Ausgabe Nr. 173 - Mai 2015 - Evangelische Kirche Frankfurt am Main

EVANGELISCHE KIRCHE
Frankfurt am Main
INTERN
Für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Gemeinden, Stadtdekanat und Einrichtungen
Nr. 173 - Mai 2015
EDITORIAL
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nun sind sie also gewählt, die neuen
Kirchenvorstände in unseren Frankfurter Kirchengemeinden, und wir wünschen ihnen für ihre Arbeit in den
kommenden sechs Jahren alles Gute
und Gottes Segen! Berichte über den
Wahltag und die Ergebnisse finden Sie
auf den Seiten 1 und 3 dieser Ausgabe. Und was sonst noch Wichtiges
passiert ist in unserer Kirche? Blättern
Sie unsere neue Ausgabe doch einfach mal in Ruhe durch. Viel Spaß bei
der Lektüre wünscht Ihnen
Ihre Redaktion
Der frisch gewählte Kirchenvorstand der Sankt Paulsgemeinde. Pfarrerin Andrea Braunberger-Myers (rechts) überreichte
den am Wahlabend anwesenden neuen Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorstehern eine Blume.
Foto: Rolf Oeser
Wahlbeteiligung leicht gestiegen
Erste Trends und Reaktionen zu den Kirchenvorstandswahlen in Frankfurt
115.465 Evangelische waren am 26. April in Frankfurt
aufgerufen, die neuen Kirchenvorstände in ihren Gemeinden zu wählen. Nach der Auswertung von mehr
als der Hälfte der Ergebnisse scheint die Wahlbeteiligung stadtweit im Vergleich zur Wahl im Jahr 2009
leicht gestiegen zu sein, von 11,3 auf 11,8 Prozent.
Ein Grund für diesen Trend ist vermutlich, dass sich
mehr Kirchenmitglieder für die Briefwahl entschieden
haben. In der Evangelischen Erlösergemeinde in Oberrad wurde nur per Brief abgestimmt, hier stieg die
Wahlbeteiligung von 12 auf 20 Prozent. Auch in der
Evangelischen Sankt Nicolai-Gemeinde im Ostend
spielte das Votum per Post eine herausragende Rolle,
4.724 Mitglieder zählt die Gemeinde, 450 der abgegebenen Wahlzettel kamen über den Briefkasten und
nicht die Wahlurnen herein, insgesamt wurde 521 mal
abgestimmt.
In einer ersten Stellungnahme bedankte sich Stadtdekan Dr. Achim Knecht bei „allen, die sich für die
Vorbereitung und Durchführung der Wahl engagiert
und Kandidatinnen und Kandidaten geworben haben“.
Den Gewählten sprach er seine Glückwünsche aus und
wünschte ihnen für ihre Arbeit Gottes Segen. Er dankte
aber auch den Nichtgewählten für ihre Bereitschaft
und äußerte die Hoffnung, dass sie vielleicht in anderer Form in den Gemeinden mitarbeiten.
Zahlreiche Gemeinden nutzten den Tag, um mit einem
besonderen Programm zur Wahl einzuladen (Lesen Sie
dazu auch den Bericht auf Seite 3). „Mit ungeheurem
Engagement haben die Kirchengemeinden Programm
gemacht und sich als Häuser der offenen Türen gezeigt“, sagt Prodekanin Dr. Ursula Schoen, die an dem
Wahltag zu allen 25 Gemeinden geradelt ist, für die
sie im Dekanatsbereich Süd-Ost zuständig ist. Prodekan Holger Kamlah dankte allen Kandidatinnen und
Kandidaten: „Diese Bereitschaft zum Engagement bei
Menschen, die beruflich und privat oft stark eingebunden sind, ist beeindruckend und wichtig für die
Kirchengemeinden.“ Was den Altersdurchschnitt der
Gewählten betrifft, so ist dieser nach den bisher vorliegenden Ergebnissen bei Ende 40 anzusetzen. Weitere Informationen zur Wahl finden Sie auch in der
nächsten Ausgabe unserer Mitgliederzeitung „Evangelisches Frankfurt“.
Bettina Behler
THEMEN DIESER
AUSGABE
Brückenbauer zu Gemeinden anderer
Herkunft
Wie Ökumenepfarrer Dietmar
Will einheimische
und MigrantenGemeinden zusammenbringt und unterstützt, lesen Sie
Seite 4
in unserem Artikel auf
Songs zu Bibel und Tageszeitung
Pfarrer Eugen
Eckert feiert mit
seiner Band Habakuk 40-jähriges Bestehen.
Einen Einblick in die Erfolgsgeschichte
der Kirchenband lesen Sie auf Seite 7
Inklusion heißt Haltungswechsel
Die Orientierungshilfe „ Es
ist normal, verschieden zu
sein“ der EKD
hat Sigrid Unglaub in ihrem Kommentar auf den Prüfstand für Frankfurt geSeite 2
stellt. Lesen Sie dazu
1
KURZ NOTIERT
Zwei Tage Sonderurlaub für den Besuch des Kirchentages in Stuttgart
Der Vorstandsvorsitzende des Evangelischen Regionalverbandes, Pfarrer Dr.
Achim Knecht, teilt mit, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ERV,
die am Deutschen Evangelischen Kirchentag in Stuttgart teilnehmen
möchten (3. bis 7. Juni 2015), im
Rahmen dienstlicher Möglichkeiten auf
Antrag bis zu zwei Tage bezahlten
Sonderurlaub erhalten. Zuschüsse für
Fahrtkosten, Verpflegung und Unterbringung werden nicht gewährt.
Bauprioritätenliste 2016 verabschiedet
Die Regionalversammlung hat auf
ihrer Tagung im April die „Bauprioritätenliste 2016“ beschlossen. Für Baumaßnahmen im kommenden Jahr sind
Ausgaben in Höhe von 22,65 Millionen
Euro vorgesehen. Rund 43 Prozent der
Mittel, 9,7 Millionen Euro, sollen für
„Übergemeindliche Einrichtungen,
Wohn- und Geschäftshäuser“ verwandt
werden. 28 Prozent, 6,4 Millionen,
sind für Kindertagesstätten und Krabbelstuben vorgesehen, gefolgt von
dem Posten „Kirchen und Gemeindehäuser“ mit 5,4 Millionen.
Nachwahlen in Stiftungsgremien
Bei der Regionalversammlung im April
gab es Nachwahlen in die Stiftungsgremien des Evangelischen Regionalverbandes (ERV): Der Jurist Knut
Mikoleit wurde in den Stiftungsvorstand der Diakonie-Stiftung Frankfurt
am Main berufen. Mikoleit, 50, war
lange Jahre bei der Dresdner Bank mit
Stiftungswesen befasst und ist seit
Jahren der Frankfurter Diakonie verbunden. Neu in den Verwaltungsrat
der Evangelischen Kirchenstiftung
Frankfurt am Main gewählt wurden Dr.
Wolfram Schmidt (Foto), Vorstandsmitglied des ERV, und Stadtdekan Dr.
Achim Knecht.
2
ZUR SACHE
Inklusion heißt Haltungswechsel
Sigrid Unglaub über die EKD-Schrift „Es ist normal, verschieden zu sein“
Die Orientierungshilfe „ Es ist normal, verschieden
zu sein“ der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) beschreibt die kirchlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft – gefordert von der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung.
Die Schrift ist zum einen eine wichtige Auseinandersetzung mit früheren, sehr abwertenden und
verurteilenden Erklärungsversuchen der Theologie
im Hinblick auf Menschen mit Behinderung, sowie
deren Stellung in der Gesellschaft. Zum anderen
zeigt sie aber auch, warum und wie gerade die Kirche wichtige Impulse in der Inklusionsdebatte setzen kann. Hier hat Kirche die Chance, wichtige
Akzente für die Umsetzung der inklusiven Idee zu
setzen.
Wenn wir von „Inklusion“ sprechen, so bedeutet
dies in erster Linie einen Haltungswechsel. Geht
der Begriff „Integration“ von der Eingliederung
einer „ Minderheit“ in die Gesellschaft aus, so
meint Inklusion den Prozess des gemeinsamen Gestaltens. Dies fällt aufgrund des traditionellen diakonischen und heilpädagogischen Handelns und
dessen Auswirkungen sowohl vielen Betroffenen,
als auch vielen Mitarbeitern in der traditionellen
Behindertenhilfe nicht leicht.
„Paradoxerweise kann gerade diese Haltung eines Engagements ‘für andere’ Kommunikation auf Augenhöhe verhindern. Geschwisterlichkeit gelingt, wo aus
dem Engagement ‘für andere’ eine ‘Kirche mit anderen’ wird.“ (EKD-Orientierungshilfe, Seite 56 ).
Inklusion ist nicht begrenzt auf die Einrichtungen
für Menschen mit Behinderung, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die alle Bereiche der
sozialen Arbeit, Vereine, Bildungseinrichtungen,
Kirchengemeinden usw. herausfordert, konzeptionell neu zu denken und alle in ihr Denken mit einzubeziehen. „Wenn mit Inklusion das Ziel erreicht
werden soll, dass Menschen ihr Recht auf Selbstbestimmung und Teilhabe wahrnehmen können, bedarf es professioneller Assistenz- und Beratungssysteme.“ (Seite 79)
Hierdurch wird deutlich, dass Inklusion keineswegs
eine professionelle Arbeit überflüssig macht, sie
bedarf allerdings einer Umstrukturierung und einer
deutlich neuen Zielsetzung.
Der Arbeitsbereich Integrationshilfen für Menschen
mit Behinderung im Diakonischen Werk für Frankfurt am Main besteht seit seiner Gründung ausschließlich aus ambulanten Einrichtungen für
Kinder, Erwachsene und Senioren.
Das gemeinsame Ziel der Einrichtungen ist es, Inklusion ein Fundament zu geben und in Folge ein
Foto:Rolf Oeser
selbstbestimmtes Leben in dem eigenen privaten
Bereich sowie in Gruppen mit Menschen mit und
ohne Behinderung zu ermöglichen.
Darüber hinaus hat das Diakonische Werk bereits
eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit der Frage
auseinandersetzt, wie man Inklusion in allen Arbeitsbereichen selbstverständlich implementieren
kann.
Aus der Sicht derer, die betroffen sind, und auch
derer, die sich der Arbeit mit Menschen mit Behinderung verschrieben haben, ist es ein erstrebenswertes Ziel, Vielfalt zu ermöglichen, indem die
gesamte Kirche in Frankfurt sich zu dem Thema Inklusion positioniert und gemeinsame Umsetzungsrichtlinen erarbeitet - in den Fachbereichen und
der Verwaltung ERV wie auch in den Kirchengemeinden des Stadtdekanats.
Sigrid Unglaub
Leiterin der Arbeitsbereiche „Gesundheit und Pflege“
sowie „Integrationshilfen für Menschen mit Behinderung“ im Fachbereich II Diakonie Frankfurt des
Evangelischen Regionalverbandes
Info
Die Orientierungshilfe „Es ist normal, verschieden
zu sein“ ist erschienen im Gütersloher Verlagshaus
und über den Buchhandel zum Preis von 7,99 Euro
zu beziehen. Download im Internet unter
www.ekd.de/download/orientierungshilfe_inklusion2105.pdf
KIRCHENVORSTANDSWAHLEN
Vier Wahllokale, eine Broschüre und ein Familiengottesdienst
Die Hoffnungsgemeinde ließ keine Möglichkeit aus, um für die Kirchenvorstandswahl zu mobilisieren
Kinder, die lachend durch die Gegend flitzen,
Erwachsene, die fröhlich plaudernd zusammen
stehen, ein Tisch, auf dem Getränke und Knabbereien warten – in der Matthäuskirche entpuppte sich die Kirchenvorstandswahl als
geselliges Ereignis. Das war nicht zuletzt dem
Familiengottesdienst zu verdanken, den Hoffnungsgemeindepfarrerin Jutta Jekel und ihr Kollege Lars Kessner mit Absicht auf den Wahlsonntag legten. Wenn Kinder der beiden Kindertagesstätten szenische Einlagen zum Thema
Wunder präsentieren und sich an der musikalischen Gestaltung beteiligen, ist nicht nur eine
heitere Atmosphäre garantiert. Jekel und Kessner war klar, dass bei einem Familiengottesdienst mit zahlreichen Besucherinnen und
Besuchern zu rechnen ist. In der Tat waren die
Stuhlreihen von mehr als 150 Menschen bevölkert, darunter etliche Personen, die allein zur
Stimmabgabe wohl nicht gekommen wären.
Pfarrer Kessner hatte die Wahl bereits im Vorfeld
überrascht. Unter den 66 Briefwahlanträgen
entdeckte er viele, ihm völlig unbekannte
Namen. Um die rund 3.600 Gemeindemitglieder
zum „Aufkreuzen und Ankreuzen“ zu motivieren, legte sich die Hoffnungsgemeinde freilich
auch wochenlang ins Zeug. So wurde jedem
Haushalt eine Broschüre geschickt, die ausführlich über die persönlichen Hintergründe der
Kandidatinnen und Kandidaten und deren Intentionen informierte. Außerdem erinnerten
Jekel und Kessner in den Gottesdiensten an die
Bedeutung der Wahlen und es klärte ein Eintrag
auf der Homepage über den Stellenwert des 14köpfigen Gremiums auf. Um die Wege in dem
riesigen Einzugsgebiet in Grenzen zu halten,
wurden zwischen Bockenheimer Warte und Postverteilzentrum in der Gutleutstraße zudem vier
Wahllokale eingerichtet.
Mitzubestimmen, welche Personen in den nächsten sechs Jahren die Geschicke der Gemeinde
lenken, hätte sich Helmut Retze auch unter
schwierigen Bedingungen nicht entgehen lassen. Er wolle schließlich sicher sein, dass im
Kirchenvorstand Leute seines Vertrauens sitzen.
Zumal der 72-Jährige das „Allgemeinwesen im
Niedergang“ begriffen sieht und Werten wie Zusammenhalt oder Verlässlichkeit nur noch in der
Familie und in der Gemeinde begegnet. Dem
Erhalt genau dieser Qualitäten gilt das Augenmerk von Christoph Domaschke, der deshalb
erstmals bei den Kirchenvorstandswahlen kandidierte. Da er selbst „nach langer Suche in der
Hoffnungsgemeinde endlich eine gemeinschaftliche Heimat gefunden“ hat, liegt es dem
37 Jahre alten Informatiker am Herzen, den
Gemeinschaftsgeist zu stärken und dem lebendigen Glauben Raum zu gewähren.
Vorsätze, die Tina Sharafi und Hamed Shabani
nur begrüßen können. In ihrem Geburtsland
Iran mussten sie ihren Glauben stets verheimlichen und ihn ausschließlich im privaten Umfeld praktizieren. Seit einiger Zeit sind die
beiden 31-Jährigen in Frankfurt zuhause, gehören der Hoffnungsgemeinde an und wurden
von Pfarrer Lars Kessner erst kürzlich offiziell
getauft. Dennoch können es Tina Sharafi und
Hamed Shabani manchmal noch kaum fassen,
dass sie ihren Glauben jetzt angstfrei ausleben
können. Dazu gehört für sie auch die bislang
unbekannte Freiheit, einen Kirchenvorstand
wählen zu dürfen.
Doris Stickler
150 Gemeindemitglieder besuchten den Familiengottesdienst am Tag der Kirchenvorstandswahl in der Matthäuskirche, den Pfarrerin Jutta Jekel, Pfarrer Lars Kessner (links)
und die Kinder der beiden Kindertagesstätten der Hoffnungsgemeinde gestalteten.
Foto: Rolf Oeser
3
TIPPS UND TERMINE
Ökumenischer Gottesdienst und Fest
am Pfingstmontag
SERVICE
Brückenbauer zu Gemeinden anderer Herkunft
Ökumenepfarrer Dietmar Will sorgt für Dialog und gibt Hilfestellungen
„Verrückt? BeGEISTert. Klug!“ lautet
das Motto des Ökumenischen Pfingstfestes am Pfingstmontag, 25. Mai
2015. Der Tag beginnt um 11 Uhr mit
einem Open-Air-Gottesdienst auf dem
Frankfurter Römerberg. Die Predigt
hält Stadtdekan Dr. Achim Knecht. Für
die Musik sorgen die Band Habakuk,
Blech Pur sowie die Posaunenchöre der
Propstei Rhein-Main. Für Kinder gibt
es während des Gottesdienstes eine
besondere Aktion. Anschließend gibt
es ab 12.30 Uhr das Internationale
Fest im Dominikanerkloster, Kurt-Schumacher-Straße 23. Gemeinden aus
Afrika, Asien, Amerika und Europa erwarten die Gäste mit kulinarischen
Köstlichkeiten aus vielerlei Küchen
dieser Welt sowie einem Kultur- und
einem Kinderprogramm. Das Gotteslob
beschließt das Fest um 16.15 Uhr in
der Heiliggeistkirche.
Open-Air-Gottesdienste an Christi
Himmelfahrt
An Christi Himmelfahrt, Donnerstag,
14. Mai, gibt es um 10.30 Uhr im
Holzhausenpark, Holzhausenstraße,
Nordend, einen Open-Air-Gottesdienst.
Bei schlechtem Wetter wird er in der
nahe gelegenen Epiphaniaskirche,
Oederweg / Ecke Holzhausenstraße,
gefeiert. Auf dem Lohrberg beginnt
der Freiluft-Gottesdienst der Mariengemeinde bereits um 10 Uhr und wird
von Pfarrerin Melanie Lohwasser gehalten.
Kirchenpräsident Jung predigt am
Pfingstsonntag in Frankfurt
Am Pfingstsonntag, 24. Mai, predigt
Kirchenpräsident Dr. Volker Jung um
10 Uhr im Kantatengottesdienst in der
Sankt Katharinenkirche an der Hauptwache. Unter der Leitung von Michael
Graf Münster erklingt die Bach-Kantate
„O ewiges Feuer, o Ursprung der
Liebe“ BWV 34.
4
Beim Betreten seines Büros im Dominikanerkloster
ist sofort zu merken: Dietmar Will ist Pfarrer für Ökumene und das aus Leidenschaft. Überall stehen kleine
Holzfiguren und andere Dinge aus fernen Ländern,
„viele davon sind Gastgeschenke, so wie diese Nüsse
hier beispielsweise. Die haben uns die Menschen in
einem Ort in Afrika geschenkt, wo die Menschen so
arm sind, dass ihre Hauptnahrung aus den Nüssen
besteht“, erklärt er. Seit 2003 hat er das Pfarramt im
Stadtdekanat inne, das ihm jeden Tag spannende Aufgaben bringt: „Einen Berufsalltag habe ich nicht und
das ist das Interessante daran. Ich stehe täglich mit
ganz unterschiedlichen Menschen in Kontakt und
habe das Glück, viele verschiedene Formen des Glaubens kennenzulernen.“ Dietmar Will sieht es als Bereicherung, Menschen anderen Glaubens zu treffen,
und er kümmert sich in Frankfurt darum, dass christliche Migrantengemeinden, gleich welcher Herkunft,
die Chance bekommen, in Deutschland ihren Glauben
weiter zu leben. Er sieht sich als Brückenbauer zwischen den Menschen und hilft vor allem auch deutschen Gemeinden, diese Gruppen aufzunehmen und
besser verstehen zu lernen. „Das ist nicht immer einfach. Für manche Gemeinden ist es wichtig, Gott
sonntags mittags im Rahmen eines lauten Trommelkonzerts zu feiern. Aber stellen Sie sich vor, was das
jede Woche für die Anwohner heißt.“ So fördert Will
den Dialog von Kirchen und Gemeinden anderer Sprache und Herkunft und unterstützt deutsche Gemeinden bei der Raumvermietung oder der Abgabe von
Gebäuden an Migrantengemeinden. Die Situation in
Frankfurt sieht er als Herausforderung für die Ge-
samtkirche, wie sie sich in ekklesiologischer, theologischer aber auch rechtlicher und gesellschaftspolitischer Hinsicht verstehen und gestalten kann.
„Frankfurt ist für mich ein Dorf und eine Metropole
zugleich, denn auf 700.000 Einwohner kommen über
hundert christliche Gemeinden unterschiedlichen
Glaubens. Wenn wir jedoch verstehen, was unsere
Mitmenschen in der Stadt glauben und fühlen, können wir alle besser miteinander leben.“ Dietmar Will
ist gebürtiger Limburger, hat in den Städten Marburg,
Heidelberg und Basel studiert und sein Spezialvikariat
in Simbabwe absolviert. Schon immer reizte ihn der
Kontakt zu anderen Ländern und Menschen, „wir sind
alle ein Leib mit verschiedenen Gliedern, so hat es
Paulus damals schon beschrieben.“
Ein weiteres Projekt, dass Dietmar Will als Geschäftsführer betreut, ist die Partnerschaft mit Ghana, „dort
gibt es über 3.000 Kirchen und viele dieser Gruppen
sind auch hier in Frankfurt. Sie kommen hierher, um
ihre Tradition zu leben. Da ist es ganz wichtig, einander verstehen zu lernen. Mit Besuchen oder Partnerschaftsgottesdiensten versuchen wir, den Austausch
zu fördern und Gemeinden als Mitglieder bzw. Träger zu
gewinnen.“ Derzeit bereitet Dietmar Will mit den Migrantengemeinden das Ökumenische Pfingstfest vor,
„das ist ein Fest der Unterschiedlichkeiten, bei dem
viele Nationen aufeinandertreffen werden. Ich werde
mein Bestes für eine gute Kommunikation und Verständigung tun.“
Alexandra Rohde
Zu erreichen ist Dietmar Will telefonisch unter 069
2165-1232 oder per mail unter [email protected]
Er ist seit 2003 Jahren Pfarrer für Ökumene der Evangelischen Kirche in Frankfurt: Dietmar Will
Foto: Rolf Oeser
AUS DEM FACHBEREICH II
Vier muslimische Frauen aus dem Al Karama, die im Kinder- und Familienzentrum Nordwest arbeiten.
Foto: Rolf Oeser
„Integrationsarbeit vom Feinsten“
Engagierte muslimische Frauen in der Nordweststadt stoßen wegen ihres Kopftuches manchmal noch auf Vorurteile
Im Kleinen Zentrum an der Thomas-MannStraße stehen Buggys vor einem Flachbau mit
Granitfassade. Drinnen, im Eltern-Kind-Zentrum
Al Karama, zieht Frau Celik, eine große Frau mit
langen Haaren, ihrer Tochter gerade Schuhe an.
„Mir geht es gut“, sagt die gebürtige Türkin mit
deutschem Pass. Vorurteilen begegne sie selten:
„Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich kein
Kopftuch trage.“ Seit November kommt die 39jährige Arzthelferin regelmäßig ins Al Karama
in der Nordweststadt. Auch ihrer kleinen Tochter tut das gut: „Sie ist offener geworden“. Im
Al Karama finden Eltern Bildungs-, Spiel- und
Beratungsangebote. Es wurde von marokkanischen Frauen in der Nordweststadt gegründet,
das „Frankfurter Programm Aktive Nachbarschaft“ finanzierte die Einrichtung in den ersten beiden Jahren im Rahmen des von der
Diakonie Frankfurt des Evangelischen Regionalverbandes getragenen Quartiersmanagements.
Heute ist das Al Karama Teil des Kinder-und Familienzentrums (KiFaZ) Nordwest, für das die
marokkanischen Frauen, die sich zu Erzieherinnen ausbilden ließen und ständig weiterqualifizieren, unermüdlich kämpften. Tatkräftige
Unterstützung erhielten sie dabei von Quar-
tiersmanagerin Annette Püntmann. Die Entstehung der Einrichtung ist ein gelungenes Beispiel für die Arbeit des auf Zeit befristeten
Quartiersmanagements. Mit ihnen möchte die
Stadt Frankfurt, in Zusammenarbeit mit freien
Trägern, Engagement in den Stadtteilen fördern
und Initiativen auf den Weg bringen, die dann
in Eigenregie weiterbestehen.
Die Diakonie Frankfurt ist Träger von Quartiersmanagements in den Stadtteilen RödelheimWest, Riederwald, Preungesheim und Nordweststadt. „Das Kinder- und Familienzentrum ist Integrationsarbeit vom Feinsten“, sagt Annette
Püntmann. Ihr Nachbarschaftsbüro mit der großen Glasfront liegt wenige Schritte vom Al Karama entfernt. Sie erzählt, wie sich marokkanische Frauen im Stadtteil immer weiter qualifizieren, aus der Hausfrauenrolle herausschlüpfen und wie ihre Männer mitziehen:
„Heute machen die Männer mit ihren Kindern
Drei-Tages-Touren, das war früher reine Frauensache.“
An einem Holztisch sitzen einige Frauen. Alle
tragen Kopftuch und berichten, wie seit den Anschlägen von Paris und dem Terror des IS das
Klima gegen über muslimischen Frauen rauer
geworden. Maria, eine 23 Jahre alte Jurastudentin, unterstützt Zehn- bis 15-Jährige bei
der Hausaufgabenbetreuung am Pädagogischen Mittagstisch. „Vorurteile gibt es sogar
an den Schulen“, sagt sie, „man muss sich sehr
anstrengen, um gute Noten zu bekommen und
man muss gut sein, um mittelmäßige Noten zu
schreiben“. Zamira Benjelloun hat das Kinderund Familienzentrum gegründet und leitet es.
Die gebürtige Marokkanerin begreift es als ihre
Aufgabe, Vorurteile abzubauen. „Gerade bei älteren Deutschen merke ich, dass ganz viele
Ängste bestehen.“ Benjelloun erzählt, wie sie
diese durch ein freundliches Grüßen, Gespräche und das Kennenlernen abbauen konnte.
Die gelernte Steuerfachangestellte und Mutter
von drei Töchtern schloss selbst die Erzieherinnen-Ausbildung ab und ist Beraterin und
Multiplikatorin für Kinder- und Familienzentren. Sie ist überzeugt, dass diese etwas im
Stadtteil bewirken kann, „zum Beispiel, Menschen eine Chance zu geben.“ Offenheit erwartet Benjelloun dabei auch von Muslimen:
„Es ist ein wichtiger Grundsatz im Islam, keine
Vorurteile zu haben.“
Susanne Schmidt-Lüer
5
AUS DER FRAN KFURTER KIRCHE
Eugen Eckert (links) mit seiner Band Habakuk.
SERVICE
Foto: Friederike C. Schaab
Songs zu Bibel und Tageszeitung
Die Band Habakuk feiert 40-jähriges Bestehen und gibt ein Geburtstagskonzert
Neulich sagte jemand über Habakuk: „Das sind doch
die mit den evangelischen Gassenhauern“. Ob das
Eugen Eckert, Keimzelle und spiritus rector der Band,
wohl gefallen hätte? Als kraftvoll, rockig, lateinamerikanisch-angehaucht, im Stile des Sacro-Pop lassen
sich die Lieder des vor 40 Jahren im Frankfurter Stadtjugendpfarramt gegründeten Ensembles beschreiben.
Großes Kino fürs Ohr sozusagen. Meditativ, stimmungsvoll, zurückgenommen, gar tastend können sie
aber auch sein. Bei „Bewahre uns Gott, behüte uns
Gott“, das seit 1993 im Stammteil des Evangelischen
Gesangbuchs steht, gehen die Herzen auf, manche
Leute wippen, summen mit, andere strahlen in sich
hinein, denken an Kirchentage, bei denen sie Habakuk
auf der großen Bühne erlebt haben.
Auch in diesem Jahr wird die Band beim Deutschen
Evangelischen Kirchentag Anfang Juni in Stuttgart
auftreten. Keine zwei Wochen davor, am 25. Mai, wirkt
Habakuk beim Gottesdienst am Pfingstmontag auf
dem Römerberg mit. Und eine Woche später, am Sonntag, 31. Mai 2015, um 17 Uhr, steht das große Geburtstagskonzert und -treffen in der Friedenskirche im
Gallus auf dem Programm. Freunde, Fans, aber auch
Neugierige, die das erste Mal die Band live erleben
wollen, werden dabei sein. Die Feier ist öffentlich und
der Eintritt frei. Musiziert wird in den Abend hinein,
ab und zu gibt es dazu choreographische Einlagen,
„ohne das macht es doch keinen Spaß“, sagt Eckert,
im Hauptamt Pfarrer, zur einen Hälfte in der Frankfurter Studierendengemeinde, zur anderen im Frankfurter Fußballstadion.
Aus verschiedenen Ecken Deutschlands reisen Gäste
zum Jubiläumsfest an, darunter frühere Bandmitglie-
der. Die Zusammensetzung von Habakuk hat über die
Jahre gewechselt. „Wir sind professioneller geworden“, sagt Eckert. Bei einzelnen aber führte die Band
zum Profimusikertum: Schlagzeuger Christoph Maurer, seit 1990 dabei, beispielsweise, war noch Schüler, als er anfing.
Zur aktuellen Besetzung zählen: Klaus Bussalb, Bass,
Raphael Wolf, Saxophon, Christoph Maurer Schlagzeug, Jan Koslowski, Gitarren, Andreas Neuwirth, Klavier und Orgel sowie Laura Doernbach, Eugen Eckert
und Doro Rosenzweig, Gesang. „Wir setzen uns sehr
ökumenisch zusammen“, berichtet Eckert. Zwei der
Bandmitglieder gehören der katholischen Kirche an,
vier der evangelischen und zwei sind „verschieden
denkend und gewogen“.
Eugen Eckert hat sich schon als Jugendlicher in der
evangelischen Kirche engagiert, sein Vater war Hausmeister in einer Schule direkt gegenüber dem Stadtjugendpfarramt. Die Stadtjugendpfarrer Dieter Trautwein, später Propst, und der 1983 so tragisch mit seiner Familie verunglückte Martin Jürges, haben dem
heute 61-jährigen Eckert Wege zu Glaube und Kirchenmusik eröffnet.
Inspirieren lasse er sich für die Texte der HabakukLieder von „ der Bibel und der Tageszeitung“, sagt der
Pfarrer und Musiker. Ein bisschen lachen muss er, als
er merkt, dass er beim Interview in seiner Wohnung
dem Gast die Tasse überlassen hat, auf der die Großen
der evangelischen Kirchenmusik abgebildet sind: Johann Sebastian Bach, Heinrich Schütz, Paul Gerhardt
und Martin Luther. Eckert selber trinkt aus einem Becher mit bunten Wiesenblumen darauf.
Bettina Behler
Ausbildungskurs für ehrenamtliche
Seelsorge startet im September
Der Ökumenische Arbeitskreis Seelsorge
– kurz ÖAKS – bietet von September
2015 bis Juni 2016 wieder einen Ausbildungskurs für ehrenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger an. Bereits die 18.
Schulung dieser Art ist es. Qualifiziert
wird in Form von vierzehntägigen
Abendveranstaltungen, drei Wochenendseminaren und Praktikumserfahrungen
für die Seelsorge im Krankenhaus, Altenheim, Hospiz, Gefängnis oder in der Gemeinde. Ein Infoabend findet am
Mittwoch, 8. Juli, von 18 bis 21 Uhr im
Haus der katholischen Klinikseelsorge in
der Uniklinik, Ludwig-Rehn-Straße 7,
statt. Die Kosten für die gesamte Ausbildung betragen 150 Euro, zusätzliche
Kosten werden in den Tagungshäusern
bezahlt. Informationen gibt es bei Pfarrer Lothar Jung-Hankel, Evangelische
Krankenhausseelsorge, Telefon 06033
924939, E-Mail lothar.jung-hankel@
bgu-frankfurt.de.
Gottesdienste nach Katastrophen
Wie können Gemeinden nach Katastrophen wie dem Absturz des GermanwingsFlugzeuges über den Alpen angemessene
Gottesdienstformen finden? Das Zentrum
Verkündigung der EKHN bietet dazu ein
praktisches Materialbuch an. „In großer
Not. Gottesdienste nach traumatischen
Erlebnissen“ beinhaltet praxisorientierte
Leitfäden und Gottesdienstbausteine.
Außerdem gehen die Autoren auf die
neuere Traumaforschung ein. Das Buch
mit Erstauflage im Mai 2014 ist bestellbar im Online-Shop des Zentrums Verkündigung der EKHN unter
www.zentrum-verkuendigung.de
IMPRESSUM
HERAUSGEBER:
Vorstand des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt am Main, Kurt-Schumacher-Straße 23, 60311 Frankfurt am Main,
Vorstandsvorsitzender: Dr. Achim Knecht
REDAKTION:
Evangelischer Regionalverband Frankfurt, Redaktion Evangelische Kirche Intern, KurtSchumacher-Straße 23, 60311 Frankfurt am
Main, Telefon 069 2165-1388, E-Mail [email protected]
Ralf Bräuer (verantwortlich), Alexandra Rohde
(Geschäftsführung), Brigitte Babbe, Martin
Vorländer, Wolf Gunter Brügmann-Friedeborn,
Helmut Völkel
ISSN 1437-4102
Nächster Redaktionsschluss: 15.5.2015
7
BUCHTIPP
Ian McEwan: Kindeswohl
Ian McEwan wagt sich in seinem aktuellen Werk an ein heikles Thema: Darf
Eltern die Therapie ihres kranken Sohnes richterlich verordnet werden, wenn
ihre Religion es verbietet? Der britische Autor beschäftigt sich in diesem
Buch mit juristischen Fragen und weltanschaulichen Problemen. Zunächst
geht es nur um handfeste Eheprobleme der Richterin Fiona Maye. Die
Karrierefrau arbeitet am Londoner
High Court. Ihr Ehemann, der Geschichtsprofessor Jack, eröffnet ihr,
dass er sie zwar nie verlassen möchte,
aber er eine Affäre mit einer wesentlich jüngeren Frau anfangen will.
Schockiert wirft Fiona Maye ihren
Mann aus der gemeinsamen Wohnung
und stürzt sich in ihre Arbeit, bei der
sie auf den sehr heiklen Fall des an
Leukämie erkrankten Adam Henry
trifft. Um zu überleben, bräuchte der
Siebzehnjährige Bluttransfusionen.
Doch seine Eltern, die den Zeugen Jehovas angehören, sind aus Glaubensgründen strikt dagegen. Auch Adam
selbst lehnt diese ab und möchte lieber als Märtyrer sterben. Fiona Maye
wird von der Klinik zu einem Eilentschluss beauftragt und soll über das
Schicksal des Jungen entscheiden.
Doch bei dem moralisch-ethischen
Grundkonflikt scheint jede Lösung die
falsche zu sein. Fiona Maye besucht
Adam in der Klinik und spricht sich im
Anschluss für das Leben des Jungen
aus – aber sie scheitert als Mensch.
Adam schreibt ihr nach seiner Genesung Briefe, die sie nicht beantwortet,
und sucht sie schließlich persönlich
auf. Er hat sich mit seinen Eltern und
den Zeugen Jehovas überworfen und
möchte bei ihr in London wohnen.
Doch Fiona weist den jungen Mann zurück. Als der inzwischen volljährige
Adam kurze Zeit später einen Rückfall
erleidet und eine weitere Bluttransfusion braucht, entscheidet er sich dagegen und stirbt. Zurück bleibt eine
geschlagene Frau, die versucht, in ihr
altes Leben zurückzufinden, aber vielleicht ein wenig lebensklüger ist als
zuvor.
Alexandra Rohde
Ian McEwan: „Kindeswohl“, Diogenes
Verlag, 21,90 Euro.
8
PORTRÄT
Pfarrerin Henriette Crüwell ist seit Anfang des Jahres Nachfolgerin von Pfarrer Rasmus Bertram an der jugend-kulturkirche sankt peter.
Foto: Rolf Oeser
Jugendliche brauchen Raum für Begegnung
Henriette Crüwell ist neue Jugendpfarrerin an sankt peter
Seit Anfang des Jahres ist sie die neue Pfarrerin an
der jugend-kultur-kirche sankt peter in Frankfurt und
seit dem 18. April ist sie als diese auch offiziell eingeführt: Henriette Crüwell. Was bedeutet ihr der neue
Job und warum möchte sie speziell Pfarrerin für Jugendliche sein? – Kirche Intern traf die dreifache Mutter in ihrem Büro in sankt peter, in dem sie es sich
schon recht gemütlich eingerichtet hat. Neben dem
Schreibtisch und der Bücherregale steht eine bunte
Sitzecke mit einer Schale Gummibären. Alles bereit
für den Neuanfang, denn in den letzten zehn Jahren
lebte Henriette Crüwell mit ihrer Familie im Rheinland. Durch den beruflichen Wechsel ihres Mannes
kamen sie nun zurück nach Frankfurt, „ich habe die
Zeit im Rheinland genossen und fand vor allem den
Karneval dort sehr unterhaltsam“, lacht sie. „Andererseits bin ich aber sehr glücklich, wieder in die Heimat zurückgekommen zu sein. Allein das interessante
Stadtbild mit den hohen Bankentürmen auf der einen
Seite und den alten Kathedralen andererseits ist
etwas, an dem ich mich täglich erfreue.“
In ihrem neuen Amt sei es vor allem die Arbeit nicht
nur für sondern mit den Jugendlichen, die ihr wichtig
ist, „sie sind unsere Zukunft und ich finde es wunderbar, mit ihnen gemeinsam Räume zu schaffen, Fragen
zu stellen und sich einer Gesellschaft, die stark von
Geld und Macht gekennzeichnet ist, auch etwas entgegen zu setzen. In der Welt ist viel Unzufriedenheit
der Menschen zu spüren und genau da kann Kirche zu
Veränderungen beitragen. Junge Menschen müssen
nur erst mal verstehen lernen, für welche Verspre-
chungen sie steht.“ Seit ihrer Ankunft im Januar leistet Henriette Crüwell in erster Linie Aufbauarbeit,
„wir sind hier keine Gemeinde in klassischer Form und
entsprechend fehlt es an Kontinuität. Ganz viel geht
über Beziehungen und diese versuche ich zu pflegen.
Ich spreche mit Kollegen und Lehrern, um den Kontakt zu Jugendlichen zu finden und ihr Interesse zu
wecken“. Henriette Crüwell findet den Ausgleich in
Yoga und sieht dabei oft eine Parallele zur Kirche, „wir
hören zu Beginn der Stunde immer ein paar Worte
oder eine kleine Geschichte, was für die Teilnehmer
meiner Yogaklasse ein sichtbar wichtiger Bestandteil
ist. Die Menschen brauchen einen Halt, den auch die
Kirche vermittelt. Wir als Kirche können eine psychologische Stütze sein.“ Jeden Sonntag bietet Henriette
Crüwell einen Gottesdienst an, „der steht unter dem
Titel „Abend(b)rot“, und ich möchte, dass sich die
Teilnehmer in der gemeinsamen Stunde wohlfühlen
und positiv in die neue Woche starten“.
So sieht sich Henriette Crüwell in ihrer neuen Funktion als eine Pfarrerin, die mit Jugendlichen gemeinsam Dinge bewegen möchte, aber auch als Dienstleisterin für die Gemeinden, die in übergreifenden
Gottesdiensten bei sankt peter die Möglichkeit
haben, sich miteinander zu vernetzen. „Wir stellen
den Raum, in dem Menschen einander begegnen und
Beziehungen entstehen können. Die Kirche ist eine
Stütze im Alltag und ich freue mich sehr darauf, Jugendlichen diese Stütze zu sein und mit ihnen gemeinsam zu experimentieren.“
Alexandra Rohde