Agiles Change Management Zusammenarbeit neu denken – Agiles Change Management in der Praxis In der Ausgabe 3/2014 der aspect konnten wir Ihnen in unserem Artikel „Von Software Kanban zur Agilen Unternehmensführung“ einen Überblick über unsere umfangreichen, gut 4-jährigen Praxiserfahrungen mit einer vollkommen neuen Managementdisziplin, der Agilen Strategieentwicklung, geben. Und wir hatten versprochen, zeitnah unsere Erfahrungen mit dem Agilen (organisatorischen) Change Management zu teilen. Seit Oktober sind rund vier Monate vergangen. Wir haben gemeinsam mit Process Management Consulting, POLC Development und smaac unseren gesamten Strategieprozess in den vergangenen vier Monaten überarbeitet. Das Ergebnis ist ein komplett agiles Management-Framework für die Saxonia Systems AG. Bevor wir auf dieses näher eingehen, fassen wir unsere Kernaussagen zusammen. AGILES MANAGEMENTFRAMEWORK: UNSERE KERNAUSSAGEN © istockphoto.com „Bereits Anfang der Achtziger und Ende der Neunziger Jahre berichtete das Magazin Fortune über Studien, gemäß denen bis zu 90% der Unternehmen mit Ihren Projekten zur Strategieumsetzung scheitern!“ Wie haben wir unseren Strategieprozess erfolgreich gestaltet? · Wir haben die strategische Unternehmensführung stark gewichtet ·und dort den Hebel für Veränderungen angesetzt. Sie treibt die persönliche Führung (Selbstführung), die Mitarbeiterführung, und die operative Unternehmensführung in Richtung der Unternehmensvision (siehe Abbildung 1). · Wir haben uns vom klassischen Strategieprozess gelöst und ein inkrementell-iteratives Vorgehen aus 8 | aspect 1/ 2015 der agilen Softwareentwicklung adaptiert und auf Managementbedürfnisse angepasst. · Wir haben die Strategieentwicklung und -umsetzung (agiles Change Management) zu einer unauflösbaren Einheit in unserem agilen Strategieprozess geformt. Entwicklung und Umsetzung finden innerhalb einer 4-monatigen Iteration statt. So besteht nur ein geringes Risiko für dauerhaft strategische Fehlentscheidungen. · Wir lassen mit unserem Vorgehen die Veränderung zur Normalität werden – nichts ist so beständig wie der Wandel. · Wir sind ein agiles Team – das ist der entscheidende Erfolgsfaktor, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern. · Wir haben mit unserem eigens entwickelten Produkt, dem eteoBoard (digitales interaktives Taskboard), das zentrale Werkzeug zur Unterstützung des agilen Change Managements eingesetzt. Wir können alle strategischen Initiativen zur Erreichung der strategischen Ziele jedem Mitarbei· ter transparent machen und verteilt agil bei der Umsetzung der Initiativen zusammenarbeiten. · Wir leben mit der Führungsmannschaft Agilität vor. Die Grundlage eines agilen Change Managements ist eine agile Führungskultur. „Ein Unternehmen wird agiler je agiler die Führungskultur geprägt ist. Dies wird zum entscheidenden und nicht kopierbaren Wettbewerbsvorteil.“ AUS DEM BUCH „CIO 3.0 – DIE NEUE ROLLE DES IT-MANAGERS“ Agiles Change Management Ein agiles Team zu werden ist nach unseren Erfahrungen der entscheidende Erfolgsfaktor, um kontinuierlich die anstehenden Herausforderungen meistern zu können. Die Führungsmannschaft muss es vorleben. STRATEGISCHE OPERATIVE … HIN ZUM AGILEN ITERATIVEN VORGEHEN MIT SEINEN VORTEILEN UNTERNEHMENS- UNTERNEHMENS- FÜHRUNG FÜHRUNG AGILES MANAGEMENT FRAMEWORK PERSÖNLICHE MITARBEITER- FÜHRUNG FÜHRUNG Dieses Vorgehen ist u. a. aufgrund dieser Charakteristika in der Softwareentwicklung schon lange aus der Mode gekommen. Wir haben uns gefragt, warum das, was in der agilen Softwareentwicklung funktioniert, nicht auch im Strategieprozess gelingen kann! ABB. 1: DIE STRATEGISCHE UNTERNEHMENSFÜHRUNG ALS TREIBER FÜR ALLE ANDEREN FÜHRUNGSDISZIPLINEN WEG VOM KLASSISCHEN VORGEHEN UND SEINEN NACHTEILEN … Wie in Abbildung 2 dargestellt, ist das klassische Vorgehen durch eine Phase der Strategieentwicklung und einer darauf folgend längeren Phase der Strategieumsetzung geprägt. Dabei lassen sich folgende Beobachtungen anstellen: · Eine übermäßige Analyse, die stets das Risiko einer Paralyse birgt. · Verantwortliche der Strategieentwicklung sind zumeist nicht an der Umsetzung der Strategien beteiligt. Das schafft Widerstand, selbst bei Managerinnen und Managern, die Verantwortung für den Change Prozess tragen. Auch für die Belegschaft ist ein derartiges Maß an Veränderung in so kurzer Zeit oft einfach zu viel. · Elemente des Strategiekonzeptes werden in der Regel keinem Praxistest unterworfen. Der agile Strategieprozess in Abbildung 3 besteht aus Iterationen. Eine Iteration ist 4 Monate kurz. Strategieentwicklung und -umsetzung bilden in einer Iteration eine unauflösbare Einheit. Wir erleben folgende Eigenschaften und Vorteile: · Es versteht sich von selbst, dass zumindest in den ersten Iterationen auch bei diesem Vorgehensmodell die Analysetätigkeit eine sehr große Bedeutung hat. Im Unterschied zum klassischen Wasserfallmodell wird jedoch umgehend mit der Umsetzung begonnen. Das Wichtigste und sinnvoll Machbare wird sofort in Angriff genommen! · Die praktischen Erkenntnisse und Ergebnisse einer Iteration fließen in die Planung der neuen Iteration direkt ein. · Mit diesem Vorgehen können wir viel schneller auf Veränderungen des Marktes und des Umfeldes reagieren und unsere Strategie von Iteration zu Iteration praxistauglich ausfeilen. · Der für die Umsetzung notwendige Change Management Prozess und die Inhalte der Iterationen sind dabei für sämtliche Führungskräfte sowie alle Mitarbeiter transparent. · Dieser Prozess hat einen Anfang aber kein Ende, denn es gibt immer etwas zu ändern oder zu verbessern, was von strategischer Bedeutung für das Unternehmen ist. Der Wunsch nach stetigem Wandel hält Einzug. Natur· gemäß erleichtert dies auch den Abbau des Widerstandes gegen Veränderungen aller Art. Niemand wird mehr Klassisch / Wasserfall STRATEGIEENTWICKLUNG/ -REVIEW STRATEGIEUMSETZUNG/CHANGEMANAGEMENT ENDE ABB. 2: KLASSISCHES VORGEHEN IN STRATEGIEPROZESSEN Agil / Iterativ / Inkrementell AGILER STRATEGIEPROZESS = AGILE STRATEGIEENTWICKLUNG + AGILES CHANGE MANAGEMENT 1. ITERATION 2. ITERATION 3. ITERATION 4. ITERATION 5. ITERATION … ABB. 3: BEI EINEM AGILEN STRATEGIEPROZESS IST DIE VERÄNDERUNG DIE REGEL. DIESER PROZESS ENDET NIE! aspect 1 / 2015 | 9 Agiles Change Management von großen und plötzlich anstehenden Neuerungen überrascht. Wir haben für uns dieses agile iterative Vorgehen definiert, weil wir uns als Unternehmen weiterentwickeln und unsere Innovationskraft ausbauen mussten. Außerdem waren wir zu der Überzeugung gekommen, neue Wege zu gehen und uns permanent verändern zu müssen, um zukunftsfähig zu bleiben. WIE SIEHT EINE ITERATION IN DEM AGILEN STRATEGIEPROZESS KONKRET AUS? Eine Strategie-Iteration beinhaltet die Phasen Planung, Umsetzung sowie Review & Retrospektive, wie in Abbildung 3 zu sehen. Review der abgelaufenen Strategie-Iteration Zwischen zwei Iterationen findet ein 2-tägiges Strategiemeeting statt. In diesem beginnen wir mit einem inhaltlichen Review der letzten 4 Monate. Wir beantworten uns dabei folgende Fragen: · Was haben wir geschafft? · Welche Ergebnisse haben wir erzielt? · Was haben wir nicht geschafft, und wie gehen wir mit dem nicht Geschafften um? · Gibt es neue Erkenntnisse, die wir in der nächsten Iteration berücksichtigen müssen? STRATEGIE-ITERATION (4 MONATE) 2. UMSETZUNG STAND UP 14 TÄGIG 3. REVIEW & RETROSPEKTIVE 1. PLANUNG Retrospektive der abgelaufenen Strategie-Iteration In einem zweiten Teil folgt die Retrospektive - das prozessuale Review. In dieser tauschen wir uns über die positiven aber auch negativen Erfahrungen aus, die wir in den letzten 4 Monaten gemacht haben. Wo liegen Potenziale in unserem Strategieprozess? Wir leiten gemeinsam Maßnahmen für Verbesserungen ab und setzen sie in der nächsten Iteration um. So stellen wir die kontinuierliche Weiterentwicklung unseres Strategieprozesses sicher. Planung der neuen Strategie-Iteration Der dritte und größte Teil des Strategiemeetings ist die Planung der neuen, 4-monatigen Iteration. Hierzu dienen uns die folgenden Elemente als Basis: · Vision & Strategy Map: Wir haben für uns eine Vision formuliert und strategische Ziele zur Erreichung dieser · definiert. Die strategischen Ziele sind innerhalb einer Strategy Map abgebildet, die das zentrale Element des gesamten Prozesses bildet. · Strategie-Backlog: Zur Erreichung von definierten Zielwerten für strategische Ziele werden strategische Initiativen festgelegt. Diese können kurz-, mittel- und langfristig angelegt sein und werden im Strategie-Backlog abgebildet. · Messgrößen/ Indikatoren: Damit wir messen können, ob die einzelnen strategischen Initiativen erwartungsgemäß auf die strategischen Ziele einzahlen, haben wir Messgrößen und Indikatoren ausgearbeitet. Im Rahmen der Planung priorisieren wir die strategischen Ziele und damit auch die strategischen Initiativen. Was ist aktuell dringend zur Erreichung unserer Ziele und Vision zu tun? Für die wichtigsten Initiativen erfolgt eine gemeinsame Zielzustandsbeschreibung, Verantwortungsklärung, inhaltliche Grobplanung und eine Aufwands-/ Ressourcenplanung. Am Ende des Strategiemeetings wird entschieden, welche Initiativen in den nächsten 4 Monaten unter Berücksichtigung der Ressourcen und des Aufwandes in die Umsetzung genommen werden. DETAILS 4-MONATIGE STRATEGIE-ITERATION STRATEGIEMEETING 2 TAGE BASIS STRATEGIE BACKLOG VISION, STRATEGIY MAP MESSGRÖSSEN INDIKATOREN ABB. 4: EINE STRATEGIE-ITERATION UND IHRE BASIS 10 | aspect 1/ 2015 Die nächste Strategie-Iteration beinhaltet alle freigegebenen strategischen Initiativen. Für die Umsetzung und Veröffentlichung jeder strategischen Initiative wird ein Verantwortlicher aus dem Strategieteam benannt. Alle freigegebenen Arbeitspakete von Initiativen in der aktuellen Iteration werden auf unserem saxonia:::Board (siehe hierzu Abbildung 5) mit allen Aufgaben und Verantwortlichkeiten veröffentlicht und für alle Mitarbeiter transparent gemacht. Während der Umsetzungsphase führen wir alle zwei Wochen ein Change Management Standup mit dem Change-Management Team an unse- Agiles Change Management ABB. 5: TRANSPARENZ ÜBER HIERARCHIEEBENEN, ABTEILUNGSGRENZEN UND STANDORTE HINWEG rem saxonia:::Board durch. Hier tauschen wir uns zum Status der einzelnen Initiativen aus und klären Herausforderungen direkt. Für das saxonia:::Board setzen wir unser eteoBoard ein. Wie in Abbildung 5 skizziert, haben wir all unsere Standorte mit jeweils großen, und in Kaffeeküchen mit kleinen Touchscreens, ausgestattet. Auf diesen ist unser saxonia:::Board mit allen strategischen Initiativen sichtbar und für alle Mitarbeiter transparent. Damit steuern alle unsere Mitarbeiter rollen- und standortunabhängig unsere Vision an. NUTZEN DER AGILEN STRATEGIEENTWICKLUNG UND -UMSETZUNG (CHANGE MANAGEMENT) Unser selbst entwickeltes innovatives Produkt eteoBoard in Verbindung mit unserem agilen Strategieprozess hat uns ein agiles Team werden lassen. In Abbildung 6 sind einige unserer Ergebnisse, die wir bereits auf die skizzierten Herausforderungen mit unserem Vorgehen eingezahlt haben, zu sehen. Der wichtigste Punkt aus unserer Sicht ist die Mitarbeiterbeteiligung und -einbindung. Die Mitarbeiter sind • TRANSPARENZ UND DAMIT VERSTÄNDNIS & VERTRAUEN GESCHAFFEN • DOPPELARBEIT VERMIEDEN • FEEDBACKKULTUR • DER STÄNDIGE WANDEL WIRD ZUR NORMALITÄT FÜR ALLE MA UND FÜHRUNGSKRÄFTE Dass das der entscheidende und nicht zu unterschätzende Fakt ist, bringt ein weiteres Zitat aus dem Buch „CIO 3.0 – die neue Rolle der IT-Managers“ genau auf den Punkt. „Der wichtigste Punkt einer Transformation ist, dass am Ende nicht Technologie, Prozesse oder schöne Präsentationen das Geschäft transformieren, sondern Menschen tun dies.“ AUS DEM BUCH „CIO 3.0 – DIE NEUE ROLLE DES IT-MANAGERS“ Und wir ergänzen an dieser Stelle aus unserer eigenen Erfahrung heraus: Am besten funktioniert das mit agilen Teams! Autoren: Sylvie Löffler und Andreas Mönch • ZEITNAHE FEHLERERKENNUNG UND -KORREKTUR • ENTSCHEIDUNGEN WERDEN SCHNELLER UND FUNDIERTER GETROFFEN STABILITÄT TRANSPARENZ INNOVATIONEN • INNOVATIONSSCHUB WIR SIND EIN AGILES TEAM! CUSTOMER DRIVEN COMPANY • BESCHLEUNIGTE UMSETZUNG • FOKUSSIERT AUF DIE WICHTIGSTEN INITIATIVEN („LEAN“) motivierter und identifizieren sich stärker mit unserem Unternehmen und dessen Vision. Wir führen sie in die richtige Richtung. Die Mitarbeiter wissen, was ihr Beitrag zur Erreichung der Vision ist, d.h. welchem höheren Sinn und Zweck ihre ganz persönliche Arbeit dient. GENERATION Y TIME TO MARKET VERTEILTE ZUSAMMENARBEIT • BETROFFENE ZU BETEILIGTEN GEMACHT • HÖHERE DISZIPLIN & KONSEQUENZ ABB. 6: AGIL IM MANAGEMENT ZUR BEWÄLTIGUNG DER HERAUSFORDERUNGEN – UNSERE ERGEBNISSE aspect 1 / 2015 | 11
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