- Stadtkino Wien

Juni 15 | #530
Das Kommunale Kino Wiens, Akademiestraße 13, 1010 Wien
Marcel Ophüls, „The Memory of Justice“, ab 1. Juni im Stadtkino
Apichatpong Weerasethakul, „Mekong Hotel“ &
Matt Porterfield, „Take What You Can Carry“, ab 22. Mai im Stadtkino
Ignaz Kirchner liest Joseph Roth, am 30. Mai im Filmhaus Kino
Vorläufiges Happy End für
einen verloren geglaubten Film
Notizen zur Österreichpremiere der restaurierten Fassung von Marcel Ophüls’ Meisterwerk
„The Memory of Justice“ im Stadtkino im Künstlerhaus. RALPH EUE
W
ahrscheinlich mutet die Produktions- und Rezeptionsgeschichte fast jedes verschwundenen, untergegangenen oder verloren geglaubten und manchmal, gottlob, wieder aufgetauchten Films im Rückblick wie ein
fulminantes Liebes-Hass- und Macht-Drama an. Doch selbst
im Zusammenhang dieser Subgeschichte von Film und Kino
kommt Marcel Ophüls’ The Memory of Justice über die Nürnberger Prozesse und ihre Folgen eine Ausnahmerolle zu.
In diesem Film untersucht Ophüls die Beziehungen zwischen
der Geschichte moderner Gesellschaften und ihren jeweiligen
Konzepten von Gerechtigkeit. 1976, als The Memory of Justice
herauskam schrieb der Regisseur: „Die Notwendigkeit, Urteile
über Menschen und ihre Handlungen zu fällen, wird ständig
mit dem Problem konfrontiert, über andere zu urteilen. Die
Verbrechen der Nazis sind entsetzlich – in ihrem Ausmaß, in ihren verabscheuungswürdigen Motiven und in der Präzision der
Ausführung. Doch sind die Deutschen, ob zu unserem Glück
oder Unglück, letztlich auch nicht anders als andere. Und gerade deshalb können wir vielleicht aus den Urteilen von Nürnberg lernen. So ist Nürnberg der Ort, an dem sich individuelle
und kollektive Schicksale kreuzen. Von diesem Punkt aus sind
analytische Rückblenden möglich, hier können Betrachtungen
zur Gegenwart und zur Zukunft ansetzen. Vietnam, Algerien,
die Atombombe, der Stalinismus, CIA, Folter.“
Schon die Nationalität dieses Films über die Nürnberger Prozesse und ihre Folgen zu bestimmen, ist keine leichte Aufgabe.
Gewiss, es gibt das hinterlegte Copyright, wonach die Sache eindeutig ist: The Memory of Justice ist US-amerikanischer Herkunft.
Jedoch allein das nahm nur den Status Quo aus einer spannungsund konfliktreichen Vorgeschichte auf und fixierte ihn.
Zieht man die Website Cinematografie des Holocaust des Frankfurter Fritz Bauer Instituts zu Rate (im Moment allerdings in
Fortsetzung auf Seite 2 »
Inhalt
Double-Feature
Zwei Stadtkino-Gehern nicht unbekannte
Regiegrößen in einem Programm.
3
Kurzfilmfestival
Die 12.Ausgabe von Vienna International Shorts wieder zu Gast im Stadtkino.
5
Texte zum Kino
Burgschauspieler Ignaz Kirchner liest aus
„Drei Sensationen und zwei Katastrophen“ von Joseph Roth.
Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
6
02
Marcel Ophüls, „The Memory of Justice“
» Fortsetzung von Seite 1
Komplettüberarbeitung und deshalb nicht zugänglich), eine der verlässlichsten Informationsquellen für Filme über den Nationalsozialismus im Allgemeinen und Antisemitismus im
Besonderen, so findet man, dass The Memory
of Justice koproduziert wurde von (1) USA, (2)
BR Deutschland, (3) Großbritannien (jedoch
eingeklammert). Als Produktionszeitraum findet man 1973 – 1976, deutlicher Hinweis auf
einen mühseligen Entstehungsprozess. Laut
Abspann tauchen darin über 60 Mitwirkende
und Interviewpartner auf. Auf der erwähnten
Website findet sich übrigens noch ein interessantes PS aus dem man sich einige der damaligen Konflikte erschließen kann. In diesem
PS erfährt man, dass verschiedentlich auch ein
zweiteiliger Film mit dem Titel Spuren der Gerechtigkeit als Kurzfassung des Films The Memory of Justice genannt werde. An der Herstellung
dieses Films, als dessen Regisseur jedoch Lutz
Becker genannt wird, war Marcel Ophüls indes, ich zitiere, „von einschließlich der Montage ab“ nicht beteiligt.
Was kann-darf-soll man dem entnehmen?
Versuch einer knappen Rekonstruktion: Ein
politischer und künstlerischer Streit zwischen
den britischen Produzenten David Puttnam
(Visual Programme Systems, London) und
Sanford Lieberson (BBC, London) auf der einen und Marcel Ophüls auf der anderen Seite
führte nach Besichtigung der ungemischten
Bildschnittfassung des Films am 20. Dezember
1974 zur Entlassung Ophüls’ aus seinem Vertrag. („Wie so oft in meinem Leben fiel das
Weihnachtsfest nicht besonders fröhlich aus“,
schreibt Ophüls in seiner gerade erschienenen
Autobiografie Meines Vaters Sohn über diese
Etappe seines Lebens.) Grundlegend war die
Aussage aus unterschiedlichen Gründen nicht
nach dem Geschmack der britischen noch der
deutschen Auftraggeber. Die britischen Produzenten (zusammen mit Polytel International,
Hamburg) beauftragten daraufhin Lutz Becker
aus Ophüls’ Material einen neuen Film zu machen. Beckers Film sollte am 31. Oktober (1.
Teil) und 1.November 1975 (2.Teil) vom ZDF
ausgestrahlt werden, die Sendung musste aber
aufgrund einer Intervention von Ophüls Anwalt ausfallen.
Dem war vorausgegangen, dass Ophüls
sich im Frühjahr 1975 mit Hilfe zweier tapferer Frauen, der britischen Co-Produzentin
Ana Carigan und der deutschen Cutterin
Inge Behrens in den Besitz seiner eigenen
Schnittfassung bringen und sie nach USA
schaffen konnte. Der Mithilfe zweier weiterer Personen, den unabhängigen Produzenten Hamilton Fish und Max Palevsky
und deren Geschick, eine ausreichende
Menge „frischen Geldes“ aufzutreiben, war
es schließlich zu verdanken, dass The Memory
of Justice exakt nach Ophüls’ Vorstellungen
fertig gestellt werden konnte.
Nach massiven Rechtstreitigkeiten um die
Besitzverhältnisse an diesem Film (also dem
EB-S_Anz.Stadtkino_260x122_RZ_10.06.indd 2
Marcel Ophüls bei der Verleihung der Berlinale Kamera im Februar 2015
Negativ) wurde er schließlich nach seiner
Weltpremiere in Cannes gar in großem Stil für
einen Film dieses Themas, dieser Art und dieser Länge im Oktober 1976 von Paramount
in die amerikanischen Kinos gebracht – als
mehrsprachige Version mit englischer Voice
Over. Eine originäre internationale Originalfassung mit Untertiteln, worin die Mitwirkenden (darunter Albert Speer, Karl Dönitz,
Telford Taylor, Yehudi Menuhin, Hans-Joachim Kulenkampff, Joan Baez und Daniel Ellsberg) in ihrer jeweils eigenen Sprache zu sehen
und zu hören sind, kam allem Anschein nach
nicht zustande, zumindest nie zur Aufführung.
Nach einem Umbau der Geschäftsführung
von Paramount und einer Umstrukturierung
des Verleihprofils verschwand der Film nach
zwei Wochen aus den Kinos, eine Reihe von
16mm Kopien kursierten noch bis zum mechanischen Exitus oder dem Auslauf der Lizenzen an verschiedenen amerikanischen
Universitäten.
In Deutschland war The Memory of Justice in
der von Ophüls autorisierten Version erstmals
im Februar 1978 auf der Berlinale zu sehen.
Diese Filmkopie wurde vom Deutschen Filmmuseum in Frankfurt erworben.Von der Bildspur plus der damals anscheinend noch problemlos zugänglichen originalen Tonmischung
stellte der NDR eine deutsche Voice OverFernsehfassung her, die am 18. März 1978 ausgestrahlt wurde. Nach zwei Wiederholungen
in den dritten Programmen der Nordschiene
verschwand der Film auch hier in der Versenkung. Im Rahmen nicht-kommerzieller Filmvorführungen im deutschsprachigen Raum
wurde The Memory of Justice nicht öfter als zwei
Dutzend Mal in den letzten 30 Jahren aufgeführt, und doch ist es für die, die das Privileg
hatten, diesen Film zu sehen, unstrittig dass es
sich um einen Meilenstein des dokumentarischen Kinos der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts handelt.
Die Bemühungen The Memory of Justice für
nachfolgende Generationen wieder sichtbar
zu machen begannen 2003. Damals hatte
Hamilton Fish als Produzent des Films erstmals wieder Anstrengungen unternommen,
mit Hilfe der Steven Spielberg Foundation
Ophüls’ Film wieder aus der Vergessenheit
hervorzuholen. Das Archiv der Academy of
Motion Pictures Arts and Sciences bekundete Entsetzen, dass Ophüls, der 1988 für Hotel
Terminus einen Oscar erhielt, nicht nur keinen Zugang zu seinen eigenen Filmen hatte
sondern im überwiegenden Teil der Fälle gar
nicht wusste, ob Negative seiner Filme existieren bzw. wo sie lagern. Eine konkrete Recherche in Sachen The Memory of Justice ergab,
dass Paramount im Besitz der Ausgangsmaterialien sein sollte, die Elemente sich aber in
einem aufgegebenen Bunker befänden, der
wahrscheinlich (!) einem Erdbeben zum Opfer gefallen sei. Nur der Neugier einer Prak-
Sie können diesen Film gerne in ganz Österreich zeigen. Aber nur bei freiem Eintritt. Dies war in etwa
die Reaktion, als der Stadtkino Filmverleih anfragte, ob man Marcel Ophüls’ restauriertes Meisterwerk The Memory of Justice im Rahmen der Wiener Festwochen präsentieren dürfe.Tatsächlich
wird der Film nun für Sondervorführungen in ganz Österreich zur Verfügung stehen, Vorführungen etwa in Linz, Graz, Innsbruck sind bereits geplant - ein Projekt in Kooperation zwischen
Stadtkino, Österreichisches Filmmuseum,Wiener Festwochen, Film Foundation und mit freundlicher Unterstützung durch die RD Foundation Vienna.
StadtkinoZeitung
tikantin des Studios war es zu verdanken, dass
dieser Befund 2007 revidiert werden musste.
Die Materialien – Bildnegativ und die orignalen Tonaufnahmen – befanden sich seit
Jahren zwischengeparkt in einem Ersatzhalle, dafür aber in erstaunlich gutem Zustand.
Martin Scorseses Film Foundation übernahm
schließlich im Jahr 2010, auch als allseits gewünschter Intermediär zu Paramount, die
Leitung des gesamten Restaurierungsprozesses. Eine juristische Prüfung des Films ergab indes, dass The Memory of Justice eigentlich
nicht aufführbar ist, da für die ursprüngliche
Auswertung in den 1970er Jahren die Ausschnittsrechte nicht oder nur unzureichend
geklärt wurden oder längst ausgelaufen sind
– der Film könnte zwar wiederhergestellt,
doch eigentlich nicht gezeigt werden. Für die
Klärung der minimalen Rechte, um den Film
immerhin im Rahmen von Festivals und für
Bildungszwecke wieder zugänglich zu machen, ergab sich ein Bedarf von über 200.000
$. Eine darüber hinaus gehende Veröffentlichung (als DVD, BluRay oder gar als Kinowiederaufführung) erschien und erscheint
gar nicht kalkulierbar.
Die Aufführung des digital restaurierten
Films - erstmals überhaupt in der mehrsprachigen Originalfassung - ist ein vorläufiges
Happy End eines veritablen Restaurierungskrimis. Es sollte indes nur der Anfang sein,
dem Film wieder neues Leben einzuhauchen! Der Befund von Vincent Canby vom
5. Oktober 1976 in der New York Times
ist immer noch gültig: „Monumental. The
Memory of Justice erweitert die Vorstellungen
dessen, was ein Dokumentarfilm zu leisten
vermag auf eine Weise, dass man alle künftigen Leistungen auf diesem Gebiet daran
messen muss.“
•
Marcel Ophüls
The Memory of Justice
(Deutschland, Großbritannien,
USA 1975)
Regie, Drehbuch, Kamera Marcel Ophüls
Schnitt Inge Behrens
Produktion Stuyvesant Films
Verleih The Film Foundation
Länge 278 Min.
Format DCP / Farbe und s/w
Vom 1.-4. Juni jeweils um 18 Uhr im
Stadtkino im Künstlerhaus.
10.06.14 12:10
StadtkinoZeitung
Double-Feature: Weerasethakul & Porterfield im Stadtkino
03
Spuk im Hotel
Hotels sind ideale Kinoorte, weil sie, wie Filme, einen Erfahrungsraum für die Begegnung mit dem
Fremden herstellen. Anmerkungen zu Apichatpong Weerasethakuls „Mekong Hotel“. LUKAS FOERSTER
W
enn man im Hotel ist, ist man
nicht zu hause und schon im
Blick aus dem Fenster ist potentiell ein Abenteuer enthalten. Weil man eh bald
wieder weg ist, darf man unbesorgt neugierig
sein: nicht nur kann man sich in einer ungewohnten Umgebung umschauen, mit einem
Blick, der nicht immer schon von dem eigenen Vorwissen eingeschränkt ist; auch und vor
allem kann man sich den Nachbarn auf Zeit
im Zimmer nebenan zuwenden, man kann sie
beobachten, sich ihnen nähern, über sie zu
fantasieren zu beginnen.
So kann man sich zum Beispiel vorstellen,
dass die beiden Frauen, die gemeinsam einen
dieser minimalistisch eingerichteten Räume
(in deren man die drückende, tropische Hitze fast zu sehen meint) bezogen haben, nicht
nur Mutter und Tochter sind, sondern auch
vampirische, beziehungsweise kannibalistische
Ambitionen haben. Und dass die jüngere Frau
einen Mann kennenlernt (oder schon immer
gekannt hat? Das ist nicht die einzige Parallele zu Letztes Jahr in Marienbad, einem anderen
großen Hotelfilm), der von Geistern verfolgt,
oder gar besessen ist. Man kann diesen Menschen auch versuchsweise Namen geben: Jen
nennt man die alte, Phon die junge Frau; den
Mann einmal Tong, ein paar Szenen später
Masato. Man beobachtet die drei bei ein paar
Gesprächen, schaut geduldig zu, wie sie sich
mal skeptisch beäugen, mal vorsichtig miteinander flirten, zwischendurch stellt man ihnen selbst ein paar Fragen oder blickt einfach
nur ein bisschen aus dem Fenster - und schon
hat man, schon hat Apichatpong Weerasethakul einen Film gedreht. Und zwar einen
großartigen.
Der Titel ist Programm: Das Hotel gibt einen, der Fluss Mekong einen anderen, vielleicht noch wichtigeren Teil des poetischen
Konzepts von Mekong Hotel vor. Tatsächlich
hat man das Gefühl, dass die mit einfachsten Mitteln, ohne jeden psychologisierenden
Überbau in den Film hinein gestellten Erzählfragmente sofort in sich zusammenfallen
würden, wenn es nicht den breiten Strom geben würde, der hinter den Fenstern seelenruhig (das darf man ruhig wörtlich nehmen in
einem Film, in dem die Seelen keine Ruhe
finden, nicht in den Körpern, nicht in der Geschichte) vor sich hin fließt, von der ersten bis
zur letzten Einstellung. Die Kraft des Mekong
meint man auch in den wenigen Einstellungen zu spüren glaubt, in denen er nicht zu
ihrer paramilitärischen Ausbildung und von
ihren Erfahrungen als Laotischem Flüchtling.
Die Fernsehnachrichten wiederum zeigen,
wie Bangkok der Gegenwart von einer Flut
heimgesucht wird. „Wasser kümmert sich
nicht”, sagt die ältere Frau einmal. Aber dann
fährt sie fort: „Das Wasser dringt in Deinen
Mund ein, in Deine Wunden.“ Anders ausgedrückt: Das Wasser verbindet, indem es
zerstört.
Entstanden ist Mekong Hotel während, oder
vielleicht besser: anlässlich von Proben zu
einem anderen, bis heute nicht gedrehten
Film namens Ecstasy Garden. Dass Weerasethakul selbst am Anfang und am Ende im Bild
auftaucht (was er ansonsten in seinen Filmen
nicht tut), mag auf diesen Entstehungszusammenhang verweisen. Keineswegs allerdings ist Mekong Hotel ein Nebenwerk in der
Filmografie des Cannes-Gewinners. Ganz im
Gegenteil: in eine derart konzentrierte, dichte und souveräne Form hat der thailändische
Regisseur sein einmaliges Kinokonzept noch
kaum einmal gebracht. Man könnte fast von
einem Manifest der weerasethakul’schen
Ästhetik sprechen - freilich beißt sich eine
derartig lautsprecherische, auftrumpfende
Begrifflichkeit mit der filigranen Unaufgeregtheit, die auch und gerade Mekong Hotel
prägt. Weerasethakul dreht keine Manifeste,
sein Kino legt sich nicht fest, bleibt ständig
im Fluss.
•
Geheimnisvoll und gespenstisch: „Mekong Hotel“
sehen ist - was freilich auch damit zu tun hat,
dass er auf der Tonspur verdoppelt wird durch
hypnotische Gitarrenklänge, die beinahe dem
gesamten Film unterlegt sind.
politisch gemeint: Der Mekong ist schon
deshalb ein Medium von Geschichte, weil er
zwischen Thailand und Laos fließt, entlang
einer Grenze, die vor allem während des kal-
In eine derart konzentrierte, dichte und
souveräne Form hat der thailändische
Regisseur sein einmaliges Kinokonzept
noch kaum einmal gebracht.
Wenn das Hotel zum Fabulieren einlädt,
der Fiktion zuneigt, dann hat der Fluss eine
Nähe zum Dokumentarischen, markiert die
unbedingte Weltzugewandtheit des Kinos
Weerasethakuls. In diesem Fall ist das direkt
ten Kriegs keine friedliche war. Die blutigen
politischen Verwerfungen Südostasiens bildeten schon immer die Rückseite des spielerischen Offenheit der Filme Weerasethakuls;
in Mekong Hotel erzählt die ältere Frau von
Apichatpong Weerasethakul
Mekong Hotel
(Großbritannien,
Thailand 2012)
Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt
Apichatpong Weerasethakul
Darsteller Jenjira Pongpas, Maiyatan Techaparn, Sakda Kaewbuadee, Apichatpong Weerasethakul, Chai Bhatana, Chatchai Suban
Musik Chai Bhatana
Ton Akritcharlerm Kayalanamitr
Produktion Kick The Machine Films,
Illumination Films
Verleih Stadtkino Filmverleih
Format DCP / Farbe
Länge 59 Min.
Ab 22. Mai gemeinsam mit „Take
What You Can Carry“ im Stadtkino im
Künstlerhaus.
DAS GROSSE MUSEUM
EIN FILM VON
JOHANNES HOLZHAUSEN
JETZT AUF BLU-RAY UND DVD IM HANDEL UND AN UNSEREN KINOKASSEN ERHÄLTLICH • 19,95
04
Double-Feature: Weerasethakul & Porterfield im Stadtkino
StadtkinoZeitung
Baltimore–Berlin – oder:
Sehnsucht nach dem Ankommen.
Mit nur drei Spielfilmen zählt Matt Porterfield bereits zu einem der originellsten Filmemacher des
Independent-Kinos unserer Zeit. INTERVIEW VON ANDREW GRANT
Hamilton (2006), Putty Hill (2010) und I Used
to Be Darker (2012) gewannen nicht nur zahlreiche Preise auf internationalen Festivals, die
beiden letztgenannten waren auch regulär im
Stadtkino zu sehen und erfreuten sich der
Gunst des Publikums. 2014 drehte Porterfield
seinen ersten Kurzfilm, den 30 minütigen Take
What You Can Carry, der diesen Februar seine
Premiere bei der Berlinale feierte. Ausgehend
von einem Zitat des französischen Autors
Georges Perec arbeitet der in Baltimore geborene Regisseur erneut (auf etwas abstraktere
Art und Weise als sonst) mit der Schauspielerin Hannah Gross als Lilly, die im Film eine
Amerikanerin verkörpert, die sich auf einem
ausgedehnten Berlin-Aufenthalt befindet, und
reflektiert das Spannungsfeld zwischen Kommunikation, Kreativität und Raum.
Lilly lebt seit einiger Zeit in Berlin. Sie ist US-Amerikanerin und auf der Durchreise. Sie hat einen Lover
und kein Penthouse. Die Beziehung ist vage. Lilly ist
ein Drifter zwischen Welten und Orten. Sucht Menschen, Verbindungen, und bleibt doch immer nur im
Außen. Matt Porterfield erzählt in ruhig komponierten
Bildern von der Sehnsucht nach dem Ankommen. Er
zeichnet das Porträt einer Generation junger Menschen, die trotz aller Begabung nicht wissen, was sie
mit sich anfangen sollen. Das Leben als Probe.
Kiràly Zusammenarbeit ist das Stichwort.
Wir hatten nicht viel Geld, verbrachten aber
sehr viel Zeit in diesen drei Monaten zusammen, das allein war ein Geschenk. Ich habe
dabei sehr viel gelernt, aber jedes Projekt
funktioniert unterschiedlich und wir konnten uns glücklich schätzen, so frei arbeiten zu
können. Matt war immer für Vorschläge offen,
und selbst bei unterschiedlichen Auffassungen
gab es immer schnell eine Lösung. Eine perfekte Kombination aus emotionalem Einsatz
und Pragmatismus.
Das Performance-Kollektiv Gob Squad ist ebenfalls Teil des Films.
Wer hat also den Film finanziert und wie hoch
war das gesamte Budget?
Porterfield Ich hatte ein Stipendium vom
Wexner Center for the Arts in Ohio und
glücklicherweise erhielt ich den Robert
Gardner Preis vom Harvard Film Studies
Center, das uns zusätzliches Geld brachte.
Kiràly Insgesamt hatten wir rund 10.000
Euro zur Verfügung, dazu einen sehr großen
Anteil an In-Kind-Services.
Porterfields Produzentin Zsuzsanna Kiràly arbeitet für Maren Ades (Alle Anderen) Produktionsfirma Komplizen Film und ist Redaktionsmitglied beim renommierten deutschen
Filmmagazin „Revolver“, das außerdem Hamilton und Putty Hill im deutschen Sprachraum auf DVD veröffentlicht hat. •
Deine Filme sind ziemlich bekannt im deutschsprachigen Raum – zwei von ihnen kamen in
die hiesigen Kinos und alle drei sind auf DVD
verfügbar. Haben du und Zsuzsanna euch auf diese
Weise kennen gelernt?
Matt Porterfield Ja, ich habe sie 2010 getroffen als ich mit Putty Hill hier war und wir
blieben miteinander über die Zeit im Gespräch.
Auf der Berlinale 2014 haben wir ernsthaft besprochen, wie es wäre, miteinander einen Film
zu drehen und wie ein solches Projekt überhaupt zustande kommen könnte. Unterm Jahr
unterrichte ich an der Johns Hopkins University in Baltimore, daher war von Vorneherein klar,
dass ich nur im Sommer Zeit hätte. Ich kam
also im Juni an und schon innerhalb kürzester
Zeit war alles bereit – von der Ausrüstung, über
die Schauspieler bis zur Crew.
Kamst du mit einem Drehbuch an?
Porterfield Alles, was ich hatte, war der Text,
der den Film inspirierte: ein paar Zeilen aus
Träume von Räumen von Georges Perec – und
ein paar äußere Vorgaben: Wir hatten insgesamt zwölf Wochen Zeit und der Film würde
um Hannah herum aufgebaut sein.
War von Anfang an klar, dass es ein Kurzfilm
wird, oder wolltet ihr ursprünglich einen Langfilm
machen?
Zsuzsanna Kiràly Ich habe Matt vor ein
paar Jahren gefragt, ob er sich vorstellen könne, hier in Berlin einen Kurzfilm zu drehen,
das war also von Anfang an die Idee. Außerdem war Matts Aufenthalt zeitlich so begrenzt, dass wir nicht mehr machen konnten.
Es standen uns nur drei Monate von der Vorbereitung bis zum Beginn der Postproduktion
zur Verfügung und obwohl dieser Zeitplan
sehr eng war, war er auch sehr effektiv und
engte uns nicht in unserer Arbeit ein.
Porterfield Und es hat auch sehr viel Spaß
gemacht. Wir sind praktisch einen Monat lang
Als deutsche Produzentin kennst du natürlich die
verschiedenen Möglichkeiten für Filmförderung.
Weshalb habt ihr um keine angesucht?
Kiràly Ehrlich gesagt, hätte das aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Dieser
Prozess kann mehrere Monate dauern und
diese Zeit stand uns einfach nicht zur Verfügung, um Matts Filmwerk entsprechend an
das Deutsche Fördersystem heranzuführen.
Außerdem wollte ich mich genau wie Matt
herausfordern, er indem er an einem anderen
Ort arbeitet, und ich außerhalb eines mir
bekannten Systems.
Auf der Suche nach der eigenen Identität: Hannah Gross in der Hauptrolle.
mit dem Rad durch Berlin gefahren, auf der
Suche nach Locations und Inspiration.
kieren, zuweisen. Er gehört mir nie, ist mir
nie gegeben.“
Der Film fängt auch die immense Kurzlebigkeit in
der Stadt ein. Ist das etwas, das dir in diesem ersten
Monat besonders aufgefallen ist?
Porterfield Zu einem gewissen Grad, ja.
Berlin scheint ein Treffpunkt für Menschen
aus der ganzen Welt zu sein, aber ich kenne
dieses Gefühl auch aus meinem Leben. Meine
Zeit ist aufgeteilt zwischen Baltimore und
New York, zusätzlich reise ich in der ganzen
Welt auf Festivals – aus dieser Situation beziehe ich sehr viel, was meine eigenen Gefühle
gegenüber Vergänglichkeit und Unbeständigkeit betrifft. Es war eine Herausforderung,
eine Stadt wie Berlin abzubilden, etwas zu
finden, was zuvor noch nicht gemacht wurde
und ohne zu touristisch zu wirken.
Der Film vermeidet die gängigen Berlin-Klischees …
Kiràly (lacht) Vielen Dank, Mission erfüllt!
Wir haben uns darüber ausführlich unterhalten und es war für uns sehr interessant Berlin
auf diesem Wege mit Matts Augen neu zu
entdecken. Wir haben in diesem Zusammenhang unter anderem darüber gesprochen, wie
man sich in einer Stadt wie Berlin ein Leben
aufbaut.
Raumwahrnehmung spielt in deinen Filmen
grundsätzlich eine große Rolle, vor allem in „Hamilton“ und „Putty Hill“, die in Umgebungen
spielen, in denen du dich sichtlich wohlfühlst.
Diesmal ist ein gewisses Fehlen dieser Vertrautheit
spürbar.
Porterfield Definitiv. Ich kann nicht so tun,
als würde ich Berlin kennen, aber das Erforschen und Erlernen von Dingen ist einer
der Gründe, weshalb ich Filme mache. Das
gilt sowohl für Orte, die ich kenne, als auch
für die, die ich nicht kenne. Perec schreibt:
„Raum ist Zweifel: Ich muss ihn ständig mar-
Welchen Herausforderungen musstest du, Matt,
dich stellen? Worin unterscheidet sich die Arbeit
kreativ und anderweitig mit einer deutschen Produzentin, einer deutschen Crew?
Porterfield Ich finde das Sprechen über
Kino in Deutschland wirklich faszinierend,
genauso wie das Deutsche Kino selbst. Darin
finde ich Berührungspunkte, die mir nahe
sind, auf die ich mich beziehen kann. Ich
hoffe, mit diesem Film in diese Diskussion
einsteigen zu können. Die größte Herausforderung war tatsächlich, einen Film außerhalb
eines mir bekannten Milieus zu machen. In
Baltimore kenne ich mich einfach aus, aber
hier kann ich nicht mal die Sprache und
musste mich komplett auf Zsuzsanna und
Kamerafrau Jenny Lou verlassen. Das ist seltsam. Aber da wir befreundet sind, war es eine
schöne Zusammenarbeit.
Ich habe beobachtet, dass hier nur wenige Filmmacher bereit sind, ohne Förderung zu arbeiten.
In den USA, wo Fördermittel beschränkter zur
Verfügung stehen, tun Regisseure was auch immer
nötig ist, um ihre Filme drehen zu können.
Kiràly Die Filmhochschulen hier bereiten
die Studenten auf das Fördersystem vor, das
sehr hierarchisch ist und zu dem es auch keine
Alternative gibt. Ich meine, es ist toll, wunderbar und an sich für alle zugänglich, aber diese
Strukturen erlauben wenig Raum für Flexibilität und das vermisse ich einfach. Daher wollte
ich gerne mit Matt auf diese Weise arbeiten.
Möchtest du weiterhin Filme außerhalb des Systems drehen?
Kiràly Als Produzentin wäre es hier gänzlich
außerhalb des Fördersystems schwer zu arbeiten. Aber ich hoffe doch, ein gewisses Maß an
Flexibilität für zukünftigen Projekte zu finden.
Erstveröffentlichung unter
www.filmmakermagazine.com –
Abdruck mit freundlicher Genehmigung.
Matt Porterfield
Take What You Can Carry
(Deutschland, USA 2015)
Regie und Drehbuch Matt Porterfield
Darsteller Hannah Gross, Jean-Christophe
Folly, Angela Schanelec, Mat Hand, Tina Pfurr,
Sharon Smith, Laura Tonke
Kamera Jenny Lou Ziegel
Schnitt Amanda Larson
Produktion Zuzsanna Kiràly , Matt Porterfield
Verleih Stadtkino Filmverleih
Format DCP / Farbe
Länge 30 Min.
Ab 22. Mai gemeinsam mit „Mekong
Hotel“ im Stadtkino im Künstlerhaus.
StadtkinoZeitung
„Vienna Independent Shorts“ im Stadtkino
05
Der kurze Film zwischen
Kunst und Kino
Das Kurzfilmfestival VIS Vienna Independent Shorts expandiert in seiner 12. Ausgabe und präsentiert 320 Filme auf der Leinwand – u.a. von Claire Denis, Jerzy Kucia und Don Hertzfeldt. DANIEL EBNER
D
er kurze Film ist heute allgegenwärtig: Im Internet, am Smartphone, im
Fernsehen, auf öffentlichen Screens,
in Galerien und Museen begegnen wir, teils
millionenfach verbreitet, experimentellen,
animierten, musikalisch basierten oder realistischen Bewegtbildern. Gerade die kurze
Form eignet sich für die Präsentation von
Filmen außerhalb des klassischen Kinoraums
besonders – und das wird von Österreichs
größtem Festival für Kurzfilm, Animation
und Musikvideo, das bereits zum 12. Mal die
internationalen Entwicklungen in dem Bereich bündelt, auch ausgiebig genützt. Eine
Ausstellung mit von der Decke hängenden
Leinwänden im Festwochen-Zentrum im
Künstlerhaus thematisiert zum Beispiel ab
27. Mai unter dem Titel „U/Tropia“ gesellschaftspolitische Fragen aus großteils afrikanischer Sicht.
Kurzfilm, Animation,
Musikvideo von 26.-31. Mai
sind 320 Filme in
102 Programmen
zu entdecken.
Trotz des diesjährigen Schwerpunkts „State
of the Art“, der ganz im Stil des Expanded
Cinema den Kinoraum mehrfach mit dem
Kunstraum tauscht, bleibt die konzentrierte
Vorführung von Filmen bis zu einer Länge
von 30 Minuten im dunklen Saal der zentrale Aspekt des Festivals. Immerhin 320 Filme
sind in diesem Jahr in Wettbewerbs- und kuratierten Programmen zu sehen, davon 102
in den vier Wettbewerbsschienen. Unter den
internationalen Beiträgen, die um die Gunst
von Jury und Publikum ringen, finden sich
heuer auch einige prominente Namen: Die
„World of Tomorrow“ – die neueste Arbeit von Sundance-Gewinner und Festival Stargast Don Hertzfeldt
französische Regisseurin Claire Denis ist
etwa mit der reduzierten Beziehungsstudie
Voilà l'enchaînement in „Fiction & Documentary“ (Wettbewerb für Kurzspiel- und
Kurzdokumentarfilme) vertreten, ebenso
wie die Schweizerin Ursula Meier mit Tisina
Mujo oder der Rumäne Radu Jude (zuletzt
bei der Berlinale für Aferim ausgezeichnet)
mit dem beeindruckenden One-Shot It can
pass through the wall. Mit Oliver Pietsch oder
Yuri Ancarani sind auch einige jüngere Stars
des künstlerischen Kinos in diesem Jahr mit
von der Partie. Im Wettbewerb „Animation
Avantgarde“ wiederum, der sich seit einigen Jahren gemeinsam mit ASIFA Austria
dem Experimental- und dem Animationsfilm widmet, muss man auf der Suche nach
großen Namen ebenfalls nicht lange suchen:
Der polnische Altmeister Jerzy Kucia, einst
für die animierte Gestaltung von MTV mitverantwortlich, wird in Wien persönlich seine jüngste Arbeit Fugue for Cello, Trumpet and
Landscape vorstellen. Auch die Künstlerinnen
Anouk De Clercq und Maria von Hausswolff
sind in der Sektion mit ihren neuen Arbeiten vertreten, und mit den österreichischen
Aushängeschildern Virgil Widrich und Johann Lurf sowie dem diesjährigen VIS-Stargast Don Hertzfeldt und seinem neuesten
Streich, dem Sundance-Jurypreisträger World
of Tomorrow, ist hochkarätiges Programm garantiert.
Zu guter Letzt stehen im ÖsterreichWettbewerb mit Gabriele Mathes, Michaela
Grill, Christoph Rainer, Björn Kämmerer
oder Patrick Vollrath einige alte Bekannte
des Festivals im Line-up, das u.a. Weltpremieren von Sandra Wollner (Louis und Luk) und
David Krems (Tindaya) aufweist. Ebenso wie
die Wettbewerbsprogramme des ÖsterreichWettbewerbs garantieren um Mitternacht die
Midnight Movies volle Kinosäle im Stadtkino im Künstlerhaus. Gleich an drei Abenden
bringt das Festival mit „Très chic“, „PopPorn“
und „Nightmares“ Absurdes, Erotisches und
Erschreckendes auf die Leinwand. Dazu kommen schließlich die Galapremiere der für den
Nachwuchswettbewerb „Night of the Light“
entstandenen Drei-Minüter, durch die Michael Ostrowski führen wird, ein Programm
mit neuen Kurzfilmen vom Balkan sowie ein
Blick in die Schatzkiste der ASIFA Austria,
die ihren 30. Geburtstag mit einem umfangreichen Programm am abschließenden Festivalsonntag (31.) begeht. Ohne Zweifel, es
werden einige intensive Tage im Zeichen des
kurzen Films.
•
Was bisher geschah …
AB 5. JUNI LÜFTET SICH DER VORHANG ZUM ZWEITEN TEIL VON „LI’L QUINQUIN“ IM STADTKINO
E
rstens: Madame Lebleu und Monsieur
Bhiri waren ein Liebespaar.
Z
weitens:
Wir finden ihre Leichen.
D
rittens:
In Stücke geschnitten.
V
iertens:
In Kühen.
E
s ist der Teufel
in Person.
Commandant Van der Weyden und sein Assistent Carpentier, ratlos.
Ignaz Kirchner liest im Filmhaus Kino
06
StadtkinoZeitung
„Mir bleibt nichts erspart“
„Drei Sensationen und zwei Katastrophen - Feuilletons zur Welt des Kinos“: Rund hundert
wunderbare, bis dato unbekannte Texte von Joseph Roth haben Helmut Peschina und
Rainer-Joachim Siegel zu einem bemerkenswerten Buch kompiliert. Burgschauspieler
Ignaz Kirchner liest daraus am 30. Mai um 20 Uhr im Filmhaus Kino am Spittelberg.
Joseph Roth: Texte zum Film
Der österreichische Autor Joseph Roth
(1894-1939) hat nicht nur große Romane
geschrieben (Die Rebellion, Radetzkymarsch,
Die Kapuzinergruft), sondern in den 1920er
und 30er Jahren als Journalist auch viele inter-essante Texte publiziert. Das damals noch
neue Medium Film spielte bei Roth eine
große Rolle, er war neugierig, oft skeptisch,
gelegentlich auch begeistert. Helmut Peschina und Rainer-Joachim Siegel haben jetzt im
Wallstein Verlag einen Band mit „Feuilletons
zur Welt des Kinos“ herausgegeben: „Drei
Sensationen und zwei Katastrophen“. Rund
hundert Texte von Joseph Roth zum Thema
Film haben die Herausgeber gefunden, sie
wurden zunächst in der Wiener Zeitschrift
Die Filmwelt und dann vor allem im Berliner
Börsen-Courier und in der Frankfurt Zeitung
veröffentlicht. Roth hat sich nicht als professionellen Filmkritiker gesehen, sondern als
Beobachter der Kunstszene, in die er auch
das Kino einbezog. Er konnte scharf urteilen. So schreibt er über den zweiten Teil der
NIBELUNGEN: „Man hat den zweiten Teil
des Nibelungenfilms mit großer Spannung
erwartet. Er hat enttäuscht. Ja, er ist sogar
eine Katastrophe. Denn er ist, was gerade
noch ein altes Epos sein darf, ein Film aber
unter keinen Umständen: langweilig. (…) Es
ist hart, einem so begabten Filmregisseur
Ehre den Dächern von Paris!
Seit einigen Wochen läuft in Frankfurt der
französische Tonfilm: Unter den Dächern
von Paris. … Die Handlung dieses Tonfilms
entsteht ebenso aus der Atmosphäre der Stadt
Paris, wie etwa ein Volkslied entsteht aus der
Seele einer bestimmten Landschaft. Es ist, als
gebäre der zitternde, ewig bewegte Nebel
"Kafka"
Ein Projekt von Elmar Goerden
Mit
Regie Elmar Goerden
Maria Köstlinger, Alexander Absenger,
Peter Kremer, André Pohl, Toni Slama
»Ein ganz großer Erfolg. Und der ganz
große Jubel vom Premierenpublikum.
Fünf wirklich großartige Darsteller.«
(Kurier)
»Tragisch und komisch.
Äußerst stimmige Inszenierung.«
(Der Standard)
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www.josefstadt.org
Trailer zu sehen auf
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irdischen und zufälligen Ebene der „Existenz“ und der „Begebenheit“ in die metaphysische, einmalige, gültige und notwendige
Atmosphäre.
Den Dichter Carl Mayer berührt es nicht, ob
der Film überhaupt ein „Kunstwerk“ ist oder
nicht. Seine Filme sind jedenfalls Dichtungen.
Er ist kein Sprachdichter, sondern ein Bilddichter. Der Dichter malt, singt und spricht
mit Worten. Der Filmdichter, wie ihn allerdings der einzige Carl Mayer repräsentiert,
malt, singt und spricht in direkten Bildern.
Die Tatsache, daß er „Manuskripte“ verfaßt,
also mit Papier, Feder oder Schreibmaschine arbeitet, wie ein Schriftsteller, spielt hier
eine ganz untergeordnete Rolle. Sein „Manuskript“ ist ein Brief an den Regisseur, mit
Anweisungen. Man müßte für solche Filmdichter ein Instrument erfinden, etwa ein
Bildklavier, mit zahllosen Situations- und
Bildskalen, mit Tasten, deren Berührung die
Projektion des vom Autor gewollten Bildes
verursacht.
Frankfurter Zeitung. Frankfurt a. M. Jg. 69 Nr. 20
vom 8.1.1920
wie Fritz Lang sagen zu müssen, daß seine Mühe größer war als seine Achtung vor
dem Sujet.“ (Frankfurter Zeitung, 14.5.1924).
Eine fast klassische Filmkritik schrieb Roth
über Murnaus LETZTEN MANN, mit einer Verneigung vor dem Autor Carl Mayer
und dem Hauptdarsteller Emil Jannings,
skeptischen Bemerkungen zum Epilog („ironischer Konzessions-Schluß“) und dem Resümée: „einer der besten Filme nicht nur
Deutschlands, sondern der Welt“. (Frankfurter
Zeitung, 8.1.1925). Roths große Liebe galt
Charles Chaplin, seine Verachtung den amerikanischen Erfolgsfilmen. Im Anhang enthält das Buch zwei Treatments: „Kinder des
Bösen“ und „Der letzte Karneval von Wien“.
80 Seiten Anmerkungen liefern wichtige Informationen zu den Texten. Das Nachwort
der Herausgeber beschreibt das ambivalente
Verhältnis von Joseph Roth zum Film.
Hans Helmut Prinzler, mehr zum Buch: drei-sensationen-und-zwei-katastrophen.html
Karten und Info unter:
T +43 1 42700-300
07.05.15 08:03
über den Dächern von Paris die Geheimnisse,
die sich unter ihnen abspielen. Der leichte,
graue Dunst über dem tänzelnden Gewirr
der Schornsteine, der das erste Bild des Films
überschwebt, gleicht einem Vorhang, der sich
auflöst und in das Spiel verwandelt, das er
in sich geborgen hat. Ist das Spiel dann zu
Ende, so hat es nicht aufgehört, sondern es ist
wieder eingekehrt in den fruchtbaren Nebel,
der sein Ursprung ist und seine Heimat. …
Die Mustergültigkeit dieses Tonfilms beruht
denn auch auf der Parallelität und der gesetzmäßigen Gleichnamigkeit des Films und des
Gassenhauers, der die Handlung durchwirkt,
begleitet und umsäumt. Die Bilder erheben
sich aus der Flut der Melodie, und sacht und
ohne Aufhören umschmeichelt sie die Konturen der Bilder. Alle alte, verfallene, ewig
verfallene Süße des Pariser Volkslebens entströmt ihnen: der heitere Moder der kleinbürgerlichen Wohnungen hinter den langen
Fenstern von schlanker, fürstlicher Noblesse;
der Kaffee- und Schnapsgeruch der engen
Bistros, der anmutigsten Sündenpfüle der
Welt, dieser Schenken, die keine Lasterhöhlen sind, sondern gleichsam Lastergrotten aus
dem Märchen.
Frankfurter Zeitung. Frankfurt a. M. Jg. 75 Nr.
805 vom 28.10.1930
„Der letzte Mann“
Der große künstlerische deutsche Film dieses
Jahres heißt: Der letzte Mann. Sein Verfasser ist
Carl Mayer, der einzige deutsche Film-Dichter. Ich betone "Dichter", weil es viele Manuskriptverfasser und –Verfertiger gibt. Carl
Mayer aber dichtet Filme, wie man Gedichte,
Erzählungen und Dramen dichtet; das heißt:
er überträgt einen Stoff aus der materiellen,
Aus: Rekognoszierung am Abend
Es regnet Einsamkeit, Bitternis, schmutziges
Wasser, Heimweh nach Kino. Selbstverständlich spielt man dort den „Faust“. Ich kenne
ihn bereits. Den großen Werken nationaler
Filmkunst immer wieder auf ihrem Siegeslauf durch die Welt zu begegnen ist mir von
Gott verhängt. Chaplins Goldrausch sah ich
nur einmal. Aber in Leningrad traf mich der
Nibelungen-Film, in Paris Metropolis, in Saarbrücken der Faust. Dabei regnet es immer.
Ich habe alles noch frisch im Gedächtnis, es
ist die grausamste Gehirnpartie: den Engel
aus Pappendeckel und Schwanenpelz, den
mysteriösen Nebel, der die Metaphysik der
Branche ist, Faustens Bart aus grauer Holzwolle und Gretchens Zöpfe aus dem Flachs,
den sie selbst gesponnen; diese falsche Mischung aus legendarischer Naivität und
hochentwickelter Großaufnahmetechnik, die
beide einander nicht gewachsen sind; diese
fortwährenden, mühevollen Arbeiten beim
Urnebel der deutschen Mystik im Filmatelier; dieses Bestreben, es nicht billiger zu geben als mit Himmel, Erde, Pest, Gotik, Hölle:
Elemente, die naiv behandelt werden sollten,
aber im deutschen Film natürlich pathetisch
werden; und kurz und gut, um in der Sprache
der Branche zu reden: aufgewachsen beim
Hexeneinmaleins! Diesen Faust soll ich nun
noch einmal sehen, in Saarbrücken, weil es
regnet. Mir bleibt nichts erspart. Ich werde
in ein Kaffeehaus gehen.
Frankfurter Zeitung, 22.11.1927
Buchpräsentation am 30. Mai
um 20 Uhr im Filmhaus Kino.
Eintritt frei! Kartenvorbestellungen
unter [email protected]
Impressum Telefonische Reservierungen von Mo. bis Do. 8.30-17 Uhr, Fr, 8.30-14 Uhr
unter 522 48 14 – während der Kassaöffnungszeiten: Stadtkino im Künstlerhaus Akademiestraße 13, 1010 Wien, Tel. 712 62 76 / Filmhaus Kino am Spittelberg Spittelberggasse
3, 1070 Tel. 522 48 16. Online www.stadtkinowien.at Herausgeber, Medieninhaber
Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H., Spittelberggasse 3/3, 1070 Wien
Graphisches Konzept Markus Raffetseder Redaktion Claus Philipp Druck
Druck Styria GmbH & Co KG, Styriastraße 20, 8042 Graz Offenlegung
gemäß Mediengesetz 1. Jänner 1982 Nach § 25 (2) Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H. Unternehmungsgegenstand Kino, Verleih, Videothek Nach § 25 (4) Vermittlung von Informationen auf dem Sektor Film und Kino-Kultur. Ankündigung von Veranstaltungen des Stadtkinos. Preis pro Nummer 7 Cent / Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
StadtkinoZeitung
Kulinarik im Stadtkino im Künstlerhaus
07
KOLLEKTIV LUDWIG & ADELE
STELLT SICH VOR
Das „Ludwig & Adele“ ist seit September 2013 für die Kulinarik im Stadtkinofoyer zuständig.
Zeit, sich einmal vorzustellen. Luke Bereuter, Mathias Kappaurer und Josef Kaufmann erklären,
was sie unter guter Gastronomie verstehen.
Eine einzigartige Location im Herzen Wiens
Als sich uns im Herbst 2013 die Möglichkeit bot, in den
1. Bezirk vorzudringen und das Stadtkino gastronomisch zu
betreuen, zögerten wir nicht lange. Uns reizte die Herausforderung, den Foyercharakter des Stadtkinos mit den Anforderungen eines Restaurants zu verbinden. Auch die damit
verbundene Kulturkomponente war für uns ein spannender
Aspekt. Durch die Vielseitigkeit der Lokalität und Gäste, die
zu Freunden geworden sind, ist das Ludwig & Adele unsere
Homebase geworden.
Kreativität statt überteuertes Designkonzept
Bei der Einrichtung wollten wir uns von gängigen GastroDesignkonzepten abheben. Das Mobiliar sollte unsere eigene unverkennbare Handschrift tragen. Wir griffen also selbst
zum Werkzeug und setzten auf klare, einfache Linien, Funktionalität und den ehrlichen Charakter von Holz. Somit verleihen unsere Tische und Sitzelemente dem Stadtkinofoyer
puristischen Flair. Während der Sommersaison öffnen wir
bei Schönwetter außerdem unsere selbst designte Terrassenbar und einen urbanen Gastgarten, wobei sich hier wieder
unsere Liebe zum Holz zeigt. Neben unserer feinen Restaurantkarte werden auch After-Work-Snacks zum Aperitivo
angeboten.
Die Küche: Leidenschaft trifft Innovation
Mit Ludwig Linser als Chefkoch konnten wir uns einen
Mann an Bord holen, der mit seiner innovativen Küche
genau unseren Stil widerspiegelt. Linser verbindet österreichische Gerichte mit asiatischen Klassikern und experimentiert mit ausgewählten Produkten. Limonaden und Tonic aus
der hauseigenen Getränkemanufaktur ergänzen das Ganze –
somit bieten wir unseren Gästen ein rundes, bodenständiges
Konzept. Die saisonal wechselnde Karte ermöglicht unserem
jungen Küchenteam die Qualität von Ludwig & Adele stets auf
hohem Niveau zu halten.
Unser Werdegang
Angefangen hat das Ganze bereits im Frühling 2012, als wir
uns relativ spontan dazu entschlossen, unsere eigene Bar im
6. Bezirk zu eröffnen: die Tonstube. Schon hier setzten wir
bei allen Arbeitsschritten auf DIY und legten selbst Hand an.
Auch an unserem eigenen Eistee, dem homemade Kaluko,
wurde erstmals in der Tonstubenküche in Eigenregie getüftelt. Was mit einer spontanen Idee begann, entwickelte sich
ziemlich schnell zu einem Selbstläufer und so kam es, dass das
nächste Projekt nicht lange auf sich warten ließ.
Ludwig & Adele unterwegs
Im Herbst 2013 wurde uns die Möglichkeit geboten, im Foyer des Stadtkinos ein Restaurant zu eröffnen. Das Ludwig &
Adele wurde ins Leben gerufen. Mit zahlreichen Caterings,
unter anderem im Kulturbereich für renommierte Kunden
wie die Wiener Festwochen und die Viennale, konnten wir
uns zudem einen Namen in der Wiener Gastroszene machen
und durften nur ein Jahr später drei weitere Locations betreuen: Nicht nur das Porgy & Bess sowie das Wien Museum, auch
die Ottakringer Brauerei vertraut seit über einem halben Jahr
auf unser junges Team.
Und es folgt der nächste Streich
Man könnte meinen, da wäre fürs erste genug zu tun, aber
weil wir Vorarlberger ja bekanntlich Arbeitstiere sind, wurden
jetzt wieder die Ärmel hochgekrempelt und das Prost Mahlzeit am Badeschiff und der Tonstube Beach realisiert - zwei
neue Herausforderungen, denen wir uns gerne stellen.
Hepa hotshit und Prost Mahlzeit
Im Mai 2015 enterte unsere Crew das Badeschiff am Donaukanal. Dem altehrwürdigen Kahn wurde ein neues Konzept
inklusive Anstrich verpasst und neues Leben eingehaucht.
Wieder ist Holz ein zentraler Bestandteil der Einrichtung,
die Gestaltung der Möbel wurde gemeinsam mit dem jungen
Designkollektiv MO-NI-KA erarbeitet.
Gastronomische Vielfalt
Weiterhin gibt es natürlich den allseits beliebten Pool im Donaukanal. Im Restaurant am Hauptdeck, welches unter der
Leitung von Ludwig Linser steht, gibt es eine maritim geprägte Bistrokarte am Abend sowie eine Salad-Bar zu Mittag,
die alle Stückchen spielt. Vormittags und abends sind unsere selbstgemachten Picknickkörbe mit feinen Kleinigkeiten
zum Mitnehmen erhältlich. Küchenchef ist der Vorarlberger
Florian Isenberg. Ebenfalls am Hauptdeck ist die Bar von Nik
Tomic untergebracht. Er serviert auch bei stürmischem Seegang ausgesuchte Spirituosen mit hausgemachten Bestandteilen.
Urban Camping und Sonnenbad
Das Sonnendeck teilt sich unsere Open-Air Bar mit unseren
Urban Camping Mini-Lofts, welche die einzige Innenstadtbeherbergung mit Outdoorpool und großartigem Kulinarikangebot darstellen. An der Sonnenbar servieren wir Erfrischungen direkt am Liegestuhl sowie täglich wechselnde
Spießkreationen. Auch die Tonstube ist mitgezogen und residiert den Sommer über neben der Laimgrubengasse auch auf
weißem Sand am Festland gegenüber.
Im Schiffsbauch ist weiterhin die Kegelbahn beherbergt, welche sich ausgesprochen gut für Feste erfolgreicher Seeräuberinnen und Freibeuter eignet.
„EINE INFERNALISCHE KOMÖDIE IM EXTRAFORMAT.“ FAZ
EIN FILM VON
SCOPE
50
DER SIEGER FILM 2015
©2014 KINO LORBER POSTER: MATT FROST
ALANE DELHAYE LUCY CARON BERNARD PRUVOST PHILIPPE JORE PHILIPPE PEUVION LISA HARTMANN CORENTIN CARPENTIER
STADTKINO FILMVERLEIH und NDM INTERNATIONAL SALES präsentieren eine 3B PRODUCTIONS und ARTE FRANCE Koproduktion mit PICTANOVO Mit Unterstützung des RÉGION NORD PAS-DE-CALAIS und LE FRESNOY STUDIO NATIONAL DES ARTS CONTEMPORAINS in Zusammenarbeit mit der CNC und COFINOVA 10 und der Beteiligung des CNC und TV5 MONDE
Regie und Drehbuch BRUNO DUMONT Produziert von JEAN BREHAT RACHID BOUCHAREB MURIEL MERLIN Kamera GUILLAUME DEFFONTAINES Schnitt BRUNO DUMONT BASILE BELKHIRI Ton PHILIPPE LECOEUR OLIVIER WALCZAK EMMANUEL CROSET Produktionsmanager CÉDRIC ETTOUATI Regieassistenz CYRIL PAVAUX AFAR Script VIRGINIE BARBAY Casting CLÉMENT MORELLE CLAUDE DEBONNET
Kostüm ALEXANDRA CHARLES Makeup ALICE ROBERT Aufnahmeleitung JULIEN BOULEY Requisiten MARTIN DUPONT-DOMENJOUD Redaktion arte JUDITH LOUIS Planungsreferentin arte MARIE-PIERRE GREGORIE Künstlerische und technische Koordination ODILE CARRIER Presse DOROTHÉE VAN BEUSEKOM
TEIL 1 DERZEIT IN DEN ÖSTERREICHISCHEN KINOS - KINOSTART TEIL 2 AM 5. JUNI