ANFRAGE des ZDF an den Generalbundesanwalt vom 25. Mai 2015 An: pressestelle Betreff: Anfrage Wichtigkeit: Hoch Sehr geehrte Damen und Herren, das ZDF will in dieser Woche über den ehemaligen Islamisten und späteren V-‐Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Irfan Peci, berichten. Peci berichtet in einem ausführlichen Interview über seine Tätigkeit als V-‐Mann in der Berliner Islamistenszene. Einige der Schilderungen werfen Fragen auf. Deshalb bitte ich herzlich um deren Beantwortung: 1. Hat der Generalbundesanwalt von einer weiteren Strafverfolgung gemäß Haftbefehl vom 19. November 2008 gegen Irfan Peci wegen der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung abgesehen, weil er mit den Sicherheitsbehörden kooperierte? 2. Wusste der GBA, dass Irfan Peci von Winter 2009 bis Herbst 2010 als V-‐Mann des BfV gearbeitet und dafür monatliche Zahlungen von bis zu 3000 Euro plus Nebenkosten erhalten hat? 3. Hat Peci wertvolle Informationen zur sogenannten Berliner Gruppe und den Unterstützern der Deutschen Taliban Mujaheddin, sowie über Verbindungsleute von Al-‐ Qaida in Deutschland geliefert? 4. Hat der GBA Kenntnis davon, dass der V-‐Mann vom BfV Geld erhielt, damit er dies als Spenden an Islamisten mit Verbindung zu Al-‐Qaida weitergeben konnte, um ihr Vertrauen zu gewinnen? 5. Wäre solch eine Weitergabe von Steuergeldern mit Hilfe eines V-‐Manns aus Sicht des GBA rechtswidrig? 6. Peci berichtet, dass er am 2. Juli 2010 mit Freunden im unterirdischen Teil des Berliner S-‐Bahnhofs Friedrichstraße einen US-‐Soldaten zusammengeschlagen hat. Der Verfassungsschutz, so behauptet Peci, habe bei den Strafverfolgungsbehörden dafür gesorgt, dass diese Straftat nicht weiter verfolgt wird. Wäre dies nach Einschätzung des GBA Strafvereitelung im Amt? 7. Ist dem GBA bekannt, dass der V-‐Mann des BfV im Frühjahr 2010 heimlich nach Bosnien reiste, um sich in einem salafistischen Camp u.a. im Nahkampf und an Waffen (Kalashnikov) ausbilden zu lassen? 8. Wurde Irfan Peci im Herbst 2010 auf Bitte des Generalbundesanwalts als V-‐Mann „abgeschaltet“, um den anstehenden Prozess gegen die sogenannte Berliner Gruppe nicht zu gefährden? Wir wären natürlich an einer Antwort in Form eines Fernsehinterviews interessiert, mindestens aber an einer schriftlichen Replik bis zum Mittwoch, dem 27. Mai 2015, um 12 Uhr, da wir in den nächsten Tagen über die Aktivitäten von Herrn Peci berichten wollen. (...) Mit bestem Dank und freundlichen Grüßen, Elmar Theveßen ANTWORT des Generalbundesanwalts vom 27. Mai 2015 Sehr geehrter Herr Theveßen, auf Ihre unten angefügte Presseanfrage vom 25. Mai 2015 teile ich Ihnen Folgendes mit: Zur Frage Nr. 1: Die Bundesanwaltschaft hat in dem Ermittlungsverfahren gegen Irfan P. gemäß § 154 Abs. 1 Strafprozessordnung von der weiteren Strafverfolgung abgesehen, da dieser bereits kurz zuvor wegen anderer -‐ allgemeinkrimineller -‐ Straftaten zu einer erheblichen Jugendstrafe verurteilt worden war. Angesichts dessen wäre mit der Strafe, die im Falle einer Verurteilung wegen der durch die Bundesanwaltschaft verfolgten Vorwürfe zu erwarten gewesen wäre, eine Einheitsjugendstrafe (§ 31 Abs. 2 Jugendgerichtsgesetz) zu bilden gewesen, da der Betroffene zur Tatzeit Heranwachsender war. Eine Ahndung hätte bei der gebotenen Gesamtschau aller Umstände im Hinblick auf den für die Verhängung einer Jugendstrafe vorrangig maßgeblichen Erziehungszweck allenfalls zu einer unwesentlichen Erhöhung der bereits ausgeurteilten Jugendstrafe geführt. Deshalb wäre eine Verurteilung wegen der dem Haftbefehl zugrundeliegenden Taten nicht beträchtlich ins Gewicht gefallen. In einem solchen Fall sieht die Strafprozessordnung vor, dass von der Erhebung der öffentlichen Klage abgesehen werden kann. Dies war hier aufgrund der mit der bereits verhängten Strafe verbundenen Einwirkung auf den Betroffenen auch im Interesse einer effizienten Strafverfolgung sachgerecht. Zu den Fragen Nr. 2 bis 7: Die genannte Person hat in den Verfahren gegen Mitglieder und Unterstützer der terroristischen Vereinigung "Deutsche Taliban Mujahiddeen" (DTM) als Zeuge ausgesagt. Dabei wurde auch seine der Bundesanwaltschaft bekannte Tätigkeit als Vertrauensperson des Bundesamtes für Verfassungsschutz erörtert. Für die Bundesanwaltschaft ist die genannte Person zu keinem Zeitpunkt als Vertrauensperson tätig gewesen. Darüber hinausgehende Auskünfte zu Aktivitäten der Vertrauensperson, etwaigen von ihr mitgeteilten Informationen und zu den Grundlagen ihrer Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz können daher nicht erteilt werden, zumal die von Ihnen in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen für den Gegenstand der damaligen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft ohne Relevanz waren. Aufgrund dessen besteht auch für eine Bewertung etwaiger Angaben des Betroffenen durch die Bundesanwaltschaft kein Anlass. Zur Frage Nr. 8: Das Bundesamt für Verfassungsschutz entscheidet im Rahmen seiner Aufgabenwahrnehmung eigenständig über die dortige Zusammenarbeit mit Vertrauenspersonen. Mit freundlichen Grüßen Stefan Schmidt Staatsanwalt -‐ Stellvertretender Pressesprecher -‐ ____________________________________ Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof -‐ Pressestelle -‐
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