leseprobe - tip Berlin

250 IDEEN FÜR SONNIGE TAGE
EDITION 2015
7,90 €
SOMMER I N B ERL IN
SOMMER IN BERLIN
TOLLE TIPPS FÜR
SCHÖNE TAGE
ES
GROSS
­
FERIEN
R A MM
PROG DER
FÜR KIN
Raus ins Freie: 250 Empfehlungen
für die beste Zeit des Jahres
AB INS WASSER!
EDITION 2015
Schwimmen, paddeln, surfen:
die schönsten Seen und Strände
AUF INS GRÜNE!
Rad fahren, picknicken, erholen:
die lauschigsten Parks und Wälder
JETZT WAS KÜHLES!
4 190125 907905
01
Essen, trinken, genießen:
die besten Biergärten und Eisdielen
E S S E N | T R I N K E N | K U LT U R
E R H O L U N G | S P O R T | F E S T I VA L S
INHALT
01
STADTLEBEN
AM UFER
06
AUF DEM WASSER
14
Ob Landwehrkanal, Spree oder der kleine
Enten­teich im Park: An Berlins Gewässern
findet jeder Hauptstädter sein Plätzchen
Wer Berlin mit Kanu, Tretboot oder Floß
erkundet, sieht die Stadt mit anderen Augen
AM STRAND
18
Es muss nicht immer der Wannsee sein:
die schön­sten Strandbäder in und um Berlin
KULTUR
IM RAMPENLICHT
44
AUF DER LEINWAND
52
03
Im Sommer wird ganz Berlin zu einer großen
Bühne – mit Klassikfestivals und Lollapalooza,
Shakespeare und Pyronale
Die Saison ist eröffnet: Berlins Open-AirKinos zeigen Sehenswertes an lauschigen Orten
AUF DER STRASSE56
Berlin ist das neue Mekka der Street-Music-­
Szene und ewige Hauptstadt der Flohmärkte
UNTER FREIEM HIMMEL 84
05
FOTOS BENJAMIN PRITZKULEIT; ROBIN KIRCHNER /
PIFFL MEDIEN; L AUR A HEGEWALD
SPORT
Streetball, Yoga, skaten oder Crossfit –
Outdoor ist das neue Trimm-dich: Wie
Open-Air-Sportarten die Parks erobern
AUF DEM RAD
98
Kreuz und quer durch die Stadt: auf vier
­urbanen Fahrradrouten sicher ans Ziel
IM WASSER
104
Raus aus dem Pool: Freiwasserschwimmen
und andere Trendsportarten
4
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02
STADT + NATUR
IM PARK
28
IM WALD
36
Demokratisch, beschützt und unkommer­
ziell: Berlins grünste Oasen mitten in der
Stadt – von Treptow bis zum Wedding
Großstadtdschungel mal anders: vier
Ausflüge in die schattige Natur am Stadtrand
04
ESSEN + TRINKEN
AM WASSER
64
UNTER BÄUMEN
72
Schöne Aussicht: Berlins Gastronomie lockt
mit Matjes-Burger, Maishähnchenbratwurst
und Bewährtem auf Schiffe und Stege
Einfach ehrlich: In Berlins Biergärten trifft
man sich zu handfester Küche
IM HÖRNCHEN
76
Neue Geschmackserlebnisse und TopQualität: die leckersten Eisdielen der Stadt
IN BRANDENBURG
82
ILLUSTRATION MIRIAM BAUER FOTOS ARIANE BILLE /
W W W.ARIANE-BILLE.DE; Y VES SUCKSDORFF / CABUWA ZI
Auf dem Land entstehen die ersten
Außen­posten für urbane Besser-Esser
06
KINDER + FAMILIE
AUF DER KLETTERBURG110
Viele Berliner Spielplätze sind fantasievoll
gestaltete Areale zum Toben, Planschen und
Sich-Ausprobieren
IN DEN FERIEN
120
Vereine und Museen sorgen den Sommer über
mit kindgerechten Events für Abwechslung
IMPRESSUM
130
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5
RU B RIK RUBRIK
DAS
UFERT
AUS
Ohne Öffnungszeiten, ohne Eintrittsgeld: Sobald die Sonne
rauskommt, treffen sich die Hauptstädter an den Böschungen ihrer
Binnengewässer – und zwar überall dort, wo es ihnen passt
TEXT LEA-MARIA BRINKSCHULTE FOTOS BENJAMIN PRITZKULEIT
8
S O M M E R I N B E R L I N 2 015 T I P B E R L I N
U
nter den hängenden Ästen der Trauerweiden
weht vom Ufer ausgelassenes Gelächter he­
rüber, dazu heitere Musik und das Klingen
anstoßender Flaschen, das ab und an von lautem Ru­
fen und Hupen durchbrochen wird. Autos rumpeln am
gepflasterten Paul-Lincke-Ufer entlang und über die
Kottbusser Brücke rauscht ein steter Verkehrsstrom.
Wer hier an den Mauern des Landwehrkanals sitzt, lässt
sich dadurch nicht stören. Genauso wenig wie durch die
Absperrgitter, die das Betreten dieses Uferbereichs ver­
bieten: Einsturzgefahr, warnt das Bezirksamt. Doch so­
wohl mittags als auch in der Abendsonne baumelt man
hier mit den Beinen über dem Wasser und genießt bei
einem Wegbier und Leckereien vom gegenüberliegen­
den Markt die urbane Stadtromantik am Wasser. Diese
Stimmung ist so typisch für Berlin wie das berechtigte
Image, hier für wenig Geld viel erleben zu können. Denn
es stimmt ja: Wo Wasser ist, da ist auch Leben. Und von
beidem gibt es in der Stadt jede Menge.
Berlins bekanntestes fließendes Gewässer, die Spree,
teilt die Stadt in zwei Hälften. Von Ost nach West durch­
fließt sie vom Dämeritzsee aus das Stadtgebiet und
mündet in Spandau in die Havel. 44 Kilometer der Spree
gehören damit zu Berlin. Schon seit dem Mittelalter ist
sie ein wichtiger Handelsweg – und ein bedeutender
Teil der Berliner Geschichte, nicht immer im positiven
Sinne. Während der Teilung der Stadt markierte der
Fluss an der Oberbaumbrücke die Grenze zwischen
Ost und West. Als stark bewachter Grenzpunkt wurde
die Spree nicht nur bei Fluchtversuchen, sondern auch
durch fehlgeschlagene Rettungsaktionen – gescheitert
aufgrund von Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen
Ost und West – zu einem nassen Grab.
Umso mehr ist die Spree heute, über 25 Jahre nach
dem Mauerfall, zu einem Symbol für Freiheit und ei­
ner Projektionsfläche für Visionen geworden. Davon
zeugen nicht nur die lustig zusammengeschraubten
Gefährte, die sich hier im Sommer von den Uferwegen
aus beim Vorbeischippern bestaunen lassen, sondern
auch die Uferwege selbst. Sie sind hart umkämpftes
Terrain. An Bauvorhaben wie der Mediaspree oder alter­
nativen Projekten wie dem Holzmarkt scheiden sich die
Geister. Trotzdem oder gerade deshalb wird, sobald die
Sonne scheint, fast jeder freie Meter Ufer zum lauschi­
gen Treffpunkt umfunktioniert – auch wenn hier am
Wasser nicht nur Bäume in den Himmel ragen, sondern
auch manch Schornstein oder schnödes Gewerbegebäu­
de. Wie in kaum einer anderen deutschen Stadt verbin­
det der Fluss Urbanität und Natur. Nur beschwimmbar
ist die Spree innerhalb des Stadtgebietes nicht. Dafür ist
die Wasserqualität zu schlecht, was nicht zuletzt an der
bei starken Niederschlägen überlasteten Kanalisation
der Stadt liegt. Auch die Kraftwerke Charlottenburg
und Reuter dürften nicht unbedingt zur Steigerung der
Wasserqualität beitragen. Doch wer am Ufer sitzt, den
stört das nur wenig.
Von dieser urbanen Romantik profitiert auch der
Landwehrkanal, eine künstlich angelegte Wasserstraße,
die auf ihren rund zehn Kilometern größtenteils parallel
T I P B E R L I N S O M M E R I N B E R L I N 2 015
Wo Wasser ist, da ist
auch Leben: Großstadtflaneure am Spreeufer
des James-Simon-Parks
bei der Museumsinsel
zur Spree durch Charlottenburg, Tiergarten, Kreuzberg
und Neukölln verläuft, durch besonders beliebte Bezir­
ke also. Fahrradfahrer halten auf ihrem Schleichweg am
Urban-Krankenhaus vorbei spontan an, um sich neben
ihrem Vehikel auf der Wiese am Urbanhafen zu sonnen.
Ein paar Meter weiter, auf der Admiralsbrücke, erstaunt
nicht nur das vielsprachige Stimmengewirr, sondern
auch die Dichte des Gedränges. Feuerzeuge oder Fla­
schenöffner werden herumgereicht, so entstehen neue
Kontakte und Partystimmung. Sehr zum Verdruss der
Anwohner, die sich regelmäßig über die bis in die Nacht
andauernde Lärmbelästigung beschweren und sich
tatsächlich schon zu der Forderung hinreißen ließen,
den Treffpunkt Admiralbrücke aus Touristenführern
streichen zu lassen. Doch natürlich ließen sich die be­
troffenen Verlage nicht in ihren Job reinreden. Genauso
wenig, wie sich die Berliner ihre Treffpunkte am Wasser
diktieren lassen.
9
S TA DTLEBEN AM UF E R
ADMIRALBRÜCKE
In der Vergangenheit sorgte der Hotspot
am Landwehrkanal in der Nachbarschaft
wegen nächtlicher Lärmbelästigung be­
reits mehrfach für Ärger. Dennoch lassen
sich Berliner und Wahlberliner ihre Ad­
miralbrücke nicht wegnehmen. Hier sitzt
man vor allem zum Sonnenuntergang in
lebhafter Runde am Geländer der Brücke,
nicht selten spielen Straßenmusikanten
ihre Lieder. Gelegentlich vorbeifahrende
Autos stören dabei niemanden.
Admiralstraße zwischen Planufer und Fraenkelufer, Kreuzberg
MONBIJOUPARK/
JAMES-SIMONPARK
Im Hintergrund die S-Bahn, vor einem Mu­
seumsinsel und Dom. Mitten im urbanen
Grün fließt die Spree vorbei und befördert
Touristen auf Sightseeing-Tour. Die Wiesen
des Monbijouparks sind ausdrücklich zum
Sonnenbaden und Ballspielen ausgewiesen.
Mit Grillplatz und dem Kinderfreibad Mon­
bijou ist er – ebenso wie der angrenzende
James-Simon-Park – auch für Familien
ideal, um am Ufer den Sommer zu genießen.
zwischen Monbijoustraße und Friedrichsbrücke, Mitte
10
S O M M E R I N B E R L I N 2 015 T I P B E R L I N
SPREEBOGEN
Zwischen dem Haus der Kulturen der Welt
und der Kronprinzenbrücke erstreckt sich
nicht nur ein schöner, asphaltierter Weg,
den Fahrradfahrer als autofreie Alterna­
tivstrecke nach Mitte schätzen. Zum Was­
ser hin gibt es auf beiden Seiten der Spree
einen angenehm breiten Rasenstreifen, auf
dem Spaziergänger verschnaufen und den
Fahrgastschiffen beim Vorbeituckern zuse­
hen. Die mitten auf dieser Strecke liegende
Capital Beach Bar verströmt zwar eher Bal­
lermann-Atmosphäre. Abseits davon findet
sich jedoch genug Platz zum ungestörten
Entspannen.
Ludwig-Erhard-Ufer, Tiergarten
TIERGARTENUFER
Am Tiergartenufer, kurz vor der Schleuse,
findet sich im umtriebigen Park immer
noch ein ruhiges Plätzchen – wenn man
sich vom Geschrei und Gebrüll der Zootie­
re am gegenüberliegenden Ufer des Land­
wehrkanals nicht stören lässt. Und wem das
auf Dauer dann doch zu viel Lauschigkeit
ist, findet in den nahe gelegenen Biergärten
vom Schleusenkrug und Café am Neuen See
reichlich Zerstreuung.
Tiergartenufer zwischen Lichtensteinbrücke und
Schleusenkrug, Tiergarten
11
INSEL DER JUGEND
URBANHAFEN
Die Zeiten der lauten Partys auf der Insel
der Jugend sind vorbei. Seit 2010 der Verein
Kulturalarme den Betrieb des hier ansässi­
gen Jugendclubs übernommen hat, gelten
neue Lautstärkebegrenzungen. Partys fin­
den darum nur noch im alten Abteihaus
statt. Doch viel schöner ist es sowieso drau­
ßen auf der Liegewiese und an der Uferbö­
schung. Damit ist die Insel mitten in der
Spree einer der idyllischsten Plätze an Ber­
lins Gewässern. Auf dem Gelände kann man
außerdem Tretbootklassiker aus den 50erbis 70er-Jahren und handbemalte Kanus
ausleihen.
Unweit der Admiralbrücke geht es an den
Ufern des Urbanhafens etwas ruhiger zu.
Ungestört vom Straßenverkehr kann man
sich hier auf den Wiesen langmachen und
im Schatten der Bäume Schwäne beobach­
ten. Wenn es Abend wird am Landwehrka­
nal, hat man die Wahl: Vom Nord­ufer aus
geht hinter dem Urbankrankenhaus die
Sonne unter, während der Blick vom Süd­
ufer auf die sonnenbeschienenen Fassaden
der 70er-Jahre-Bauten am Böcklerpark fällt.
zwischen Baerwald-und Admiralbrücke, Kreuzberg
Bulgarische Straße 62, Treptow
12
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ENTENTEICH IM
RUDOLPH-WILDE-PARK
Der U-Bahnhof Rathaus Schöneberg ist einer der ersten
und schönsten U-Bahnhöfe Berlins, denn die damals
selbstständige Stadt Schöneberg eröffnete 1910 die ers­
te kommunale Untergrundbahn Deutschlands. Direkt
am Bahnhof erblickt man auf der Ostseite den Spring­
brunnen des Rudolph-Wilde-Parks, gekrönt von einem
goldenen Hirsch. Auf der Westseite erstreckt sich ein
Teich, von Schilf umgeben und von Enten, Reihern und
Goldfischen bevölkert. In den großen Fensternischen
des U-Bahnhofes sitzt man im Sommer tagesunabhän­
gig gemütlich und quasi im eigenen Separee am Wasser.
an der Carl-Zuckmayer-Brücke zwischen Freiherr-vom-Stein-Straße
und Fritz-Elsas-Straße, Schöneberg
PRÄSIDENTEN­
DREIECK
Der vollständige Name dieses kleinen grünen
Flecks lautet „Park auf dem Bundespräsiden­
ten-Dreieck“ und diente bis 1997 als Parkplatz
des Bundespräsidialamtes. Heute ist es hier
auch an heißen Tagen dank der vielen Bäume,
die die Uferwiese beschatten, angenehm kühl.
Obwohl direkt auf der gegenüberliegenden
Uferseite das Schloss Bellevue liegt, treffen sich
im Park eher Anwohner als Touristen – vor al­
lem Studenten, die abends einen kleinen Grill
auf die Ufermauer stellen und ihr Grillgut mit
Freunden bei Wein und Bier genießen.
FOTO SUSAN SCHIEDLOFSK Y / R AUFELD (RECHTS OBEN)
gegenüber vom Bellevue-Ufer, Moabit
TELTOWKANAL
Der 1906 in Betrieb genommene Kanal ist mit seinem
geraden Verlauf, der zwischen Zehlendorf und der Stadt
Teltow teilweise die Landesgrenze von Berlin und Bran­
denburg markiert, ideal für eine Radtour. Für Pausen
finden sich an der Uferböschung die ein oder andere
nette Stelle. Oder man picknickt im schönen Schloss­
park Lichterfelde. Schwimmen gehen sollte man im
Kanal besser nicht – er gilt als schmutzigstes Gewäs­
ser Berlins. Wer auf den Sprung ins kühle Nass nicht
verzichten will: Das Sommerbad Lichterfelde, von den
Berlinern liebevoll Spucki genannt, grenzt direkt an
den Uferweg.
Teltowkanalabschnitt zwischen Birkbuschstraße und Wismarer Straße,
Lichterfelde
T I P B E R L I N S O M M E R I N B E R L I N 2 015
13
ES S E N + TRINK EN E IS
D
Zuckersüßes, blau leuchtendes Schlumpfeis
war gestern. Das kalte Dessert ist
erwachsen geworden. Unter den rund
500 Eisdielen der Hauptstadt haben
anspruchsvolle Manufakturen für einen
Qualitätssprung nach oben gesorgt
TEXT ARIANE BILLE
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EINFLÜSSE AUS DER SPITZENGASTRONOMIE
Auch Nico Robert, ein Patissier aus der Spitzengastronomie, der seit ein paar Jahren seinen Eisladen Hokey
Pokey in Prenzlauer Berg betreibt, hat kräftig an der
­Anhebung der Berliner Eisqualität mitgewirkt. Seine
Eiskreationen wie Banane in Rohrzucker karamellisiert oder Rum flambiert mit Schoko-Brownie-Stückchen und gerösteten Pekannüssen begeistern vor allem
Erwachsene, die geschultere Geschmackssinne haben,
experimentierfreudiger sind und die ihm – ­mitunter
zum Ärger der Anwohner – fast das ganze Jahr die Bude
einrennen.
S O M M E R I N B E R L I N 2 015 T I P B E R L I N
FOTO GABRIELLE JONES
NEUE EISZEIT
as Kreuzberger Eiscafé Anna Durkes – im Sardischen bedeutet es „Anna Süßigkeit“ – ist
liebevoll wie ein Wohnzimmer eingerichtet.
Mit ihrem Laden haben sich Anna und Georgio Sau,
eine ehemalige Kosmetikbiologin und ein Jurist aus
Sardinien, einen Kindheitstraum erfüllt. Denn gutes,
handgemachtes italienisches Gelato ist für die beiden
gleichbedeutend mit purer Lebensfreude. Wobei nicht
jeder Kunde auf Anhieb begriff, warum das Pistazieneis hier nicht kreischgrün leuchtet, das Minzeis
weiß ist und es auch keine bunten Streusel als Topping
gibt. Doch die Zunge siegt über die Augen. Viele Kunden hätten mittlerweile Lieblingssorten, sagt Anna
Sau. Einer beispielsweise bestelle während der Saison
ausschließlich täglich Crema al Limone. „Der zarte, zitronig-seidige Geschmack erinnert ihn an die glücklichen Momente eines Italienurlaubs.“
EI S E S S E N + T RINKEN
Leckeres Eis, schönes Ambiente:
das Hokey Pokey (links) und das
Cuore di Vetro (unten)
Zu den Stammgästen des Cuore di Vetro, einem von
Angelika Kaswalder und Guido Dorigo betriebenen
Eisladen in Mitte, gehören auch die Einstürzenden
Neubauten – die Lieblingsmusiker des kulturaffinen
Paares. Eingerahmt von den Werken befreundeter
Künstler kreieren Kaswalder und Dorigo in ihrem Salon echtes italienisches Gelato. Hinter einer großen,
polierten Glasscheibe werden die Zutaten verarbeitet,
die die beiden von ihren Reisen mitbringen: Haselnüsse aus dem Piemont, Pistazien aus Sizilien oder Vanille
aus Tahiti. Außerdem wird hier viel frisches, saisonales
Obst untergemischt.
FOTOS ARIANE BILLE / W W W.ARIANE-BILLE.DE
DAS EIS DER MIGRANTEN
Doch nicht nur zugewanderte Italiener haben den Berlinern in Sachen Eis auf die Sprünge geholfen. Auch aus
Syrien, woher Rafik Almadah stammt, kommen Einflüsse. Sein in Neukölln liegendes orientalisches Eiscafé
– es ist in Europa einmalig – hat er nach der bekannten
arabischen Telenovela „Bab al Haram“ genannt. Eingerichtet ist der Laden ähnlich wie der seines Schwagers
in Damaskus, bei dem er die orientalische Eismacherei
gelernt hat.
Mit einem mächtigen Holzknüppel stampft ­Rafik
Almadah die syrische Milcheisspezialiät Bakdash.
„Guck dir meine Hände an“, sagt er. „Die sehen schlimmer aus als die von Bauarbeitern.“ Im Unterschied zu
italienischem Eis ist die kalte Speise aus Syrien von der
Konsistenz her etwas zäher, klebriger und zieht sich wie
Leim am Löffel entlang. Hergestellt wird sie typischerweise aus Milch, Zucker, frischen Früchten und Rosenwasser. Mit Pistazien bestreut wird das Dessert serviert.
Rafik Almadah erfindet aber nach Lust und Laune auch
eigene Eissorten. Sein „Avocado“ etwa erfrischt angenehm und zergeht nur ganz leicht süß auf der Zunge.
GENUSS AUS DEM ROLLENDEN LABOR
Boris König und Phillip Niegisch haben Physik beziehungsweise Betriebswirtschaft studiert. Und im Rahmen einer Start-up-Vorlesung in der Freien Universität
die Idee zu einer ungewöhnlichen Eisbude entwickelt,
T I P B E R L I N S O M M E R I N B E R L I N 2 015
in die beide ihre Fachkenntnisse einbringen konnten.
Denn bei Woop Woop Icecream – ein poppig-bunter
Foodtruck, mit dem sie in der ganzen Stadt unterwegs
sind – geht es nicht nur um das fertige, gefrorene Produkt. Auch der Herstellungsprozess gerät zum Spektakel: Mithilfe von Stickstoff und einer Schockfrostung
bei minus 200 Grad entsteht vor den Augen der Kunden
die genussfertige frische Speise. „Eis essen soll Spaß
machen!“, ist das Credo der beiden Gründer. Aber auch
der Geschmack soll ein Erlebnis sein, denn mithilfe der
Schockfrostung bekommt das Eis eine schöne Dichte,
bleibt dabei aber gleichzeitig wunderbar cremig. Etwa
ihr veganes Grünkohl-Matcha-Eis mit Agavendicksaft.
Oder die Sorten Peanutbutter-Bacon beziehungsweise
Blaubeer-Mohn.
Experimentierfreudig sind Boris König und Phillip
Niegisch eben nicht nur hinsichtlich der Herstellungsweise ihres Eises. Auch geschmacklich probieren die
beiden ständig etwas Neues aus.
77
ES S E N + TRINK EN E IS
Maike, woher kommt Ihre
Leidenschaft für Eis?
M A I K E D E R O S E Die habe ich
meiner Oma zu verdanken. Sie
liebte gutes Eis und hatte die
Gabe, einen Gang in die Eisdiele zu einer kleinen Weltreise
und etwas ganz Besonderem zu
machen. Gutes Eis ist für mich
ein Stück glückliche Kindheit,
ein Augenblick des Innehaltens und puren Vergnügens.
Einmal im Monat lädt die Berliner
­Eisbloggerin Maike de Rose zu einer
sogenannten „Eiskugelei“. Dabei treffen
sich anspruchsvolle Schleckermäuler
nicht nur zum gemeinsamen Eisgenuss,
­sondern auch zum Fachsimpeln
In Ihrem Food-Blog „Berlin ißt Eis!“
geht es um Eis aus Berlin. Haben Sie
inzwischen alle Eisdielen abgegrast?
Es gibt immer wieder neue Eisläden, Eissorten und neue, mit Eis verknüpfte Themen.
Eis befindet sich stets im Wandel.
Welche Trends sehen Sie derzeit? Das Angebot an veganem Eis und Eis für
Menschen mit Unverträglichkeiten wird
immer breiter. Wurde man vor Kurzem
noch komisch angeschaut, wenn man nach
so etwas gefragt hat, so sind solche speziellen Sorten heute eine Selbstverständlichkeit. Darüber hinaus ist es auch toll zu sehen, wie das Bewusstsein für gutes Eis aus
natürlichen Inhaltsstoffen immer stärker
78
wird und wie dadurch auch klassische Eissorten wiederbelebt werden. Woran erkennt man gutes Eis?
Nicht nur der Geschmack ist in Sachen Eis
sehr unterschiedlich, sondern auch die Ansprüche, welche Temperatur und Konsistenz als gut empfunden werden. Für mich
selbst sollte Eis herrlich weich und cremig
sein, nicht zu kalt, zart auf der Zunge zerschmelzen und dabei sein volles natürliches Aroma entfalten. Sorbet darf etwas
kälter und fester sein, sollte aber keine Eiskristalle enthalten und nicht wässrig sein.
Künstlich oder alt und wie schon mal aufgewärmt darf Eis auf keinen Fall schmecken.
Sie organisieren in Berlin Eistouren.
Wie läuft so etwas ab?
Bei meiner „Eiskugelei“, die
ich im Sommer einmal monatlich veranstalte, steuern
wir Eisdielen an, in denen
Eis aus natürlichen, regionalen Produkten handwerklich
hergestellt wird. Dabei erfahren wir von den Eismachern,
welche Vision sie haben. Und
dann probieren wir uns nach
eigenen Vorlieben durch die
Sorten. Die „Eiskugelei“ ist kostenlos, für
sein Eis bezahlt aber jeder selbst.
INTERVIEW: ARIANE BILLE
BERLIN ISST EIS!
www.berlinissteis.wordpress.com
EISKUGELEI-TERMINE
www.yelp.de/events/berlin-eis­kugeleimeets-woop-woop-icecream-uye
S O M M E R I N B E R L I N 2 015 T I P B E R L I N
FOTOS BRENT HOFACKER / FOTOLIA; ARIANE BILLE / W W W.ARIANE-BILLE.DE (3)
„GUTES EIS IST FÜR MICH EIN
AUGENBLICK DES INNEHALTENS“
EI S E S S E N + T RINKEN
VON GELATO
BIS BAKDASH
Berlin gilt als heimliche
Eishauptstadt Deutschlands.
Nirgendwo sonst sind die­
Einflüsse so vielfältig und ist
die Experimentierlust so groß
CUORE DI VETRO
Das junge Musikerpaar Angelika Kaswalder
und Guido Dorigo macht echtes italienisches
Gelato mit viel Amore. Täglich werden im Cuore di Vetro, dem „Herz aus Glas“, rund 16 Eissorten frisch mit feinsten Zutaten zubereitet.
In die Sorbets kommt nur frisches Obst der
Saison, Zutaten wie Haselnüsse, Pistazie, Vanille oder Schokolade werden bei kleinen Herstellern gekauft, die das Paar während seiner
Reisen ausfindig macht. Das vegane, cremige
Schokoladensorbet hat vergangenes Jahr sogar
einen Preis gewonnen.
Max-Beer-Straße 33, Mitte, Di–Fr 9–21 Uhr, Sa+So 10–21 Uhr,
Facebook: Cuore di Vetro
ANNA DURKES
Das hedonistische Lebensgefühl des italienischen
La dolce vita versprühen Anna und Georgio Sau im
Graefekiez in Kreuzberg, wo sie die Berliner mit
traditionell handgemachtem Gelato verwöhnen.
Die täglich wechselnden Sorten werden mit saisonalen, lokalen und manchmal exotischen Zutaten
von höchster Qualität zubereitet. In der Eisvitrine
finden sich hauptsächlich Klassiker wie Pistacchio, Meringa, Tiramisu oder Jogurt Frutti Rossi,
die aber alle mit einem gewissen Etwas überraschen und von den bunten ethnischen Kulturen
Berlins inspiriert sind.
Graefestraße 80, Kreuzberg, aktuelle Öffnungsseiten jeweils über
Facebook: Anna Durkes, www.annadurkes.com
BAB AL HARA
Rafik Almadahs orientalisches Eiscafé Bab Al Hara ist
einzigartig in Europa, nur hier kann man die ­syrische
Milcheisspezialität Bakdash genießen. Das Eis wird
vom Chef höchstpersönlich per Hand mit einer besonderen Hammerschlag-Technik geschlagen und
hat eine außergewöhnlich zäh-cremige Konsistenz.
Neben der traditionellen Milcheissorte, die nach Rosenwasser schmeckt und mit Pistazien bestreut serviert wird, gibt es wechselnde Sorten wie Tutti Frutti,
Schokolade oder Avocado.
Sonnenallee 70, Neukölln, Mo–So 10.30–24 Uhr,
Facebook: Bab Al Hara
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ES S EN + TRINK EN E IS
GIORGIO
LOMBARDI
WOOP WOOP
ICECREAM
Zum Eisgenuss servieren Boris König und Phillip Niegisch in ihrem Foodtruck Woop Woop IceCream auch
Spannung: Die beiden Jungs zaubern aus frischer
Milch, Sahne und Zucker, frischen Früchten, Schokolade oder Nüssen mithilfe von minus 200 Grad kaltem
und flüssigem Stickstoff vor den Augen der Kunden
frische Eiscreme. Jede Sorte steckt voller Überraschungen: In der Schokolade verstecken sich dicke BrownieChunks, Erdbeere wird mit Minze, weißer Schokolade
oder Mohn kombiniert und manchmal gibt’s auch
Kürbis- oder Milchreiseis. Vegane Eisfreunde werden
mit Mandelmilch beglückt.
Regelmäßiger Standort: Beachbar Charlie’s Beach am Checkpoint Charlie,
www.woopwoopicecream.de
HOKEY POKEY
Rhabarber-Crème-fraîche-Eis, Limettenund Grapefruitsorbet, gegrillte Banane mit
Rum und Schoko-Brownie oder LemonCurd-Himbeereis – so klingt der Frühling
im Hokey Pokey, der wohl populärsten Eis­
patisserie in Prenzlauer Berg. Nico Robert
ist ein wahrer Eiskünstler. In seine Eistheke schaffen es nur Sorten, die ihm selbst
schmecken und die von der Geschmackskomposition über die Konsistenz bis hin
zur Farbe immer überraschend sind. Die
Kunden sind von der Qualität überzeugt –
egal, wie lange sie in der Warteschlange
auch schmachten müssen.
Seit zehn Jahren machen Giorgio und Lara
Lombardi Eis. Die beiden Italiener haben
ihren Familienbetrieb in Mitte direkt am
Rosenthaler Platz eröffnet. Das Handwerk
des Eismachens kann im offenen Eislabor
bestaunt werden. Hier kreiert das Patissier-Pärchen klassische italienische Sorten
wie Stracciatella und Schokolade, aber auch
gewagtere Kreationen wie Ricotta-Basilikum, Zitrone-Sellerie und laktosefreies
Sojaeis. Rund 20 Eissorten verstecken sich
in der Carapina, der traditionellen geschlossenen Eiskühltheke, in der das natürliche Aroma und die Konsistenz besser
erhalten bleibt. Wie in Italien wird das Eis
in die Waffel gespachtelt, die nach Wunsch
vorher unter einen Schokoladenbrunnen
gehalten wird.
Weinbergsweg 4, Mitte, Mo–Fr 9–20 Uhr,
Sa+So 10–20 Uhr, www.giorgiolombardi.com
GELATERIA
MOS EISLEY
Wer die komplette Eiswelt schmecken will, sollte
die Eismacherin Daniela Teuber in ihrer Gelateria
Mos Eisley in Neukölln besuchen. Hier verkauft die
Quereinsteigerin echtes Berlin Craft Gelato. Neben
außergewöhnlichen Sorten wie Gin, Zitrone & Rosmarin, Ricotta & Himbeer oder veganer Aprikose
& Thymian experimentiert Daniela immer mit
den Lieblingssorten der Kunden. So wird diesen
Sommer ihr beliebtes Cheesecake-Gelato mit dem
fruchtigen Swirl der koreanischen Yuza Mandarine
verfeinert: Yuza Cheesecake – der Must-Taste 2015,
prophezeit sie.
Herrfurthplatz 6, Neukölln, aktuelle Öffnungsseiten auf der Webseite,
www.moseisley-gelateria.de
Stargarder Straße 73, Prenzlauer Berg, Mo–So 13–18 Uhr,
www.hokey-pokey.de
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E IS E S SE N + TR I N KE N
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Knesebeckstr. 18
10623 Berlin
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Reservierungen unter:
 030 312 93 81
[email protected]
www.ristorante-brunello.com
FOTOS ARIANE BILLE / W W W.ARIANE-BILLE.DE; SAR AH HEUSER / HIPI; GABRIELLE JONES
JONES ICE CREAM Mo-Sa tägl. ab 17 Uhr
Sonntag ab 12 Uhr
Mit ihrem grünen Foodtruck fährt die Patissière
Gabrielle Jones den Sommer über durch Berlin und
überrascht überall, wo sie auftaucht, mit ihren hausgemachten Eiskreationen wie Rosted Strawberry and
Cream, Matcha Green Tea oder Whiskey Cornflakes
Pekan. Man findet sie auf Musikfestivals, Streetfood-Events oder während kurzer spontaner Stopps.
Wo die Französin gerade unterwegs ist, kann man auf
ihrer Homepage oder Facebook-Fanpage erfahren.
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PRÄSENTIERT
Standorte und weitere Infos unter Facebook: Jones Ice Cream,
www.jonesicecream.com
N E U:
EISBOX
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Die Gastro-App:
„Berlins Speisekarte“
Auf der lauschigen Elberfelder Straße in Moabit überrascht Marion Schmid mit einer ganz besonderen
Perle – ihrer Eisbox. Je nach Saison findet man bei ihr
Eissorten, die wie Musik in den Ohren klingen: von
Limone-Rosmarin, Schokolade mit Ziegenmilch und
einer Prise Meersalz über Rhabarber-Joghurt, Estragon-Zitronenverbene-Sorbet, Sauerampfer, Pflaume-Zimt bis Apfel-Staudensellerie. Zwölf Eissorten
hat Marion Schmid zur Auswahl – mehr nicht. Dafür
aber in Bioqualität und aus besten Zutaten. Die Hälfte
der Eissorten kreiert sie im Hinterzimmer ihrer Eisdiele jede Woche neu. Mittlerweile hatte sie mehr als
100 Eissorten in ihrem Repertoire, daraus ist sogar ein
Buch entstanden.
Die mobile Speisekarte
führt Sie zielsicher durch die
gastronomische Vielfalt der
Hauptstadt.
Die Features:
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Elberfelder Straße 27, Moabit, aktuelle Öffnungszeiten unter www.eisbox.eu,
Buch: Marion Schmid, „Einfach Eis machen: aus natürlichen Zutaten“,
Edition Styria, 176 S., 24,99 €
T I P B E R L I N S O M M E R I N B E R L I N 2 015
tip-berlin.de
81
in Kooperation mit
S P O R T SKATE N
Platz da, jetzt kommt
Papa: Markus Thummerer, Bassist der
einstigen Skate-CoreBand Disaster Area,
muss sich in der Bowl
nicht verstecken
DADDY COOL
S
chon auf dem Weg zum Park am Gleisdreieck
sieht man sie überall: Menschen unterschied­
lichen Alters, die sich auf Skate- und Long­
boards über den Asphalt schlängeln. Es ist warm an die­
sem Sonntag und der Park entsprechend voll. Auffallend
viele Kinder versuchen sich hier unter Anleitung ­ihrer­­
Väter im Erlernen der Grundkenntnisse des Skateboard­
fahrens: anrollen, aufsteigen, Balance halten.
Auch Markus Thummerer, Bassist der ehemaligen
Skate-Core-Band Disaster Area aus Berlin, kommt ger­
ne hierher und dreht ein paar Runden durch die Bowls
auf dem Platz. Häufig begleitet von seinem 25-jährigen
Sohn und seiner elfjährigen Tochter, die ebenfalls be­
geistert Rollbrett fahren. Erwachsene und Jugendliche,
die gemeinsam Skateboard fahren: in den Siebziger­
jahren unvorstellbar, wurde das Skateboard doch
­damals mehr als Ausdrucksmittel einer rebellischen
­Jugendkultur und eines Rowdytums denn als Sportgerät
abgetan. „Als ich 1975 angefangen habe zu skaten, wur­
de man als Teenager noch schnell in die Outlaw-Ecke
gedrängt. Dass lag vor allem daran, dass es fast nirgend­
wo erlaubt war zu skaten. Im Märkischen Viertel, wo ich
aufgewachsen bin, war das anders. Da gab es jede Men­
ge Beton. Es war ein Eldorado für Skater. Schon nach
94
kurzer Z
­ eit waren wir eine richtige Gang, die regelmä­
ßig mit dem Rollbrett losgezogen ist.“
Der 50-Jährige hat von seiner Begeisterung fürs
Skateboardfahren bis heute nichts verloren und ist
neben seinem Sport auch seinem Look treu geblieben.
„In den 80ern waren ja fast alle Skater auch irgendwie
Punks. Wir trugen Vans-Karohemden – wie die ame­
rikanischen Kids. Das trage ich übrigens auch heute
noch.“ Doch nicht nur der Look, auch die Haltung war
damals entscheidend. „Unser Motto war recht einfach:
Skate all day, drink all night. Das hat sich über die Jahre
allerdings geändert“, resümiert Thummerer über die
wilde Zeit schmunzelnd. Und wie sieht er die Szene
heute? „Es ist schon interessant, was sich über die Jah­
re verändert hat. In den 1970ern und 1980ern fuhr man
Slalom, Halfpipe und Pool. In den 1990ern wurde dann
fast ausschließlich Streetstyle gefahren. Mittlerweile
findet das alles parallel statt. Die Szene ist heute sehr
vielfältig.“
Wie vielfältig, kann man am und rund ums Tem­
pelhofer Feld beobachten, wo sich Skater aller Stil­
richtungen treffen. Auf den ehemaligen Landebahnen
cruisen Long- und Kiteboarder und natürlich auch viele
­Inlineskater. An der Skater-Skulptur „Vogelfreiheit“ auf
S O M M E R I N B E R L I N 2 015 T I P B E R L I N
FOTO MARTIN BAUERNFEIND
Skateboardfahren war einmal Ausdruck jugendlichen Rebellentums. Doch nicht
alle Skater-Pioniere haben ihre Boards für immer in die Ecke gestellt. Im Gegenteil:
Manch Trendsetter von damals macht den Jungen immer noch ganz schön was vor
Berlin
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der südöstlichen Seite des Parks beeindrucken junge­­
und ältere Könner mit ihren Streetstyle-Tricks. Auf
die ältere Klientel hat man sich auch in der Skatehal­
le ­an der Revaler Straße eingestellt. Der „Good Old
­Days“-Workshop dort richtet sich bewusst an diese
neue Zielgruppe. „Wir haben den Kurs aufgrund der
großen Nachfrage eingerichtet. Die Kurs­teilnehmer
sind im Durchschnitt Mitte 20 und wollen ihr Können
aus Teenagertagen auffrischen. Es gibt aber auch immer
mehr Eltern, die ihre Kids zu den Kursen bringen und
dann selbst einen unserer Workshops belegen.“
„Das Tolle am Skaten ist doch, dass man immer
entscheiden kann, was man machen möchte. Entspre­
chend wählt man das Board“, sagt Thummerer. „Daher
ist man auch nie zu jung oder zu alt zum Skateboard­
fahren.“ Wer den Rollsport längst einmal ausprobieren
wollte, sollte deshalb einfach loslegen. Denn um Skate­
boardfahren mit all seinen Tricks zu beherrschen, dau­
ert es schon einmal ein paar Jahre. Ein Grund, ­warum
der Sport ums Rollbrett immer mehr war als nur ein
„Funsport“. Skaten ist und bleibt eine Lebenseinstel­
lung – und in diesem Sommer sicherlich das lässigste
Fortbewegungsmittel auf den Straßen Berlins. VINTAGE
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TEMPELHOFER
FREIHEIT
TEMPELHOF
PARK AM
GLEISDREIECK
SCHÖNEBERG
neben
Der zwei Hektar große Park bietet
auf
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boarder, die aus zwe
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mit Cradle, Roll-in sowie mit soge
tem Loveseat) besteht.
Eingang Yorckstraße, Ostpark, Kreuzberg
Mit über 300 Hektar Fläche und end
losen,
asphaltierten Wegen ist der einstige
Flug­
hafen der optimale Spielplatz für
große
und kleine Skater aller Stilrichtung
en. Ei­
ner der Treffpunkte ist die Skatersk
ulptur
„Vogelfreiheit“ im Süd-Osten des
Parks.
Die beiden Landebahnen ( jeweils
zwei
Kilometer lang!) sind perfekt zum Cru
isen
mit dem Longboard und zum Kiteboar
den
geeignet. Auf dem sechs Kilometer
langen
Rundweg lassen sich zudem neu
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ckenrekorde beispielsweise mit Inli
ne­
skates aufstellen.
Eingänge z. B. Tempelhofer Damm, Tempe
lhof am
S-Bhf. Tempelhof (hier befindet sich auch
eine kleine
Skate-Anlage mit Rampen) oder Columbia­
damm, Neukölln,
neben dem Garnisonsfriedhof; Skaterskulpt
ur „Vogelfreiheit“:
Eingang über Oderstraße, Neukölln
www.tempelhofer-park.de
SKATEPARK
HASENHEIDE
NEUKÖLLN
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Dass dieser Skatepark vor rund neu
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Tiergarten
Könner, außerdem ist immer was los.
160 (schräg
Park Hasenheide, Höhe Columbiadamm
Neukölln
lln),
Neukö
erbad
gegenüber dem Somm
MELLOWPARK
Auf 60 000 Quadratmetern bietet die Anlage alles, was
Skater-Herzen glücklich macht. Im Außenbereich
befindet sich ein Skatepark für Streetstyle-Fans und
ein Bowl für Fortgeschrittene. Bei schlechtem Wetter
kann in die Indoor-Skatehalle ausgewichen werden,
die zum Beispiel mit einer Halfpipe aufwarten kann.
An der Wuhlheide 256, Berlin-Oberschöneweide, www.mellowpark.de
96
S O M M E R I N B E R L I N 2 015 T I P B E R L I N
FOTO EVAN BR ANT / FLICKR.COM
TREPTOW-KÖPENICK
S KAT E N SPORT
SKATEHALLE
BERLIN
FRIEDRICHSHAIN
Die Skatehalle bietet sich im Som
mer
nicht nur an Regentagen an, sondern
auch,
wenn neue Herausforderungen gesu
cht
werden. Denn hier wird nicht nur Eins
tei­
gern und Könnern was geboten, man
kann
auch den Profis zuschauen – oder
sich in
Workshops für Neulinge, Wiedere
instei­
ger oder für ehrgeizige Wettkampfty
pen
auf die Sprünge helfen lassen.
Revaler Straße 99, Friedrichshain, Tel.
www.skatehalle-berlin.de
29 36 29 66,
VOLKSPARK
FRIEDRICHSHAIN
FRIEDRICHSHAIN
Der 850 Meter lange Rundkurs im Volks­
park Friedrichshain bietet besonders An­
fängern ein gefahrloses Übungsterrain.
Die idyllische Lage und Zentrumsnähe
machen diese Strecke zum schnell er­
reichbaren Spot im Herzen der Stadt.
SPANDAUER SCHIFFFAHRTSDAMM
Am Friedrichshain 1, Friedrichshain
KRONPRINZ­­­­­ES­
S­INNEN­­WEG
ZEHLENDORF
Der vier Kilome ter lange Kron­
prinzessinnenweg im Grunewald
war als Skatest recke bereits zu
Mauerzeiten ein Klassiker für alle
Rollsportler West-Berlins, die im
Grünen ordentlich Meter machen
wollten. Gute Asphaltqualität, aber
auch – außer an Werktagen – stark
frequentiert.
Kronprinzessinenweg 1, Zehlendorf
WEDDING
Der 8,2 Kilometer lange Radweg am Spandauer Schiff­
fahrtsdamm bietet für Inlineskater und Skateboarder
echtes Fahrvergnügen und ist gleichzeitig ein schönes
Ausflugsziel: Der Asphaltweg liegt zwischen Wasser
und Wäldern.
Nordufer 1, Wedding
T I P B E R L I N S O M M E R I N B E R L I N 2 015
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