Katalog der Lebendigen Bücher Freitag, 20.3.2015 14:30 - 19:00 Uhr Veranstalter der Lebendigen Bibliothek Logo:© www.clever-links-ol.de Inhaltsverzeichnis Bibliotheksordnung ...................................................................... Seite Aktiv im Alter .............................................................................. Seite Baby Blues . ................................................................................ Seite Flüchtling . .................................................................................. Seite Gehörloser Handball-Nationalkeeper ............................................... Seite HIV-positive Person ...................................................................... Seite Homosexuelle Frau . ..................................................................... Seite Homosexueller Mann .................................................................... Seite Jude . ......................................................................................... Seite Kranker Straftäter ........................................................................ Seite Muslima . .................................................................................... Seite Obdachlose Person ....................................................................... Seite Person mit Lese- und Schreibschwäche I ......................................... Seite Person mit Lese- und Schreibschwäche II ........................................ Seite Rollstuhlfahrende Frau I ................................................................ Seite Rollstuhlfahrende Frau II . ............................................................. Seite Sinti und Roma ............................................................................ Seite Trockener Alkoholiker ................................................................... Seite Que(e)re Schwester ..................................................................... Seite Veganerin ................................................................................... Seite 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Bibliotheksordnung 1. Die Lebendigen Bücher können für ein persönliches Gespräch von bis zu 20 Minuten ausgeliehen werden. 2. Das Lebendige Buch und seine Leserinnen und Leser können das Gespräch auch vorzeitig beenden. Ebenso kann die Ausleihdauer verlängert werden, wenn gerade niemand sonst das Lebendige Buch ausleihen möchte und wenn das Lebendige Buch mit der Verlängerung einverstanden ist. 3. Sollten zwei oder mehr Personen gleichzeitig ein Lebendiges Buch ausleihen wollen, muss das Lebendige Buch damit einverstanden sein. 4. Wir gehen davon aus, dass sich Leserinnen und Leser respektvoll gegenüber dem Lebendigen Buch verhalten. Die Lebendigen Bücher engagieren sich ehrenamtlich und sind bereit, aus ihrem Leben zu berichten. Sie dürfen nicht beleidigt oder angegriffen werden. 5. Die Lebendigen Bücher entscheiden, was sie erzählen möchten und was nicht. Wir bitten Sie, dies zu respektieren. 6. Die Lebendigen Bücher sind sehr unterschiedlich, aber sie alle sind positiv gegenüber den Leserinnen und Lesern eingestellt. Bei Fragen steht Ihnen das Team der Lebendigen Bibliothek jederzeit zur Verfügung! Wir würden uns freuen, wenn Sie sich am Ende Ihres Besuchs der Lebendigen Bibliothek an einer kurzen Auswertung der Veranstaltung beteiligen könnten, damit wir diese weiter verbessern können. Vielen Dank für Ihre Mithilfe! 1 Aktiv im Alter Ich bin einfach so. Immer gibt es etwas zu tun. Schon mit 16 Jahren habe ich mich für den Tierschutz engagiert. Bin aktiv in der Anti-Atom-Bewegung gewesen, habe den Umweltschutz vorangetrieben, den Oldenburger VerschenkeMarkt initiiert. Preise wurden mir verliehen - dafür, dass ich einfach meinen Interessen folgte: der Umweltpreis der Stadt Oldenburg 1999 und das Bundeverdienstkreuz 2008. Ich engagiere mich sozial, führe einen aktiven, wöchentlichen Lesezirkel, bin Freier Humanist. Ich bin dieses Jahr 84 Jahre alt, schwerst sehbehindert, aber Langeweile gibt es bei mir nicht! 2 Baby Blues Die Erwartung, dass jede Mutter ihr eigenes Kind bedingungslos von Anfang an liebt, ist eine tief in der Gesellschaft verankerte Vorstellung und Erwartung. Viele Mütter sind deshalb überrascht, wenn sie nach der Geburt ihres Kindes nicht das erwartete Glück empfinden können. Sie fühlen sich dann oft sehr alleine und trauen sich nicht, über ihre „negativen“ Empfindungen zu sprechen. Es kann eine große Befreiung sein, mit jemandem zu sprechen, der diese Erfahrung teilen kann. Zum Gespräch sind aber auch Menschen eingeladen, die einfach über dieses Tabu diskutieren möchten. 3 Flüchtling Ich bin ein Flüchtling aus Afrika. Mein besonderes Merkmal ist es, Menschen so zu nehmen, wie sie sind. Ich bin gerne in einem Land, in dem Meinungsfreiheit herrscht und Vertrauen. Es war nicht einfach, hier anzukommen, ohne Sprachkenntnisse, mit völlig anderen kulturellen Hintergründen. Warum kommen Menschen aus Afrika hier her? Ich habe meine eigene Sichtweise und meine eigenen Erfahrungen zu dieser Frage. Wissen Sie, was mich stört? Wenn ich merke, dass andere Menschen sich ein Urteil über mich bilden, ohne mich zu kennen! Will ich nach Afrika zurück? Ja, ich habe dort noch einen Auftrag zu erfüllen. 4 Gehörloser Handball-Nationalkeeper Ich bin gehörlos. Seit 2002 spiele ich in der Gehörlosen-Handball-Nationalmannschaft. Ich stamme aus einer handballverrückten Familie und konnte z. B. bereits bei den Europameisterschaften und auch bei den Deaflympics (ja, wir Gehörlosen haben eine eigene Olympiade!) Medaillen erringen. Mein größter persönlicher Moment war bei den Deaflympics 2009 in Taipeh, ich konnte selbst ein Tor werfen, über 40 Meter weit ins gegnerische Tor! Im Moment bereite ich mich bei „meinem“ Verein, dem VFL Oldenburg, auf die Gehörlosen-HandballEM 2016 in Berlin vor... Fragen könnt Ihr mir gerne zu diesem Thema, aber auch zum Thema „Leben als Gehörloser“ stellen. 5 HIV-positive Person Ich bin seit 1986 HIV-positiv. Es gibt leider immer noch verschiedene Vorurteile und Ängste über HIV und Aids. Ich bin ein 50 Jahre junger Niederländer und wohne im schönen Oldenburg. Mir persönlich ist es wichtig, mit Menschen in Kontakt zu kommen, um von meinen eigenen Erfahrungen zu berichten. Ich arbeite ehrenamtlich bei der Aids-Hilfe und freue mich, Ihre Fragen in einem persönlichen Gespräch zu beantworten. 6 Homosexuelle Frau Ich liebe ein Frühstück mit frischen Brötchen, und ich merke, dass sich im Laufe meiner 5 Lebensjahrzehnte mein Geschmack verändert hat. Natürlich kommt auch hinzu, dass die Fülle der heute angebotenen Brötchensorten enorm ist. Seit das so ist, entdecke ich für mich zunehmend ein Sprachphänomen bei meinen Besuchen in der Bäckerei: „Ich hätte gerne 5 normale, 2 Mohn- und 3 Sesambrötchen!“ „5 normale bitte und 2 Weltmeister!“ „Gibt’s noch normale Brötchen?“ Was ist ein normales Brötchen, und sind dann alle anderen Brötchen „un-normal“? Denn in unseren Gedanken hat der Begriff „normal“ auch immer eine wertende Tendenz, und wenn etwas nicht normal ist, dann wird es ganz häufig zunächst einmal abgewertet und negativ beurteilt. Wer definiert aber, was normal und was nicht normal ist? Schon als Jugendliche merkte ich, dass ich nicht dieser „Norm“ – Mann und Frau gehören in einer Liebesbeziehung zusammen – entsprach, denn schon damals trafen meine jugendlichen Liebesgefühle immer auf Frauen. Und mit keinem Menschen konnte ich darüber reden, es war einfach ein Tabuthema. In meiner Familie und in der Schule kam das Thema der lesbischen Liebe überhaupt nicht vor; oder eben in Form von Äußerungen, dass das doch wohl pervers, krank, unnormal und vor allem auch sündig sei! Ich bin gut! Ich bin ganz! Ich bin richtig! Dass ich diese Aussagen über mich und mein Leben als lesbische Frau machen kann, war ein weiter Weg; schmerzhaft und anstrengend - aber lohnend. Gerne erzähle ich Ihnen davon! – und vielleicht auch mit einfachen Brötchen. Oder mögen sie lieber Dinkel oder Roggen? 7 Homosexueller Mann Es ist Dienstagnachmittag. Gleich beginnt der wöchentliche Konfirmandenunterricht. Einige Jungs warten schon vor der Tür des Gemeindehauses. Durch das offene Fenster bekomme ich mit, was sie reden. Sie reden über den „schwulen Pastor“. Der schwule Pastor bin ich. Also gehe ich nach draußen und frage sie: „Ich höre da immer das Wort schwul - wisst ihr eigentlich, womit das Wort zusammenhängt?“ - Keine Antwort. - „Na, welches Wort klingt denn so ähnlich?“ Schließlich traut sich einer: „Vielleicht schwül?“ - „Stimmt. Schwül hat mit Wärme zu tun, und Schwule nennt man ja auch oft ‚warme Brüder‘. Um sie verächtlich zu machen.“ - Nicken. „Nun im Ernst: wollt ihr wirklich das Gegenteil sein, also ‚kalte Männer‘, ausgerechnet wenn‘s um Liebe geht?“ Das wollen sie natürlich nicht. So sind wir miteinander ins Gespräch gekommen und haben es Wochen später im Konfirmandenunterricht fortgesetzt, als auf Wunsch der Jugendlichen das Thema Sexualität dran war. Da kamen dann alle Vorurteile über Schwule auf den Tisch, die bei den Jugendlichen (und in deren Elternhäusern) durch die Köpfe geisterten. Etwa, dass man zum Schwulsein „verführt“ werden kann. Ist Blödsinn; ein Schwuler findet sich mit seiner Neigung zu Männern vor, sobald er sich seiner Sexualität bewusst wird. Ich selber bin schon immer schwul gewesen. Oder dass Schwule krank sind, „unnormal“, oder dass Schwulsein „Sünde“ ist. Alles Unsinn. Wir wissen es seit langem besser. Die schwule Prägung ist nur eine von mehreren Arten der Liebe, so normal wie Heterosexualität oder Bisexualität. Von einer „Variante der Sexualität“ sprechen heute die Wissenschaftler. Wobei es übrigens nicht nur um Sex geht. In schwulen Beziehungen mag ein Mann einen anderen Mann, liebt ihn vielleicht, den ganzen Menschen, die Person. Die Beiden wollen zusammen sein, vielleicht ihr Leben teilen. Das ist wie zwischen Mann und Frau, wenn die sich mögen. All das wissen informierte, aufgeklärte Menschen schon länger. Gut, wenn sich das auch allgemein herumspricht. 8 Jude Oft begegnen uns Menschen, die keinerlei Vorstellung vom Judentum haben, es nur aus dem Geschichtsunterricht als ein eher unangenehmes Kapitel wahrnehmen oder ein diffuses Bild durch Berichte aus Israel besitzen. Doch was heißt es genau, als jüdischer Mensch in Deutschland zu leben, welches unser Heimatland ist? Nicht selten fragen durchaus interessierte Menschen aus Scham im Hintergrund der Geschichte dieses Landes auch nicht danach. Wie leben Juden heute in Oldenburg? Was bedeutet es überhaupt, Jude zu sein? Wir haben uns entschlossen an der Bibliothek teil zu nehmen, weil wir es wichtig finden, Brücken zu bauen. So haben Sie die Möglichkeit, einem jüdischen Menschen zu begegnen. 9 Kranker Straftäter Ich befinde mich seit sechs Jahren im Forensischen Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter und weiß, dass es Menschen gibt, die verschiedene Vorurteile haben. Mir persönlich ist es wichtig, mit Menschen in Kontakt zu kommen, um Ihnen von meiner eigenen Erfahrung zu berichten. Ich freue mich, Ihnen persönlich Ihre Fragen zu beantworten. 10 Muslima Ich bin zwischen zwei Kulturen aufgewachsen! Bin ich denn eine Deutsche oder eine Türkin? Ich weiß es nicht, aber meine Mitmenschen erleichtern mir diese Frage auch nicht! Hat mein Lehrer denn recht gehabt? Gehört eine „Türkin“ auf kein Gymnasium, sondern auf eine Koranschule? Ich werde euch erzählen, wie schwer man es als „Multikulti“ manchmal in einem „fremden“ Land mit eingeprägten Vorurteilen hat, aber wie schön es auch sein kann, wenn man sein „eigenes Land“ als hier Geborene richtig übermitteln kann. Frag mich mehr, um über mein Leben als Deutsch-Türkin zu erfahren! 11 Obdachlose Person Ich bin ein offener, toleranter und positiv denkender Mensch. Bedingt durch meine Arbeitslosigkeit und eigenes Fehlverhalten habe ich im letzten Jahr meine Mietwohnung verloren und wurde „obdachlos“. Ich denke, mein Thema ist interessant und zeigt deutlich den schweren Weg, um aus dieser sozialen Lage herauszukommen. Es ist möglich, sich über alles mit mir zu unterhalten und zu fragen. Diesbezüglich gibt es keine Tabus. Besonders können Sie mit mir über Arbeitslosigkeit, Zahlungsunfähigkeit, Wohnungsverlust, Obdachlosenheim, Hoffnungslosigkeit, Mutlosigkeit, eine neue Art von Lebenskampf, Diskriminierungen oder Hygiene und Drogenprobleme in meiner Umwelt sprechen. Die Lebendige Bibliothek ist für mich sehr interessant und bedeutet „Neues“. Und Neues im Leben ist immer gut. 12 Person mit Lese- und Schreibschwäche I Ich bin Literaturpreisträgerin und Botschafterin für Alphabetisierung. Mit 45 Jahren habe ich noch einmal richtig lesen und schreiben gelernt. Ich spreche immer von meinen zwei Leben, eines ohne Schrift und eines mit der Schrift. Das Leben ohne Schrift war ein sehr anstrengendes Leben, voller Angst und Not. Heute habe ich ein glückliches Leben, bin Mitgründerin einer Selbsthilfegruppe, halte Vorträge und zeige Gesicht für das Problem mit der Lese- und Schreibschwäche. 13 Person mit Lese- und Schreibschwäche II Die Angst Die Angst ist weg. Ich bin gelandet. Jeder Tag ist wunderschön und ich bin froh, hier zu sein. Was heißt es schon, nicht lesen und schreiben zu können? Was es heißt? Es ist das Schlimmste. Ein Mensch muss funktionieren Mit 55 Jahren habe ich meinen ersten Brief geschrieben. Für mich hat mit der Schrift ein neues Leben angefangen. Das Buch gibt Auskunft über diesen Weg in ein Leben voller Wertschätzung, Energie und Lebensqualität. 14 Rollstuhlfahrende Frau I Im Jahre 2001 bescherte mir eine chronische Erkrankung meinen ersten Rollstuhl. Damals stand ich „mitten im Leben“, wie man so schön sagt, war verheiratet, hatte drei fast erwachsene Kinder und wollte meine berufliche Karriere weiter ausbauen. Und dann schlug mein Leben plötzlich diese Purzelbäume… Und doch war mein erster Rollstuhl eine Art Befreiung für mich. In den Jahren danach änderte sich mein Leben radikal, sowohl familiär als auch persönlich. Heute kann ich sagen, dass alles richtig war, so wie es kam und heute ist, denn heute kann ich wieder singen, lachen und tanzen. Wichtig für mich ist die Begegnung und der Austausch mit Menschen, egal welchen Alters, welcher Herkunft, welcher Gesellschaftsschicht oder Nationalität. Ich glaube an den Inklusionsgedanken und bin voller Zuversicht über diese Entwicklung in unserem Land und in Europa, auch wenn Vieles noch im Argen liegt oder zu wünschen wäre. Jeder Anfang ist klein und – wie meine Mutter immer sagte: „Selbst eine stattliche Eiche war ehemals ein klitzekleines Samenkorn. Wir müssen es nur wachsen lassen.“ Ich würde mich über einen Austausch mit Ihnen freuen… 15 Rollstuhlfahrende Frau II Ich bin durch eine fortschreitende Erkrankung inzwischen Rollstuhlfahrerin geworden. Weiterhin bin ich sehr aktiv geblieben in meinem Berufs- und Privatleben. Andere Menschen setzen jedoch oft eine Körperbehinderung mit Passivität gleich. In meinem Leben setze ich viel Energie daran, den Vorurteilen der Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderung etwas entgegen zu setzen. So lebe ich vor, wie auch eine Frau, die inzwischen so stark körperbehindert geworden ist, dass sie beispielsweise Assistenzbedarf hat, weiterhin inklusiv leben und arbeiten kann. Es macht mich froh, dass ich inzwischen schon vielen Menschen mit und ohne Behinderung ungeahnte Möglichkeiten aufgezeigt habe und bei Visionen und deren Umsetzung mithelfen kann. Das ist auch das Thema, mit dem ich hier in die Bibliothek komme. Gerne kann man mit mir über weitere Themen sprechen, und die Besucher können ein sehr lebendiges und angeregtes Gespräch mit mir erwarten. Ich mache mit, weil ich gerne Berührungsängste mit körperbehinderten Menschen abbauen helfen möchte und glaube, dass ich dazu sehr geeignet bin. 16 Sinti und Roma Die Wurzeln vieler Sinti-Familien in Oldenburg und ganz Deutschland reichen bis ins 16. Jahrhundert. Dennoch werden wir als Fremde gesehen, die sich integrieren sollen und integriert werden müssen. Unterdrückung und Verfolgung waren im dritten Reich besonders schlimm. Bis heute werden wir als Kriminelle abgestempelt und in soziale Brennpunkte gesteckt. Wir sind täglich auf persönlicher und politischer Ebene mit Vorurteilen konfrontiert. Vor zwei Jahren ist es endlich gelungen, ein Kulturzentrum aufzubauen. Wir versuchen mit unserer Arbeit, Bildungschancen zu stärken und auf unsere Belange aufmerksam zu machen. Ich mache bei der Lebendigen Bibliothek mit, weil ich auf das andauernde Leid der Sinti hier vor Ort aufmerksam machen möchte. Ich möchte die Unterschiede zwischen Sinti und Roma verdeutlichen und zeigen, dass wir entgegen der landläufigen Meinung gut integrierte Bürger sind, die versuchen, in ihrer Heimat anerkannt zu werden. 17 Trockener Alkoholiker Meine ersten Erfahrungen mit Alkohol habe ich im Alter von 14 Jahren gemacht. Ich war als Kind und auch als Jugendlicher sehr ängstlich und konnte kaum mit anderen in Kontakt treten. Das änderte der Alkohol. Plötzlich war ich beliebt und konnte Menschen ansprechen, gehörte dazu. Und dabei hatte ich nur einen kleinen Schwips, damals. Trotzdem konnte ich eine Ausbildung beenden und hätte auch ein normales Leben führen können, wäre ich nicht obdachlos geworden. Auf der Straße wurde ich vom Opfer zum Täter. Und der Alkohol half mir beim Einschlafen. Nach etwas über einem Jahr hatte ich wieder eine Wohnung, doch die Straße zog mich an und auch der Alkohol. Ich wurde immer aggressiver, und hätte es damals nicht meine Freundin gegeben, so wäre es da wohl schon eskaliert. So gab sie mir einen gewissen Halt. Auf der Straße hatte ich auch gelernt, wie ich ohne zu arbeiten, zu Geld kam. Ich war ein glücklicher Arbeitsloser. Hatte alles, was ich brauchte, eine Wohnung, eine Freundin und zu trinken. Das änderte sich, als meine Freundin die Beziehung beendete. Sobald man etwas gegen mich sagte, wurde ich sehr ausfallend und notfalls auch gewalttätig. Die Folgen meiner Gewalttätigkeit haben mich dann in den Maßregelvollzug gebracht, verbunden mit einer Therapieauflage. Ich konnte den Zusammenhang zwischen Alkohol und Gewalt erkennen und habe dort endlich wieder zu mir gefunden. Es geht mir gut, und ich führe ein gutes Leben, auch wenn mir noch einiges fehlt. Aber das wird kommen, da bin ich sicher, wenn ich auf dem Weg bleibe und nicht wieder anfange, mir selbst ein Bein zu stellen. 18 Que(e)re Schwester Schwestern kennt man in unserer Gesellschaft in zwei Bereichen: in der Pflege und in der Religion. Sie zeichnen sich durch ihr auffälliges und uniformes Äußeres sowie ihre Hingabe, ihr soziales Engagement und ihr freundliches Wesen aus. Und gerade die Schwestern in den Religionen sind häufig schon recht alt. Die Schwestern der Perpetuellen Indulgenz decken einen weiteren gesellschaftlichen Bereich ab: den LGBTIQ-Bereich, die Szene von queeren Menschen. Wo ist der große Unterschied zu den religiösen und pflegenden Schwestern? Immerhin sind auch wir sozial engagiert, caritativ tätig, helfen, opfern unsere Zeit und kümmern uns um Menschen, die uns brauchen. Auch unser Äußeres ist uniform. Aber da ich schon seit Ewigkeiten 28 Jahre alt bin, einen ausgestopften BH auf dem Kopf trage und bunte Tücher als Haube, geschminkt bin, High Heels anziehe, auf Partys anzutreffen bin, wo ich Kondome verteile und Spenden für HIV- und Aidsprojekte sammle, bin ich eben doch ein bisschen anders, als die bekannten Schwestern. Und gerade, weil ich anders bin, aber dennoch das Selbstverständnis der oben genannten Schwestern als Hintergrund habe, erfahre ich Vorurteile und Ausgrenzung. Weil ich nicht in das klassische Bild der Schwester falle, weil ich anders aussehe und weil ich eine indulgente Schwester bin – und durch mein Auftreten und Selbstverständnis provoziere, auch bei all dem, was ich Gutes tue. Diese Gratwanderung ist aber gewollt – kommen Sie gerne mit mir darüber ins Gespräch. Ich freue mich darauf, als lebendiges und buntes Buch ausgeliehen zu werden – genießen Sie die Lektüre. 19 Veganerin Ich bin 49 Jahre jung, seit wenigen Jahren sehr gerne Oldenburgerin, sechsfache Mama und Partnerin. 17 Jahre lebte ich vegetarisch, dann wieder einige Jahre omnivor (alles essend). Seit anderthalb Jahren bin ich Veganerin, nicht nur essensmäßig! Weder meine Kinder noch mein Partner leben vegan. Aus welchen Gründen wird Mensch vegan (gesundheitlich, ethisch o. ä.)? Welche „Arten“ davon gibt es? Gourmetveganer, Rohköstler, Sonnenköstler, Instinktos sind einige solcher Typen! Kann ich auch nur das Essen betreffend vegan leben oder gleich alles auf einmal? Wie geht „alles“? Wieso schaden wir mit Fleisch-, Milchprodukt-, Eierkonsum unserer Gesundheit UND der Umwelt? Wie lebt es sich als toleranter Veganer mit nicht-veganer Verwandtschaft? Vegan... mit Lust am Leben, Genießen, ohne Verzicht und erhobenen Zeigefinger?! Lust auf leckere Rezepte? Wie veganisiere ich Bekanntes, wo und wie kann ich auswärts essen? Ich hoffe, dass ich als Lebendiges Buch die Lust machen werde, tiefer in die Materie einzutauchen! Viel Spaß und Wachstum dabei! 20
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