FRAUEN IN FÜHRUNG 63 DEFGH Nr. 89, Samstag/Sonntag, 18./19. April 2015 Eine Frage der Kultur Gemessen an der Zahl der Beschäftigten müssten viel mehr Frauen Führungspositionen haben. Doch Familienaufgaben und eine von Männern dominierte Arbeitswelt erschweren dies. Dabei profitieren Unternehmen, die beide Geschlechter fördern Frauen auf dem Weg nach oben: Beim Klettern ist das üblich, in vielen Firmen aber noch ziemlich selten. Es gibt nur verhältnismäßig wenig weibliche Führungskräfte. von johanna pfund F rauen in Führungspositionen, Frauenquote? Wer Schwung in eine Party bringen möchte, der sollte das Thema anschneiden, es löst mit Sicherheit eine lebendige Debatte aus. Nur die Qualifikation sollte bei der Besetzung von Führungspositionen entscheiden, argumentieren die einen. Eine rechtliche Verpflichtung sei nötig, um mehr Frauen nach vorne zu befördern, meinen die anderen. Oder: Frauen wollen ja gar nicht führen. So einfach lässt sich die Sache aber nicht erklären. Experten fordern einen Kulturwandel. „Frauen gehen auf dem Weg nach oben verloren“, sagt Elke Holst, Forschungsdirektorin Gender Studies am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. Das zu Beginn des Jahres veröffentlichte Managerinnen-Barometer des DIW zeigt, dass Frauen in Deutschland selten in Spitzenpositionen aufrücken: Ende 2014 gehörten den Vorständen der 200 umsatzstärksten Unternehmen etwa fünf Prozent Frauen an. Das entspricht 47 von insgesamt 877 Vorstandssitzen. In den 100 größten Unternehmen ist der Frauenanteil in der Chefetage von knapp fünf auf gut vier Prozent gesunken. Auch das gerne genannte Argument, dass ja viel mehr Männer als Frauen arbeiten und daher proportional einfach weniger Frauen an die Spitze kommen, ist nicht stichhaltig: Im Finanzsektor arbeiten zwar 57 Prozent Frauen, doch in den Vorständen der 100 größten Banken und Sparkassen lag der Frauenanteil Ende 2014 bei nur knapp sieben Prozent. Weltweit präsentiert sich ein ähnliches Bild. Die ILO (Internationale Arbeitsorga- nisation der Vereinten Nationen) mit Sitz in Genf stellte in einer Studie im Januar 2015 fest, dass die Zahl der Managerinnen zwar gestiegen ist – doch gemessen an der Zahl der arbeitenden Frauen müssten es mehr sein. Den Hauptgrund dafür sieht die ILO in der Familienarbeit. Weitere Hindernisse auf dem Weg nach oben seien herrschende Rollenmodelle sowie die männlich dominierte Arbeitswelt. Eine Reihe „mittelbarer Diskriminierungen“ nennt Elke Holst vom DIW als Grund. Zum einen gebe es ein staatliches Anreizsystem für Frauen, zu Hause zu bleiben. Sprich, das Ehegattensplitting. Die Haushaltspflichten werden zum großen Teil von Frauen erledigt. Und dann ist da noch die Geschichte mit der Biologie, Der vorherrschende Führungsstil ist männlich geprägt die keine Quote der Welt verändern kann: Die meisten Frauen bekommen Kinder im Alter zwischen 27 und 35 Jahren, also in der Zeit, in der die sogenannten Tracks für die Karriere gelegt werden. Damit sind viele Frauen draußen aus einer männlich geprägten Arbeitskultur, die mit großer Präsenzpflicht verbunden ist, wie Holst erläutert. Die Folge: Frauen sehen sich oft vor die Entscheidung gestellt: Beruf oder Karriere. Eine Frage, die sich Männern meist nicht stellt. Und schließlich sei das Vertrauen in Männer einfach größer. „Es gibt meist immer noch keine Augenhöhe zwischen Männern und Frauen“, sagt Holst. Dabei unterscheiden sich Führungskräfte nur im Hinblick auf ausgewählte Qualitäten. „In der Regel sind männliche wie weibliche Führungskräfte gleichermaßen qualifiziert“, sagt Heike Bruch, Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement an der Universität St. Gallen. Es gebe zwar weibliche und männliche Qualitäten – doch man müsse nicht unbedingt ein Mann sein, um sich durchzusetzen, und nicht unbedingt eine Frau, um Harmonie zu schätzen. Es könne sein, dass weibliche Chefs Verhaltensweisen zeigen, die als männlich gelten. Der vorherrschende Führungsstil ist aber männlich geprägt, erläutert Bruch. Also rational, zielorientiert, an Zahlen und Leistung festgemacht. Als weiblich gelte der inspirierende Führungsstil, bei dem Sinn und Emotionen im Zentrum stehen. Beide haben ihre Berechtigung. Doch am erfolgreichsten seien die Unternehmen, die beide kombinieren. Diese Erkenntnis hat sich noch nicht flächendeckend durchgesetzt. Das Thema Frauen und Beruf sei immer noch negativ besetzt, sagt Bruch. „Es ist schwer, ein positiv belegtes Frauenbild zu finden.“ Ob eine Quote das Problem lösen kann, das bezweifelt die St. Gallener Professorin. „Natürlich haben wir zahlenmäßig einen großen Nachholbedarf, aber man sollte dies intelligent, nicht mit der Brechstange, durchsetzen“, sagt Heike Bruch. „Ich bin keine Befürworterin der harten Frauenquote, weil wir damit weder den Frauen noch den Positionen einen Gefallen tun.“ Sinnvoller sei eine weiche Quote, die sich die Unternehmen selbst auferlegen – denn es sei erfolgversprechender, wenn sich das Management mit der Strategie identifiziere. Vorausgesetzt, man setzt sich feste Ziele. „Sonst bleibt es ein Lippenbekenntnis.“ An festen Zielen versucht sich seit mehr als einem Jahr der internationale Logistikimmobilienentwickler Prologis. Die Firma beschäftigt 50 Prozent Frauen, doch der weibliche Anteil an Führungskräften beträgt gerade einmal zehn Prozent. „Die Überzeugung, dass ein höherer Frauenanteil auf Führungsebene langfristig zu besseren Geschäftsergebnissen führt, veranlasste unsere Geschäftsführung dazu, das Thema anzugehen“, erzählt Martina Malone, die bei Prologis für die Betreuung institutioneller Investoren zuständig ist und gleichzeitig in Europa die Umsetzung des Frauenprojekts vorantreibt. Es gehe darum, Talente zu finden und zu fördern. Also versucht das Unternehmen, bereits an den Unis junge Frauen zu gewinnen und sie langfristig an das Unternehmen zu binden. Müttern wie Vätern wird Flexibilität in der Familienphase angeboten – je nach Landeskultur. „Skandinavien ist uns in Euro- FOTO: IMAGO pa weit voraus, die Situation in den USA ist da teils ganz anders“, erläutert Malone. Ein weiterer Ansatzpunkt sei, Frauen gezielt zu coachen, Vorbilder aufzuzeigen. Oft hätten Frauen weniger Selbstvertrauen als Männer, hier könne man mit Trainingsmaßnahmen helfen. „Wir ermuntern die Frauen, sich aktiv um die Karriere zu kümmern. Aber letztendlich kann die Firma nur unterstützend tätig sein, umsetzen müssen es die Frauen selbst.“ Und schließlich gehe es nur mit Unterstützung der Männer – zu Hause wie in der Firma. Teilzeit und Führungsposition, das hält Malone zwar nicht für ausgeschlossen, aber für schwierig. „Idealerweise kann man nach einer Phase, in der man flexibel gearbeitet hat, zurückkehren und seine Karriere weiter vorantreiben“, sagt sie. Doch in der realen Welt ist Teilzeit ein Hindernis. „Da verlieren wir Leute“, sagt Wissenschaftlerin Bruch. Die Vorbehalte ge- gen „Shared Leadership“ seien groß. Viele Frauen steckten dann in der Karriere fest, obwohl sie großes Potenzial hätten. Das betrifft übrigens auch Männer, die ihr Arbeitspensum vorübergehend reduzieren wollen. Heike Bruch erzählt von einem Mann, aus dessen Personalakte das P für potenzielle Führungskraft gestrichen wurde, nachdem er Teilzeit beantragt hatte. „Teilzeit ist nicht zweiter Klasse“, betont die Professorin. Flexibilität und Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensphasen, das sind die Zauberworte. Im Interesse der Frauen, Männer und der Firmen. Denn Unternehmen könnten es sich nicht leisten, Frauen und Männer zu verlieren, die in bestimmten Phasen oder auch dauerhaft weniger, aber dennoch anspruchsvoll und engagiert arbeiten möchten: „Es wird einen Wettbewerb um die besten Mitarbeiter geben“, sagt Bruch. Der Unterschied Vorstände in Top-200-Unternehmen Männer Frauen Sinnvoller ist eine 1,2 % weiche Quote, die sich 5,4 % Unternehmen selbst auferlegen“, sagt die 2006 98,8 % St. Gallener Professorin 2014 Heike Bruch. Es sei 94,6 % erfolgversprechender, wenn Tanja Notheiß, IT-Projektleiterin Informationssysteme sich das Management mit der Strategie identifiziere SZ-Grafik; Quelle: DIW Berlin „Entscheidend ist nicht das X- oder das Y-Chromosom, sondern das Porsche Gen.“ Gleiche Arbeit, weniger Geld Frauen werden trotz ähnlicher Jobs nach wie vor schlechter bezahlt Trauen sich die Frauen nicht, nach mehr Lohn zu fragen? Oder bekommen sie einfach nicht, was sie wollen? Oder wissen sie gar nicht, was sie verdienen könnten? Diese Fragen lassen sich nicht leicht beantworten. Fakt ist jedoch, dass Frauen in vielen Ländern der Welt weniger Geld für die gleiche Arbeit erhalten als Männer. Die Internationale Arbeitsorganisation ILO stellt in ihrem weltweiten Verdienstbericht (Global Wage Report) 2014/15 fest, dass in den 38 untersuchten Ländern immer noch eine große Verdienstlücke zwischen den Geschlechtern besteht. Die geringere Entlohnung lässt sich laut ILO nur zum Teil erklären, etwa mit schlechteren Jobs oder mit Teilzeitarbeit. Auch die Mutterschaft zahlt sich nicht aus. Mütter verdienen laut ILO generell weniger als Frauen, die keine Kinder haben. Doch ein Teil sei nicht zu erklären. Würde man diesen Prozentsatz wegrechnen, würden Frauen in der Hälfte der genannten 38 Länder sogar mehr verdienen, etwa in Schweden, Litauen, Slowenien oder Brasilien. Die Unterschiede in der Bezahlung nimmt auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin regelmäßig unter die Lupe. Der Verdienstunterschied hat laut DIW etwas abgenommen, ist aber immer noch deutlich: Im Jahr 2013 erhielten in Vollzeit angestellte Frauen in Führungspositionen der Privatwirtschaft mit 22 Prozent mehr als ein Die Berufserfahrung spielt eine wichtige Rolle beim Gehalt Fünftel weniger Bruttogehalt als Männer mit ähnlichen Tätigkeiten. Im Jahr 2012 lag die geschlechtsspezifische Verdienstlücke, der sogenannte Gender Pay Gap, bei 24 Prozent, im Jahr 2002 bei 26 Prozent. Der Verdienstunterschied zwischen allen in Vollzeit erwerbstätigen Frauen und Männern lag bei den Bruttostundenlöhnen laut Statistischem Bundesamt 2013 bei 17 Prozent. Dass Männer in Führungspositionen mehr verdienen, liegt nicht am mangelnden Einsatz der Frauen. Denn diese verbringen nur drei Prozent weniger Zeit am Arbeitsplatz. Auch spielt es keine entscheidende Rolle, ob die Frauen in typisch weiblichen Berufen arbeiten. Es ist die Berufserfahrung, die laut DIW eine zentrale Rolle beim Einkommen von Führungskräften spielt. Weil Frauen häufiger ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder in Teilzeit beschäftigt sind, wird ihnen weniger Kompetenz zugetraut. Mehr Transparenz ist nötig, fordert Elke Holst, Forschungsdirektorin Gender Studies am DIW. „Oft sind der übliche Verdienst, Boni oder andere Prämien insbesondere für hohe Positionen nicht bekannt, sodass betroffene Frauen kaum wissen, dass sie hinsichtlich des Verdienstes unter ihrem Potenzial bleiben.“ Was Holst auch beunruhigt: Die Verdienstlücke lag im Osten Deutschlands bislang mit neun Prozent deutlich unter den 22 Prozent im Westen. Aber die Lücke wird auch im Osten größer. pfu www.porsche.de/karriere Porsche fördert als ausgezeichneter Arbeitgeber die Chancengleichheit von Männern und Frauen. Informieren Sie sich über unsere vielfältigen Einstiegsmöglichkeiten, die Initiativen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die flexiblen Arbeitszeitmodelle bei Porsche. 918 Spyder: Kraftstoffverbrauch (in l/100 km) kombiniert 3,1–3,0 · CO2 -Emissionen 72–70 g/km · Stromverbrauch 12,7 kWh/100 km 64 FRAUEN IN FÜHRUNG Samstag/Sonntag, 18./19. April 2015, Nr. 89 DEFGH Mit Wissen, Witz und Distanz Weibliche Doppelspitze Kreative Geschäftsidee Simone Frömming hat in der männlich dominierten Technologiebranche Karriere gemacht Stefanie Deuß und Adriana Klünner arbeiten Teilzeit und leiten gemeinsam eine Bankfiliale Die Betriebswirtschafterin Lea Lange gründete ihren eigenen Online-Shop „Humor ist wichtig. Man muss auch über ges: TechData und Oracle Germany, zwei andere und sich selbst lachen können.“ Si- Jahre bei T-Systems und schließlich bei mone Frömming hat für ihre Karriere viel Ventyx, einem Unternehmen des ABBWissen, Durchsetzungskraft und Finger- Konzerns. Insgesamt kommt Simone spitzengefühl gebraucht, sie hat Netzwer- Frömming auf 19 Jahre Management-Erke genutzt, aber vor allem Gelassenheit ge- fahrung in der von Männern dominierten zeigt, Distanz und Witz – Fähigkeiten, die Technologiebranche. „Es gibt leider noch nicht an der Uni gelehrt werden und in kei- nicht viele Frauen als Vorbilder“, konstanem Lehrbuch stehen. Die 48-Jährige ist tiert sie. In amerikanisch geprägten Betrieheute Deutschland-Chefin des amerikani- ben sind ihrer Erfahrung nach die Chanschen Software-Unternehmens VMware. cen für Frauen, ganz nach oben zu komDer Weg war lang und spannend, manch- men, besser als in vielen deutschen. Dass Frauen oft eimal auch schmerzhaft. nen höheren Preis für ihDen ersten Schritt re Karriere zahlen als ins Berufsleben hat SiMänner, wie dies geramone Frömming bei de die PersonalberaIBM gemacht. Von tung Heidrick & Strug1985 bis 1987 lernte sie gles in einer Studie nachhier Industriekaufgewiesen hat – weiblifrau. Danach studierte che Führungskräfte sie in Braunschweig sind demnach dreimal und Hannover, machte öfter Single als männliihren Master in Econoche Chefs und dreimal mics und einen Aböfter kinderlos – kann schluss in MaschinenSimone Frömming bebau. Es folgte ein Traistätigen: Ihre erste Ehe neeprogramm, wieder scheiterte „auch, weil bei IBM, ein erster Job ich sehr ehrgeizig und als Systemberaterin, Karriere in der IT-Branche: viel unterwegs war, und ein zweiter im VerSimone Frömming. FOTO: OH meine Karriere nicht trieb. Zur Führungsmit dem tradierten Rolkraft wurde sie hier fast über Nacht: 1996 hielt sie als Account lenverständnis in Einklang gebracht werManagerin in Hamburg einen Vortrag den konnte“. Sie fand einen neuen Partzum Thema „Go-to-Market im Software- ner, ist heute glücklich verheiratet, wohnt vertrieb“, mit dem sie den damaligen IBM- mit ihrem Mann, einem Ingenieur, bei Geschäftsführer derart überzeugte, dass München. „Wenn beide Partner beruflidieser sie von heute auf morgen beförder- che Erfolge haben, ist das Verständnis für te. „Alle meine Ideen waren unpolitisch, den Aufwand, den das mit sich bringt, gröaber leidenschaftlich und zielorientiert“, ßer“, sagt Simone Frömming. Auch erinnert sie sich an diese Sternstunde. schaue sie heute mit mehr Gelassenheit „Der Erfolg hat mich darin bestätigt, Din- auf das Auf und Ab im Büro: „Über so mange auch gegen eine gängige Meinung anzu- ches, was mich früher aufgeregt hat, sprechen und verändern zu wollen.“ Das schmunzle ich heute.“ Eigentlich wollte die Managerin mit ihsei gerade in der IT-Branche eine wichtige Eigenschaft, „die mich schlussendlich da- rem 50. Geburtstag aus der Bel Etage der Wirtschaft Abschied nehmen. Im Mohin gebracht hat, wo ich heute stehe“. 2003 lockte ein Headhunter Simone ment aber macht ihr der Job so viel Spaß, Frömming, die zuletzt bei IBM den Posten dass sie „noch mindestens fünf Jahre“ weiDirector Software Sales WebSphere beklei- terarbeiten will. Von Aufsichtsratsmandadete, zum Mittelständler IXOS nach Mün- ten oder Berateraufgaben im Anschluss chen. „Ich wollte mir beweisen, dass ich daran träumt Simone Frömming nicht. auch außerhalb einer großen Organisati- Sie möchte einfach mehr Zeit haben zum on erfolgreich sein kann“, erzählt die ge- Joggen und Fahrradfahren und für ihr bürtige Hannoveranerin. Der Beweis ge- Hobby, die Herstellung von Schmuck. jürgen hoffmann lang ihr. Weitere Stationen ihres Berufswe- Führen in Teilzeit, das ist ein seltenes Mo- beiten. So sind Klünner wie Deuß an zwei dell. Doch ein mögliches. Stefanie Deuß, Vormittagen pro Woche zusammen in 39 Jahre, und Adriana Klünner, 40 Jahre, der Filiale, was Abstimmungen wesentleiten seit zwei Jahren gemeinsam eine Fi- lich erleichtert. Dazu kommt täglich ein liale der Commerzbank in Düsseldorf. abendliches Telefongespräch, bei dem „Es ist toll, wir sind aufeinander einge- sich die Frauen über wichtige Dinge inforspielt, fast wie ein Ehepaar“, sagt Klün- mieren. Für die Familien ist das schon ein ner. Dabei war die Sache mit der geteil- Ritual geworden: „Die wissen, dass der ten Führung gar nicht ihre eigene Idee, Anruf kommt und rechnen fest damit“, ersondern die der Bank. „Unser Vorgesetz- zählt Klünner. Apropos Familie – die ter, der uns beide kannte, kam mit dem Männer ziehen mit. Ein wichtiger Punkt. „Ohne die Bereitschaft der Partner ginge Angebot auf uns zu“, erzählt Deuß. es nicht, ich habe ja Die Commerzbank auch eine Führungsbietet ihren Mitarbeiaufgabe in der Famitern verschiedene Teillie, für die ich mich bezeitmodelle an, darunwusst entschieden hater auch das Top-Shabe“, sagt Klünner – ring, wie Alexandra und liegt damit ganz Warkus, Bereichsleiteauf der Linie ihrer Kolrin Labour Relations & legin Stefanie Deuß. Policies, erläutert. „DiePositiv haben auch ses Modell wird bisher die Kunden reagiert. eher vereinzelt ge„Wir erfahren viel Renutzt, vor allem, weil spekt“, erzählt Klünhier einige Voraussetner. Respekt zeigten zungen stimmen müsdie Kunden vor allem sen: Die Partner müsdeshalb, weil die beisen sich eng abstimden Filialleiterinnen men, also gut und viel Stefanie Deuß (li.) und ihre Aufgaben als Mutmiteinander kommuniAdriana Klünner. FOTO: OH ter wie auch als Berufszieren. Zudem sollten tätige souverän unter sie sowohl bei Fachals auch bei Führungsaufgaben gut har- einen Hut brächten. Nachteile gibt es keimonieren.“ Der Vorteil für die Bank: Es ist ne für die Kunden, das betonen beide Bankerinnen. „Die Kunden werden immer beimmer eine Führungskraft präsent. Im Fall von Adriana Klünner und Stefa- dient.“ Auch das siebenköpfige Team und nie Deuß hatte offenbar der Vorgesetzte die Vorgesetzten kommen mit der ungedas richtige Gefühl. Denn die beiden Frau- wöhnlichen Lösung zurecht. Die Chefs – en kannten sich noch nicht. Also wurde von denen es ebenfalls zwei gibt – erhalein Kennenlerntermin in einem Café ver- ten immer Auskunft, unabhängig davon, einbart. Nach zehn Minuten war beiden welche Filialleiterin gerade im Hause ist. Frauen die Sache klar: „Wir haben noch „Sie haben die Erwartung, dass sie von im Café zum Telefon gegriffen und zuge- uns eine Antwort bekommen, und diese sagt“, erzählt Deuß. Die anfängliche Sym- Erwartung erfüllen wir.“ Voraussetzung ist wechselseitiges Verpathie blieb und ist belastbar genug, um die Anforderungen einer geteilten Füh- trauen, das betonen beide Frauen. Die rung zu tragen. „Am Anfang war es ja für ähnliche Lebenssituation trägt das Ihre uns alle neu, für uns, für die Kunden, für zum reibungslosen Funktionieren bei: die Vorgesetzten.“ Die Frauen, beide Müt- „Wir sitzen beide im gleichen Boot, wir hater von je zwei Kindern, setzten sich zu- ben beide Kinder, und wir wissen beide, sammen, um einen Fragenkatalog zu er- was es zum Beispiel bedeutet, wenn ein arbeiten, in dem das gesamte Prozedere Kind krank ist. Da brauchen wir nicht viel geklärt wurde, angefangen von den Ar- erklären“, sagt Klünner. Und was, wenn beitszeiten über Absprachen und gemein- die Kinder groß sind? Dann steht möglisame Zeiten in der Bank. Von Vorteil ist, cherweise wieder Vollzeit auf dem Projohanna pfund dass beide Frauen jeweils 60 Prozent ar- gramm. Wohnungen individuell einzurichten, kos- Kunst zu verkaufen. Pohl war begeistert. tet Zeit und viel Geld. Das muss nicht sein, Beide verließen FAB und sammelten nächdachte sich Lea Lange und gründete Ende telang Ideen für ihr neues Projekt. Das 2013 in Berlin den Online-Shop Juniqe. Herz ihrer Idee – Lange nennt es die DNA Dort kann man bezahlbare Kunst kaufen. – waren von Anfang an die Künstler. „VieDas Konzept hat Erfolg: Inzwischen hat Ju- len fehlen die Mittel, ihre Werke zu produniqe mehr als 60 000 Kunden in 14 Län- zieren, zu vermarkten oder zu transportiedern. Lange hat sich so ihre eigene Füh- ren, um sie zu verkaufen. Wir wollen die rungsposition geschaffen. Ihr wichtigstes suchenden Kunden und die Künstler zusammenbringen.“ Im Dezember 2013 Erfolgsrezept: Wissen, was man will. Wobei man da auch flexibel sein muss. kam Sebastian Hasebrink zum Team, ein Den Namen ihrer Firma „17inches“ müss- Studienkollege von Pohl, und die drei gründeten „Juniqe“. ten sie schleunigst änDie Namensfindung dern, riet ihr anfangs kostete noch mal viele ein potenzieller GeldgeNächte. Er sollte die Verber. 17inches – 43 Zentibindung bilden zwimeter. Die Leute würschen „jung“ und „einden dabei gleich an Sexzigartig“. Shops denken. Lea LanEnde Januar 2014 ge und ihre zwei Kollestartete Juniqe mit 50 gen fanden den Namen Künstlern und bot die eigentlich gut: 17inches ersten Produkte zum entspricht einem DINVerkauf an: Poster geA4-Bild – ihrem wichrahmt, in Acryl und auf tigsten Produkt. Eine Leinwand, Hüllen für „Alternative zum EinMobiltelefone oder Taheitsbrei“ wollte Lange schencomputer und eianbieten, einen Kontranige Kleidungsstücke. punkt zu einem weithin Lea Lange machte ihr Am Anfang kauften bekannten schwediHobby zum Beruf. FOTO: OH nur Freunde und Verschen Möbelhaus. Langwandte, nach ein paar weilig fand die 27-Jährige das Möbelhaus schon immer. „Nicht Tagen tauchte ein unbekannter Kunde wegen der Produkte, sondern weil es im- auf: Ein Mann, der ein Wandbild erwarb. mer die gleichen sind: In allen Wohnun- Das war nur der Anfang. Lea Lange und ihgen sehe ich die Regale, ähnliche Leinwän- re Kollegen erweiterten ihr Team, zogen mit inzwischen 40 Mitarbeitern in ein gröde und Sofas.“ Zunächst hatte Lange während ihres ßeres Büro. Mittlerweile arbeitet Lea LanWirtschaftsstudiums in München, St. Gal- ge mit 400 Künstlern zusammen. Ihr Erfolgsrezept? Das richtige Team. len und Barcelona bei Ernst&Young und Roland Berger gearbeitet. 2011 nahm sie ei- Alle drei Gründer sind Betriebswirtschaftnen Posten als Einkaufsleiterin bei der Fir- ler, aber jeder mit unterschiedlichem Anma Casacanda an. Kurz darauf wurde die satz. Soll entschieden werden, was auf Firma vom amerikanischen Unterneh- der ersten Seite der Juniqe-Homepage gemen FAB gekauft, das wie Casacanda on- zeigt wird, findet Lange: die Künstler. line Design-Produkte und Möbel anbie- Marc Pohl dagegen sagt: die Poster. Enttet. Produkte übrigens, die Lea Langes kre- schieden wird gemeinsam, die Abwechsativem Faible, das sie schon während des lung scheint die Kunden anzuziehen. Der Studiums entdeckt hatte, entgegenka- zweite Schlüssel zum Erfolg: Sich ständig men. Individuelle, nicht zu teure Möbel hinterfragen, ob die Strategie die richtige fand sie damals immer wieder. Aber schö- ist. Der dritte: Fokussiert bleiben, sich auf drei bis fünf Themen konzentrieren. ne Bilder waren teuer. So geht es doch vielen Leuten, dachte Langes Ziel: Die Marke Juniqe bekannter sich die junge Frau und erzählte ihrem Kol- machen, den französischen Markt erlegen Marc Pohl von ihrer Idee: Über ei- obern, mehr Künstler finden. felicitas witte nen Online-Shop kreative, bezahlbare „Männer fördern Männer“ Medizinerin Doris Henne-Bruns kritisiert ihre Branche Erfolg hat viele Väter. Bei uns auch viele Mütter. Brillanz ist unabhängig vom Geschlecht. Deswegen tun wir alles, damit Frauen ihr volles Potenzial ausschöpfen können. Mit besonderen Förderinitiativen unseres Frauenbeirats, flexiblen Teilzeitangeboten oder Home-Office-Lösungen. Auch deswegen zählen wir zu den frauenfreundlichsten Unternehmen in Deutschland. Mehr unter: hvb.de/diversity Doris Henne-Bruns studierte Medizin in Hamburg, wurde zur Chirurgin ausgebildet und habilitierte dort. Sie spezialisierte sich auf Tumoroperationen innerer Organe. Seit 2001 arbeitet die Mutter eines Sohnes als Ärztliche Direktorin der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie an der Uniklinik in Ulm. Henne-Bruns ist die erste Frau Deutschlands, die einen Lehrstuhl für Chirurgie bekam. sen für Frauen. Welche Rolle spielt die Gesellschaft? Ich meine damit die sogenannte Generation Y, also diejenigen, die zwischen 1977 und 1998 geboren sind. Sie wollen dem Beruf nicht mehr alles unterordnen und genügend Zeit für Freizeit und Familie haben. Frauen und auch Männer fragen sich: Wie kann ich das mit einer ChefarztPosition vereinbaren? SZ: Frau Henne-Bruns, mehr als 60 Prozent der Studierenden in der Medizin sind Frauen, aber weniger als zehn Prozent arbeiten als Chefärztin in der Chirurgie. Können Sie das erklären? Doris Henne-Bruns: Chirurgie ist immer noch eine Männerdomäne. Starre Hierarchien, ein oft noch harscher Umgangston und die langen Arbeitszeiten hindern Frauen daran, Karriere zu machen. Das sind zwei wichtige Gründe, die Frauen und Männer daran hindern, Karriere zu machen. Trotzdem gibt es viel mehr Männer als Chefärzte oder Professoren. Warum? Aber in anderen Fachgebieten gibt es auch mehr männliche Chefs, selbst in Fächern, die manche als typische Frauenfächer bezeichnen, wie Kinderheilkunde oder Gynäkologie. Warum machen so wenige Ärztinnen Karriere? Das wurde leider noch nie in Studien untersucht. Aber aus meinem Alltag sehe ich, dass es mit an den gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen liegt. Die Politik bremst Frauen? Wir Ärzte sollen immer mehr zu Dienstleistern werden. Früher galt der Chefarzt noch etwas: Er wurde bewundert, verdiente viel Geld und konnte entscheiden, welche Strategie man in seiner Klinik verfolgte. Heute bestimmt der Verwaltungsdirektor: Du musst möglichst viel operieren – denn das bringt Geld. Abfertigung am Fließband statt einfühlsamen Eingehens auf den Patienten. Abgesehen davon verdienen Chefs heute viel weniger, und ein Statussymbol ist das auch nicht mehr. Warum also noch Chefarzt werden? Dass Ärzte seit einigen Jahren aus dieser Maschinerie aussteigen, kann ich total verstehen. Sie eröffnen lieber eine Praxis, gehen ins Management oder in den Journalismus. Das gilt für Männer wie für Frauen. Warum unternimmt die Politik nichts dagegen? Keine Ahnung. Politiker denken viel zu kurzfristig! Ich finde es ein Unding, dass zunehmend Krankenhäuser privatisiert werden. Ein Krankenhaus finanziert sich durch Krankenkassen-Beiträge. Werde ich in einer privaten Klinik behandelt, unterstütze ich also mit meinem Krankenkassen-Beitrag die Aktionäre der Klinik – das geht gar nicht! Ein Gymnasium ist doch auch kein Profit-Center. Es ist verständlich, dass Sie das aufregt. Aber zurück zu den Karrierebrem- Befürworterin einer Quote: Doris HenneBruns, Ärztliche Direktorin an der Uniklinik in Ulm. Auch fordert die 60-jährige Chirurgin eine Änderung der Kriterien bei der Auswahl von Chefärzten oder Professoren. FOTO: PRIVAT Die Auswahlkriterien sind ein Problem. Oft höre ich aus den Gremien, die die Personen für Professorenstellen auswählen, es hätte keine geeignete Frau für die Position gegeben. Das ist lächerlich, denn die Kriterien für die Einstellung wurden von Männern gemacht. Die größten Chancen hat an der Uni derjenige, der viele Fachartikel veröffentlicht und viele Forschungsgelder eingeworben hat. Männer haben wie in einem Altherrenclub aber ein besseres Netzwerk: Sie helfen sich gegenseitig, Artikel zu publizieren oder Forschungsgelder einzutreiben. Keiner im Gremium fragt, ob die Gelder für zukunftsträchtige Forschung eingesetzt wurden oder ob der Bewerber spannende Vorlesungen macht. Statt nur zu sagen, eine Frau sei nicht geeignet, sollte man lieber die Auswahlkriterien überarbeiten. Was hilft Frauen noch? Die Rahmenbedingungen verbessern, also verlässliche Ganztagsschulen und Kitas. Darüber diskutieren wir seit 30 Jahren, aber es passiert nichts. Das ist echt frustrierend! In Skandinavien und Frankreich klappt das schon seit Jahrzehnten. Bei uns liegt es an unserem verschrobenen klassisch-deutschen Weltbild: Eine gute Mutter gehört an den Herd. Wollen Sie die Quote für Ärztinnen in Führungspositionen? Ja. Ich war eine der Ersten, die dafür war. Von selbst wird sich nämlich nichts ändern. interview: felicitas witte Stipendien für Führungskräfte Die ESMT European School of Management and Technology vergibt Stipendien für Frauen in Führungspositionen. Jeweils zwei Vollstipendien stehen für die beiden Seminare General Management Seminar und Executive Transition Program zur Verfügung. Teilstipendien gibt es für das Seminar Bringing Technology to Market. Das deutschsprachige General-Management-Seminar gliedert sich in drei einwöchige Module, die von September bis November 2015 auf dem ESMT Campus Schloss Gracht bei Köln stattfinden. Das Executive Transition Program wird auf Englisch in drei einwöchigen Modulen von Oktober 2015 bis Juni 2016 in Schloss Gracht und Berlin durchgeführt. Bewerben kann man sich bis 30. Juni. Das englischsprachige Programm Bringing Technology to Market umfasst drei je viertägige Einheiten und findet von Juni bis November 2015 statt, Bewerbungsschluss ist bereits am 30. April. Weitere Informationen: Kirsten B. Fischer, Tel. 0049-(0)2235-406-240, E-Mail: [email protected] oder www.esmt.org pfu Ein Tag für die Karriere Frauen in der Arbeitswelt, darum geht es bei der Karrieremesse „women&work“, die am Samstag, 25. April, im World Conference Center in Bonn stattfindet. Schwerpunktthema ist dieses Jahr „Wertschöpfung Mensch“. Zwischen 10 Uhr und 17.30 Uhr präsentieren sich 100 Unternehmen. Frauen – Absolventinnen, Führungskräfte oder Wiedereinsteigerinnen in den Beruf – können sich als Mentee Rat von erfahrenen weiblichen Führungskräften holen, einen oder mehrere der 40 Vorträge und Workshops besuchen, beim Company-Slam in 60 Sekunden mehr über den Wunsch-Arbeitgeber erfahren oder beim Women-Mint-Slam von Frauen lernen. Um grundsätzliche Fragen wie die Rolle der weiblichen Intuition oder den Zusammenhang zwischen Wertschätzung und Wertschöpfung geht es beim Workshop „Selbstverständlich weiblich!“ mit Barbara Baratie, die den Teilnehmerinnen das „kleine 1 x 1 der Mitarbeiterführung“ mit nach Hause geben will. Der Messebesuch ist kostenlos. Weitere Informationen im Internet unter www.womenandwork.de sz Frauen in Führung Verantwortlich: Peter Fahrenholz Redaktion: Johanna Pfund Gestaltung: Julia Kienscherf Anzeigen: Jürgen Maukner
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