Ansprache von Präsident Udo Dolezych anlässlich der Ehrung der Sehr-Guten-Prüflinge am 17. März 2015, 16:00 Uhr Sehr geehrte Absolventinnen und Absolventen, liebe Eltern und Geschwister, Familienangehörige und Freunde, werte Lehrer, Prüfer und Vertreter unserer Ausbildungsbetriebe, Sie alle begrüße ich herzlich zu der heutigen Ehrung. „Sehr geehrte“ – das dürfen Sie heute wörtlich nehmen! Sie höchstpersönlich werden für Ihre herausragenden Leistungen geehrt. Sie höchstpersönlich haben sich dafür ins Zeug gelegt. Heute ist ein großer Tag. Heute ist IHR großer Tag. Und die Freude an dem Erfolg, den Sie errungen haben, strahlt mir aus lauter stolzen und glücklichen Gesichtern entgegen. Ehrung der Sehr-Guten-Prüflinge am 17. März 2015 ... -2- Wussten Sie schon, dass man über „Erfolg“ bereits im 15. und 16. Jahrhundert geschrieben hat? Damals war Erfolg vor allem ein Begriff im politischen Machtkampf – als erfolgreich galt, wer sich am effektivsten gegen andere durchsetzte. Doch dann kam in der bürgerlichen Gesellschaft die ökonomische und gesellschaftliche Komponente hinzu. Seither wird derjenige als erfolgreich angesehen, dem es gelingt, die Dinge gut, besser, am besten zu machen. Und Ihr persönlicher Superlativ lautet deshalb heute: „Sehr gut“! Dem aufstrebenden Bürgertum ging es damals aber nicht nur um Leistung; man hat das Streben nach Bildung und Entfaltung als Voraussetzung für den Erfolg gesehen. Und dieses Streben nach Bildung und Entfaltung haben Sie in der Lebensphase Ihrer Ausbildung gezeigt. Wissen Sie eigentlich noch, wer Sie vor Ihrer Ausbildung waren? ... -3- Erinnern Sie sich noch an all die Situationen, in die Sie dann gestellt wurden – welche Aufgaben Sie mit Bravour meistern konnten – welche Probleme Ihnen zunächst unüberwindbar erschienen – und erinnern Sie sich, wie viele und welche Menschen und Persönlichkeiten Ihnen in dieser Zeit begegnet sind? Einige Menschen trifft man, um sich an ihnen zu reiben; - ja, es ist nicht immer einfach, sich seinen „Schliff“ zu holen oder zu bekommen. Andere trifft man, um von ihnen zu lernen – auch sie sind auf dem Weg unersetzlich. Zu einigen besonderen kann man aufschauen – sie werden zu Vorbildern. Und es gibt die Menschen, die uns vorbehaltlos unterstützen. Das spüren wir gerade in kritischen Situationen. Wenn wir glauben, dass es nicht mehr weiter geht, oder dass wir einen Weg, den wir uns vorgenommen haben, so nicht weiter gehen können. Dann sind diese Menschen für uns da, sie sind Fürsprecher, sie sind Unterstützer, sie lassen sich nicht ... -4- davon abbringen, an uns zu glauben! Und das ist überhaupt das Größte! Ich bin sicher, dass Sie, liebe sehr gute Prüfungsabsolventen, heute den einen oder anderen Ihrer persönlichen Unterstützer mitgebracht haben. Es mögen Ihre Eltern sein, ein Lehrer, Bruder, Schwester oder ein enger Freund, die alle vielleicht sogar mehr als Sie vor den Prüfungen gezittert haben. Die vielleicht auch mal früher als sonst aufgestanden sind, um Sie über’s Handy gut in einen wichtigen Tag zu geleiten. Liebe, sehr gute Prüfungsabsolventen, die Menschen und die Erlebnisse auf Ihrem Weg können immer wieder zu Ihrer eigenen Stabilität und Profilierung beitragen. Gewinnen Sie daraus in allen Lebenslagen das Selbstvertrauen, Ihren Glauben an sich selbst. ... -5- Gottseidank sind wir hier nicht in einer dieser CastingShows, bei denen das Fernsehen absurde Konkurrenzkämpfe inszeniert. Die Teilnehmer dort sollen sich ständig immer weiter steigern; doch was sie und ihr Auftreten wirklich wert sind, bleibt völlig ungewiss. Dort legt man Erfolg und Versagen dicht nebeneinander, und zwar mit Berechnung: Ob eine Performance gelungen ist oder nicht – dafür gibt es keine objektiven Kriterien. Ziel solcher Casting-Shows ist oftmals das vernichtende Urteil der Jury und die Schadenfreude des Publikums. Das ist bei uns anders, meine sehr geehrten Damen und Herren, und darauf können wir alle stolz sein! Wussten Sie, dass die kaufmännischen Ausbildungsprüfungen hier in Dortmund „erfunden“ wurden? 1928 hat sie einer meiner Vorgänger unter den IHK-Präsidenten, Gustav Wiskott, eingeführt. 40 Jahre zuvor, 1888, hatten die Stadt und die Handelskammer Dortmund erstmals eine Kaufmännische Fortbildungsschule geschaffen, damals als Abendschule und freiwillig. Die Schülerzahlen schwankten – kein Wunder, ... -6- die Arbeitstage waren lang und es gab ja keine Schulpflicht! Zudem konnte sie bis 1907 nur von männlichen Schülern besucht werden. Auch die Prüfungen waren natürlich zuerst umstritten, mancher hat ihre Aussagekraft bezweifelt. Doch schon bald waren auch die letzten Skeptiker überzeugt und heute gilt unser System als vorbildlich. Es ist „von unten herauf“ gewachsen: Es waren vor allem die Ausbilder in den Betrieben, die die steigenden Anforderungen erkannten. Das Prüfungswesen stand bis 1969 auf freiwilliger Basis, dann wurde es Teil des deutschen Berufsbildungsgesetzes. Heute nimmt die IHK zu Dortmund im kaufmännischen und gewerblichen Bereich über 12.000 Prüfungen pro Jahr ab. In insgesamt 27 Ausbildungsberufen sind in der aktuellen Winterprüfung 2.685 Kandidaten an den Start gegangen, 90,1 Prozent haben bestanden. Und nur 117 bzw. 4,4 Prozent von ihnen erzielten ein „Sehr Gut“! Sie haben Ihre Ausbildung in 75 Betrieben absolviert. Ihren Unternehmen und Ausbildern gratuliere ich herz... -7- lich. Einige dieser Betriebe sind schon „Stammkunden“; sie führen ihre Auszubildenden regelmäßig zu sehr guten Ergebnissen. Andere sind zum ersten Mal mit ihren Schützlingen dabei. Ich danke Ihnen sowie den Berufsschulen für diese hervorragende Ausbildungsleistung! Doch die höchsten Lorbeeren gebühren heute Ihnen, den sehr guten Prüfungsabsolventen. Hinter jedem Ergebnis verbirgt sich ein konkretes Gesicht, eine konkrete berufliche und persönliche Entwicklung. Drei aus Ihrer Mitte möchte ich Ihnen kurz vorstellen: Alle drei haben mit 97 Punkten die höchsten Punktzahlen in dieser Prüfung erreicht. Im Einzelnen sind dies Frau Ekatharina Schäfer im Beruf Industriekauffrau, Herr Kevin Höhn als Industriemechaniker und Herr Tim Clewing im Beruf Verfahrensmechaniker in der Hüttenund Halbzeugindustrie mit der Fachrichtung StahlUmformung. Sie können ganz besonders stolz auf sich sein, denn Sie sind die Besten aller Absolventen der Winterprüfung 2014/2015! ... -8- Ihnen allen - „sehr Guten“ - spreche ich im Namen der IHK und sicher im Namen aller Anwesenden meinen herzlichsten Glückwunsch und höchste Anerkennung aus. Sie können stolz darauf sein, diesen Weg so souverän gegangen zu sein. Das ist alles andere als selbstverständlich! Mehr noch: Das ganze Land ist stolz auf die Qualität dieser Ausbildung; und damit meine ich nicht nur unser Bundesland NRW, damit meine ich ganz Deutschland! Im Ausland gilt unsere duale Berufsausbildung als Vorbild. Warum? Der Erfolg unserer Wirtschaft, die weltweit geschätzte Qualität unserer Waren und Dienstleistungen, hängt von der Qualifikation der Menschen ab. Dabei geht es nicht um hoch oder niedrig – natürlich spricht eine hohe Qualifikation für eine gute Qualität. Doch eine hohe Qualifikation allein reicht nicht aus, es muss auch die richtige sein! Es muss bitte auch die sein, die Unternehmen brauchen, und das bestimmen die Märkte. Eine Qualifikation, die nicht marktrelevant ist, kann noch so hoch ... -9- sein – für die Unternehmen und den Arbeitsmarkt ist sie unbrauchbar. Deutschland weist unter den großen Wirtschaftsnationen die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit aus, weil nämlich unser Ausbildungssystem vor allem praxisnahe Fähigkeiten vermittelt! Häufig werden nicht die richtigen Schlüsse aus dieser Tatsache gezogen. Denn von einem Schulabgängerjahrgang wollen heute fast 60 Prozent studieren. 1970 waren es 11 Prozent. Und die Wirtschaftsorganisation OECD empfiehlt Deutschland sogar noch mehr Studenten. Begründung: Mehr Akademiker würden uns international wettbewerbsfähiger machen. Ist das wahr? Inzwischen bricht jeder Dritte sein Studium ab. Fachkräfte fehlen, seit sich die Meinung durchgesetzt hat, mehr Hochschulbildung würde mehr Wohlstand bedeuten. „Akademisierungswahn“ nennt das der Philosophie-Professor und frühere Staatsminister NidaRümelin. Genau davor warnt er jetzt in seinem gleich... - 10 - namigen Buch. Er sagt: "Die Gehaltsstatistiken widerlegen die Vorstellung, man müsse nur studieren, dann verdiene man viel mehr.“ Er sagt dann sogar: „Mit einer Berufsausbildung fährt man oft besser, auch materiell." Die Akademikerquote ist bei uns mit 16 Prozent im Europa-Vergleich tatsächlich gering. In Schweden z.B. liegt sie bei 26 Prozent. Dieser Vergleich führt aber in die Irre und berücksichtigt nicht, dass die in Deutschland betrieblich Ausgebildeten sich auf einem ähnlichen Qualitätsniveau befinden wie in anderen Ländern die Akademiker. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Schweden nämlich bei 24 Prozent. In Deutschland gibt es glücklicherweise „nur“ acht Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Denn in vielen Bereichen der Wirtschaft kommt es eben nicht auf akademische Fähigkeiten an. In seiner Streitschrift vertritt Nida-Rümelin eine Position, für die die IHK schon lange steht. Er sagt: "Nicht nur der deutsche Diplomingenieur, der an einer TH studiert hat, sondern auch die Facharbeiter und das Niveau, das diese mitbringen, ist von internationalen Unternehmen oft gerühmt ... - 11 - worden. Wir müssen aufpassen, dass wir diese Qualität und diese Stärke nicht leichtfertig kaputtmachen.“ Unser duales Ausbildungssystem heißt dual, weil es zwei Lernorte gibt: Die Berufsschule und den Ausbildungsbetrieb. Beide orientieren sich an einem einheitlichen Ausbildungsplan. Und glauben Sie nicht, dass der Betrieb nur betriebliche Fertigkeiten vermittelt! Die Jugendlichen erlernen einen Beruf; einen von 350 definierten Berufen mit konkreten Ausbildungsordnungen, die auf einem intensiven Dialog zwischen Wirtschaft und Berufsschulen basieren. Zusätzlich wird Marktrelevanz durch die Abschlussprüfungen gewährleistet. Sie liegen nämlich in den Händen der Wirtschaft, das ist eine weitere Besonderheit des deutschen Systems: Denn in den Prüfungs- Kommissionen sitzen auch Unternehmerinnen und Unternehmer, Leute der Praxis. ... - 12 - Hinter einem solchen System steht eine gewaltige Organisationsleistung. Dafür ist in Deutschland die Wirtschaft selbst verantwortlich, vertreten durch die Industrie- und Handelskammern. Sie zertifizieren Unternehmen als Ausbildungsbetriebe. Sie stellen die Standards der Ausbildung sicher. Sie organisieren die Abschlussprüfungen der dualen Ausbildung. Allein in der IHK zu Dortmund sind über 2.300 ehrenamtliche Prüfer für insgesamt 130 Ausbildungsberufe tätig. Sie -liebe sehr guten Prüfungsabsolventen- haben Einsatz gezeigt, Durchhaltevermögen bewiesen und mit Interesse, außerordentlicher Leistungsbereitschaft und Neugier ihre Ausbildung durchlaufen. Sie stehen ganz oben auf dem Siegertreppchen, Sie sind die Gewinner. Und das können Sie weiter sein, vielleicht mit der Begabtenförderung „Berufliche Bildung“. Sie kann mit bis zu 6.000 Euro in drei Jahren die weitere berufliche Qualifizierung unterstützen. Dafür muss man eine anerkannte Ausbildung mit mindestens 87 Punkten abge... - 13 - schlossen haben und zu Beginn der Förderung jünger als 25 Jahre alt sein. Eine erste Information haben Sie hierzu bereits erhalten. Schon in den Schulen weisen wir übrigens auf die Bedeutung von Wirtschaftswissen hin. Dazu hat die IHK zu Dortmund den „Schulpreis Wirtschaftswissen“ ausgelobt, der jährlich an herausragende Schulen in den Städten Dortmund, Hamm und im Kreis Unna vergeben wird. Sie aber haben Ihre eigenen Stärken schon entdeckt. Haben Sie Respekt, aber keine Angst vor dem, was kommt. Denn der Abschluss einer Lebensphase ist immer auch der Beginn einer neuen: Deutschlandweit werden gut ausgebildete Fachkräfte gebraucht – Sie sind gefragt! Trauen Sie Ihren eigenen Ideen und Lösungswegen; übernehmen Sie Verantwortung. Vielleicht gehen Sie ja sogar den Weg in die Selbstständigkeit. Denn jede Herausforderung ist auch eine neue Chance. ... - 14 - Bleiben Sie weiter kommunikativ und pflegen Sie immer Ihre Kontakte. Nicht die allein vor sich hin arbeitenden Spezialisten sind gefragt, sondern Fachleute, die im Team mit Partnern arbeiten. Und warten Sie nicht ab, dass Probleme sich von selbst lösen oder von anderen gelöst werden. Probieren Sie es lieber selbst. Den wohl wichtigsten Rat möchte ich Ihnen auch noch mitgeben: Seien Sie freundlich und lächeln Sie, denn wer seinen Mitmenschen lächelnd entgegen kommt, hat mit Sicherheit größeren Erfolg als die Miesepeter, von denen es leider viel zu viele gibt. Sie werden also Ihr Können anwenden, verfeinern und ergänzen. Das passiert teilweise wie von allein, teilweise aber auch durch Weiterbildung, die Sie fest einplanen sollten als weitere Investition in Ihre Zukunft. ... - 15 - Ich wünsche Ihnen, liebe Sehr Gute, dass Ihre Leistungen auch weiterhin gewürdigt werden, und hoffe, dass auch Sie selbst später das Loben nicht vergessen. Ihre Ausbildungsbetriebe erhalten eine besondere Anerkennung in Form einer Urkunde, die wir nach diesem Abend postalisch auf den Weg bringen. Jetzt sollen Sie aber, liebe sehr gute Prüfungsabsolventen, noch einmal ganz im Mittelpunkt stehen: Unsere Anerkennung für Ihre herausragenden Leistungen drückt sich in unserer IHK-Besten-Trophäe aus, die Ich Ihnen jetzt gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer der IHK zu Dortmund, Herrn Reinhard Schulz, überreichen werde. Wir möchten Sie einzeln beglückwünschen. Diese Auszeichnung soll Sie dauerhaft an Ihren großartigen Erfolg erinnern. Sie soll zugleich Mut machen und Motivation sein, neue Aufgaben anzugehen und zu meistern. Die äußere Form der kleinen Skulptur zeigt deutlich, was sie ausdrücken will. Sie sagt noch einmal: Sie sind spitze! ... - 16 - Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei der Ehrung der Sehr-Guten ist es auch seit vielen Jahren Tradition, dass der Soroptimist Club Dortmund einen besonderen Preis verleiht: seinen Förderpreis für eine herausragende Absolventin. Zur Bekanntgabe und Würdigung der Preisträgerin darf ich jetzt die Repräsentantin des Soroptimist Clubs, Frau Christa Frommknecht, an das Rednerpult bitten. Vielen Dank Frau Frommknecht und ein ganz besonderes Dankeschön an Frau Markowski! Damit, meine Damen und Herren, ist der offizielle Teil unserer Sehr-Guten-Feier nun fast beendet. Ich gratuliere Ihnen allen noch einmal auf das Herzlichste. Wir alle wünschen Ihnen für die Zukunft das Beste. Aufstieg, Erfolg und Glück im Beruf wie auch im privaten Leben. Erlauben Sie mir noch einen Hinweis zu den heute von Ihnen gemachten Fotos. Diese werden Ihnen über die Homepage der IHK (www.dortmund.ihk24.de) zur Verfü- ... - 17 - gung gestellt und stehen dort in den nächsten zwei bis drei Tagen zur Ansicht bereit. Ich lade Sie nun im Namen der IHK zu einem gemeinsamen Imbiss im Foyer ein, vorher werden wir noch ein letztes Musikstück der Schulband der Johann- Gutenberg-Realschule hören. Ihnen, Herr Kurzhöfer und Ihrer Band, sage ich an dieser Stelle meinen ganz herzlichen Dank für die kurzweilige Auflockerung unserer Feierstunde. Dies ist doch noch einen Extra-Applaus wert.
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