„Die Bezeichnung Nasenpapst mag ich nicht besonders“

20
Stuttgart Flair
Nummer 62 • Montag, 16. März 2015
Bei „Tarzan“ muss
vor allem die
Po-Rolle sitzen
Zehn Flüchtlingskinder durften
Musicalluft schnuppern
Von Silvia Dittinger
STUTTGART. Der achtjährige Uyi ist ein
Wildfang und tobt kreuz und quer über die
Probebühne des Apollo­Theaters im SI­
Centrum. Eigentlich sollen er und die
neun anderen Kinder aus dem Flücht­
lingsheim in Plieningen jeweils nachei­
nander eine Po­Rolle machen. Aber sie ku­
geln alle gleichzeitig durcheinander.
Uyis Patin, Nila Barbosa de Schnee, die
ehrenamtlich im Flüchtlingsheim bei der
Hausaufgabenbetreuung hilft, hatte den
Jungen aus Nigeria vor einiger Zeit für das
Kindercasting von „Tarzan“ vorgeschla­
gen. „Ich hatte aber nicht bedacht, dass
Tarzan eine helle Hautfarbe hat“, erzählt
sie.
„Die Bezeichnung
Nasenpapst mag ich
nicht besonders“
Montagsgespräch Wolfgang Gubisch hat am Marienhospital gut
10 000 Nasen verschönert – Nun will er sein Pensum reduzieren
Er gilt als einer der besten Nasenchirurgen. 14 Jahre lang leitete Wolfgang
Gubisch (65) die Klinik für Plastische
Gesichtschirurgie am Stuttgarter
Marienhospital. Zum 1. April gibt er die
Führung ab. Ein Gespräch über
Schönheitsideale und Gubischs Pläne
für die Zukunft.
ab. Mein Nachfolger hat mein volles Ver­
trauen und meine volle Unterstützung. Beim
Operieren braucht er das aber ohnehin
nicht, das kann er auch ohne mich. Da ich ein
gutes Netzwerk habe und auch mein Wissen
weiterhin weitergeben kann, profitieren alle
davon, dass ich noch eine Weile bleibe.
Von Bettina Hartmann
Es werden oft 15, 16 Stunden. Doch das ist
nicht nur bei mir so, auch mein Team hat
lange Arbeitszeiten.
Herr Gubisch, im Dezember sind Sie 65 geworden, Ende März geben Sie die Leitung der
Klinik für Plastische Gesichtschirurgie ab.
Legen Sie nun die Beine hoch und werden
Rentner?
Springen wie Tarzan: Flüchtlingskinder
im SI-Centrum
Foto: Horst Rudel
Weil es mit der Rolle nicht geklappt hat,
haben die Verantwortlichen von Stage En­
tertainment ihn und neun weitere Flücht­
lingskinder am Freitag eingeladen, einen
Blick hinter die Kulissen des Musicals zu
werfen. Dazu gehörte auch das Proben
einer kleinen Choreografie. Die Acht­ bis
Dreizehnjährigen sind in der Aufwärm­
phase sehr zurückhaltend. Aber schon
nach kurzer Zeit finden sie großen Gefal­
len an der Urwaldmusik im Hintergrund
und den Affenbewegungen, die sie gezeigt
bekommen.
Die meisten von ihnen stammen aus
Syrien und sind seit August mit ihren Fa­
milien in der Unterkunft in Plieningen
untergebracht. Mit den Anweisungen der
beiden Tanzlehrer tun sie sich deshalb et­
was schwer. Den Spaß mindert das aber
nicht: „Sie können einfach die Bewegun­
gen nachmachen“, sagt Trainer Thomas
Hirschfeld, „ob sie sich die Choreografie
bis zum Auftritt auf der Bühne merken
können, werden wir sehen.“
Die neunjährige Aliouha aus China hat
sich für den Musicalbesuch ein schickes
rotes Kleidchen angezogen. Zuerst wollte
das Mädchen gar nicht mitkommen, weil
sie lieber zu Hause Deutsch gelernt hätte.
„Ich lerne jeden Tag fünf bis zehn Wörter.
Ich habe gedacht, wir würden hier nur
spielen“, erzählt sie schüchtern. Die Probe
und der Blick hinter die Kulissen haben
ihr dann aber doch großen Spaß gemacht.
„Nur die Po­Rolle habe ich nicht hinbe­
kommen“, sagt sie.
Der Ausflug ins Musicaltheater sei für
die Kinder etwas ganz Besonderes, erzählt
Nila Barbosa de Schnee.„Im Flüchtlings­
heim ist es immer sehr eng, und der Alltag
sieht immer gleich aus“, sagt sie. Bevor die
Kinder sich am Abend das Musical an­
schauen dürfen, wird die einstudierte
Choreografie auf der echten Bühne im
Saal aufgeführt. Mit der Originalmusik
und den großen Kulissen im Hintergrund
klappt das dann auch sehr gut. „Normal­
erweise sind wir ja etwas strenger, was die
Disziplin und die Bewegungsabläufe an­
geht. Aber hier geht es ja vor allem darum,
dass die Kinder Spaß haben“, sagt Tho­
mas Hirschfeld zum Abschluss.
Mich zur Ruhe zu setzen und fortan auf Gar­
tenarbeit zu konzentrieren – das kann ich
mir auch nach 40 Jahren am Marienhospital
nicht vorstellen. Noch nicht zumindest. Ich
werde somit weiter operieren. Allerdings
mit reduziertem Pensum. Ich möchte künftig
nur noch drei Tage die Woche arbeiten.
Hätten Sie keine Lust gehabt, nun an eine
Privatklinik zu wechseln? Dort würden Sie
doch sicher mehr verdienen.
An Angeboten mangelt es nicht. Und ja, dort
würde ich sicher mehr verdienen. Aber ich
bleibe lieber am Marienhospital. Hier habe
ich mit der Klinik für Plastische Gesichtschi­
rurgie ein einzigartiges Zentrum aufgebaut.
Da wollen Sie Ihr „Baby“ weiter betreuen. Fällt
es schwer, die Verantwortung abzugeben?
Überhaupt nicht. Ich gebe mein Amt an mei­
nen langjährigen Oberarzt Sebastian Haack
Zur Person
Wolfgang Gubisch
¡ 1949 in Rottweil geboren.
¡ Von 1968 bis 1974 Medizinstudium in
Tübingen und Zürich.
¡ 1975 kam er ans Marienhospital. Zunächst
als Assistenzarzt, später als Oberarzt in der
Abteilung für Plastische Chirurgie.
¡ Durch seine Leistungen und Vortragstätigkeit ist Gubisch weltweit bekannt.
¡ 1988 ernannte ihn die Klinikleitung zum
Chefarzt. Seit 2001 leitet Gubisch, der Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie
sowie für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde ist,
als Ärztlicher Direktor die Klinik für Plastische Gesichtschirurgie. Sein Amt gibt er
zum 1. April an seinen langjährigen Oberarzt Sebastian Haack weiter. Zur Ruhe setzen wird sich Gubisch nicht, er wird lediglich sein Arbeitspensum reduzieren und als
Senior Director weiter operieren.
¡ Gubisch ist verheiratet und hat zwei
erwachsene Söhne.
¡ Jedes Jahr bietet Gubisch seine Nasenkurse
an, bei denen ihm Fachpublikum per
Videoübertragung bei OPs zuschauen
kann. Aus Anlass seines 40-Jahr-Dienstjubiläums wird die Veranstaltung dieses
Jahr auf einen großen Kongress erweitert:
Vom 17. bis zum 19. März informieren
sich am Marienhospital 200 Nasenspezialisten aus aller Welt zum Thema. (ina)
Es ist bereits Abend. Draußen wartet noch ein
Patient. Die Arbeit geht für Sie also auch nach
unserem Gespräch weiter. Wie viele Stunden
hat Ihr Arbeitstag im Normalfall?
So etwas hält man aber nur durch, wenn man
mit Leidenschaft dabei ist.
Stimmt. Ich kann zum Glück sagen, dass ich
mein Feld gefunden habe. Ich merke gar
nicht, wie lange ich arbeite.
Plastischer Chirurg ist also Ihr Traumjob.
Ja. Obwohl ich anfangs eigentlich Hausarzt
werden wollte. Ich hätte mir eine Praxis auf
dem Land gut vorstellen können. Doch dann
habe ich schnell gemerkt, dass ich ein ande­
res Talent habe . . .
. . . und Sie haben sich auf Nasen spezialisiert.
Heute gelten Sie als der Nasenpapst.
Die Bezeichnung mag ich ehrlich gesagt
nicht besonders. Ich bin einfach ein Experte.
Was ist für Sie die perfekte Nase?
Die gibt es nicht. Die Nase hat zunächst eine
praktische Funktion: Man sollte gut Luft be­
kommen und damit riechen können. Dann
kommt die Ästhetik ins Spiel: Die Nase muss
immer zum Gesicht passen. Sie spielt für
unser Aussehen eine entscheidende Rolle.
Denn sie ist das bestimmende Merkmal im
Gesicht und wird stets auch mit der Persön­
lichkeit eines Menschen verbunden. Wenn
jemand zu mir kommt und sagt: Ich hätte
gern die Nase von Brad Pitt, dann frage ich:
Warum denn das? Sie sehen doch auch sonst
nicht aus wie der Hollywood­Star. Anders
gesagt: Ich würde so eine OP nie angehen.
Sie schicken potenzielle Patienten weg?
Ich lehne immer wieder Operationen ab,
weil es meiner Meinung nach keinen Grund
für einen Eingriff gibt. Kürzlich war eine
Dame aus den USA sehr wütend auf mich,
weil ich sie trotz der langen Anreise wieder
nach Hause geschickt habe.
Haben Sie grundsätzlich Verständnis dafür,
dass manche Menschen ihr Aussehen verändern lassen möchten?
Sicher, und nur dann operiere ich. Ich habe
so viele Patienten, die nach der OP extrem
dankbar und glücklich sind, die sagen: „Sie
haben mein Leben verändert!“
Würden Sie auch an sich selbst etwas verändern lassen?
Wenn ich mit etwas unzufrieden wäre: ja.
Aber es gibt immer ein Risiko. Wie viele
Schönheitsoperationen gehen schief?
Die Plastische Chirurgie hat ja auf Schwä­
bisch gesagt immer noch ein G’schmäckle.
Denn es gibt viele unseriöse Angebote. Es
sterben auch immer noch Menschen, etwa
bei Fettabsaugungen. Doch die OPs sind ge­
nerell sicherer geworden. Ob eine OP dann
Wolfgang Gubisch in seinem Büro im Marienhospital
doch missglückt ist, hängt davon ab, was
man darunter versteht. Zum einen kann die
technische Durchführung falsch gewesen
sein. Es kann aber auch sein, dass der Patient
einfach falsche Erwartungen hatte.
In beiden Fällen landet er dann oft bei Ihnen.
In Deutschland ist die Bezeichnung „Schön­
heitschirurg“ nicht geschützt. Diese OPs
sind technisch sehr anspruchsvoll. Es han­
delt sich um Hochleistungschirurgie. Doch
jeder zugelassene Arzt darf kosmetische
Eingriffe durchführen. Auch wenn er gar
nicht das Fachwissen und die Erfahrung hat.
Das führt dazu, dass ich bei 50 Prozent mei­
ner Patienten Nasenrekonstruktionen ma­
che, sprich misslungene Eingriffe korrigiere.
Foto: Lichtgut/Leif Piechowski
wollen jung und gut aussehen. Dennoch
glaube ich nicht, dass die OPs extrem zuge­
nommen haben. Auch deshalb nicht, weil
man heute über die Risiken Bescheid weiß.
Wie finde ich eigentlich einen seriösen Schönheitschirurgen?
Bestimmt nicht übers Internet. Man sollte zu
drei oder vier Ärzten gehen und fragen, wo
die sich operieren lassen würden. Wenn der
gleiche Name mehrmals fällt, kann das ein
Anhaltspunkt sein.
Künftig werden Sie mehr Zeit zur Verfügung
haben. Was werden Sie damit anfangen?
Mehr in der Welt herumreisen.
Mit Ihrer Frau?
Hat die Zahl der Schönheitsoperationen in
Deutschland zugenommen?
Dazu gibt es keine konkreten Zahlen. Sicher
ist, dass das Erscheinungsbild immer wich­
tiger geworden ist, auch bei Männern. Alle
Sie und die Kinder hatten tatsächlich über
Jahre das Nachsehen. Ich möchte daher
künftig mehr Zeit mit meiner Familie ver­
bringen. Aber ich möchte auch auf Kongres­
sen in aller Welt mein Wissen weitergeben.
Gewinnspiel
Wo ist diese
Kuppel?
Wie gut kennen Sie Stuttgart? Unser Foto­
graf Achim Zweygarth war mit der Kamera
in der Stadt unterwegs. Wo hat er das linke
Foto aufgenommen?
a) Im Einkaufscenter Das Gerber
b) Im Kaufhaus Breuninger
c) Im Einkaufscenter Milaneo
Foto: Lichtgut/Kovalenko
Das können Sie gewinnen:
Wir verlosen zweimal zwei Gutscheine für
ein ganztägiges Fahrsicherheitstraining am
Donnerstag, 19. März, vom ADAC im Wert
von jeweils 115 Euro. Mit der Teilnahme an
dem Gewinnspiel erklären sich die Gewin­
ner damit einverstanden, während des
Trainings von einem
Journalist begleitet und
fotografiert zu werden.
So machen Sie mit
Rufen Sie am Montag an:
0137 9 881022 (legion, 50 Cent/Anruf aus
dem Festnetz, Mobilfunk ggf. abweichend)
Das Café Künstlerbund in der Stuttgarter Stadtmitte
Foto: Lichtgut/Max Kovalenko
Die Auflösung
Der steinerne Reiter, den wir in der vergan­
genen Woche gesucht haben, findet sich am
Kunstgebäude, in dem auch das Café Künst­
lerbund untergebracht ist. Das Gebäude
liegt am Schlossplatz in der Stuttgarter In­
nenstadt und wurde von 1910 bis 1913 nach
dem Entwurf des Architekten Theodor Fi­
scher, unter der Bauleitung des Architekten
Hans Daiber, gebaut. Der bildhauerische
Schmuck der Fassade und des Säulengangs –
also auch der Reiter – wurde von Jakob
Brüllmann und Josef Zeitler geschaffen. Das
Gebäude war ein Geschenk von König Wil­
helm II. an die Stadt und ihre Künstler. Der
Stuttgarter Künstlerbund bekam damit
endlich eine Heimat. Das Kunstgebäude
steht an der Stelle des 1902 abgebrannten
Hoftheaters, dessen Kern wiederum auf das
1593 errichtete Neue Lusthaus zurückgeht.
Nach den Kriegszerstörungen wurde das
Kunstgebäude 1965 bis 1961 von Paul Bo­
natz und Günter Wilhelm vereinfacht wie­
deraufgebaut. (StN)
Die Gewinner
Einen Breuninger­Gutschein über 100 Euro
hat gewonnen: Isabelle Verleih. Gutscheine
im Wert von jeweils 50 Euro gehen an: Ange­
lika Boßner und Edith Titum. Herzlichen
Glückwunsch!