hilfestellung für das praktische Management der mikroskopischen Kolitis
dienen kann (Abb. 3).25
■
Literatur:
1
Tong J et al: Incidence, prevalence, and temporal trends
of microscopic colitis: a systematic review and metaanalysis. Am J Gastroenterol 2015; 110(2): 265-276.
doi: 10.1038/ajg.2014.431. Epub 2015 Jan 27
2
Stewart M et al: The association of coeliac disease
and microscopic colitis: a large population-based study.
Aliment Pharmacol Ther 2011; 33: 1340-1349
4
5
Magro F et al; European Society of Pathology (ESP):
European Crohn‘s and Colitis Organisation (ECCO)
European consensus on the histopathology of inflammatory bowel disease. J Crohns Colitis 2013; 7: 827-51
6
Miehlke S et al: Microscopic colitis – new insights relevant to clinical practice. Z Gastroenterol 2013; 51:
1389-94
7
Langner C et al: Histology of microscopic colitis-review
with a practical approach for pathologists. Histopathology 2014; doi: 10.1111/his.12592. [Epub ahead
of print]
8
Vigren L et al: Is smoking a risk factor for collagenous
colitis? Scand J Gastroenterol 2011; 46: 1334-9
Autor:
Prof. Dr. Stephan Miehlke
Magen-Darm-Zentrum,
Facharztzentrum Eppendorf
E-Mail: [email protected]
■02
Seite 41 I JATROS
GASTROENTEROLOGIE
REFERAT
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Behandlung des Reizdarmsyndroms:
Fortschritte in Sicht?
Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist eine der häufigsten gastrointestinalen
Erkrankungen.1 Je nach Vorherrschen der Stuhlgewohnheiten eines Patienten kann das RDS in vier Subtypen unterteilt werden:2 in einen Typ mit
vorwiegend Obstipation (RDS-O), einen mit vorwiegend Diarrhö (RDS-D),
einen gemischten Typ mit alternierend Obstipation und Diarrhö und
einen unspezifischen Typ. Der folgende Artikel soll einen Überblick über
Diagnose, Pathophysiologie und Therapie des RDS geben.
Die Diagnose RDS kann klinisch mit
großer Sicherheit basierend auf den
sogenannten Rom-III-Kriterien gestellt
werden.3 Die Diagnose RDS sollte
keine Ausschlussdiagnose sein, sondern auf der typischen Symptomkonstellation nach einer Basisdiagnostik
und einer individuellen, problemorientierten weiteren Diagnostik beruhen.2
Die Genese des RDS ist multifaktoriell
und letztlich sind die zugrunde liegenden pathophysiologischen Zusammenhänge noch nicht vollständig bekannt.
Dementsprechend ist die Entwicklung
von neuen, gezielt auf die jeweiligen
pathogenetischen Mechanismen einwirkenden Medikamenten erschwert.
Neue und vielversprechende Medikamente stehen aber zur Behandlung des
obstipationsdominanten Reizdarmsyndroms zur Verfügung. Diätetische Maßnahmen und Hypnotherapie sind für
viele Patienten wirkungsvolle nicht
pharmakologische Therapieoptionen.
Pathophysiologie
Das Reizdarmsyndrom wird pathogenetisch durch eine Kombination oder
komplexe Interaktion verschiedener
Faktoren erklärt.1 Die wichtigsten Faktoren sind Motilitätsstörungen, eine
Störung der gastrointestinalen Sensorik (viszerale Hypersensitivität) und
psychosoziale Einflüsse. Verschiedene
Motilitätsprobleme können beim Reizdarmsyndrom nachgewiesen werden,
z.B. eine beschleunigte oder verzögerte
KeyPoints
• Eine FODMAP-reduzierte Diät kann bei RDS-Patienten zu einer deutlichen Beschwerdebesserung, v.a. zu einer Reduktion von Blähungen und Diarrhö, führen.
• Eine wirkungsvolle Therapieoption, auch bei bisher therapierefraktärem RDS, stellt
die Hypnotherapie (Einzel- oder Gruppenhypnotherapie) dar.
• Linaclotid (Constella®) ist ein potentes Laxans für Patienten mit schwerem RDS-O;
zudem zeigt die Substanz einen antinozizeptiven Effekt.
• Das Antibiotikum Rifaximin ist mäßig effektiv bei RDS-Patienten ohne Obstipation;
aufgrund der Gefahr der Resistenzentwicklung sollte es restriktiv eingesetzt werden.
JATROS I Seite 42
M. Thumshirn, Basel
intestinale Transitzeit, ein verstärkter
gastrokolischer Reflex mit Diarrhö
nach Mahlzeiten oder eine funktionelle
Defäkationsstörung mit konsekutiver
Obstipation. Die verstärkte Wahrnehmung viszeraler Reize kann durch eine
Herabsetzung der Reizschwelle innerhalb der sensorischen Innervation des
Magen-Darm-Trakts wie auch bei der
Verarbeitung und Wahrnehmung sensibler viszeraler Reize im zentralen
Nervensystem (Hinterhorn des Rückenmarks, ZNS) bedingt sein. Die Wahrnehmungsschwelle für viszerale Reize
wird sowohl durch physischen als auch
psychischen Stress beeinflusst. Viszerale sensible Nerven werden durch
eine Vielzahl osmotischer, chemischer
und mechanischer endoluminaler Stimuli aktiviert. Experimentelle und klinische Studien konnten mehrere dieser
viszeralen Hypersensitivität zugrunde
liegende Mechanismen oder Stimuli
identifizieren. Diese umfassen eine abnorme mukosale Immunreaktion, ausgelöst durch eine Gastroenteritis (postinfektiöses Reizdarmsyndrom), verschiedene diätetische Komponenten (malabsorbierte Zucker wie Laktose und
Fruktose), eine veränderte intestinale
Bakterienflora (Dysbiose) sowie endoluminale Substanzen wie kurzkettige
Fettsäuren und Gallensalze.
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
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• bei abdominellen Schmerzen1, 2, 3
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* Das genaue Anwendungsgebiet von Constella® entnehmen Sie bitte der gültigen Fachinformation. 1. Rao S, Lembo AJ, Shiff SJ, et al. A 12-week, randomized, controlled trial with a 4-week randomized withdrawal period to evaluate the efficacy and safety of linaclotide in irritable bowel syndrome with constipation. Am J Gastroenterol 2012;107(11):1714 – 24 (vs. Placebo). 2. Chey WD, Lembo AJ, Lavins BJ, et al. Linaclotide for irritable bowel syndrome
with constipation: a 26-week, randomized, double-blind, placebo-controlled trial to evaluate efficacy and safety. Am J Gastroenterol 2012;107(11):1702–12 (vs. Placebo). 3. Quigley EM, Tack J, Chey WD, et al. Randomised clinical
trials: linaclotide phase 3 studies in IBS-C - a prespecified further analysis based on European Medicines Agency-specified endpoints. Aliment Pharmacol Ther 2013;37(1):49 – 61 (vs. Placebo). Blähungen und Obstipation waren in
den klinischen Studien sekundäre Endpunkte.
Constella® 290 Mikrogramm Hartkapseln. Rezept- und apothekenpflichtig.
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gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Patienten mit bekannter oder vermuteter mechanischer gastrointestinaler Obstruktion. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung,
Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit und Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Stand der Information: März 2014
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GASTROENTEROLOGIE
Therapie
Grundsätzlich sind den Patienten ein
verständliches pathophysiologisches
Krankheitsmodell und ein Behandlungskonzept zu vermitteln. Individuelle Triggerfaktoren sollten gezielt eruiert und berücksichtigt werden. Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung
und den vorwiegenden Symptomen
sollte ein individueller Therapieplan
erstellt werden. Basis der Behandlung
eines Patienten mit RDS ist das Gespräch. Wichtig ist, den Patienten in
eine Lage zu versetzen, seine Beschwerden besser zu ertragen („coping“), ihm
die Ängste vor einer schweren Erkrankung (v.a. Krebsangst) zu nehmen und
akute Beschwerdesteigerungen medikamentös zu lindern.
Ernährung
Viele Patienten beschreiben eine Zunahme ihrer Beschwerden nach Genuss
bestimmter Nahrungsstoffe (Fett, rohes
Gemüse, Früchte und Milchprodukte).
Echte Nahrungsmittelallergien sind beim
RDS aber sehr selten. FODMAPs (fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole) beinhalten eine Vielzahl von Substanzen, die im Dünndarm nur schlecht absorbiert werden,
sodass sie im distalen Verdauungstrakt
osmotisch wirksam sind oder durch
Bakterien unter Gasbildung fermentiert werden. Zu den FODMAPs gehören kurzkettige Kohlenhydratverbindungen wie Fruktose, Fruktane,
Galaktose und Zuckeraustauschstoffe
wie Sorbit. Mit einer FODMAP-Diät
können insbesondere Blähungen und
Diarrhö verringert werden. Es findet
sich eine zunehmende Evidenz für die
Wirksamkeit einer FODMAP-reduzierten Diät bei Patienten mit RDS. In
einer aktuellen, prospektiven, kontrollierten Cross-over-Studie4 bestätigte eine australische Forschergruppe die gute
Wirksamkeit der Diät. Sie behandelte 30 RDS-Patienten und 8 gesunde
Probanden als Kontrollgruppe über je
3 Wochen mit einer typischen australischen Diät oder einer FODMAParmen Diät. Anhand verschiedener
Skalen wurden RDS-Symptome, Stuhlfrequenz und -gewicht ermittelt. Die
RDS-Patienten gaben unter der FODMAP-reduzierten Diät signifikant weJATROS I Seite 44
REFERAT
niger RDS-Symptome und eine festere
Stuhlkonsistenz an.
Hypnotherapie
Eine spezielle RDS-Hypnotherapie in
Einzelsitzungen erwies sich in mehreren Studien als wirksam. Die Forschungsgruppe von Univ.-Prof. Dr.
Gabriele Moser, Universitätsklinik Wien,
konnte nun zeigen, dass eine Gruppenhypnotherapie zur Behandlung eines
bisher therapierefraktären RDS ebenso
effektiv ist. 100 Patienten wurden randomisiert über 12 Wochen entweder
mit Medikamenten und Gesprächen
oder spezieller Gruppenhypnotherapie
plus Medikamenten und Gesprächen
behandelt. Die Gruppenhypnotherapie
bewirkte eine signifikante Reduktion
der Reizdarmsymptome mit Verbesserung des physischen und psychischen
Wohlbefindens wie auch eine Steigerung der Lebensqualität. Hervorzuheben ist der gute Langzeiteffekt; auch
über 12 Monate nach Therapieabschluss berichteten die Patienten der
Hypnotherapiegruppe über deutlich
weniger Beschwerden als Patienten der
Vergleichsgruppe.5
Medikamentöse Therapie des RDS-O
Beim RDS-O können Ballaststoffe
durch Zunahme des Stuhlvolumens und
Anregung der Darmperistaltik die
Stuhltransitzeit beschleunigen und die
Stuhlkonsistenz verbessern. Der Einsatz von natürlichen (Kleie oder Leinsamen) oder künstlichen Ballaststoffen
bzw. Quellmitteln (Psyllium, Ispaghula,
Mucilaginosa, Pektine) kann jedoch
insbesondere bei RDS mit vorwiegend
Schmerzen oder Blähungen die Beschwerden verstärken. Im Vergleich zu
Faserstoffen wie Kleie werden die
künstlichen Ballaststoffe weniger fermentativ zersetzt und dank der geringeren Gasbildung von Patienten oft
besser akzeptiert. Beim Obstipationstyp kann in hartnäckigen Fällen eine
Kombination mit osmotisch wirkenden
Abführmitteln (Lactulose, Polyethylenglycol) erforderlich werden.
Eine neue Substanz zur Behandlung einer Obstipation ist der hochselektive
5-HT4-Agonist Prucaloprid (Resolor®).6
Für das RDS existieren aber keine
Studiendaten zu diesem Medikament.
Ebenfalls ein neueres Medikament zur
Behandlung der schweren chronischen
Obstipation ist der Chloridkanalaktivator Lubiproston (Amitiza®). Bisher
ist Lubiproston nur in den USA zur
Behandlung des RDS-O7 zugelassen.
Eine neue Therapieoption bei Patienten mit obstipationsdominantem Reizdarmsyndrom ist der GuanylatzyklaseC-Rezeptoragonist Linaclotid (Constella®). Studien zeigten eine deutliche
Verringerung abdomineller Schmerzen
und der Obstipation. Linaclotid (Constella®) ist ein vielversprechendes und
zurzeit das einzige in der EU zugelassene Medikament zur Therapie des
mittelschweren bis schweren RDS-O.
Linaclotid (Constella®) bewirkt durch
direkte Aktivierung der im Darmepithel vorkommenden Guanylatzyklase
C eine lokale Erhöhung der cGMPKonzentration, die wiederum über eine
Aktivierung des CFTR(„cystic fibrosis
transmembrane conductance regulator“)Chloridionenkanals zur Sekretion von
Chlorid, Bikarbonat und Wasser in
das Darmlumen führt. Darüber hinaus
werden der Substanz schmerzlindernde
Eigenschaften zugeschrieben, die aus
einer Beeinflussung der viszeralen Hypersensitivität resultieren, welche wiederum beim RDS eine wesentliche pathogenetische Rolle spielt.
In den placebokontrollierten Zulassungsstudien mit 1.600 Patienten8, 9
kam es unter Therapie mit 290µg Linaclotid tgl. zu einer signifikanten Steigerung der Stuhlfrequenz im Vergleich
zur Placebogruppe. Ebenso berichtete
ein Drittel der Patienten über einen
Rückgang von Blähungen und Abdomenschmerzen. Aufgrund der geringen
oralen Bioverfügbarkeit ist die Wirkung der Substanz fast ausschließlich
auf den Darm beschränkt und deshalb
ohne signifikante Nebenwirkungen, abgesehen von Diarrhö.
Medikamentöse Therapie des RDS-D
Für das Antibiotikum Rifaximin wurde
ein moderater Effekt bei der Behandlung von RDS mit Blähungen und
Diarrhö nachgewiesen. In zwei placebokontrollierten Studien mit gleichem
Design bei insgesamt 1.260 RDS-Patienten ohne Obstipation wurden mit
einer 2-wöchigen Therapie mit RifaInfektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
REFERAT
ximin eine deutliche Beschwerdeabnahme im Vergleich
zu Placebo erzielt.10 Der Effekt hielt in der Behandlungsgruppe bis zu 10 Wochen nach Therapieende an. Ein
Nachweis einer bakteriellen Fehlbesiedelung ist keine Voraussetzung für die Wirksamkeit. Wegen des Fehlens von
Langzeitstudien und der Gefahr der Resistenzentwicklung sollten nicht resorbierbare Antibiotika prinzipiell
zurückhaltend angewendet werden.
Nun kann ich mich
wieder voll und ganz
meiner Familie widmen.*
Dadurch werden
wichtige Momente nicht
mehr zunichte gemacht.2,3,*
Bei diarrhödominantem RDS erwies sich der 5-Hydroxytryptamin-3(5-HT3)-Rezeptorantagonist
Alosetron als effektiv. Wegen schwerwiegender Nebenwirkungen, u.a. ischämischer Kolitis, ist die Substanz
nicht mehr zugelassen. Ein anderer, seit vielen Jahren ohne wesentliche Nebenwirkungen als Antiemetikum eingesetzter 5-HT3-Rezeptorantagonist ist Ondansetron. In einer randomisierten, placebokontrollierten,
doppelblinden Cross-over-Studie wurde Ondansetron
(4mg täglich über 5 Wochen) an 120 Patienten mit RDSD untersucht.11 Ondansetron bewirkte eine signifikante
Abnahme von Blähungen, Stuhldranggefühl und Stuhlfrequenz. Unter Behandlung mit Ondansetron berichteten 65% der Patienten über eine adäquate Besserung
ihrer Symptome, dagegen nur 14% der Patienten unter
■
der Placebobehandlung.
Ich muss nicht mehr ständig
auf die Toilette verschwinden.1
1
Camilleri M: Peripheral mechanisms in irritable bowel syndrome. N Engl J Med
2012; 367(17): 1626-35
2
Layer P et al: S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom. Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Z Gastroenterol 2011; 49: 237-93
3
Longstreth GF et al: Functional bowel disorders. Gastroenterology 2006; 130:
1480-91
4
Halmos EP et al: A diet low in FODMAPs reduces symptoms of irritable bowel
syndrome. Gastroenterology 2014; 146: 67-75
5
Moser G et al: Long-term success of GUT-directed group hypnosis for patients
with refractory irritable bowel syndrome. Am J Gastroenterol 2013; 108: 602-9
6
Camilleri M et al: A placebo-controlled trial of prucalopride for severe chronic
constipation. N Engl J Med 2008; 358: 2344-54
7
Chey WD et al: Safety and patient outcomes with lubiprostone for up to 52
weeks in patients with irritable bowel syndrome with constipation. Aliment
Pharmacol Ther 2012; 35: 587-99
8
Chey WD et al: Linaclotide for irritable bowel syndrome with constipation. Am J
Gastroenterol 2012; 107: 1702-12
9
Rao S et al: A 12-week, randomized, controlled trial with a 4-week randomized
withdrawal period to evaluate the efficacy and safety of linaclotide in irritable
bowel syndrome with constipation. Am J Gastroenterol 2012; 107: 1714-24
10
Pimentel M et al: Rifaximin therapy for patients with irritable bowel syndrome
without constipation. N Engl J Med 2011; 364: 22-32
11
Garsed K et al: A randomised trial of ondansetron for the treatment of irritable
bowel syndrome with diarrhoea. Gut 2014; 63: 1617-25
Autorin:
Priv.-Doz. Dr. Miriam Thumshirn
Chefärztin Bauchzentrum
Abteilung Gastroenterologie
St. Claraspital Basel
E-Mail: [email protected]
■02
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
ATHUG140664a-151214
Literatur:
HUMIRA® – Ein vertrauter Weg
bei Colitis Ulcerosa
Referenzen:
1 Sandborn WJ et al. Inflamm Bowel Dis 2011; 17(S2):S4 2 Rubin DT et al. Dig Dis Sci 2010; 55:1044-52
3 Sandborn WJ et al. Gastroenterology 2011; 140(5): S-263. *Der Therapieerfolg kann individuell variieren.
Fachkurzinformation auf Seite 50
XY.
GASTROENTEROLOGIE
KONGRESS
Update Gastroenterologie-Stoffwechsel
Highlights aus der
gastrointestinalen Onkologie
In den letzten Jahrzehnten konnte das Fünfjahresüberleben von Krebspatienten erfreulicherweise deutlich gesteigert werden. Derzeit überleben
66% aller Patienten mit onkologischen Diagnosen 5 Jahre oder länger.
Das entspricht einer 25- bis 50%igen Steigerung über die letzten 20 Jahre.
Neben einer gesünderen Lebensweise und verbesserten Vorsorgemöglichkeiten hat hier auch der generelle Zugang zu neuen Therapien einen wesentlichen Stellenwert. Wesentliche Highlights in der gastrointestinalen Onkologie sind neue Zytostatika, neue Therapiekonzepte, molekulare Typisierung
sowie der Einsatz neuer Biologika.
Neue Zytostatika
Auch wenn in den letzten Jahren keine
wesentlich neuen Zytostatika entwickelt wurden, ist ein Highlight des
vergangenen Jahres die Einführung von
Nab-Palitaxel in der Therapie des
metastasierten Adenokarzinoms des
Pankreas. Bei Nab-Paclitaxel handelt
es sich um ein an Albumin-Nanopartikel gebundenes Paclitaxel, das in der
Therapie des Mammakarzinoms schon
seit 2008 zum Einsatz kommt. Durch
die Albuminbindung ist eine Akkumulation von Paclitaxel in der Tumorzelle
zu erreichen. In der MPACT-Studie,
einer randomisierten Phase-III-Studie,
wurde bei Patienten mit metastasiertem Adenokarzinom des Pankreas
Gemcitabin gegenüber Gemcitabin und
Nab-Paclitaxel untersucht. 842 Patienten wurden randomisiert. Durch die
Zugabe von Nab-Paclitaxel konnte das
mediane Gesamtüberleben von 6,7 auf
8,5 Monate gesteigert werden; das entspricht einer HR von 0,72 und ist statistisch hochsignifikant (p=0,000015).
Auch das progressionsfreie Überleben
und die Ansprechrate konnten erhöht
werden. Dabei ist die Toxizität im Ver-
KeyPoints
• Magenkarzinom: Zweitlinientherapie etabliert; Ramucirumab plus/minus Paclitaxel
als Option
• mCRC: Patientenselektion durch Testung des pan-RAS-Wildtyps obligat; beste Erstlinientherapie derzeit nach wie vor nicht geklärt; Individualisierung der Therapie:
Für einzelne Patienten kann Erhaltungstherapie probates Konzept darstellen
• Pankreaskarzinom: Gemcitabin plus Nab-Paclitaxel neue Option für Patienten mit
metastasiertem Pankreaskarzinom
• HCC: keine adjuvante Therapie etabliert
JATROS I Seite 46
E. Wöll, Zams
gleich zum Kontrollarm etwas erhöht,
insbesondere was periphere Neutropenien, die Diarrhörate und Fatigue
betrifft. Es ist dies die erste Studie,
die eine Verbesserung des Gesamtüberlebens durch Zugabe eines Zytostatikums zu Gemcitabin zeigen konnte.
Insgesamt hat diese praktikable Kombinationstherapie Eingang in das Therapiekonzept des metastasierten Pankreaskarzinoms gefunden.
Neue Therapiekonzepte
Grundsätzlich können fixe Therapiezeiten mit anschließender Therapiepause einer verlängerten Therapie oder
Erhaltungstherapie gegenübergestellt
werden. Vorteile eines Erhaltungstherapiekonzeptes wären eine mögliche
Verlängerung der Zeit bis zur Progression und damit gegebenenfalls eine
Verbesserung der Lebensqualität mit
einer späteren Zweitlinientherapie sowie gegebenenfalls einem verlängerten
Gesamtüberleben. Auch die Möglichkeit
von zusätzlichen Therapielinien könnte
ein Vorteil sein. Zu den möglichen
Nachteilen zählt neben der Toxizität
und den Kosten auch eine etwaige
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
GASTROENTEROLOGIE
KONGRESS
Resistenzentwicklung (Abb. 1). Bezüglich des metastasierten kolorektalen
Karzinoms (mCRC) liegen mehrere
randomisierte Studien vor, die eine Erhaltungstherapie mit einer Observation vergleichen. Beim ASCO-GI 2014
konnten die definitiven Ergebnisse der
CAIRO-3-Studie präsentiert werden. Es
wurden 558 Patienten mit mCRC randomisiert. Sie erhielten sechs Zyklen
XELOX (Capecitabin und Oxaliplatin)
plus Bevacizumab. Bei stabiler Erkrankung oder besserem Ansprechen wurden sie in einen Observationsarm oder
einen Erhaltungstherapiearm mit Bevacizumab und Capecitabin randomisiert.
Bei Progredienz wurde in beiden Armen
wieder Bevacizumab und XELOX appliziert. Primärer Endpunkt war die
Zeit bis zur weiteren Progression nach
Reinduktionstherapie. Dabei konnte für
die Erhaltungstherapie ein deutlicher
Vorteil in diesem Endpunkt gezeigt werden (11,7 vs. 8,5 Monate). Im gesamten Überleben zeigte sich jedoch kein
statistischer Vorteil. Die Lebensqualität
blieb dabei erhalten. Als generelles Therapiekonzept kann die Erhaltungstherapie somit nicht angesehen werden.
Für ausgewählte Patienten ist sie jedoch ein probates Konzept, um eine
Verlängerung des progressionsfreien
Überlebens und allenfalls die Option
für zusätzliche Therapielinien bei reduzierter Toxizität zu ermöglichen.
Auch die Therapie über den Progress
hinaus ist eine neue Therapiestrategie, die im letzten Jahr im Rahmen
der TML-Studie präsentiert wurde.
Hier wurde Bevacizumab in Kombination mit einer Erstlinienchemotherapie (Oxaliplatin- oder Irinotecanbasiert) durchgeführt. Bei Progredienz
wurde Bevacizumab beibehalten und
es wurde auf das alternative Chemotherapieprotokoll gewechselt. Hier
konnte neuerlich ein Ansprechen erreicht werden. Dies deutet gemeinsam
mit den Daten für Regorafenib und
Aflibercept darauf hin, dass auch bei
Progression nach antiangiogenetischer
Therapie ein weiteres antiangiogenetisches Therapiekonzept angeschlossen
werden kann. Auch dadurch kann das
Armamentarium der therapeutischen
Optionen erweitert werden.
Biological und molekulare Typisierung
Beim mCRC stehen mit Cetuximab
und Panitumumab zwei monoklonale Antikörper zur Verfügung, die
den EGFR-Weg hemmen können. Bereits seit Langem ist klar, dass eine
Mutation im Exon 2 des KRAS-Gens
ein Ansprechen auf diese monoklonalen Antikörper vereitelt und Patienten, die im Exon-2-KRAS mutiert
sind, daher diese Therapie nicht erhalten sollten. Post-hoc-Analysen haben
PR: partial response; SD: stable disease; CR: complete remission; PD: progressive disease; OS: overall survival;
TTP: time to progression
Abb. 1
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
nun gezeigt, dass auch Mutationen
in weiteren Exons des KRAS-Gens
(Exon 3 und Exon 4) sowie Mutationen im NRAS-Gen als negativ-prädiktive Marker eingesetzt werden können.
Aus der PRIME-Studie ergeben sich
somit 17% weitere Patienten mit RASMutationen, was insgesamt bei 59%
eines mCRC-Patientenkollektivs eine
pan-RAS-Mutationssituation darstellt.
Diese Patienten profitieren nicht von
einer Anti-EGFR-Therapie, in einigen
Studien ist diese sogar mit einem negativen Effekt behaftet. Ähnliche Ergebnisse wurden auch durch weitere
Studien bestätigt, sodass die Testung
auf einen all-RAS- (oder pan-RAS-)
Wildtyp vor dem Einsatz einer AntiEGFR-Therapie als obligat angesehen
werden muss. Lediglich Patienten mit
all-RAS-Wildtyp profitieren bei mCRC
von einer Anti-EGFR-Therapie mit
Panitumumab oder Cetuximab.
Auch für das Magenkarzinom konnte
durch Analyse des Genoms eine neue
molekulare Typisierung erfolgen. Es
wird ein chromosomal instabiler Tumor von einem genomisch stabilen
Tumor sowie einem Tumor mit Mikrosatelliteninstabilität und einem EBVassoziierten Tumor unterschieden. Inwieweit diese molekulare Typisierung
Eingang in eine Therapieprädiktion
findet, wird sich erst in Zukunft zeigen. Bereits nachgewiesen ist der Effekt
einer Anti-VEGFR-Therapie beim Magenkarzinom. Dies ergaben zwei große
randomisierte Studien mit dem gegen
VEGFR gerichteten Antikörper Ramucirumab, deren Outcomes in den letzten Jahren vorgestellt wurden (Abb. 2).
In der REGARD-Studie wurde in der
Zweitlinientherapie beim Magenkarzinom Ramucirumab gegen die beste
unterstützende Therapie untersucht.
Auch wenn diese Daten unvollständig
sind, zeigten sich hier eine statistisch
signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens und des progressionsfreien
Überlebens sowie tendenziell eine
Verbesserung der Lebensqualität. Mit
Spannung wurden die Ergebnisse der
RAINBOW-Studie erwartet, die 2014
vorgestellt wurden. In dieser Studie
wurde ebenfalls in der Zweitlinie beim
metastasierten Magenkarzinom eine
etablierte Zweitlinientherapie mit PacSeite 47 I JATROS
GASTROENTEROLOGIE
KONGRESS
Therapie bereits Eingang in die Zweitlinientherapie des Magenkarzinoms
gefunden hat.
Negative Ergebnisse wurden in der adjuvanten Therapie des hepatozellulären
Karzinoms (HCC) im Hinblick auf
Biologika vorgestellt. Die lange erwarteten Ergebnisse der STORM-Studie,
die Sorafenib 400mg in der adjuvanten
Therapie bei operiertem oder radiofrequenzablatiertem HCC untersucht
hat, fielen, bei deutlich erhöhter Toxizität, bezüglich der primären und sekundären Endpunkte leider negativ
aus. Für das HCC ist daher derzeit
keine adjuvante Therapie etabliert. ■
Literatur beim Verfasser
Abb. 2
litaxel randomisiert um Ramucirumab
erweitert. Dadurch konnte sich eine
beeindruckende Verbesserung der Gesamtüberlebenszeit um 2 bis 3 Monate
(HR: 0,807; p=0,0169) erreichen las-
Autor:
Prim. Univ.-Prof. Dr. Ewald Wöll
Abteilung für Innere Medizin,
Krankenhaus St. Vinzenz Zams
E-Mail: [email protected]
■0215
sen. Auch die sekundären Endpunkte
des progressionsfreien Überlebens und
der Ansprechrate wurden durch die
Zugabe von Ramucirumab zu Paclitaxel deutlich verbessert, sodass diese
Eine aktuelle Publikation von Colombel et al im „American Journal of Gastroenterology“ vom November 2014
berichtet über neue Langzeitdaten zur Wirksamkeit und Sicherheit von Adalimumab bei Patienten mit mittelschwerer
bis schwerer aktiver Colitis ulcerosa.1 Es werden Daten aus bis zu 4 Jahren für mit Adalimumab behandelte Patienten
aus den Studien ULTRA 1 und 2 sowie der offenen Fortsetzungsstudie ULTRA 3 vorgestellt.
Insgesamt wurden 600 von den 1.094 in die
Studien ULTRA 1 und 2 aufgenommenen Patienten in die Behandlungsgruppen mit Adalimumab randomisiert und in die Intent-to-Treat(ITT-)Analysen der Studien einbezogen. Davon
wendeten 199 Patienten nach 4 Jahren der
Nachbeobachtung noch Adalimumab an. In
Woche 208 lagen die Remission gemäß partiellem Mayo-Score bei 24,7%, die Remission
gemäß IBDQ-Score bei 26,3%, die Mukosaheilung bei 27,7% (NRI) und das Absetzen
der Kortikosteroide bei 59,2% („as observed“).
Colombel et al zeigen die Aufrechterhaltung
von Remission und Mukosaheilung unter langfristiger Adalimumab-Therapie über bis zu
JATROS I Seite 48
4 Jahre. So zeigen die Autoren, dass die auf dem
partiellen Mayo-Score basierende klinische Remission der Patienten (n=242), die bei Eintritt
in ULTRA 3 bereits in Remission waren, auch
bei etwa vier von fünf Patienten über drei
Jahre aufrechterhalten werden konnte. Eine
LOCF-Analyse zeigte Werte zwischen 86,4%
(Woche 8) und 78,1% (Woche 144) zu allen
Messzeitpunkten bis Woche 156. Die Mukosaheilung wurde nach den Studien ULTRA 1 oder
2 bis zum dritten Jahr der ULTRA-3-Studie von
59,9% der Patienten aufrechterhalten (NRI).
Von den Patienten, die in der ULTRA-3-Studie
nachbeobachtet wurden (588/1.094), wendeten
insgesamt 360 Patienten 3 Jahre später noch
Adalimumab an. Die Raten unerwünschter Ereignisse blieben über diesen Zeitraum stabil.
Colombel et al leiten aus den ULTRA-3-Studienergebnissen folgende neue Erkenntnisse zur
Langzeitbehandlung mit Humira® über 4 Jahre
in der UC ab:
- Erhaltung der Remission und der mukosalen
Heilungsraten
- geringe Kolektomie- und Hospitalisierungsraten
- verbesserte Lebensqualität
■
Literatur:
1
Colombel JF et al: Am J Gastroenterol August 2014;
doi:10.1038/ajg.2014.242
Weitere Informationen:
AbbVie GmbH
Dr. med. Nadja Walder
Medical Manager
Lemböckgasse 61, 3. OG, 1230 Wien
Tel.: 01/205 89-359
E-Mail: [email protected]
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
Entgeltliche Einschaltung
ULTRA-3-Ergebnisse
ATHUG150059a-27012015
Erhaltungstherapie über 4 Jahre
Fachkurzinformation siehe Seite 50
Neue Daten zu Humira® bei der mittelschweren bis schweren aktiven UC
INFEKTIOLOGIE
FACHKURZINFORMATIONEN
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 22
VIREAD® 245 mg Filmtabletten. Pharmakotherapeutische Gruppe: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung; Nukleosid- und Nukleotid-Reverse-Transkriptase-Hemmer, ATC Code: J05AF07. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette
enthält 245 mg Tenofovirdisoproxil (als Fumarat). Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Tablette enthält 164 mg Lactose (als Monohydrat). Sonstige Bestandteile: Tablettenkern: Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat (E572),
Mikrokristalline Cellulose (E460), Stärke, vorverkleistert Tablettenfilm: Triacetin (E1518), Hypromellose (E464), Indigocarmin-Aluminiumsalz (E132), Lactose-Monohydrat, Titandioxid (E171). Anwendungsgebiete: • HIV 1 Infektion: Viread 245 mg Filmtabletten werden
in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung HIV 1 infizierter Erwachsener angewendet. Bei Erwachsenen basiert der Beleg des klinischen Nutzens von Viread zur Behandlung einer HIV 1 Infektion auf Ergebnissen einer Studie bei nicht
vorbehandelten Patienten, einschließlich Patienten mit einer hohen Viruslast (> 100.000 Kopien/ml), und Studien bei antiretroviral vorbehandelten Patienten mit frühem virologischem Versagen (< 10.000 Kopien/ml, bei den meisten Patienten < 5.000 Kopien/ml).
Viread wurde von den vorbehandelten Patienten dabei zusätzlich zu einer stabilen antiretroviralen Kombinationstherapie (hauptsächlich Dreifach-Kombination) eingenommen. Viread 245 mg Filmtabletten werden auch zur Behandlung HIV 1 infizierter Jugendlicher
im Alter von 12 bis < 18 Jahren angewendet, bei denen der Einsatz von First-Line-Arzneimitteln aufgrund einer Resistenz gegenüber NRTI oder aufgrund von Unverträglichkeiten ausgeschlossen ist. Die Entscheidung für Viread zur Behandlung von antiretroviral
vorbehandelten Patienten mit HIV 1 Infektion sollte auf viralen Resistenztests und/oder der Behandlungshistorie der einzelnen Patienten basieren. • Hepatitis B Infektion: Viread 245 mg Filmtabletten werden angewendet für die Behandlung chronischer Hepatitis B
bei Erwachsenen mit: - kompensierter Lebererkrankung mit nachgewiesener aktiver viraler Replikation, dauerhaft erhöhten Alaninaminotransferase- (ALT )Werten im Serum und histologischem Nachweis einer aktiven Entzündung und/oder Fibrose; - nachgewiesenem
Lamivudin-resistenten Hepatitis-B-Virus; - dekompensierter Lebererkrankung. Viread 245 mg Filmtabletten werden angewendet für die Behandlung chronischer Hepatitis B bei Jugendlichen im Alter von 12 bis < 18 Jahren mit: - kompensierter Lebererkrankung
und nachgewiesener immunaktiver Erkrankung, d.h. aktiver viraler Replikation, dauerhaft erhöhten Serum-ALT-Werten und histologischem Nachweis einer aktiven Entzündung und/oder Fibrose. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen
der sonstigen Bestandteile. Inhaber der Zulassung: Gilead Sciences International Limited, Cambridge, CB21 6GT, Vereinigtes Königreich. NR, apothekenpflichtig. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen,
Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation. Stand der Information: Juli 2014
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 25 und Pharma-News auf Seite 26
BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS: Viekirax 12,5 mg/75 mg/50 mg Filmtabletten. ZUSAMMENSETZUNG: Jede Filmtablette enthält 12,5 mg Ombitasvir, 75 mg Paritaprevir und 50 mg Ritonavir.. ANWENDUNGSGEBIETE: Viekirax wird in Kombination mit anderen
Arzneimitteln zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC) bei Erwachsenen angewendet (siehe Abschnitte 4.2, 4.4 und 5.1 der Fachinformation). Zur spezifischen Aktivität gegen die verschiedenen Genotypen des Hepatitis-C-Virus (HCV) siehe Abschnitte 4.4
und 5.1 der Fachinformation. GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegen einen der Wirkstoffe oder einen der sonstigen Bestandteile. Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh C). Anwendung ethinylestradiolhaltiger Arzneimittel wie etwa die in
den meisten oralen Kombinationskontrazeptiva oder kontrazeptiven Vaginalringen enthaltenen.Arzneimittel, deren Abbau und Ausscheidung stark von CYP3A abhängen und bei denen ein erhöhter Wirkstoffspiegel im Plasma mit schwerwiegenden Ereignissen vergesellschaftet ist, dürfen nicht zusammen mit Viekirax verabreicht werden. Beispiele für CYP3A4-Substrate sind: Alfuzosinhydrochlorid, Amiodaron, Astemizol, Terfenadin, Chinidin, Cisaprid, Colchicin bei Patienten mit Nieren- oder Leberfunktionsstörung, Ergotamin,
Dihydroergotamin, Ergometrin, Methylergometrin, Fusidinsäure, Lovastatin, Simvastatin, Atorvastatin, oral angewendetes Midazolam oder Triazolam, Pimozid, Quetiapin, Salmeterol, Sildenafil (bei Behandlung einer pulmonalen arteriellen Hypertonie), Ticagrelor. Bei
gleichzeitiger Anwendung von Viekirax mit oder ohne Dasabuvir mit Arzneimitteln, die starke oder moderate Enzyminduktoren sind, ist zu erwarten, dass die Plasmakonzentrationen von Ombitasvir, Paritaprevir und Ritonavir sinken und ihre therapeutische Wirkung
reduziert ist; sie dürfen nicht zusammen angewendet werden. Beispiele kontraindizierter starker oder moderater Enzyminduktoren sind: Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Efavirenz, Nevirapin, Etravirin, Enzalutamid, Johanniskraut (Hypericum perforatum),
Mitotan, Rifampicin. Bei gleichzeitiger Anwendung von Viekirax mit oder ohne Dasabuvir mit Arzneimitteln, die starke Inhibitoren von CYP3A4 sind, ist zu erwarten, dass die Plasmakonzentrationen von Paritaprevir ansteigen; sie dürfen daher nicht zusammen
mit Viekirax angewendet werden. Beispiele kontraindizierter starker CYP3A4-Inhibitoren sind: Clarithromycin, Telithromycin, Cobicistat, Conivaptan, Indinavir, Lopinavir/Ritonavir, Saquinavir, Tipranavir, Itraconazol, Ketoconazol, Posaconazol, Voriconazol. SONSTIGE
BESTANDTEILE: Tablettenkern: Copovidon, Tocofersolan, Propylenglykolmonolaurat, Sorbitanlaurat, Hochdisperses Siliciumdioxid (E 551), Natriumstearylfumarat. Filmüberzug: Poly(vinylalkohol) (E 1203), Polyethylenglykol 3350, Talkum (E 553b), Titandioxid (E 171),
Eisen(III)-oxid (E 172). NAME UND ANSCHRIFT DES PHARMAZEUTISCHEN UNTERNEHMERS: AbbVie Ltd, Maidenhead, SL6 4XE, Vereinigtes Königreich. VERSCHREIBUNGSPFLICHT/APOTHEKENPFLICHT: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten.
PHARMAKOTHERAPEUTISCHE GRUPPE: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung; direkt wirkende antivirale Mittel, ATC-Code: noch nicht zugewiesen. Informationen zu besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. STAND DER INFORMATION: 01/2015
BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS: Exviera 250 mg Filmtabletten. ZUSAMMENSETZUNG: Jede Filmtablette enthält 250 mg Dasabuvir (als Natrium-Monohydrat). Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung: Jede Filmtablette enthält 44,94 mg Lactose (als Monohydrat). ANWENDUNGSGEBIETE: Exviera wird in Kombination mit anderen Arzneimitteln zur Behandlung der chronischen Hepatitis C (CHC) bei Erwachsenen angewendet (siehe Abschnitte 4.2, 4.4 und 5.1 der Fachinformation). Zur spezifischen Aktivität gegen die
verschiedenen Genotypen des Hepatitis-C-Virus (HCV) siehe Abschnitte 4.4 und 5.1 der Fachinformation. GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Anwendung ethinylestradiolhaltiger Arzneimittel wie etwa
die in den meisten oralen Kombinationskontrazeptiva oder kontrazeptiven Vaginalringen enthaltenen. Bei gleichzeitiger Anwendung von Exviera mit Arzneimitteln, die starke oder moderate Enzyminduktoren sind, ist zu erwarten, dass die Dasabuvir-Plasmakonzentrationen sinken und seine therapeutische Wirkung reduziert ist. Beispiele kontraindizierter Induktoren sind Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Efavirenz, Nevirapin, Etravirin, Enzalutamid, Johanniskraut (Hypericum perforatum), Mitotan, Rifampicin. Arzneimittel
mit starken CYP2C8-hemmenden Eigenschaften können zu einer erhöhten Plasmakonzentration von Dasabuvir führen und dürfen nicht zusammen mit Exviera verabreicht werden. Ein Beispiel kontraindizierter CYP2C8-Inhibitoren ist Gemfibrozil. Exviera wird zusammen mit Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir angewendet. Zu den Kontraindikationen für Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir siehe die entsprechende Fachinformation. SONSTIGE BESTANDTEILE: Tablettenkern: Mikrokristalline Cellulose (E 460(i)), Lactose-Monohydrat,
Copovidon, Croscarmellose-Natrium, Hochdisperses Siliciumdioxid (E 551), Magnesiumstearat (E 470b). Filmüberzug: Poly(vinylalkohol) (E 1203), Titandioxid (E 171), Polyethylenglycol 3350, Talkum (E 553b), Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O (E 172), Eisen(III)-oxid
(E 172), Eisen(II,III)-oxid (E 172). NAME UND ANSCHRIFT DES PHARMAZEUTISCHEN UNTERNEHMERS: AbbVie Ltd, Maidenhead, SL6 4XE, Vereinigtes Königreich. VERSCHREIBUNGSPFLICHT/APOTHEKENPFLICHT: Rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe
verboten. PHARMAKOTHERAPEUTISCHE GRUPPE: Antivirale Mittel zur systemischen Anwendung; direkt wirkende antivirale Mittel, ATC-Code: noch nicht zugewiesen. Informationen zu besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung,
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. STAND DER INFORMATION: 01/2015
Fachkurzinformation zu Artikel auf Seite 37
Entyvio® 300mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. ▼ Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit. Angehörige von Gesundheitsberufen sind
aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden. Qualitative und Quantitative Zusammensetzung: Jede Durchstechflasche enthält 300mg Vedolizumab. Nach Rekonstitution enthält 1ml Infusionslösung 60mg Vedolizumab. Vedolizumab, ein humanisierter
monoklonaler IgG1-Antikörper, produziert in Ovarialzellen des chinesischen Hamsters (CHO-Zellen), bindet an das humane 47-Integrin. Liste der sonstigen Bestandteile: L-Histidin, L-Histidin-Monohydrochlorid, L-Arginin-Hydrochlorid, Saccharose, Polysorbat 80. Anwendungsgebiete: Colitis ulcerosa: Entyvio ist indiziert für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer aktiver Colitis ulcerosa, die entweder auf konventionelle Therapie oder einen der Tumornekrosefaktor-alpha (TNF)-Antagonisten unzureichend
angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträglichkeit gegen eine entsprechende Behandlung aufweisen. Morbus Crohn: Entyvio ist indiziert für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit mittelschwerem bis schwerem aktiven Morbus Crohn, die
entweder auf konventionelle Therapie oder einen der Tumornekrosefaktor-alpha (TNF)-Antagonisten unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder eine Unverträglichkeit gegen eine entsprechende Behandlung aufweisen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Aktive schwere Infektionen wie Tuberkulose, Sepsis, Cytomegalievirus, Listeriose und opportunistische Infektionen, wie z.B. progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML). Pharmakotherapeutische
Gruppe: Immunsuppressiva, selektive Immunsuppressiva, ATC-Code: L04AA33. Inhaber der Zulassung: Takeda Pharma A/S, Dybendal Alle 10, 2630 Taastrup, Dänemark. Abgabe: rezept- und apothekenpflichtig. Informationen zu Besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. [04. 2014]
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 45 und Pharma-News auf Seite 48
BEZEICHNUNG DES ARZNEIMITTELS: Humira 40 mg Injektionslösung im vorgefüllten Pen (Injektor, vorgefüllt/FertigPEN) ZUSAMMENSETZUNG: Jede Einzeldosis mit 0,8 ml des vorgefüllten Pens enthält 40 mg Adalimumab. Adalimumab ist ein rekombinanter humaner monoklonaler Antikörper, der in Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters exprimiert wird. ANWENDUNGSGEBIETE: Rheumatoide Arthritis: Humira ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur Behandlung der mäßigen bis schweren aktiven rheumatoiden
Arthritis bei erwachsenen Patienten, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika einschließlich Methotrexat angesprochen haben. Behandlung der schweren, aktiven und progressiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, die zuvor nicht
mit Methotrexat behandelt worden sind. Humira kann im Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung mit Methotrexat nicht sinnvoll ist, als Monotherapie angewendet werden. Humira reduziert in Kombination mit
Methotrexat das Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren strukturellen Gelenkschädigungen und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Juvenile idiopathische Arthritis: Polyartikuläre juvenile idiopathische Arthritis: Humira ist in Kombination mit
Methotrexat indiziert zur Behandlung der aktiven polyartikulären juvenilen idiopathischen Arthritis bei Patienten ab dem Alter von 2 Jahren, die nur unzureichend auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) angesprochen haben.
Humira kann im Falle einer Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat, oder wenn die weitere Behandlung mit Methotrexat nicht sinnvoll ist, als Monotherapie angewendet werden. Bei Patienten, die jünger als 2 Jahre sind, wurde Humira nicht untersucht. Enthesitisassoziierte Arthritis: Humira ist zur Behandlung der aktiven Enthesitis-assoziierten Arthritis bei Patienten indiziert, die 6 Jahre und älter sind und die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegenüber
einer solchen Therapie haben. Axiale Spondyloarthritis: Ankylosierende Spondylitis (AS): Humira ist indiziert zur Behandlung der schweren aktiven ankylosierenden Spondylitis bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie angesprochen
haben. Axiale Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis einer AS: Humira ist indiziert zur Behandlung der schweren axialen Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis einer AS, aber mit objektiven Anzeichen der Entzündung durch erhöhtes CRP und/oder MRT, bei
Erwachsenen, die nur unzureichend auf nicht-steroidale Antirheumatika angesprochen haben oder bei denen eine Unverträglichkeit gegenüber diesen vorliegt. Psoriasis Arthritis: Humira ist indiziert zur Behandlung der aktiven und progressiven Psoriasis-Arthritis
(Arthritis psoriatica) bei Erwachsenen, die nur unzureichend auf eine vorherige Basistherapie angesprochen haben. Humira reduziert das Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren strukturellen Schädigungen der peripheren Gelenke bei Patienten mit polyartikulären symmetrischen Subtypen der Erkrankung und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. Psoriasis: Humira ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren chronischen Plaque-Psoriasis bei erwachsenen Patienten, die auf eine andere systemische Therapie, wie Ciclosporin, Methotrexat oder PUVA, nicht angesprochen haben oder bei denen eine Kontraindikation oder Unverträglichkeit gegenüber einer solchen Therapie vorliegt. Morbus Crohn: Humira ist indiziert zur Behandlung des mittelschweren bis
schweren, aktivenMorbus Crohn bei erwachsenen Patienten, die trotz einer vollständigen und adäquaten Therapie mit einem Glukokortikoid und/oder einem Immunsuppressivum nicht ausreichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegenüber
einer solchen Therapie haben oder bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist. Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen: Humira ist indiziert zur Behandlung des schweren, aktiven Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen (ab dem Alter von 6 Jahren),
die nur unzureichend auf eine konventionelle Therapie, einschließlich primärer Ernährungstherapie, einem Glukokortikoid und einem Immunsuppressivum, angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegenüber einer solchen Therapie haben oder bei denen
eine solche Therapie kontraindiziert ist. Colitis ulcerosa: Humira ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa bei erwachsenen Patienten, die auf die konventionelle Therapie, einschließlich Glukokortikoide und 6-Mercaptopurin
(6-MP) oder Azathioprin (AZA), unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit gegen eine solche Therapie haben oder bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist. GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der
sonstigen Bestandteile. Aktive Tuberkulose oder andere schwere Infektionen wie Sepsis und opportunistische Infektionen, mäßige bis schwere Herzinsuffizienz (NYHA Klasse III/IV). SONSTIGE BESTANDTEILE: Mannitol (Ph. Eur.), Citronensäure-Monohydrat, Natriumcitrat, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, Natriummonohydrogenphosphat-Dihydrat, Natriumchlorid, Polysorbat 80, Natriumhydroxid, Wasser für Injektionszwecke NAME UND ANSCHRIFT DES PHARMAZEUTISCHEN UNTERNEHMERS: AbbVie Ltd, Maidenhead,
SL6 4XE, Vereinigtes Königreich VERTRETUNG DES ZULASSUNGSINHABERS IN ÖSTERREICH: AbbVie GmbH, Wien VERSCHREIBUNGSPFLICHT/APOTHEKENPFLICHT: NR, apothekenpflichtig. PHARMAKOTHERAPEUTISCHE GRUPPE: Selektive Immunsuppressiva.
ATC-Code: L04AB04 Informationen zu besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, Nebenwirkungen und Gewöhnungseffekten sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. STAND DER INFORMATION: 09/2014
Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 52
Bezeichnung des Arzneimittels: Remicade 100 mg Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Qualitative und Quantitative Zusammensetzung Jede Durchstechflasche enthält 100 mg Infliximab. Infliximab ist ein chimärer, human-muriner
monoklonaler IgG1-Antikörper, der mittels rekombinanter DNA-Technologie in murinen Hybridomzellen hergestellt wird. Nach Rekonstitution enthält jeder ml 10 mg Infliximab. Liste der sonstigen Bestandteile: Sucrose, Polysorbat 80, Natriumdihydrogenphosphat, Dinatriumhydrogenphosphat. Anwendungsgebiete: Rheumatoide Arthritis : Remicade ist in Kombination mit Methotrexat indiziert zur: Reduktion der Symptomatik und Verbesserung der körperlichen Funktionsfähigkeit bei: • erwachsenen Patienten mit
aktiver Erkrankung, die nur unzureichend auf krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs), einschließlich Methotrexat, angesprochen haben. • Methotrexat-naive, erwachsene Patienten oder erwachsene Patienten, die nicht mit anderen DMARDs vorbehandelt wurden, mit schwergradiger, aktiver und fortschreitender Erkrankung. Bei diesen Patienten wurde anhand von radiologischen Untersuchungen eine Reduktion der Progressionsrate der Gelenkschäden nachgewiesen. Morbus Crohn bei Erwachsenen:
Remicade ist indiziert zur: • Behandlung eines mäßig- bis schwergradig aktiven Morbus Crohn bei erwachsenen Patienten, die trotz eines vollständigen und adäquaten Therapiezyklus mit einem Kortikosteroid und/oder einem Immunsuppressivum nicht angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikationen für solche Therapien haben. • Behandlung von aktivem Morbus Crohn mit Fistelbildung bei erwachsenen Patienten, die trotz eines vollständigen und adäquaten Therapiezyklus mit einer
konventionellen Behandlung (einschließlich Antibiotika, Drainage und immunsuppressiver Therapie) nicht angesprochen haben. Morbus Crohn bei Kindern und Jugendlichen: Remicade ist indiziert zur Behandlung eines schwergradigen, aktiven Morbus Crohn bei
Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren, die nicht auf eine konventionelle Therapie einschließlich einem Kortikosteroid, einem Immunmodulator und einer primären Ernährungstherapie angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder
Kontraindikationen für solche Therapien haben. Remicade wurde nur in Kombination mit einer konventionellen immunsuppressiven Therapie untersucht. Colitis ulcerosa: Remicade ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis
ulcerosa bei erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6-Mercaptopurin (6-MP) oder Azathioprin (AZA), unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für solche
Therapien haben. Colitis ulcerosa bei Kindern und Jugendlichen: Remicade ist indiziert zur Behandlung der schweren aktiven Colitis ulcerosa bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 17 Jahren, die auf eine konventionelle Therapie, einschließlich Kortikosteroide und 6-MP oder AZA, unzureichend angesprochen haben oder die eine Unverträglichkeit oder Kontraindikation für solche Therapien haben. Ankylosierende Spondylitis: Remicade ist indiziert zur Behandlung der schwerwiegenden, aktiven ankylosierenden
Spondylitis bei erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie unzureichend angesprochen haben. Psoriasis-Arthritis: Remicade ist indiziert zur Behandlung der aktiven und fortschreitenden Psoriasis-Arthritis bei erwachsenen Patienten, wenn deren
Ansprechen auf eine vorhergehende krankheitsmodifizierende, antirheumatische Arzneimitteltherapie (DMARD-Therapie) unzureichend gewesen ist. Remicade sollte verabreicht werden - in Kombination mit Methotrexat - oder als Monotherapie bei Patienten, die
eine Unverträglichkeit gegenüber Methotrexat zeigen oder bei denen Methotrexat kontraindiziert ist. Remicade verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit bei Patienten mit Psoriasis-Arthritis und reduziert die Progressionsrate peripherer Gelenkschäden, wie
radiologisch bei Patienten mit polyartikulärem symmetrischem Subtyp der Krankheit belegt wurde. Psoriasis: Remicade ist indiziert zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Psoriasis vom Plaque-Typ bei erwachsenen Patienten, die auf eine andere systemische Therapie, einschließlich Ciclosporin, Methotrexat oder PUVA, nicht angesprochen haben, bei denen eine solche Therapie kontraindiziert ist oder nicht vertragen wird. Gegenanzeigen: Patienten, bei denen aus der Anamnese eine Überempfindlichkeit
gegenüber Infliximab, gegenüber anderen murinen Proteinen oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile bekannt ist. Patienten mit Tuberkulose oder anderen schweren Infektionen wie Sepsis, Abszessen und opportunistischen Infektionen.
Patienten mit mäßiggradiger oder schwerer Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse III/IV). Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit: Frauen im gebärfähigen Alter: Frauen im gebärfähigen Alter müssen eine adäquate Empfängnisverhütung anwenden und diese über mindestens 6 Monate nach der letzten Remicade-Behandlung fortführen. Schwangerschaft: Die recht geringe Anzahl (ungefähr 450) an prospektiv erfassten, Infliximab-exponierten Schwangerschaften mit bekanntem Ausgang, einschließlich einer begrenzten Anzahl
(ungefähr 230), die im ersten Trimester exponiert war, zeigte keine unerwarteten Auswirkungen auf den Ausgang der Schwangerschaften. Wegen der TNF-Hemmung könnte durch die Anwendung von Infliximab während der Schwangerschaft die normale
Immunantwort des Neugeborenen beeinflusst werden. Eine Studie zur Entwicklungstoxizität, die an Mäusen mit einem analogen Antikörper durchgeführt wurde, der die funktionelle Aktivität des murinen TNF selektiv hemmt, lieferte keinen Hinweis auf eine
maternale Toxizität, eine Embryotoxizität oder eine Teratogenität. Die verfügbare klinische Erfahrung ist zu begrenzt, um ein Risiko auszuschließen. Eine Verabreichung von Infliximab während der Schwangerschaft wird deshalb nicht empfohlen. Infliximab ist
plazentagängig und wurde bis zu 6 Monate im Serum von Säuglingen nachgewiesen, deren Mütter während der Schwangerschaft mit Infliximab behandelt wurden. Somit könnten diese Säuglinge ein erhöhtes Infektionsrisiko haben. Eine Verabreichung von
Lebendimpfstoffen an Säuglinge, die in utero Infliximab ausgesetzt waren, ist für 6 Monate nach der letzten während der Schwangerschaft erfolgten Infliximab-Infusion nicht zu empfehlen. Stillzeit: Es ist unbekannt, ob Infliximab in die Muttermilch übergeht oder
nach der Aufnahme systemisch resorbiert wird. Da Humanimmunglobuline in die Muttermilch übergehen, dürfen Frauen nach der Remicade-Behandlung mindestens 6 Monate lang nicht stillen. Fertilität: Es gibt nur ungenügende präklinische Daten, um
Rückschlüsse auf die Auswirkungen von Infliximab auf die Fertilität und die Fortpflanzungsfähigkeit zu ziehen. Pharmakotherapeutische Gruppe: Tumornekrosefaktor-alpha(TNF)-Inhibitoren, ATC-Code: L04AB02. Inhaber der Zulassung: Janssen
Biologics B.V., Einsteinweg 101, 2333 CB Leiden, Niederlande. Abgabe: Rezept- und apothekenpflichtig. Stand der Information: Juli 2014. Weitere Angaben zu Dosierung und Art der Anwendung, Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen, Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen, Nebenwirkungen, Überdosierung, Pharmakologische Eigenschaften
und Pharmazeutische Angaben sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
JATROS I Seite 50
Infektiologie & Gastroenterologie-Hepatologie 1/15
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Mäßig- bis schwergradig aktiver Morbus Crohn*
Mäßig- bis schwergradig aktive Colitis ulcerosa*
Morbus Crohn mit Fistelbildung*
Schwerer, aktiver Morbus Crohn*,
schwere, aktive Colitis ulcerosa*
bei Kindern und Jugendlichen
MC/CU
päd.
MC/CU
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All rights reserved. 05-15-GAST-1083846-0001 Erstellt: Mai 2013
* Bei unzureichendem Ansprechen oder Unverträglichkeit/Kontraindikation
bzgl. konventioneller Therapie. Details siehe Fachkurzinformation auf Seite XX.
50
Vor Verschreibung beachten Sie bitte die vollständige Fachinformation.
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