w er n er tr ense »Don’t fence me in« von Gert G. von Harling Über Werner Trense zu schreiben heißt, einer lebenden Legende zu huldigen. 90 Jahre alt ist der Zoologe, Jäger, Farmer und Abenteurer im Sommer 2012 geworden. Er hat den Geburtstag mit Freunden aus dem CIC gefeiert. Mit einer dicken Zigarre und einem guten Whisky. An der Wand hinter dem Ohrensessel, in dem Trense seine Tage verbringt, hängen viele seiner Jagdtrophäen, Bilder aus längst vergangenen Tagen und eine Leopardendecke, gefertigt aus 20 Rückenstücken. Ihr schreibt der alte Herr magische Kräfte zu. Besonders auf Frauen wirke ihr Zauber, meint er augenzwinkernd. Man merkt Werner Trense an, dass er lange in Afrika gelebt hat. Nach seinen schönsten Erinnerungen gefragt, zögert der Abenteurer im Ruhestand keinen Au- Werner Trense mit zwei unentbehrlichen Jagdutensilien: seiner Lieblingsbüchse, einer Brenneke im Kaliber 9,3 x 64, und seiner heiß geliebten Pfeife 218 werner trense genblick. »Am schönsten war der Aufbau unserer Farm in Angola. Man arbeitete mit bloßen Händen und sah, wie es jeden Tag mehr und mehr Form annahm. Und wir genossen damals unwahrscheinliche Freiheiten, natürlich auch jagdlich.« Schon 1952 hatte Werner Trense den Boden des schwarzen Erdteils betreten, als er – formell noch Student – die zoologische Expedition der Hamburger Universität leitete, um die Fauna Angolas zu erforschen. Fortan trug er Afrika im Herzen. Doch er begnügte sich nicht damit, das Gastleben eines Jägers zu führen, er wollte gestalten, mitarbeiten am »Unternehmen Afrika«. Bei seiner künftigen Frau Mutz rannte er offene Türen ein, als er ihr eröffnete, dass er einen landwirtschaftlichen Betrieb in Angola gründen wolle. Nicht übernehmen. Wenn schon, dann wollte er auf Neuland das Entstehen einer Farm miterleben. Im Januar 1958 wurde geheiratet, die Hochzeitsreise führte zur Farmgründung nach Angola, hinein ins Abenteuer Afrika. Bei dem Wort Abenteuer muss man sagen: Trense erschien es ebenso abenteuerlich, in Deutschland zu bleiben. »Die Zukunft in Deutschland erschien uns jungen Leuten zu unsicher«, erinnert er sich, »weil wir dachten, dass jeden Tag der Russe vor der Tür stehen könnte. In Afrika jedenfalls wäre man weit vom Schuss.« Werner Trense und Mutz’ Onkel Georg von Opel waren enge Freunde. Der junge Zoologe hatte es sich Anfang der 1950er-Jahre in den Kopf gesetzt, den legendären Mesopotamischen Damhirsch wiederzuentdecken, der auf persischen Teppichen und altrömischen Mosaiken abgebildet war. Vor der Abreise nach Persien hatte Trense seine Dissertation fast fertig, aber da kam ihm dieser vermaledeite Hirsch in die Quere. »Ich komme einfach nicht dazu, weiter an meiner Doktorarbeit zu schreiben«, eröffnete er seinem Doktorvater. »Ich muss den Hirsch finden.« Der Professor und Freunde beschworen ihn, sich diese Flausen aus dem Kopf zu schlagen, denn: »Diesen Hirsch gibt es nicht. Alle Zoologen sind sich darin einig.« Alle – bis auf Werner Trense. Für seine Expedition brauchte er Geld, und das erhielt Trense von Georg von Opel, gegen das Versprechen, die gefangenen Hirsche in Opels privates Wildgehege im Taunus zu bringen. Außer Opels Geld nahm der Zoologie-Student noch dessen Nichte Mutz mit auf die Reise. Es kam, wie es kommen musste: Die beiden verliebten sich ineinander, fanden den verschollenen Damhirsch und heirateten nach der Rückkehr. Georg von Opel war von der Idee seiner Nichte, Farmerin in Angola zu werden, sehr angetan und bereit, dem jungen Glück finanziell beizustehen. Im Januar 1959 fuhren Werner und Mutz im VW Bully nach Lissabon, dann samt Auto an Bord des Schiffes »MS Rita Maria« nach Luanda. Von dort ging es im VW ins Innere – auf der Suche nach geeignetem Farmland. Das wurde schließlich gefunden, rund 60 Kilometer von der namibischen Grenze entfernt. Dort wurde ein 75000 Hektar großes Gebiet abgesteckt. Kaffee der Sorte »Robusta«, Zitrusfrüchte, Tabak und Mais sollten angebaut und Rinder gezüchtet werden. Und »d on ’t f e nc e m e i n« 219 genug unberührten Busch für die Jagd gab es auch noch. Die erste Behausung war ein Zelt, das kurz darauf einer Strohhütte wich und später durch ein solides Farmhaus ersetzt wurde. In umliegenden Dörfern wurden Kontakte zur Bevölkerung geknüpft, Arbeitskräfte angeworben. Mumba sollte die künftige Farm heißen. Glückliche Jahre in Angola Eines soll hier vorweggenommen werden: Es wurden fünf glückliche Jahre in Afrika. Die Trenses lebten in Harmonie mit dem Land und seinen Bewohnern. Das lag auch an der Einstellung Werner Trenses. Er war nicht als Besserwisser gekommen, sondern als einer, der ein anderes Wissen mitbrachte, das sich gut mit dem Wissen der Menschen dieses Landes ergänzte. Im Bau von Schulen und Hospitälern sah er die Aufgabe der Europäer. Die Kultur der anderen zu achten, war ihm oberstes Gebot. Und dass er den Menschen in den umliegenden Dörfern Arbeit gab, war seine vornehmste Aufgabe. Mumba aufzubauen, die Entwicklung vom Zelt zum herrschaftlichen Farmhaus mitzuerleben, war prägend für sein Verständnis der Welt. Die Trenses hatten in Angola ihr Paradies gefunden. Es war ein landschaftlich schöner Ort. Da waren Wälder, Savannen und Wiesen mit Schwarzerde, da gab es spaltbaren Granit für den Hausbau, es gab Bäche und einen großen Fluss, es gab sogar einen Wasserfall, der sich zehn Meter in die Tiefe ergoss. Und es gab, nicht zuletzt, saubere Dörfer mit gesund aussehenden, freundlichen Menschen, die Felder bebauten und Vieh züchteten. Diese Menschen lebten in ihrer Kultur, waren darin beheimatet und nicht durch das Vordringen der Zivilisation entwurzelt. Hier ließ es sich leben. Und da war noch ein entscheidender Vorteil: Die Trenses lebten inmitten Farmerleben mit Gebirgsschweißhunden und ungezähmter Natur, in einem unendKühen – eine glückliche Zeit für Mutz und lich scheinenden Jagdrevier. Hier war Werner Trense in Angola die Jagd nicht aufgepfropft, nicht ver220 werner trense künstelt oder ein Zeitvertreib für gelangweilte Europäer. Hier war sie ursprünglich, weil lebensnotwendig. Fleisch als wichtige Nahrung holte man nicht aus dem Schlachterladen an der Ecke, sondern musste es sich erjagen, oft auf weiten Pirschgängen oder langen Ansitzen. Dieser Pflicht, die gleichzeitig Passion war, hat sich der Farmer auf Mumba natürlich gern gestellt. Den Traum vieler Menschen, zurück zu den Wurzeln zu gehen – die Trenses haben ihn gelebt. Der Hausbau schritt schnell voran. Ebenfalls der Bau eines Gästehauses – ein Muss in Afrika – und der Bau von Häusern für die Angestellten der Farm. Nach weniger als einem Jahr waren die Trenses etabliert, es wuchs auf den Feldern und im Garten, Gemüse war reichlich vorhanden und für Braten sorgte der Hausherr. Einmal schoss Trense einen kapitalen Büffel fernab der Farm. Wie sollte der wohl transportiert werden können? Während er noch darüber nachdachte, kamen rund 50 Buschmänner und begannen, sich Fleisch herunterzuschneiden. »Eigentum wie bei uns gibt es nicht, am wenigsten beim Fleisch. Und so ließ ich sie gewähren. Nach einer halben Stunde war das Fleisch aufgeteilt, auch ich hatte einen saftigen Braten. Ob sie sich bedankten, weiß ich nicht. Ihre Sprache, die aus mir unverständlichen Knack- und Schnalzlauten besteht, konnte ich nicht verstehen.« Die San revanchierten sich auf ihre Art. »Sie setzten mich an einer Ecke tief im Busch ab und gaben mir zu verstehen, dass ich dort acht Tage bleiben solle, sie würden mir einen Elefanten bringen. Und tatsächlich, sie haben mir mit ihrem unglaublichen Jagdinstinkt einen alten Bullen beschert. Man kann nicht sagen, dass sie ihn mir zugedrückt haben, sondern sie haben ihn behutsam über acht Tage in meine Richtung bewegt.« In der Trockenzeit, wenn sie der Hunger plagte, standen die San oft plötzlich am Fluss. »Ich ging dann zu ihnen und brachte ihnen Nahrung. Am liebsten hatten sie es, wenn ich ihnen frisch erlegtes Wild brachte.« Trense schätzt, dass es noch um die 70000 San gibt, vor allem in der Kalahari. Doch werden sie von anderen ethnischen Gruppen bedrängt, immer wieder umgesiedelt, in immer neue Reservate getrieben. Ein Schicksal, wie es die Indianer Nord- und Südamerikas erlitten haben und noch erleiden. Im Rahmen des CIC hat sich Trense sehr für die San eingesetzt. »Aber ich bin über deren Zukunft sehr pessimistisch.« »Afrika, jedenfalls unser Stück Afrika«, sagt Trense, »war damals unschuldig. Es gab keinen Rassenhass, keine Missgunst. Es herrschten, man kann es nicht anders sagen, paradiesische Zustände. Wenn man Nachbarpflanzer besuchte, nahm man zwar ein Gewehr mit. Aber nicht, um sich Überfällen zu erwehren, sondern um keine Gelegenheit auf einen Schuss auf ein Stück Wild zu verpassen und so den Nachbarn einen willkommenen Braten mitzubringen.« Berühmt wurde Trense im ganzen Land, weil er einen zahmen Geparden besaß, mit dem er gemeinsam auf Jagd ging. Ein Arbeiter hatte die gefleckte Raubkatze, die »d on ’t f e nc e m e i n« 221 Afrikanisches Jagdidyll. Werner Trense mit Gebirgsschweißhund Hussah und Gepard Damba. Auf der Antilopenjagd arbeiteten die drei gut zusammen. auf den Namen Damba getauft wurde, als Waise aus dem Veld mitgebracht. Damba wuchs schnell heran und vertrug sich hervorragend mit dem Gebirgsschweißhund Hussah. »Die waren wie Geschwister.« Die Jagd ging folgendermaßen vonstatten: Hussah brachte im hohen Gras versteckte kleine Antilopen auf, Damba jagte mit unglaublicher Schnelligkeit hinterher und riss sie nieder. Trense brauchte die Beute dann nur noch einzusammeln. »Hussahs Nase und Dambas Schnelligkeit, beides zusammen machte ein unübertreffliches Jäger-Duo aus«, sagt Trense. Hussah und Damba waren unzertrennlich. Sie verschliefen die Hitze des Tages nebeneinander unter einer Schatten spendenden Akazie, nachts auf einer Decke in der Vorhalle des Farmhauses. Diese Vertrautheit mit dem Gepard wurde für den Schweißhund zum tödlichen Schicksal. »Geflecktes, gelbes und braunes Fell signalisierte ihm ›gut Freund‹. Und so ist er unweit unseres Hauses einem Leoparden hinterhergelaufen, um mit ihm zu spielen. Der aber sah in Hussah nur eine Mahlzeit.« Wenn auch paradiesisch, so war das Leben auf Mumba eben auch voller Gefahren. Überall im Gras lauerten Giftschlangen, so die Puffotter oder die Mamba. Beider Bisse konnten tödlich sein. Und im Fluss warteten Krokodile auf das Vieh. Noch gefährlicher waren die Flusspferde. An einem einzigen Tag bissen und rissen sie einmal 222 werner trense vier Rinder. Auch Leoparden wüteten unter den Herdentieren. Sie waren eine leichte Beute. In den fünf Jahren auf der Farm erlegte Trense 23 dieser gefleckten Katzen. »Die rückten immer wieder nach.« Die glückliche Zeit ging dahin, erst unmerklich, dann aber deutlich. »Wir hatten uns zu Beginn nicht vorstellen können, dass dieses friedliche Land einmal in Unruhen, ja in Blut versinken könnte.« Eines Tages bekamen die Trenses Besuch von Moise Tschombé, dem Ministerpräsidenten des Kongo, wo Aufstände ausgebrochen waren. »Die greifen auch auf Angola über«, warnte er. »Aber warum denn, hier sind doch Weiß und Schwarz gleichberechtigt«, warf ich ein. »Geht fort, solange es noch Zeit ist«, erwiderte Tschombé. Mutz Trenses Gesundheit hatte sich in jener Zeit schlecht entwickelt. Sie litt unter Schlaflosigkeit und Mattigkeit. Auch das war ein Argument, nach Deutschland zurückzukehren, zumal im heimatlichen Klima die Schlafstörungen zurückgingen. Zum Schutz gegen Überfälle kaufte Werner Trense zwei Maschinenpistolen, die unter die Betten gelegt wurden. Kein würdiger Zustand zum Leben. Das Paradies konnte sich täglich in eine Hölle verwandeln. Die Trenses reisten ab und ließen die Früchte von fünf Jahren harter Arbeit zurück. Die Farm wurde an einen deutschen Tabak-Spezialisten veräußert. »Aber wir blicken nicht zurück im Zorn, nehmen wir doch wunderbare Erfahrungen und Erinnerungen mit uns, und die kann uns niemand nehmen.« Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann. Aus dem Paradies vertrieben, aber ungebrochen Nein, das Jägerleben war mit dem Kapitel Afrika für Werner Trense noch längst nicht geschlossen. Im Gegenteil: Jetzt fing sein weltweites Jägerleben richtig an. Alaska lockte und die Mongolei, Russland, Schweden, Argentinien, Finnland, Chile, Ungarn und dann doch auch wieder Afrika, Südafrika und Namibia, an dessen Grenze die Trenses ja die Farm Mumba besessen hatten. In Namibia fühlte er sich heimisch. »Wenn ich irgendwo auf der Welt unterwegs war, habe ich dort immer gejagt«, erinnert er sich. »Meist mit einfachen Leuten. Wenn die hörten, dass ich Jäger bin, war das Eis gebrochen.« Kein Wunder, dass ein Mann mit so viel Jagderfahrung auf fast allen Kontinenten 1974 Generalsekretär der Weltjagdorganisation wurde, des Internationalen Rates zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC). Er behielt diese Funktion ein Vierteljahrhundert lang. Überall, wo Trense jagte, hat er Spuren hinterlassen. Vor allem in den Herzen der Menschen. Noch heute erreichen ihn im heimatlichen Pullach Briefe aus aller »d on ’t f e nc e m e i n« 223 Welt. Sein Heim – es wirkt wie ein Naturmuseum. Trophäen sind der Schlüssel zur Erinnerung, sagen die Engländer. Seine Lieblingsbüchse, eine Brenneke im Kaliber 9,3 x 64 hat Trense behalten, die anderen Jagdwaffen verschenkt. »Aber an der hängen zu viele Erinnerungen. Wenn ich die in die Hand nehme, stehen die alle wieder vor mir.« Für Trense gilt: Hahn in Ruh. »Alles hat seine Zeit. Ich habe mit sechs Jahren anfangen zu jagen. Zuerst auf Spatzen und Stare gegen Abschussprämie auf dem Bauernhof in Mecklenburg. Ich musste unsere Obstbäume verteidigen. So habe ich bis 80 lange durchgehalten. Man ist ab einem gewissen Alter nicht mehr so beweglich. Die Augen spielen nicht mehr mit. Da muss man schon dem Wild zuliebe aufhören.« Werner Trense hat gelernt, sich zu bescheiden. »Das kommt mit dem Alter.« Eines aber ärgert den Autor des bedeutsamen Fachbuches über das Großwild der Welt: Die Aufgeregtheit so vieler Naturschutzverbände, deren Repräsentanten Funktionäre, aber keine Fachleute sind. »Den Unfug kann ich mir nicht anhören. Naturschutz soll man den Fachleuten überlassen, nicht blutigen Amateuren, selbsternannten Experten.« Auf einer CIC-Tagung in Berlin bin ich Werner Trense begegnet, nachdem er mich für den Kulturpreis vorgeschlagen hatte. Sein hohes Amt als Generalsekretär hatte er schon ein paar Jahre zuvor abgegeben. Der offizielle Teil war vorüber, man stand im Vorraum der Tagungsstätte plaudernd herum, ein Glas in der Hand. Plötzlich fixierte er mich über eine Strecke von gut 20 Metern und kam auf mich zu. »Komm, wir sollten irgendwo abseits einen Sundowner trinken.« Wir gingen in eine kleine Bar am Ku-Damm und taten es. Ich war sehr stolz. Trense rauchte seine obligatorische kurze, krumme Pfeife und genoss den Whisky. Wir tranken und tranken, unterhielten uns über Gott und die Welt und vor allem über die Jagd in Afrika. Das warme, gelbe Licht der Bar erinnerte immerhin ein bisschen an den afrikanischen Sonnenuntergang am Ende eines Safaritages. Sundowner-Zeit. Es waren unvergessliche Stunden. Aus meiner Erinnerung, aus dem, was er geschrieben hat, und aus dem, was über ihn geschrieben wurde, habe ich versucht, ein Bild des Menschen Werner Trense zu zeichnen. Ich weiß, dass es nur sehr unvollkommen gelungen ist. Dafür ist Trense einfach zu groß. Als Forscher, als Farmer, als Abenteurer, als Jäger. Und vor allem als Mensch. Als wir die Bar verließen, erklang ein uralter Schlager, der in den Nachkriegsjahren vom amerikanischen Soldatensender AFN oft gespielt wurde. »Don’t fence me in. – Zäune mich nicht ein.« Auf wen konnte das besser zutreffen als auf den alten Mann, der neben mir durch das nächtliche Berlin schritt? 224 werner trense Kai-Uwe Denker es gibt nichts gefährlicheres Ein Jagdgast hatte einen starken Leoparden beschossen, der in eindrucksvoller Weise in der Astgabel eines knorrigen Ahnenbaumes gestanden und zu unserem Schirm herübergeäugt hatte. Der Leopard war halb springend, halb fallend aus der Astgabel geflogen, wieder hochgekommen und grollend geflüchtet. Später stellte sich heraus, dass er sehr tief, sehr weit hinten, weichgeschossen war. Nach einer Weile begaben wir uns zum Anschuss und fanden dort weißliches Risshaar und etwas Schweiß. Also Nachsuche. Nachsuche auf einen angeschossenen Leoparden. Schon nach 100 Metern hatte der Leopard angehalten und sich danach immer wieder hingelegt. Mit allergrößter Vorsicht, langsam und immer wieder anhaltend folgten wir nun der Schweißfährte. Es war noch früh am Nachmittag und wir hatten genügend Zeit. Dies ist eine heiße, heiße Sache. Die Buschmänner folgen der Fährte zwar konzentriert, aber scheinbar recht sorglos. Sie haben ein unerschütterliches Vertrauen in mein Gewehr. Das ist zwar schmeichelhaft, aber ich bin mir darüber im Klaren, dass die Wahrscheinlichkeit, dass es hier zu einem Unfall kommt, sehr groß ist. Wir befinden uns zwar nicht in einem richtigen Dickicht, aber das Gelände besteht aus dichtem Laubbusch, an vielen Stellen mit verfilztem, trockenem Gras als Unterwuchs. Genau das richtige Gelände, in dem sich ein Leopard bis zur absoluten Unkenntlichkeit verstecken kann. In dem er uns auf drei, vier Meter herankommen lassen kann, bevor er uns an die Gurgel schnellt. Nein, ich bin mir im Klaren, dass meine Chancen sehr schlecht stehen, aber hier müssen wir durch. Immer wieder halte ich die Buschmänner an, ermahne sie, langsam und vorsichtig vorzugehen, in jeden Busch zu gucken. So tasten wir uns voran – minutenlang anhaltend, lauschend, spähend. Dann wische ich mir den Schweiß von den Handflächen, bevor ich mein Gewehr wieder fest anpacke und wir weitergehen. Ich habe mein Gewehr mit dem Kolben im Gürtel stehen, während ich es mit der Linken so am Vorderschaft und mit der Rechten so am Kolbenhals halte, wie ich es im Anschlag auch tue. Der Lauf braucht nur nach vorne und der Kolben an die Schulter zu kippen und ich bin bereit. Dennoch – wenn der Leopard schräg von hinten kommt, wird er fast zwangsläufig einen von uns erwischen. e s gi bt n ic h t s g e fä h r l ic h e r e s 225
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