Rede des Polizeipräsidenten

Sicherheitsreport 2014
Polizeipräsidium München
Polizeipräsident
Vorstellung Sicherheitsreport
Rede des Herrn Polizeipräsidenten Andrä
12.05.2015
Es gilt das gesprochene Wort!
Meine verehrten Damen und Herren!
Ich darf Ihnen heute den Sicherheitsreport 2014 präsentieren, mit dem wir öffentlich Bilanz
für das vergangene Jahr ziehen. Es freut mich Ihnen mitteilen zu dürfen: Alle Menschen im
Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München können sich sicher fühlen! Die
Sicherheitslage in unserem Präsidium ist nach wie vor hervorragend!
Auch für das vergangene Jahr sind wir mit der Sicherheitslage in unserem Präsidium sehr
zufrieden. Mit einer objektiv messbaren niedrigen Kriminalitätsbelastung von 7.013 Delikten
pro 100.000 Einwohnern werden Münchnerinnen und Münchner viel seltener Opfer einer
Straftat als in anderen Millionenstädten. Sicherheit ist für den Privatmann aber auch für
Wirtschaftsbetriebe ein wesentlicher Standortfaktor und entscheidend für eine hohe
Lebensqualität. Beim genaueren Hinsehen wird Ihnen auffallen, dass die Anzahl der
Gesamtdelikte
im
Vergleich
zum
Jahr
2013
um
insgesamt
6,8 %, d. h. auf 122.626 Delikte gestiegen ist. Dieser Anstieg ist fast ausschließlich dem
vermehrten Zustrom von Flüchtlingen aus den Krisengebieten zuzuschreiben. Wir sind in
diesen Fällen gesetzlich verpflichtet, der Staatsanwaltschaft Strafanzeigen nach dem
Aufenthaltsgesetz vorzulegen. Ohne die ausländerrechtlichen Verstöße pendelt sich die
Anzahl der Gesamtdelikte auf das Niveau der Vorjahre ein. München ist und bleibt damit mit
großem Abstand sicherste Millionenstadt Deutschlands. Die Kriminalitätsbelastung in
anderen Städten wie Hamburg, Berlin, Köln oder Frankfurt ist nahezu doppelt so hoch!
Zusätzlich sind Zuwächse bei den sogenannten Kontrolldelikten wie der
Rauschgiftkriminalität zu verzeichnen. Diese spiegeln die Arbeit der Polizei in diesem
Bereich wider. Die Aufklärungsquote liegt mit 62,7 % insbesondere für eine Großstadt auf
einem erfreulich hohen Niveau. Und obwohl die Bevölkerung im Präsidialbereich in den
letzten zehn Jahren um mehr als 180.000 Personen zunahm, hat sich die Anzahl der Delikte
kaum verändert! Das zeichnet die Sicherheitsregion München aus!
Welche genaueren Entwicklungen konnten wir im letzten Jahr feststellen? In der
Detailbetrachtung ist hervorzuheben, dass vor allem Rohheitsdelikte und die
Gewaltkriminalität zurückgingen. Dies betrifft Deliktsbereiche wie Tötungsdelikte,
Vergewaltigungen, Körperverletzungen, Bedrohungen und Nötigungen.
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Dazu wird Ihnen Herr Leitender Kriminaldirektor Pickert von der Unterabteilung
Verbrechensbekämpfung nähere Hintergründe erläutern.
Der Ihnen vorgestellte Sicherheitsreport soll Ihnen ein umfassendes und möglichst
differenziertes Bild der Sicherheitslage in der Landeshauptstadt und im Landkreis München
geben. Er soll uns als Polizei zugleich eine Art Hausaufgabenheft für die Zukunft sein. Sehr
deutlich zeigt er unsere Herausforderungen auf: Vor allem die gestiegenen Fallzahlen im
Bereich des Enkeltrickbetrugs, der Straßenkriminalität und hier insbesondere im
Wohnungseinbruchsektor müssen wir in diesem Jahr noch stärker als bisher angehen.
Nachdem 2010 im Bereich der Wohnungseinbruchkriminalität der niedrigste Stand seit
Anfang der 60er Jahre registriert wurde, sind wir seit 4 Jahren in der Landeshauptstadt mit
steigenden Fallzahlen konfrontiert. Mit einem deutlichen Anstieg von über 20 % wurde 2014
der höchste Wert der letzten 10 Jahre registriert. In Bayern muss der durch
Wohnungseinbrecher verursachte Schaden auf über 33 Millionen Euro beziffert werden.
Mit anderen Großstädten ist das Einbruchsrisiko in München vergleichsweise zwar noch
gering. Doch wir wollen auf keinen Fall den Einzelfall verharmlosen. Delikte wie der
Wohnungseinbruch hinterlassen bei den Opfern oft sehr große seelische Wunden. Manche
Opfer können aus Angst sogar nicht einmal mehr ihre eigenen vier Wände betreten.
Auch im letzten Jahr haben wir ein breites Spektrum an Maßnahmen zur Bekämpfung der
Wohnungseinbruchkriminalität durchgeführt. Ausganspunkt einer jeden Strategieentwicklung
war und ist dabei immer eine möglichst präzise Lageanalyse. Und diese Analyse zeigt uns
für die letzten sechs Monate eine erfreuliche Entwicklung: Denn wie sich die aktuelle
Tendenz abzeichnet, ist seit November letzten Jahres ein deutlicher Rückgang der
Wohnungseinbrüche um ca. 30 % zu registrieren.
An unserem ganzheitlichen Konzept aus nachhaltigen Präventionsmaßnahmen und einer
effektiven Repression werden wir deshalb auch in diesem Jahr festhalten. Durch eine
möglichst hohe wahrnehmbare Streifenpräsenz, sogar durch Unterstützung der Reiter- und
Diensthundestaffel, sowie gezielten Kontrollaktivitäten erhöhen wir den Druck auf
skrupellose Einbrecher. Und die Prävention wirkt: Der hohe Anteil der Einbruchsversuche
zeigt sehr deutlich, dass durch den präventiven Ansatz Einbrechern das Leben schwer
gemacht werden kann. Fast jeder zweite Einbruch in eine Wohnung scheitert. Der
Einbrecher scheut den Arbeitsaufwand, er scheut die Helligkeit und das Geräusch. Wir
werden deshalb die Aufklärung und die Beratung unserer Bürger auch weiterhin auf einem
hohen Niveau halten und genau an diesen Punkten ansetzen. Ausdrücklich begrüßen darf
ich auch den Vorschlag seitens der Politik, dass Investitionen in die Einbruchsicherheit eine
steuerliche Vergünstigung erfahren sollten. Die Prävention mit Verhaltenshinweisen wird seit
September letzten Jahres neben den klassischen Printmedien auch durch den Auftritt in
Sozialen Medien wie Facebook und Twitter ergänzt. Ein entscheidender Faktor bei der
Bekämpfung der Einbruchkriminalität ist die zielgerichtete und sorgfältige Auswertung der
Lage in unserem Präsidium. Wir setzen dazu seit Oktober 2014 die Analysesoftware
Precobs ein. Und dem ersten Anschein nach stellt Precobs gerade im präventiven Bereich
eine sinnvolle Ergänzung unserer bisherigen Lagearbeit dar. Sollte sich dann doch eine Tat
ereignen, werden bei uns die Straftaten nicht nur verwaltet, sondern es wird aktiv ermittelt.
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Durch eine akribische Tatortarbeit, intensive Ermittlungen und auch keiner Scheu vor
kostenintensiven DNA-Gutachten gelingt es uns immer wieder, international agierende
Banden dingfest zu machen.
Hier liegt es vor allem an unserem Gesetzgeber, die Polizei als Ermittlungsbehörde zu
unterstützen. Die Initiative der Bayerischen Staatsregierung, den Straftatenkatalog des
§100a StPO um den Wohnungseinbruch zu erweitern, ist absolut notwendig. Dieser regelt
die engen rechtlichen Voraussetzungen für eine Überwachung der Telekommunikation. Die
Überwachung der Telekommunikation ist bis jetzt nur bei bandenmäßig begangenen
Einbrüchen möglich. Doch leider ist der juristische Begriff „Bande“ häufig erst im Laufe der
Ermittlungen feststellbar. Es reichen folglich eben nicht die Voraussetzungen für eine
Telekommunikationsüberwachung zu Beginn der Ermittlungen aus. Das muss geändert
werden! Auch die Möglichkeit, einen Wohnungseinbruch als minder schweren Fall zu
werten, darf mit Ergebnis in Zukunft nicht mehr möglich sein. Für die Opfer ist ein Einbruch
niemals ein „minder schwerer Fall“! Das Bundesverfassungsgericht und der Europäische
Gerichtshof erkennen in ihren Urteilen an, dass die Speicherung von Kommunikationsdaten
für die Verbrechensbekämpfung ein wichtiges und geeignetes Instrument ist. Sie verlangen,
dass die gesetzlichen Regeln grundrechtskonformer ausgestaltet werden. Es wurde aber
nicht festgestellt, dass es dieses Instrumentarium generell nicht geben darf. Um auch den
Begriff Verkehrsdaten an dieser Stelle nochmals zu verdeutlichen: Es geht hier nicht um die
eigentlichen Inhalte der stattgefundenen Kommunikation, sondern um technische
Informationen der Kommunikation wie benützte Telefonnummern oder die Gesprächsdauer.
Ich begrüße daher ausdrücklich die Leitlinien des Bundesministeriums für Justiz und
Verbraucherschutz zur Neuregelung der Mindestspeicherfristen.
Bei aller Arbeit der Polizei dürfen wir die Mitteilungen unserer wachsamen Bürgerinnen und
Bürgern nicht vergessen. Ich kann deshalb meinen Appell nur noch mal nachdrücklich
wiederholen: Wählen Sie sofort den POLIZEI-NOTRUF 110, wenn Ihnen etwas verdächtig
vorkommt. Einsätze, die durch Hinweise initiiert werden, kosten natürlich nichts. Aufgrund
Ihrer Anrufe konnten wir einer beeindruckenden Anzahl von Einbrechern das Handwerk
legen.
Täter sind häufig überregional auf ihren kriminellen Ausflügen unterwegs. Sie machen an
einer Grenze nicht halt. Insofern gilt es gerade für uns, das PP München, sich auch
weiterhin international mit anderen Sicherheitsbehörden auszutauschen und die
Zusammenarbeit kontinuierlich auszubauen. Die internationale Zusammenarbeit ist vor
allem bei der Bekämpfung der Betrugsmasche des Enkeltrickbetrugs besonders wichtig.
Der Anruf: „Hallo Gerlinde, rat mal wer dran ist?“ endete im Jahr 2014 mit einem
Beuteschaden von insgesamt knapp 500.000 Euro in unserem Präsidium. Täter weisen in
der Regel einen hohen Organisations- und Vernetzungsgrad auf. Es ist deshalb für uns
wichtig, mit anderen europäischen Staaten in einem ständigen Austausch zu stehen. Eine
zweite wichtige Säule betrifft vor allem den Bereich Prävention. Nicht nur die Opfer müssen
weiterhin sensibilisiert werden – auch Bankangestellte müssen für das Phänomen
Enkeltrickbetrug ständig auf dem Laufenden gehalten werden. Auch in diesem
Phänomenbereich würde die vorhin angesprochene Mindestspeicherfrist von
Kommunikationsspuren helfen, organisierte und hoch strukturierte Banden dingfest zu
machen.
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Die Anzahl der Delikte bei der Internet-Kriminalität ging im letzten Jahr zwar um 14 %
zurück. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass das Dunkelfeld sehr groß sein dürfte. Viele
Straftaten werden erst gar nicht erkannt oder wenn sie erkannt werden, der Polizei nicht
gemeldet. Und der rasante technische Fortschritt scheint auch für Kriminelle weiterhin eine
lukrative und ertragsreiche Entwicklung zu sein. Auf diesen Trend haben wir reagiert. Das
2013 geschaffene Kriminalfachdezernat Cybercrime war ein wichtiger Schritt. Auch in
diesem Bereich ist die Mindestspeicherfrist fundamental wichtig, da bei dieser Kriminalität
am Tatort keine klassischen Spuren wie Fingerabdrücke hinterlassen werden, sondern eben
nur digitale Spuren. Seit Anfang Mai wird dieses durch weitere 3 Cyberkriminalisten
unterstützt. Und wir haben bisher keinen Cyberkriminalisten verloren.
Die Terroranschläge in Paris Anfang des Jahres haben uns schwer erschüttert. Sie zeigen
sehr deutlich, zu welchen Taten radikalisierte und fanatische Menschen in der Lage sind.
Was die Sicherheitslage im Bereich des PP München anbelangt, kann ich feststellen: Wir
haben keine Erkenntnisse über eine konkrete Gefährdung der Landeshauptstadt oder
Veranstaltungen. Dennoch müssen wir sehr wachsam bleiben. Heimkehrer aus den
Kriegsgebieten stellen ein hohes Risiko dar. Insgesamt sind bisher 10 Personen ausgereist.
5 dieser Personen sind wieder nach München zurückgekehrt, wovon sich 3 derzeit auf
freiem Fuß befinden und von uns besonders betreut werden. Diese Personen haben in den
Krisenregionen einen Radikalisierungsprozess durchlebt, sind traumatisiert und haben vor
allem auch den Umgang mit Sprengstoff und Waffen erlernt. Die Bayerische Staatsregierung
hat nach den Terroranschlägen sofort reagiert und 100 Stellen zur Bekämpfung des
Terrorismus
geschaffen,
wodurch
wir
unsere
Observationseinheiten
und
Ermittlungskapazitäten verstärken konnten.
Auch sehr wachsam müssen wir im Bereich der politisch motivierten Kriminalität - Rechts
bleiben: Das von Angehörigen der „Kameradschaft München“ Ende Dezember 2012
angemietete Einfamilienhaus in Obermenzing ist zwar aufgelöst. Dennoch werde ich dafür
Sorge tragen, dass die Entwicklung in der rechten Szene nach wie vor sehr genau und
intensiv beobachtet wird. Im Jahr 2014 musste im Bereich der politisch motivierten
Kriminalität - Rechts ein Zuwachs von 35 Delikten registriert werden. Die Steigerung ist
insbesondere auf Volksverhetzungs- und Sachbeschädigungsdelikte, nicht auf den Bereich
der Gewaltdelikte zurückzuführen. Unsere Fachdienststellen haben daher ein sehr genaues
Auge auf aktuelle Tendenzen und Brennpunktbildungen. Auch mit dem Landesamt für
Verfassungsschutz und dem Bayerischen Landeskriminalamt stehen wir im engen
Austausch. Nur so lässt sich eine effektive Strategie gegen jegliche Formen des
Extremismus und in letzter Konsequenz auch ein entschlossenes und nachhaltiges
Einschreiten gewährleisten. Die Motivation der rechten Szene, latente Ängste in der
Bevölkerung vor Fremden freizusetzen und zu verstärken, ist ungebrochen. Anlässe,
hetzerisch und diffamierend aktiv zu werden, hat sich die rechte Szene insbesondere aus
der Anzahl der Asylbewerber genommen. Und in diesem Jahr wird sich die Situation
mitnichten verbessern. Das birgt auch für die Polizei neue Herausforderungen. Die
Hetzkampagnen der rechten Szene in München führten allerdings in der Bevölkerung zu
keiner erkennbaren Resonanz. Wir konnten das zum Beispiel bei verschiedenen
Demonstration sehen.
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In der letzten Zeit gab es vor allem Diskussionen um die Sicherheitslage in und um
Aufnahmeeinrichtungen und deren Dependancen. Natürlich gibt es in diesen Einrichtungen
Delikte wie sonst im Stadtgebiet auch, wie z.B. Körperverletzungsdelikte und Diebstähle.
Eine spürbare Auswirkung auf die Sicherheitslage durch solche Einrichtungen besteht aber
nicht.
Nach dem massiven Anstieg an Delikten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität Links im Jahr 2013 ist für 2014 eine positive Entwicklung festzustellen: Die Anzahl der
Delikte nahm um fast 19 % ab. Besonders deutlich zeigt sich dieser Rückgang im Bereich
der Sachbeschädigungen und Gewaltdelikte.
Auch 2014 war für alle meine Kolleginnen und Kollegen ein sehr herausforderndes Jahr. Die
positive Bilanz, die uns der Sicherheitsreport bescheinigt, ist vor allem auf das Engagement
aller meiner Beschäftigten zurückzuführen. Ich möchte mich daher an dieser Stelle bei allen
meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz und die gezeigte Motivation
bedanken. Neben einer hohen Einsatzbelastung mit über 280.000 Polizeieinsätzen waren
unter anderem der NSU-Prozess, Gerichtsverhandlungen, zahlreiche Sportveranstaltungen,
das Münchner Oktoberfest und die Sicherheitskonferenz zu betreuen.
Und die Einsätze werden 2015 im Hinblick auf Veranstaltungen, Versammlungen, den
anstehenden G7-Gipfel und den nach wie vor anhaltenden Bevölkerungszuwachs in der
Region mit Sicherheit nicht weniger werden.
Neben der hohen Motivation aller Beschäftigten ist auch die gute Zusammenarbeit der
Polizei mit den Sicherheitsbehörden der Stadt und des Landkreises für die gute
Sicherheitslage verantwortlich. Auch die Sicherheitswacht ist ein fester Bestandteil unserer
Sicherheitsstrategie. Wir sind deshalb auch weiterhin bestrebt, die Sicherheitswacht
kontinuierlich auszubauen und zu stärken.
Meine Damen und Herren, der G7-Gipfel steht vor der Tür und München wird neben dem
Schloss Elmau im Fokus der Weltöffentlichkeit stehen. Auch wenn sehr viele Polizistinnen
und Polizisten im Süden Bayerns für die Sicherheit rund um den G7-Gipfel sorgen, darf ich
Sie zugleich beruhigen: Wir werden auch weiterhin unsere allgemeinen polizeilichen
Aufgaben so gut wie gewohnt erfüllen. Kein Bürger braucht Sorge haben, dass wir uns um
sein Anliegen wegen des G7-Gipfels nicht kümmern würden.
Was sind 2015 unsere Schwerpunkte? Die Bekämpfung der Wohnungseinbruch-kriminalität,
des Enkeltrickbetrugs und der Cyberkriminalität.
München wird auch 2015 sicher bleiben. Sicherheit bedeutet gleichzeitig auch eine hohe
Lebensqualität. Und wir werden alles daran setzen, dass dies so bleibt!
Ende