Begegnung mit dem Wissen Michail Schtschetinin, Tekos (Rußland) Michail Petrowitsch Schtschetinin ist Professor, Akademiemitglied der Russischen Akademie für Bildung, ein verdienter Lehrer Russlands. Sein ganzes Leben widmete er dem Schaffen des Bildungszentrums. Seine Leistungen sind sowohl in seiner Heimat, als auch im Ausland anerkannt. Mehrmals wurde ihm der Titel „Mensch des Jahres“ im Bildungsbereich verliehen. Die Weltorganisation UNESKO zeichnete dreimal das, von ihm entwickelte Bildungssystem, als das Beste in der Welt aus und trug den Namen von Schtschetinin in die Liste der größten Leute des Jahrtausends ein. Es ist schwer, sofort zu erkennen, womit sich die Kinder im Unterricht beschäftigen. Es ist schwer zu glauben, dass hier Mathematik erlernt wird – so stark unterscheidet sich dieser Unterricht von einem Gewöhnlichen. Und - das dabei vielleicht Wichtigste ist, wie sich die Beziehungen zwischen einem Lehrer und einem Schüler von Denen unterscheiden, welche sich im Laufe der Jahrhunderte bildeten und bisher auf den Kindern wie ein hinderliches Geschick lasteten, durch welche sie in Wissende und Nichtwissende geteilt wurden, die danach streben Kenntnisse zu erwerben. Der Direktor des Bildungszentrums - Michail Petrowitsch Schtschetinin beantwortete unsere Fragen: - Was geschieht eigentlich hier, Michail Petrowitsch? - Hier geschieht hauptsächlich ein Versuch, sich zu treffen. Wenn das Treffen gelingt, so haben die Kinder die Aufgabe zu erfüllen, das 11 Jahre dauernde Mathematik-Programm der Mittelschule, im Laufe von 10 Tagen zu erlernen. Das geschieht nur in dem Fall, wenn die Lernenden es schaffen, Jenen offen zu begegnen, die diese Kenntnisse beherrschen. Das hängt von den offenen, unmittelbaren Beziehungen ab, durch welche beim Kontakt die Informationen der Feldstrukturen voneinander abgelesen werden. Alle wissen, warum Liebende einander bei den ersten Worten verstehen, es reicht ein Blick, ein Gedanke. Hier wird alles gemacht, damit sie (die Kinder) frei, unabhängig und gegenseitig engagiert sind und bleiben. Die Schüler dürfen beliebige Fragen stellen. Wichtig ist, diese Verhältnisse zu bewahren. Es ist wichtig, dass das Kind und Jener, der diesen Prozess organisiert, gemeinsam an den Beziehungen arbeiten. Wir haben Kinder von unterschiedlichem Alter. Den Begriff „Alter“ versuchen wir zu vermeiden. Das ist sehr wichtig für uns. Die Lehrenden schmelzen sozusagen mit den Lernenden zusammen. Sie haben die Aufgabe, das Programm der Mittelschule im Laufe von 10 Tagen zu erlernen, um diese Kenntnisse gemeinsam an Alle weiter zu vermitteln. Alle Kinder sind offen, engagiert, niemand bleibt beiseite. Sehr wichtig ist - ohne einen Gedanken zu bleiben, dass die Kinder nichts wüßten. Wenn jemand von den Erklärenden denken würde, dass sie nichts wissen, dann werden die Lernenden bei ihm nichts wissen. Die Hauptsache ist, sie in die Beziehungen betreffs der Lösung einer Aufgabe miteinzubeziehen; das Erlernen erfolgt dann wie von selbst. Um die Aufmerksamkeit nicht auf die Ausbildung und auf das Behalten von Lernstoff zu konzentrieren, muss man zur Lösung der Aufgaben kommen. Dies geschieht, indem ihre Gedanken davon abgelenkt werden, dass sie lernen und sie somit ihre Gedanken nur auf die Lösung der Aufgaben richten. Dadurch denken sie bei der Zusammenarbeit nicht daran, wer von ihnen der Lernende und wer der Lehrende ist. Sie sind Mitarbeiter und erwerben im Prozess der Lösung einer Aufgabe die nötigen Kenntnisse - die tatsächlich „nur“ Erinnerungen an das Vergessene sind. Der Mensch weiß vom Anfang an Alles, da jeder einen Gottesfunken in sich hat! Sehr wichtig ist, dass das, was sie machen, unmittelbar mit den umgebenden Leuten zu tun hat. Das heißt, sie lernen jetzt nicht für sich selber (das ist sehr wichtig). Sie alle haben die Aufgabe, das Jeweilige zu beherrschen, um es weiter zu vermitteln. Sie lernen nichts anderes, als die Seele desjenigen Menschen zu verstehen, mit dem sie zusammen arbeiten. Nicht die Mathematik braucht man hier, sondern den Menschen, der die Mathematik begreift. Und nicht die Mathematik in sich, sondern die Bewegung zur Wahrheit. Diese Aufgabe ist für die Menschheit, die Weltordnung, die Heimat notwendig. Je umfangreicher das Motiv ist, desto erfolgreicher ist der Prozess des Herankommens an die Kenntnisse. Dafür muss eine Atmosphäre von Aufrichtigkeit ohne Schmerz und Gereiztheit herrschen. Hier soll keine Korrektur geschehen. Das Wort „falsch“ fehlt überhaupt. Anstatt dessen werden Hinweise, wie „vielleicht auf solche Weise“ oder „vielleicht unter anderem Blickwinkel…“ gegeben. Und so befindet sich der Mensch in einer aufnahmefähigen Strömung; es gibt keine Hindernisse und er bewegt sich sehr schnell zum Ziel. Alte Weise bezeichneten mit keinem Wort etwas Schlechtes. Das existierte für sie nicht, denn man sollte / wollte sich nicht darauf fixieren. Deshalb muss die Wortliste von den, mit Kindern arbeitenden Leuten tief sein; zufällige Worte, die von den Gedanken ablenken würden, sind nicht erlaubt. Die Worte sind ausgewogen und mit Gefühl erwärmt. Wenn das Alles erfüllt ist, wird die Aufgabe gelöst werden. - Was empfehlen Sie in der Erziehung der Kinder, womit sollte man anfangen? - Sobald das Kind mit seinen Händchen etwas pflanzen kann, bringen Sie ihm unbedingt bei, dass es etwas pflanzt, was Werte schafft, welche die Lebensqualität erhöhen. Und gehen Sie von großen Maßstäben aus – für die Heimat, für die ganze Menschheit. Öffnen Sie für das Kind die Horizonte seines kosmischen Wesens.
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