Allgäu-Kultur NUMMER 100 Der Reiz des Neuen Zugabe VON ERNST T. MADER Waaler Passion Regisseur Florian Werner will das traditionsreiche Spiel „dramaturgisch bereichern“. Denn Besucher kommen immer weniger aus religiösen Gründen, sondern wollen packendes Theater sehen Waal Er ist einer, der sich sofort auf das fokussieren kann, was gerade ansteht. Das merkt man im Gespräch mit Florian Werner schnell, und das ist wohl auch eine Grundvoraussetzung für seine Arbeit. Denn der 43-Jährige hat nicht nur die Intendanz des Stadttheaters Landsberg inne und arbeitet am Gymnasium des benachbarten Klosters St. Ottilien als Theaterpädagoge. Seit 2009 ist Werner auch Spielleiter der Waaler Passion. Heuer inszeniert er zum zweiten Mal das traditionsreiche Spiel vom Leiden und Sterben Christi auf der Bühne des Theaters in der Ostallgäuer Gemeinde. Dabei hat er konkrete Vorstellungen für eine modernere Version, wie er im Interview erklärt. Haupt voll Blut und Wunden“ geschrieben, der sich in verschiedenen Versionen durch das gesamte Stück zieht. Andererseits ist die Textvorlage von Arthur Maximilian Miller mit ihrem Wechsel zwischen Dialekt, hochdeutscher Prosa und Versen eine interessante Grundlage, mit der man sehr gut arbeiten kann. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem großen Laienensemble? Werner: Das ist eine sehr reizvolle Sache. Denn die kontinuierliche Neu- und Umbesetzung der Rollen, die mir sehr wichtig ist und bei der ich mir auch kaum reinreden lasse, bringt zusätzlich Leben und Abwechslung in die Inszenierungen. So ist Benedikt Hornung, der heuer den Jesus spielt, ein ganz anderer Typ als der Christus von 2009. Das beeinflusst natürlich auch das Spiel. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass hier alle Beteiligten – nicht nur auf der Bühne – sich und ihre Arbeit sehr schätzen und das gemeinsame Ziel verfolgen, diese Tradition, aber auch ihr eigenes Theatergebäude zu erhalten. Wir sind hier absolute Selbstversorger – das macht Spaß. Herr Werner, noch eine Woche bis zur Premiere der Passion. Steigt so langsam die Nervosität? Werner: Natürlich gibt es zum Ende hin immer ein bisschen Hektik. Aber das ist angenehmer Stress. Denn ich habe mir diese Tätigkeit ausgesucht und bin damit recht glücklich. Außerdem liegen wir recht gut im Zeitplan. Ist inzwischen Routine im Spiel? Schließlich ist die Passion 2015 schon Ihre zweite in Waal und mit dem Franziskusspiel 2012 die dritte große Inszenierung am dortigen Theater. Werner: Routine ist ja immer ein bisschen negativ belegt. Aber dass die organisatorischen Abläufe inzwischen gut eingespielt sind, dass sich alle Beteiligten gut kennen und einander einschätzen können, das sehe ich durchaus positiv. Wenn man wie Inszeniert die Passion in Waal: Regisseur Florian Werner. ich 2009 ganz von vorne anfangen muss, dann kostet das sehr viel Energie. Die kann ich jetzt in die Inszenierung stecken. Können die Zuschauer also mit neuen Akzenten beim traditionsreichen Passionsspiel rechnen? Werner: Im Gegensatz zu meinem Vorgänger Otto Kobel bin ich ein Foto: Mathias Wild Regisseur, der vor allem als Schauspieler denkt und inszeniert. Deshalb mache ich einige Dinge anders, aber nicht alle. Ich denke, die Mischung aus Bewährtem und Neuem macht den Reiz aus. Man kann so ein Passionsspiel sicher nicht so aufziehen, wie es das deutsche Regietheater in der heutigen Zeit tun würde. Auf der anderen Seite haben wir ne- ANZEIGE Exklusiv & monatlich für unsere Leser Der Mai beschwingt und er beschert Ihnen in rtv Land & Leute, dem Landmagazin Ihrer Tageszeitung, einen Strauß bunter, lesenswerter Geschichten. Lesen Sie, wie sich ein Rasenstück mit wenigen Tricks und Kniffen in einen Nutzgarten verwandeln kann, der den Besitzern das ganze Jahr über Früchte, Gemüse und Kräuter beschert. Und weil der Mai ein Monat ist, in dem gerne und viel gefeiert wird, gibt es im Rezeptteil köstliche Torten und raffinierte Kuchenideen, die sich natürlich auch für die Muttertags-Kaffeetafel eignen. Zudem stattete die Redaktion einem kleinen Erd- und Baumbewohner einen Besuch ab, der sich in einem alten Kinderlied verewigt hat, das jeder kennt: Maikäfer flieg! Viel Freude beim Lesen, Genießen und Selbermachen! Ma i 20 15 am Montag in Ihrer HEIMATZEITUNG ! S E I D A R A P S E KLEIN t am Nutzgarten Die neue Lus Das himmlische Blau im eigenen l ben: G KÜCHE Nicht nur zum Muttertag gibt es Gelegenheit, b k Wie setzten Sie diesen Anspruch um? Werner: Ich habe beispielsweise die Szene, in der Jesus bei Freunden zum ersten Mal sein Leiden und Sterben ankündigt, gestrichen. Dafür habe ich eine fiktive Szene eingefügt, in der er seine Unterstützer besucht. Dabei kommt auch Maria Magdalena zum ersten Mal ins Spiel. Das ist mit Blick auf das Neue Testament vielleicht nicht ganz korrekt, dramaturgisch aber durchaus bereichernd. Beim Bühnenbild, das zu einem großen Teil von Projektionen von Jeanette Arnd leben wird, schaffen wir diesmal auch kleinere Räume für entsprechende Szenen. Bei der musikalischen Gestaltung, die wieder in der Hand von Hans-Joachim Willrich liegt, gibt es ebenfalls neue Akzente. Er hat einen neuen Chorsatz zu „O ● Seit 1621 gibt es Waaler Passionsspiele, die auf ein Gelübde aus der Pestzeit zurückgehen. Damit ist die Gemeinde zwischen Kaufbeuren und Buchloe der älteste und einzige Passionsspielort in Bayerisch-Schwaben. ● Premiere der Passion ist am Sonntag, 10. Mai, (für geladene Gäste). ● Weitere Aufführungen im 600 Zu- IHR ER TAG ES ZE ITU NG DA S LA ND MA GA ZIN GARTEN ben dem schrumpfenden klassischen Publikum, das vor allem aus religiösen Gründen nach Waal kommt, eine immer größere Zahl an Zuschauern, die dort ansprechendes Theater sehen wollen. Wir müssen beiden Gruppen gerecht werden. Ist in diesem Zusammenhang auch der von Ihnen angepeilte Rhythmus zu sehen, das Waaler Theater künftig alle drei Jahre zu bespielen? Werner: Aus ökonomischer Sicht und solange die Beteiligten mit Freude dabei sind, ist das sicher sinnvoll. 2021 gibt es die Waaler Passion seit 400 Jahren, da wird auf jeden Fall gespielt. Und dazwischen würde ein anderes Stück gut reinpassen – vielleicht auch eines, das ein paar Frauenrollen mehr aufweist. Wenn man hierzulande Passionssiele inszeniert, schielt man dann zwangsläufig auf das große Oberammergau? Werner: Oberammergau spielt für mich gar keine Rolle. Die Spiele dort haben eine ganz andere Struktur, die sind in einer ganz anderen Liga. Das gilt auch für den dortigen Regisseur Christian Stückl. Wenn es eine Parallele gibt, dann vielleicht die, dass mit Stückl und mir Regisseure an eine traditionsreiche Institution gelassen wurden, die die Sache etwas anders, etwas umtriebiger angehen. Das tut der Passion in Oberammergau gut – und hoffentlich auch der in Waal. Interview: Martin Frei Seit 1621 gibt es in Waal Passionsspiele e t u e l & d n la e. y n SAMSTAG, 2. MAI 2015 schauer fassenden Theater bis 4. Oktober immer sonntags von 13 Uhr bis 17 Uhr (nicht am 24. Mai, 19. Juli, 23. August). O Karten gibt es in den Service-Centern unserer Zeitung, Telefon 0831/206 55 55 sowie im Internet: www.passion2015.de I » [email protected]; Fax: 0831/206-137 Blick auf Bäume D as innerste Geheimnis der Welt nennt die Bibel den „Baum der Erkenntnis“. Ein willkürlich gewählter Begriff? Eine beliebige Metapher? Hätte es auch eine Rose sein können? Oder ein Blitz? Warum sperrt sich etwas dagegen, vom „Schwein der Erkenntnis“ zu reden? Macht wirklich nur Gewohnheit die Komik aus, wenn es heißt: An allen Wurzeln dürft ihr nagen, nur an dieser nicht? Manche erinnern sich mit Bert Brecht noch an eine Zeit, in der Gespräche über Bäume als Verbrechen gelten konnten. Vor dreißig Jahren wich diese Scheu ihrem Gegenteil: Eine Mehrheit der Deutschen, gerade im Allgäu, trieb lange Zeit die Sorge um, künftige Generationen könnten Bäume nicht mehr als alltäglichen Anblick empfinden. „Waldsterben“ wurde zum Angstwort und der Baum zum Pflegefall. Die Sorge sorgte für Bewegung in der Politik: Abgasnormen für Fabriken und Autos verbesserten die Qualität der Luft für Menschen und die übrige Natur. Was die nicht davon abhielt, Wäldern auf andere Weise zuzusetzen: Vor gut einem Monat fegte ein Orkan durchs Land und knickte oder entwurzelte Bäume in Massen. Getarnt als Niklas, also mit dem harmlosen, nur leicht veränderten Namen eines Mannes, der ansonsten Geschenke bringt und besser zu Weihnachten passt als zu Ostern. Inzwischen können sich Hänsel und Gretel in jedweder Kombination wieder in den Wald trauen und Herzen mit ihren Namen in die Rinde eines Baumes schnitzen. Herz und Harz gehören einfach zusammen. Nun sind Bäume keine Spezialität des Allgäus. Dem Auge aber erscheinen sie hier oft auf eine besondere Weise: ganz deutlich als Einzelwesen. Natürlich kann man auch zwischen Lech und Bodensee unbeanstandet Bäume umhauen, auch im Garten – wenn sie nicht ausdrücklich unter Schutz stehen –, während die Erweiterung eines Klos um sieben Zentimeter über die bisherige Grundfläche des Hauses hinaus einer amtlichen Genehmigung bedarf. Aber häufiger als in Gebieten mit Ackerbau blieben im Allgäu Bäume stehen: allein auf einer Wiese, allein bei einem Wegkreuz, allein auf einem Hügel. Und der Blick kann auf ihnen ruhen. Keine bizarre Natur lenkt ihn ab. Und wir können spüren, wozu Bäume vor allem da sind: um einfach da zu sein. Starauftritte bei der Schubertiade in Hohenems Landestheater: Zweckverband will Beiträge erhöhen Heavy-Metal-Oper „Kanaan“ unter freiem Himmel Hohenems Sieben Teile hat die diesjährige Schubertiade in Hohenems und Schwarzenberg (Vorarlberg). Es werden wieder erstklassige Sänger und Musiker auftreten. Der erste Teil läuft noch bis 10. Mai im Markus-Sittikus-Saal Hohenems. Ausschnitte aus dem Programm: ● Das Modigliani Quartett mit der Klarinettistin Sabine Meyer ist am Montag, 4. Mai (16 Uhr), zu Gast (mit Brahms’ Klarinettenkonzert, Mozart- und Schubert-Quartetten). ● Die Sopranistin Annette Dasch singt am Montag, 4. Mai, um 20 Uhr Lieder von Schubert (begleitet von Wolfram Rieger am Klavier). ● Pianist Martin Stadtfeld spielt am Mittwoch, 6. Mai (20 Uhr), Werke von Schubert und Schumann ● Fazil Say (Klavier) und das Minetti Quartett widmen sich am Donnerstag, 7. Mai (20 Uhr), Haydn, Schubert und Mozart. (az) Karten unter 0043/5576/720 91. Memmingen Die Landkreise, Städte und Gemeinden im Zweckverband des Landestheaters Schwaben (LTS) müssen künftig mehr zahlen. Der Verband möchte seine Beiträge ab 2016 um fünf Prozent anheben. Dieser Vorschlag stellt eine Reaktion auf steigende Personalkosten dar, die bei der Sitzung des Gremiums in Memmingen Thema waren. Bei der Jahresrechnung 2014 ergibt sich laut Oberspielleiter Peter Kesten ein Plus von 22 000 Euro, das in die Rücklage fließt. Einer der Gründe für den positiven Abschluss des Haushalts ist das Engagement des Landestheaters in Form sozialer Projekte, die Fördergeld in die Kasse bringen. Auf der anderen Seite sorgten höhere Personalkosten für steigende Ausgaben. Der Zweckverband will dieser Entwicklung mit der Beitragsanhebung begegnen – eine konkrete Entscheidung hierzu soll aber erst im Herbst fallen. (ver) Marktoberdorf Die Heavy-MetalOper „Kanaan – The Story of Abraham“ des Landestheaters Schwaben ist am Samstag, 9. Mai, um 20 Uhr in Marktoberdorf zu sehen. Bei guter Witterung wird das Werk unter freiem Himmel beim Modeon aufgeführt, ansonsten im Haus. „Kanaan“ ist eine Kooperation des Landestheaters mit den israelischen Heavy-Metal-Musikern von „Orphaned Land“ und „Amaseffer“ sowie dem Graffiti-Künstler Loomit und thematisiert die Wurzeln von Judentum, Christentum und Islam. Das Stück erzählt die biblische Geschichte Abrahams in lyrischer Form und empfindet die Motive und Gefühle der Protagonisten nach. Mit der Aufführung endet die Saison im Modeon 2014/15. (az) O O Karten-Vorverkauf unter Telefon 08342/40 123 und zum Direktausdruck im Internet unter www.modeon.de
© Copyright 2024 ExpyDoc