AGB

Rechtswissenschaftliches Institut
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
VIII.
IX.
X.
XI.
Einführung
Prozessgrundsätze
Prozessvoraussetzungen
Parteien
Beweisrecht
Verfahren in erster Instanz
Rechtsmittel
Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage
Zwangsvollstreckung
Einstweiliger Rechtsschutz
Internationales Zivilprozessrecht
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 97
Rechtswissenschaftliches Institut
Vor Klageerhebung: Vermittlungsverfahren
•
Grundsatz: obligatorisches Vermittlungsverfahren vor dem
Vermittleramt (näher insb. § 8 VAG)
•
unabhängig vom Streitwert
•
auch in Fällen mit Auslandsbezug
•
Zustellung der Vorladung zum Vermittlungsversuch an Beklagten
begründet Streitanhängigkeit (§ 37 Abs. 4 VAG)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 98
Rechtswissenschaftliches Institut
Vor Klageerhebung: Vermittlungsverfahren
•
zuständig: Vermittleramt (Verwaltungsbehörde)
(Vermittlungsverfahren ist nicht Teil des gerichtlichen Verfahrens,
sondern Voraussetzung für dessen Zulässigkeit)
•
örtliche Zuständigkeit des Vermittleramts (§ 9 VAG):
− Wohnsitz/Aufenthalt des Beklagten
− abweichende Vereinbarung zulässig
− keine Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des Vermittleramts
nach stattgehabter Vermittlung
− bei bestehender internationaler Zuständigkeit, aber fehlendem
inländischem Wohnsitz/Aufenthalt des Beklagten Bestimmung des
zuständigen Vermittleramts durch das Landgericht
− bei Zweifeln und Streitigkeiten über die Zuständigkeit:
Entscheidung durch das Landgericht
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 99
Rechtswissenschaftliches Institut
Vor Klageerhebung: Vermittlungsverfahren
•
Entfall des Schlichtungsverfahrens (§ 8 Abs. 2 VAG)
− Ausserstreitverfahren
− Familiensachen
− gerichtliche Aufkündigung; Übernahme-/Übergabeauftrag
− schiedsgerichtliches Verfahren, Anfechtung eines Schiedsspruchs
− Mandatsverfahren
− Schuldentriebverfahren (vorherige Durchführung eines
Vermittlungsverfahrens aber zulässig; vgl. § 42 Ziff. 5 VAG)
− Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage
− Sicherstellung, Zwangsvollstreckung, Konkurs
− Notwendigkeit der Bestellung eines gesetzlichen Vertreters
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 100
Rechtswissenschaftliches Institut
Vor Klageerhebung: Vermittlungsverfahren
• Zuständigkeit einer anderen Schlichtungsinstanz (§ 8 Abs. 2 VAG)
− Zuständigkeit von Einigungsamt/Einigungsstelle
(Arbeitsstreitigkeiten)
− Anrufung der Schlichtungsstelle nach dem Banken-,
Vermögensverwaltungs-, Zahlungsdienste- oder E-Geldgesetz
− Mediations nach ZivMediatG (kann von den Parteien anstelle
des Vermittlungsverfahrens gewählt werden)
− Schlichtungsverfahren nach Gleichstellungsgesetz
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 101
Rechtswissenschaftliches Institut
Vor Klageerhebung: Vermittlungsverfahren
•
Durchführung des Vermittlungsverfahrens
− Einleitung: mündlich oder schriftlich (§ 18 VAG)
− Verhandlung: mündlich und formlos (§ 14 Abs. 2 VAG)
− eingeschränkte Beweisaufnahme (§ 22 VAG)
− dient der Aussöhnung der Parteien (vgl. § 21 Abs. 1 VAG)
− Pflicht zum persönlichen Erscheinen (§ 12 VAG)
− grundsätzlich keine Entscheidkompetenz des Vermittlers
(Ausnahmen: § 17 VAG, § 30 VAG)
− keine Öffentlichkeit des Schlichtungsverfahrens (§ 14 Abs. 1 VAG)
− keine Vernehmung des Vermittlers und der Parteien zu
Beweiszwecken über Äusserungen während des
Vermittlungsversuchs (§ 42 Ziff. 4 VAG)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 102
Rechtswissenschaftliches Institut
Vor Klageerhebung: Vermittlungsverfahren
•
Erfolgreiche Vermittlung (§ 27 VAG)
− Vergleich: Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs
− Anerkenntnis/Verzicht: Wirkung eines rechtskräftigen
Anerkennungs-/Verzichtsurteils
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 103
Rechtswissenschaftliches Institut
Vor Klageerhebung: Vermittlungsverfahren
•
Erfolglose Vermittlung – Ausstellung des Leitscheins (§ 28 VAG)
− auf Begehren einer Partei (bei unentschuldigtem Ausbleiben einer
Partei auf Antrag der erschienenen Partei)
− Leitschein muss innert zwei Monaten seit Vermittlungsverhandlung
verlangt und mit Klage beim Landgericht eingelegt werden, sonst
neuerliches Vermittlungsverfahren nötig
− Fortsetzungslast: wenn rechtzeitige Einlegung beim Landgericht
zweimal versäumt, Geltendmachung des Anspruchs verwirkt
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 104
Rechtswissenschaftliches Institut
Klage
•
Begriff: Antrag auf Rechtsschutzgewährung in der Hauptsache
•
leitet Zivilprozess ein, legt Parteien und Streitgegenstand fest
•
bei vermittlungspflichtigen Streitsachen ist der Klage der Leitschein
beizulegen
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 105
Rechtswissenschaftliches Institut
Klage
•
Form der Klage:
− vorbereitender Schriftsatz (§ 232 Abs. 1 ZPO)
− bei anwaltlich nicht vertretenen Parteien: Erklärung zu Protokoll
zulässig (§ 236 ZPO)
•
Ausfertigungen: je eine für jeden Gegner und eine für die
Gerichtsakten (§ 80 Abs. 1 ZPO)
•
Rubriken (Halbschriften) zur Verständigung sonstiger Beteiligter
(Bezeichnung des Gerichts, der Parteien und des Streitgegenstands,
§ 80 Abs. 2 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 106
Rechtswissenschaftliches Institut
Inhalt der Klage
•
Bezeichnung des angerufenen Gerichts (§ 75 Ziff. 1 ZPO)
•
Bezeichnung der Parteien und der Parteienvertreter (§ 75 Ziff. 1 ZPO)
•
Nachweis der Bevollmächtigung; Vollmachtsvorlage (§ 28 ZPO)
•
Bezeichnung des Streitgegenstandes (§ 75 Ziff. 1 ZPO)
•
z.B.: «wegen: CHF 100.000.− s.A.»; «wegen: Herausgabe»)
•
Bezeichnung als Klage
•
Anzahl der Ausfertigungen und Rubriken
•
Bezeichnung der Beilagen und ihrer Zahl, Angabe, ob in Ur- oder
Abschrift angeschlossen (§ 75 Ziff. 2 ZPO)
•
Unterschrift der Partei oder des Vertreters (§ 75 Ziff. 3 ZPO)
•
Entrichtung der Gerichtsgebühren (§ 4 GGG)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 107
Rechtswissenschaftliches Institut
Inhalt der Klage
•
Bestimmtes Klagebegehren (entsprechend dem gewünschten
Urteilsspruch)
− bei Klage auf Geldleistung: Bezifferung
− Stufenklage:
o Begehren auf Rechnungslegung, eidliche Vermögens- oder
Schuldenangabe
o verbunden mit vorläufig unbeziffertem Zahlungs- oder
Herausgabebegehren (Art. XV Abs. 3 EGZPO)
•
Bei unbestimmtem Begehren: Verbesserungsauftrag, mangels
Verbesserung Zurückweisung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 108
Rechtswissenschaftliches Institut
Inhalt der Klage
•
Klagserzählung (Substantiierung)
→
•
Tatsachen, auf welche sich der Anspruch des Klägers in
Haupt- und Nebensachen gründet, sind im Einzelnen kurz
und vollständig anzugeben (§ 232 Abs. 1 ZPO)
Anbot der Beweismittel
− Beweismittel, deren sich der Kläger zum Nachweis seiner
tatsächlichen Behauptung bei der Verhandlung zu bedienen
beabsichtigt, sind im Einzelnen genau zu bezeichnen
− ratsamer Klageinhalt (Fehlen von Beweisanboten macht Klage
nicht unzulässig, kann aber zur Beweislosigkeit und damit zur
Abweisung führen)
•
Angaben zur Zuständigkeit, wenn ein besonderer Gerichtsstand in
Anspruch genommen wird
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 109
Rechtswissenschaftliches Institut
Streitgegenstand
•
Bedeutung
− begrenzt den sachlichen Umfang des Rechtsstreits und steckt
Rahmen für die Entscheidungsbefugnis des Gerichts ab
− ist massgeblich für Zulässigkeit des Rechtswegs und ggf. für
Zuständigkeit des Gerichts
− materielle Rechtskraft bezieht sich auf Streitgegenstand
− objektive Klagenhäufung nur bei Mehrheit von Streitgegenständen
− Klageänderung nur bei Änderung des Streitgegenstands
− Streitanhängigkeit nur bei Identität des Streitgegenstands
− Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht sperrt nur neue Klagen
mit demselben Streitgegenstand
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 110
Rechtswissenschaftliches Institut
Streitgegenstand
•
Begriff: Streitgegenstand als prozessualer Anspruch
•
zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff:
− Klagebegehren (Urteilsantrag)
− Klagegrund (Tatsachenbehauptungen, auf die sich das
Klagebegehren gründet)
o Theorie vom rechtserzeugenden Sachverhalt
o Theorie vom Lebenssachverhalt
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 111
Rechtswissenschaftliches Institut
Klage
•
Klagearten
− Leistungsklage
→
Ziel: Verurteilung zu einem Tun, Dulden, Unterlassen
− Feststellungsklage
→
Ziel: Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines
Rechtsverhältnisses oder Rechts / der Echtheit oder
Unechtheit einer Urkunde
− Gestaltungsklage
→
Ziel: unmittelbare Begründung, Änderung oder Aufhebung
eines Rechtsverhältnisses
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 112
Rechtswissenschaftliches Institut
Leistungsklage
•
Elemente der Leistungsklage
− implizit: Begehren auf Feststellung des Leistungsanspruchs
− explizit: Begehren um Erlass einen Leistungsbefehls
•
stattgebendes Leistungsurteil ist vollstreckbar (Exekutionstitel) und
stellt Bestand des Leistungsanspruchs fest
•
abweisendes Leistungsurteil stellt Nichtbestehen des
Leistungsanspruchs fest
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 113
Rechtswissenschaftliches Institut
Leistungsklage
•
Leistungsklage im engeren Sinn
→ Klage auf Verurteilung zu einem positiven Tun)
− (volle) Stattgebung nur, wenn Anspruch bei «Urteilsschöpfung»
fällig (§ 406 ZPO); h.M.: massgeblicher Zeitpunkt = Schluss der
Verhandlung
→
vor Fälligkeit aber ggf. Feststellung möglich
− Klage auf künftige Leistung: bei «Alimenten» (§ 406 ZPO)
o Alimente i.S.v. § 406 ZPO = wiederkehrende Geld- oder
Sachleistungen mit Unterhaltscharakter (z.B. auch
Schadensrenten aus unerlaubter Handlung)
o Schuldner muss Verpflichtung verletzt oder damit gedroht
haben
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 114
Rechtswissenschaftliches Institut
Leistungsklage
•
Duldungsklage
→
•
Klage auf Verurteilung zur Unterlassung der Behinderung
bestimmter Handlungen
Unterlassungsklage (§ 234 Abs. 2 ZPO)
→
Klage auf Verurteilung zur Unterlassung bestimmter
Handlungen
− Erfolgsvoraussetzung: Begehungs- bzw. Wiederholungsgefahr
→
bei fehlender Begehungs- bzw. Wiederholungsgefahr:
Abweisung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 115
Rechtswissenschaftliches Institut
Feststellungsklage (§ 234 Abs. 1 ZPO)
•
Feststellungsfähigkeit
− Feststellung eines Rechtsverhältnisses oder Rechts
− Feststellung der Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde
− nicht feststellungsfähig: Tatsachen, rechtliche Qualifikationen,
abstrakte Rechtsfragen
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 116
Rechtswissenschaftliches Institut
Feststellungsklage (§ 234 Abs. 1 ZPO)
•
Feststellungsinteresse
− besondere Prozessvoraussetzung
− rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung (aktueller
Anlass zur Klärung des strittigen Rechtsverhältnisses)
− bei positiver Feststellungsklage: ernsthafte Bestreitung durch
Beklagten
− bei negativer Feststellungsklage: Berühmung durch den
Beklagten
− Subsidiarität der Feststellungsklage
→
Feststellungsklage unzulässig, wenn Kläger mit
Leistungsurteil alles erhalten kann, was er mit einem
Feststellungsurteil erhielte
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 117
Rechtswissenschaftliches Institut
Zwischenantrag auf Feststellung
•
Antrag auf urteilsmässigen Entscheid über ein streitiges
präjudizielles Recht oder Rechtsverhältnis
•
kann von Kläger (§ 244 Abs. 1 ZPO) oder Beklagtem (§ 258 Abs. 2
ZPO) gestellt werden
•
Wirkung der Feststellung muss über Anlassfall hinausreichen
•
Antrag bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung zulässig
•
abhängig von Schicksal der Hauptklage (kein Entscheid über
Zwischenfeststellungsantrag, wenn über Klage – z.B. wegen
Klagszurücknahme – nicht mehr entschieden werden darf)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 118
Rechtswissenschaftliches Institut
Rechtsgestaltungsklage
•
Elemente der Rechtsgestaltungsklage
− implizit: Feststellung des Gestaltungsgrundes
− explizit: Gestaltungsbegehren auf Änderung der
Rechtslage
•
stattgebendes Gestaltungsurteil ändert die Rechtslage
unmittelbar und stellt Bestand des Gestaltungsgrundes fest
•
abweisendes Urteil stellt Nichtbestand des Gestaltungsgrundes
fest
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 119
Rechtswissenschaftliches Institut
Widerklage
•
selbständige Klage des Beklagten gegen den Hauptkläger
(= Widerbeklagten)
•
Widerklage unabhängig vom Schicksal der Hauptklage (bleibt
auch bestehen, wenn Hauptklage dahinfällt)
•
Voraussetzungen
− Parteien der Widerklage identisch mit Parteien der
Hauptklage (in vertauschten Rollen)
− Hauptklage streitanhängig
− mündliche Verhandlung in erster Instanz noch nicht
geschlossen (§ 241 Abs. 2 ZPO)
− in vermittlungspflichtigen Sachen: Leitschein noch nicht
eingereicht (§ 37 Abs. 4 VAG)
− Konnexität, Kompensabilität oder Präjudizialität (§ 241
Abs. 2 ZPO i.V.m. § 48 JN)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 120
Rechtswissenschaftliches Institut
Klagenhäufung
•
subjektive Klagenhäufung: mehrere Personen als Kläger oder
Beklagte (= Streitgenossenschaft)
•
objektive Klagenhäufung: mehrere Ansprüche desselben
Klägers gegen denselben Beklagten
− kumulativ
− eventuell (Hilfsanspruch für den Fall der Abweisung des
Hauptbegehrens)
− alternativ (nur bei Wahlrecht des Schuldners oder
Lösungsbefugnis zulässig)
•
Voraussetzungen der objektiven Klagenhäufung (§ 233 ZPO)
− Zuständigkeit des Prozessgerichts für alle Ansprüche
− dieselbe Verfahrensart für alle Ansprüche
− nicht erforderlich: Konnexität
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 121
Rechtswissenschaftliches Institut
Klagsänderung
• Begriff: Änderung des Streitgegenstands, d.h.
− Erweiterung oder Änderung des Klagebegehrens
und/oder
− Änderung des Klagegrundes
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 122
Rechtswissenschaftliches Institut
Klagsänderung
•
Voraussetzungen
− noch keine Streitanhängigkeit (§ 243 Abs. 1 ZPO)
oder
− Einwilligung des Gegners bzw. rügelose Verhandlung über
geänderte Klage (§ 243 Abs. 2 ZPO)
oder
− Zulassung durch das Gericht, wenn keine erhebliche
Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung zu
besorgen (§ 243 Abs. 3 ZPO)
•
Klagsänderung nach erfolgloser Vermittlung erfordert
neuerliche Vermittlungsverhandlung («Nachvermittlung»)
•
keine Klagsänderung im Berufungsverfahren (OGH 08
CG.2008.94 m.w.N.)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 123
Rechtswissenschaftliches Institut
Klagsänderung
•
unbeschränkt zulässige Klagsveränderungen (§ 243 Abs. 4
ZPO)
→ keine Nachvermittlung erforderlich
− Änderung, Ergänzung, Erläuterung, Berichtigung
tatsächlicher Angaben oder Beweise ohne Änderung des
Klagegrundes
− Klagseinschränkung (quantitativ oder qualitativ)
− Austausch des ursprünglich geforderten Gegenstandes
gegen einen anderen (gleichwertigen)
− Änderung des Klagebegehrens auf das Interesse anstelle
der Sachleistung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 124
Rechtswissenschaftliches Institut
Klagszurücknahme
•
Begriff: Erklärung des Klägers, auf den Entscheid über sein
Rechtsschutzgesuch zu verzichten
•
ohne Anspruchsverzicht: Klage kann neu angebracht werden
(§ 245 Abs. 4 ZPO)
− ohne Zustimmung des Beklagten: bis zum Beginn der
ersten Tagsatzung; bei Nichterscheinen des Beklagten
noch bei der ersten Tagsatzung
− mit Zustimmung des Beklagten: jederzeit
− unabhängig von Zustimmung: Klagszurücknahme, um
einer Zurückweisung wegen Unzulässigkeit
zuvorzukommen
•
unter Anspruchsverzicht: neue identische Klage unzulässig
− jederzeit unabhängig von einer Zustimmung des Beklagten
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 125
Rechtswissenschaftliches Institut
Klagszurücknahme
•
Wirkung (§ 245 Abs. 3 ZPO):
− Klage gilt als nicht angebracht
− Prozessbeendigung ipso iure (Beschluss über
Prozessbeendigung deklarativ)
− Kläger hat Beklagtem alle Kosten zu ersetzen, zu deren
Tragung der Beklagte nicht bereits rechtskräftig verurteilt
wurde
•
Gesetzlich fingierte Klagszurücknahme (§ 245 Abs. 5 ZPO)
− hat Wirkung einer Klagszurücknahme ohne Anspruchsverzicht
− Beispiele: § 60 Abs. 3 ZPO (Nichterlag einer Prozesskaution),
§ 525 Abs. 3 ZPO
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 126
Rechtswissenschaftliches Institut
Klagsprüfung durch das Gericht
•
Prüfung der Prozessvoraussetzungen
− Zuständigkeit
o § 23 Abs. 2 JN: Prüfung unter Bindung an Klagsangaben,
sofern nicht aus amtlicher Tätigkeit als unrichtig bekannt
(formelles Prüfungsrecht)
− Sonstige Prozessvoraussetzungen
o Prüfung ohne Bindung an Klagsangaben
o Amtswegige Erhebungen bei Zweifeln
− ggf. Heilungsversuch
− bei Fehlen der Prozessvoraussetzungen: amtswegige
Zurückweisung «als zur Bestimmung der Tagsatzung
ungeeignet» (Zurückweisung a limine)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 127
Rechtswissenschaftliches Institut
Klagsprüfung durch das Gericht
•
Prüfung der Einhaltung von Formvorschriften
− Formgebrechen, die geschäftliche Behandlung nicht hindern:
vorgehen, als läge kein Mangel vor
− Formgebrechen, die geschäftliche Behandlung hindern:
Verbesserungsverfahren (§§ 84 f. ZPO)
•
Kein Verbesserungsverfahren bei Inhaltsmängeln (§ 84 ZPO e
contrario)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 128
Rechtswissenschaftliches Institut
Belehrung über Mängel bei unvertretenen Parteien
•
schriftlich überreichte Klage
→
•
Anleitung des anwaltlich nicht vertretenen Klägers zu
notwendigen Vervollständigungen und Richtigstellungen
(§ 237 Abs. 1 ZPO)
mündlich zu Protokoll gegebene Klage
→
Belehrung über Unzulässigkeit oder offenbare
Unbegründetheit (§ 237 Abs. 2 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 129
Rechtswissenschaftliches Institut
Gerichtsanhängigkeit
• Gerichtsanhängigkeit tritt ein mit
− Überreichung des Vermittleramtsbegehrens beim
Vermittleramt in vermittlungspflichtigen Streitigkeiten (§ 37
Abs. 2 VAG)
− sonst mit Überreichung der Klage an Gericht (§ 240 Abs. 1
Satz 2 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 130
Rechtswissenschaftliches Institut
Gerichtsanhängigkeit
• Wirkungen der Gerichtsanhängigkeit
− Begründung des (zweiseitigen) Prozessrechtsverhältnisses
zwischen Kläger und Gericht
− massgeblicher Zeitpunkt für perpetuatio fori/iurisdictionis
− massgeblicher Zeitpunkt für Fristwahrung und
Unterbrechung des Fristablaufes
− Unterbrechung von Verjährung und Ersitzung, sofern die
Klage gehörig fortgesetzt wird (§ 1497 ABGB)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 131
Rechtswissenschaftliches Institut
Weiteres Vorverfahren nach positiver Klagsprüfung
• Anberaumung der ersten Tagsatzung (§§ 246 f. ZPO)
− in der Regel zu verbinden mit mündlicher Streitverhandlung
− fakultativ abgesonderte erste Tagsatzung
− Einlassungsfrist (§ 247 ZPO): ca. 14 Tage zwischen
Klagszustellung und erster Tagsatzung (Ordnungsfrist;
Zeitraum kann ggf. verlängert/verkürzt werden)
• Vorladung des Beklagten zur ersten Tagsatzung unter
Mitteilung der Klage
→
Zustellung der Klage zu eigenen Handen (§ 106 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 132
Rechtswissenschaftliches Institut
Streitanhängigkeit
• Eintritt der Streitanhängigkeit
− Zustellung der Vorladung zur Vermittlungsverhandlung an
den Beklagten bei vermittlungspflichtigen Streitigkeiten
(§ 37 Abs. 1 VAG)
− sonst mit Zustellung der Klageschrift an den Beklagten
(§ 240 Abs. 1 Satz 1 ZPO)
− bei Erhebung eines Anspruchs erst im Lauf des Prozesses:
mit Geltendmachung bei der mündlichen Verhandlung
(§ 240 Abs. 2 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 133
Rechtswissenschaftliches Institut
Streitanhängigkeit
• Ende der Streitanhängigkeit
− mit Umwandlung in Rechtskraft durch rechtskräftige
Entscheidung in der Sache
− mit definitiver Erledigung des Streitgegenstandes
o durch rechtskräftige Zurückweisung
o durch Klagszurücknahme
o durch prozessbeendenden Vergleich
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 134
Rechtswissenschaftliches Institut
Streitanhängigkeit
•
Prozessuale Wirkungen der Streitanhängigkeit
− Einbezug des Beklagten in das (nunmehr dreiseitige)
Prozessrechtsverhältnis
− Klagsänderung nur noch mit Zustimmung des Beklagten/
gerichtlicher Zulassung (§ 243 Abs. 2 und 3 ZPO; zur Klagsänderung vor Klagseinreichung bei Gericht vgl. § 29 VAG)
− Unzulässigkeit eines zweiten Rechtsstreits über denselben
Streitgegenstand (negative Prozessvoraussetzung) (§ 241
Abs. 1 ZPO)
− Möglichkeit der Nebenintervention (§ 17 Abs. 1 ZPO)
− Möglichkeit von Hauptintervention (§ 16 ZPO) und Widerklage
(§ 241 Abs. 2 ZPO, § 37 Abs. 4 VAG)
− kein Einfluss der Veräusserung der streitverfangenen Sache
auf Prozess (§ 242 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 135
Rechtswissenschaftliches Institut
Streitanhängigkeit als negative Prozessvoraussetzung
• Unzulässigkeit von Parallelprozessen mit identischem
Streitgegenstand zwischen denselben Parteien
• Streitanhängigkeit als «Vorwirkung» der Rechtskraft
• Zwecke
− Prozessökonomie – Vermeidung unnötiger
Mehrfachbelastung der Gerichte
− Verhinderung widersprechender Entscheidungen –
Rechtssicherheit
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 136
Rechtswissenschaftliches Institut
Streitanhängigkeit als negative Prozessvoraussetzung
• Voraussetzungen
− Identität der Parteien (unabhängig von
Parteirollenverteilung)
− Identität des Streitgegenstands
o identischer massgeblicher Sachverhalt
o identisches Begehren (bzw. «kontradiktorisches
Gegenteil»)
→ Rechtsschutzziel der späteren Klage von früherer
vollständig abgedeckt
• keine Streitanhängigkeit durch Aufrechnungseinrede
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 137
Rechtswissenschaftliches Institut
Erste Tagsatzung
•
Begriff: erste mündliche Verhandlung des Gerichts mit den
Parteien nach Klagszustellung mit besonderem, eng
umschriebenem Aufgabenkreis
•
Zweck
− Klärung, ob Fall streitig wird
− Behandlung rein prozessualer Fragen vor Eingehen in
Sachverhandlung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 138
Rechtswissenschaftliches Institut
Erste Tagsatzung – Verhandlungsgegenstand (§ 250 ZPO)
•
sachliche Erledigung des Rechtsstreits
− durch Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil
− durch Versäumungsurteil
− durch gerichtlichen Vergleich
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 139
Rechtswissenschaftliches Institut
Erste Tagsatzung – Verhandlungsgegenstand (§ 250 ZPO)
•
prozessuale Fragen
− Anmeldung von Prozesseinreden
→ Einrede der Unzuständigkeit bei sonstigem Ausschluss
− Antrag auf Klagsänderung
− Antrag auf Prozesskostensicherheitsleistung (bei sonstigem
Ausschluss)
− Erklärung des benannten Auktors
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 140
Rechtswissenschaftliches Institut
Erste Tagsatzung – Verhandlung und Entscheidung
•
über Prozessvoraussetzungen
− zwingend sofortige Entscheidung über
o mangelnde Partei- und Prozessfähigkeit
o Fehlen der gesetzlichen Vertretung/Klagsermächtigung
o mangelnde Vertretungsmacht
− fakultativ Entscheidung über
o Vorliegen sonstiger Prozessvoraussetzungen
•
sofortige Entscheidung über sonstige Prozessanträge
− Bewilligung der Klagsänderung
− Anordnung der Prozesskostensicherheitsleistung
− Entbindung von Klage wegen Übernahmeerklärung des
Auktors
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 141
Rechtswissenschaftliches Institut
vorbereitende Schriftsätze
•
Zweck: Mitteilung von Anträgen, Angriffs- und Verteidigungsmitteln,
Behauptungen und Beweisen, welche die Parteien in der
Streitverhandlung geltend machen wollen (§ 257 Abs. 1 ZPO)
•
Form und Inhalt: §§ 74 ff. ZPO
•
Erlass der «nötig erscheinenden Anordnungen» durch das Gericht
(§ 257 Abs. 3 ZPO)
•
Anordnung des Wechsels vorbereitender Schriftsätze oder der
Einvernehmung zu Protokoll in Angelegenheiten, die erhebliche
Zahl streitiger Ansprüche und Gegenansprüche betreffen (§ 257
Abs. 4 ZPO)
•
bei Nichtbefolgung des Auftrags: sofortige Anberaumung der
Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung (§ 257 Abs. 6 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 142
Rechtswissenschaftliches Institut
Klagebeantwortung
•
vorbereitender Schriftsatz
•
Inhalt
− bestimmtes Begehren (Urteilsgegenantrag)
o Klagszurückweisung
o gänzliche oder teilweise Abweisung der Klage
− Tatsachen und Umstände, auf die sich Einwendungen, Anträge
und Einreden gründen
− Beweismittel, deren sich der Beklagte zum Nachweis seiner
tatsächlichen Behauptungen bedienen will
− ggf. Abgabe eines Anerkenntnisses
•
bei fehlender/mangelhafter Klagebeantwortung (vgl. OGH
5 CG.2007.70): keine Säumnisfolgen; ggf. Kostenfolgen (§ 44 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 143
Rechtswissenschaftliches Institut
Reaktion des Beklagten auf die Klage
•
Unterwerfung
− Sachdisposition (Anerkenntnis, Vergleich)
− Versäumung
− Prozessbeendigung infolge aussergerichtlicher Bereinigung
o Klagsrücknahme mit Anspruchsverzicht
o Klagsrücknahme ohne Anspruchsverzicht
o Klagseinschränkung auf Kosten
o Säumnis infolge Vereinbarung
o Ruhen des Verfahrens kraft Vereinbarung oder infolge
Säumnis beider Parteien
→ keine endgültige Prozesserledigung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 144
Rechtswissenschaftliches Institut
Reaktion des Beklagten auf die Klage
•
Bekämpfung der prozessualen Zulässigkeit der Klage
− grundsätzlich jederzeit möglich
− Einrede der (prorogablen) Unzuständigkeit und Antrag auf
Prozesskostensicherheitsleistung: nur bis zur ersten
Tagsatzung
− Erhebung von Prozesseinreden berechtigt nicht zur
Verweigerung der Einlassung und Verhandlung in der
Hauptsache
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 145
Rechtswissenschaftliches Institut
Reaktion des Beklagten auf die Klage
•
Streiteinlassung = Bekämpfung der Klage in der Sache
•
bei mangelnder Streiteinlassung: Säumnisfolgen («echtes»
Versäumungsurteil)
•
Streiteinlassung ohne rechtzeitige Unzuständigkeitseinrede
begründet Zuständigkeit des an sich (prorogabel) unzuständigen
Gerichts (§ 53 Abs. 3 JN)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 146
Rechtswissenschaftliches Institut
Streiteinlassung
•
passive Verteidigung (Antrag auf Klageabweisung)
− Bestreiten der klagebegründenden Tatsachen und/oder
− Bestreiten der vom Kläger begehrten Rechtsfolge
(= Behauptung der Unschlüssigkeit der Klage)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 147
Rechtswissenschaftliches Institut
Streiteinlassung
•
aktive Verteidigung
− Einwendungen gegen den Anspruch (unselbständige
Verteidigung – Antrag auf Klageabweisung)
o Geltendmachung rechtshemmender (z.B. Stundung) oder
rechtsaufhebender Tatsachen (z.B. Verjährung) bzw. von
Einreden (z.B. Anfechtung)
− selbständige Verteidigung (Begehren auf eigenen
rechtskraftfähigen Urteilsausspruch)
o prozessuale Aufrechnungseinrede
o Zwischenantrag auf Feststellung
o Widerklage
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 148
Rechtswissenschaftliches Institut
Aufrechnungseinrede
•
Aufrechnung = wechselseitige Tilgung zweier einander
gegenüberstehender Forderungen durch Verrechnung
•
Möglichkeiten der Geltendmachung der Gegenforderung
− aussergerichtliche Aufrechnungserklärung
→
Beurteilung der Wirksamkeit im Prozess: nur in den
Urteilsgründen
− Aufrechnungseinrede im Prozess
→
gerichtet auf rechtskraftfähige Sachentscheidung (§ 411
Abs. 1 ZPO), soweit Hauptforderung zu Recht besteht
− Widerklage
→
selbständige Klage (bleibt auch bestehen, wenn
Hauptklage dahinfällt)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 149
Rechtswissenschaftliches Institut
Aufrechnungseinrede
•
Aufrechnungseinrede im Prozess
− doppelfunktionelle Prozesshandlung
o prozessual: rechtskraftfähige Sachentscheidung (bis zur
Höhe der Klagsforderung)
o materiellrechtlich: Schuldtilgung
− i.d.R. Eventualcharakter (d.h.: nur für den Fall, dass Gericht
Hauptforderung als berechtigt sieht)
− z.T. str., inwieweit Prozessvoraussetzungen bezüglich der
Gegenforderung erfüllt sein müssen
− Teilurteil über Klagsforderung zulässig, wenn keine Konnexität
von Haupt- und Gegenforderung (§ 391 Abs. 3 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 150
Rechtswissenschaftliches Institut
Verzicht
•
Erklärung des Klägers an das Gericht, den geltend gemachten
Streitgegenstand ganz oder teilweise aufzugeben
•
reine Prozesshandlung
•
bei prozessualer Unwirksamkeit auf entsprechendes
Parteivorbringen zu prüfen, ob materiellrechtlicher Verzicht vorliegt
•
Rechtsfolge: Beklagter kann Fällung eines Verzichtsurteils
beantragen (§ 394 ZPO)
→
≠ Klagszurücknahme (diese führt zur Prozessbeendigung
ohne Sachentscheidung)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 151
Rechtswissenschaftliches Institut
Verzicht
•
Voraussetzungen des Verzichtsurteils
− Prozessvoraussetzungen gegeben
− Antrag auf Verzichtsurteil gestellt
− prozessuale Wirksamkeit und Eindeutigkeit des Verzichts
− Zulässigkeit des Verzichts
− kein Verstoss gegen gesetzliches Verbot oder gute Sitten
− aber: keine Prüfung, ob Verzicht der wahren Rechtslage
entspricht
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 152
Rechtswissenschaftliches Institut
Anerkenntnis
•
einseitige, vorbehaltlose Erklärung des Beklagten an das Gericht,
der klägerische Anspruch sei ganz oder teilweise berechtigt
•
reine Prozesshandlung
•
bei prozessualer Unwirksamkeit auf entsprechendes Parteivorbringen zu prüfen, ob materiellrechtliches Anerkenntnis vorliegt
•
Rechtsfolge: Kläger kann Fällung eines Anerkenntnisurteils
beantragen (§ 395 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 153
Rechtswissenschaftliches Institut
Anerkenntnis
•
Voraussetzungen des Anerkenntnisurteils
− Prozessvoraussetzungen gegeben
− Antrag auf Anerkenntnisurteil gestellt
− anerkennungsfähige Rechtsfolge
− rechtswirksames Anerkenntnis
− kein Verstoss gegen gesetzliches Verbot oder die guten Sitten
− Anspruch nicht der Parteidisposition entzogen
− aber: keine Prüfung, ob Anerkenntnis den Tatsachen
entspricht und schlüssig ist
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 154
Rechtswissenschaftliches Institut
Gerichtlicher Vergleich
•
vor Gericht geschlossener und protokollierter Vertrag, durch den
die Parteien einen Rechtsstreit gütlich beendigen oder einzelne
Streitpunkte bereinigen
•
kein beiderseitiges Nachgeben erforderlich (auch Anerkenntnis/
Verzicht in Form eines Prozessvergleichs möglich)
•
Wirkungen
− Bereinigungswirkung (durch Vergleich bereinigte Streitfragen
dürfen nicht mehr aufgeworfen werden)
− Prozessbeendigungswirkung (ipso iure)
− Vollstreckungswirkung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 155
Rechtswissenschaftliches Institut
Voraussetzungen des gerichtlichen Vergleichs
•
Zeitpunkt
− vor dem Rechtsstreit (prätorischer Vergleich)
vgl. auch § 227 ff. ZPO über Vorladung zum Zweck eines
Vergleichsversuchs – aber für vermittlungspflichtige
Streitigkeiten ausser Kraft gesetzt (§ 42 Abs. 1 Ziff. 3 VAG)
− während des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Erledigung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 156
Rechtswissenschaftliches Institut
Voraussetzungen des gerichtlichen Vergleichs
•
Zustandekommen
− Willenseinigung der Parteien
− Vergleichsfähigkeit des Gegenstands
− Protokollierung durch Gericht
− Voraussetzung der Vollstreckbarkeit: Unterschrift von Richter,
Schriftführer und Parteien
− Partei- und Prozessfähigkeit der Parteien
− inländische Gerichtsbarkeit, internationale Zuständigkeit, Zulässigkeit
des Rechtswegs
− noch keine rechtskräftige Entscheidung über Vergleichsgegenstand
− kein Verstoss gegen gesetzliche Vorschrift oder gute Sitten
− Vergleich hinreichend bestimmt, um vollstreckbar zu sein
− keine auflösende Bedingung (aufschiebende Bedingung – z.B.
Nichtwiderruf innert bestimmter Frist – zulässig)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 157
Rechtswissenschaftliches Institut
Rechtsnatur des gerichtlichen Vergleichs
• doppelfunktionelle Prozesshandlung
− materieller Vergleichsvertrag
− Prozessbeendigung
• Lehre von der Doppelnatur
− gerichtlicher Vergleich nur gültig, wenn materiellrechtliche und
prozessuale Voraussetzungen erfüllt
− Anfechtung wegen materiellrechtlichen Mangels beseitigt auch
prozessuale Wirkungen (Prozessbeendigungs- und
Vollstreckungswirkung)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 158
Rechtswissenschaftliches Institut
Rechtsnatur des gerichtlichen Vergleichs
• Lehre vom Doppeltatbestand
− materiellrechtliche und prozessuale Seite selbständig zu
betrachten
− prozessuale Unwirksamkeit → Fortsetzungsantrag
− materiellrechtliche Unwirksamkeit → neuer Prozess (insb.:
Oppositionsklage bei Vollstreckung aus materiell unwirksamem
Vergleich)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 159
Rechtswissenschaftliches Institut
Neuerliche Einklagung nach Vergleich
• Neuerliche Einklagung einer verglichenen Rechtssache
− h.M.: materiellrechtliche Einwendung der verglichenen
Streitsache
→ Klage durch Urteil abzuweisen
− a.A.: fehlendes Rechtsschutzinteresse
→ Klage mit Beschluss zurückzuweisen
• Einklagung des aus dem Vergleich Geschuldeten
(«Doppeltitelproblematik»)
− Klage zulässig
− nur aus dem Vergleich Geschuldetes zuzusprechen
− i.d.R. Prozesskostenersatz an den Beklagten
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 160
Rechtswissenschaftliches Institut
Stillstand des Verfahrens
•
Unterbrechung (vollständiger Stillstand, § 163 ZPO)
(möglich aber: Erlass der Entscheidung bei Unterbrechung
nach Schluss der mündlichen Verhandlung)
− ex lege (Unterbrechung i.e.S.)
→ bei Tod oder Eintritt der Prozessunfähigkeit einer
unvertretenen Partei, Konkurseröffnung, Stillstand
der Gerichtstätigkeit wegen Krieges etc.
− durch richterlichen Beschluss (Aussetzung)
→ insb.: bei anhängigem Verfahren über präjudizielle
Vorfragen
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 161
Rechtswissenschaftliches Institut
Stillstand des Verfahrens
•
Ruhen (kein vollständiger Stillstand – Notfristen laufen weiter)
→
Aufnahme frühestens nach drei Monaten (§ 168 ZPO)
− kraft Vereinbarung (§ 168 ZPO)
− bei Versäumung einer mündlichen Verhandlung durch
beide Parteien (§ 170 ZPO)
• «ewiges» Ruhen: Aufnahme des Verfahrens kann nach drei
Monaten beantragt werden
(aber: prüfen, ob materiell-rechtlicher Verzicht)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 162
Rechtswissenschaftliches Institut
Versäumung von Prozesshandlungen
•
Begriff: Prozesshandlung wird nicht rechtzeitig wirksam
vorgenommen
•
Versäumung einer Tagsatzung
− Partei erscheint nicht zur anberaumten Zeit (§ 133 Abs. 2 ZPO)
− Partei verhandelt trotz Aufforderung nicht (§ 133 Abs. 2 ZPO)
− Partei entfernt sich nach Aufruf der Sache wieder (§ 133 Abs. 2
ZPO)
− Partei wird wegen ungebührlichen Verhaltens entfernt (§ 198
Abs. 3 ZPO)
− Partei oder Vertreter ist postulationsunfähig und kein geeigneter
Vertreter nach Erstreckung (§ 185 ZPO)
•
Voraussetzung: ordnungsgemässe Ladung, ordnungsgemässer
Aufruf der Sache
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 163
Rechtswissenschaftliches Institut
Folgen der Versäumung einer Prozesshandlung
•
Allgemeine Säumnisfolge: Ausschluss von der betreffenden
Prozesshandlung (Präklusion) (§ 144 ZPO)
•
Besondere Säumnisfolgen
− Versäumungsurteil bei Säumnis einer Partei
− Ruhen des Verfahrens bei Säumnis beider Parteien
•
Eintritt der Säumnisfolgen
− grundsätzlich ohne Androhung und ohne Antrag (§ 145 Abs. 1
ZPO)
− Androhung erforderlich: Entfernung einer störenden Partei
(§ 198 Abs. 2 und 3 ZPO)
− Antrag erforderlich: Erlass eines Versäumungsurteils
− Wenn Antrag erforderlich: Nachholung bis Antragstellung/
Verhandlung über Antrag (§ 145 Abs. 2 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 164
Rechtswissenschaftliches Institut
Echtes Versäumungsurteil (§§ 396−398 ZPO)
•
VU vor sachlicher Einlassung der beklagten Partei, d.h.
− bei Versäumung der ersten Tagsatzung (§ 396 ZPO)
− bei Versäumung der ersten Tagsatzung zur mündlichen
Streitverhandlung, wenn keine abgesonderte erste
Tagsatzung (§ 397 ZPO)
•
auf Antrag der erschienenen Partei (Kläger oder Beklagter)
•
Ausschluss der säumigen Partei von jedem Sachvorbringen, auch
keine Berücksichtigung eingereichter «schriftlicher Aufsätze»
(§ 398 ZPO)
•
Vorbringen der erschienenen Partei für wahr zu halten, soweit
nicht offenkundig unwahr oder durch die vorliegenden Beweise
widerlegt (§ 396 ZPO; vgl. auch § 401 ZPO)
•
uneingeschränkt: Prüfung der Prozessvoraussetzungen,
rechtliche Beurteilung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 165
Rechtswissenschaftliches Institut
Unechtes Versäumungsurteil (§ 399 ZPO)
•
VU nach sachlicher Einlassung der beklagten Partei
− Versäumung der ersten (nach abgesonderter erster
Tagsatzung) oder einer späteren zur Streitverhandlung
bestimmten Tagsatzung
•
auf Antrag der erschienenen Partei (Kläger oder Beklagter)
•
Ausschluss künftigen Vorbringens der säumigen Partei
•
Bereits vorliegende Erklärungen und tatsächliche Angaben der
säumigen Partei in vorbereitenden Schriftsätzen/Protokollen
sowie vorliegende Beweisergebnisse zu berücksichtigen
•
neues Vorbringen der erschienenen Partei, das im Widerspruch
zu früheren Erklärungen/Schriftsätzen steht, nur zu berücksichtigen, soweit dem Gegner vorab durch vorbereitenden
Schriftsatz mitgeteilt
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 166
Rechtswissenschaftliches Institut
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
• Rechtsbehelf gegen Folgen der Versäumung einer Tagsatzung
oder einer befristeten Prozesshandlung
• Ziel (§ 150 Abs. 1 ZPO)
− Zurückversetzung des Prozesses in die Lage vor der
Versäumung
− ggf. Aufhebung eines bereits ergangenen (Versäumungs-)
Urteils
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 167
Rechtswissenschaftliches Institut
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
•
Voraussetzungen
− prozessuale Frist
− unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (§ 146
Abs. 1 ZPO)
− keine Nachholung möglich (§ 147 Abs. 1 und 3 ZPO)
− kein vergeblicher Antrag auf Fristverlängerung/
Erstreckung (§ 146 Abs. 2 ZPO)
− Antrag innerhalb von 14 Tagen ab Wegfall des
Hindernisses (§ 148 Abs. 2 ZPO)
− gleichzeitig mit Antrag Nachholung der versäumten
Prozesshandlung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 168
Rechtswissenschaftliches Institut
Berufung gegen Versäumnisurteil
•
Berufungsgründe
−
Nichtvorliegen einer Säumnis (vgl. § 441 Ziff. 3 ZPO)
→ insb. bei mangelhafter Zustellung
−
Nichtigkeit
−
unrichtige rechtliche Beurteilung
−
wesentlicher Verfahrensmangel (z.B. bei VU ohne
vorherige Erledigung eines Erstreckungsantrags)
•
Neuerungsverbot bei Berufung gegen echtes VU
•
Neuerungen in Berufung gegen unechtes VU zulässig
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 169
Rechtswissenschaftliches Institut
Mündliche Streitverhandlung
•
Leitung durch den Richter (§ 180 Abs. 1 ZPO)
•
Grundsatz der arbiträren Ordnung – Reihenfolge der Prozesshandlungen (insb. der Beweisaufnahmen) wird durch den Richter
festgelegt
•
Üblicher Ablauf
− Aufruf der Sache
− Vorträge der Parteien
− Sichtung der Streitpunkte, Ausübung des Fragerechts des
Gerichts und der Parteien (§ 182 Abs. 1, § 184 ZPO)
− Beweisaufnahme
− Erörterung der Beweisergebnisse
− Vorlage der Kostennoten
− Schluss der Verhandlung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 170
Rechtswissenschaftliches Institut
Mündliche Streitverhandlung
•
Rüge von Verfahrensmängeln (§ 196 ZPO): kann in der
Verhandlung erster Instanz oder in der Berufung erfolgen
•
Schluss der mündlichen Verhandlung (prozessleitender Beschluss)
− bei Spruchreife (§ 193 Abs. 1 ZPO)
− vor Spruchreife: wenn nur noch Beweisaufnahme vor
ersuchtem Richter ausständig und Verzicht auf/Entbehrlichkeit
der Verhandlung über deren Ergebnis (§ 193 Abs. 3 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 171
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteil und Beschluss
• Urteil: Sachentscheidung über einen Urteilsantrag der Parteien
• Beschluss: Entscheidung über (i.d.R.) formelle Fragen
(bestimmte Beschlüsse sind in Urteil aufzunehmen)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 172
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteil: Form und Inhalt
• Urteilskopf (§ 417 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZPO)
− Geschäftszahl
− Überschrift («Urteil im Namen von Fürst und Volk», § 413
ZPO)
− Bezeichnung des Gerichts, Namen der mitwirkenden
Richter
− Bezeichnung der Parteien und ihrer Vertreter und allfälliger
Nebenintervenienten
− Bezeichnung des Streitgegenstandes
− Angabe, ob eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat
und ob diese öffentlich war
− Rechtsprechungsformel («hat ... zu Recht erkannt»)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 173
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteil: Form und Inhalt
• Urteilsspruch (Urteilstenor) (§ 417 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO)
− Entscheidung über Sachanträge
o Klagebegehren
o Aufrechnungseinrede (wenn Hauptforderung zumindest
z.T. zu Recht besteht)
o Entscheidung über Zwischenfeststellungsanträge
− Entscheidung über Prozesskosten
− in das Urteil aufzunehmende Beschlüsse
o Zurück- und Abweisung qualifizierter Prozesseinreden
(§ 261 Abs. 1 und 2 ZPO)
o sonstige dem Urteil vorbehaltene oder mit ihm
gemeinsam gefasste Beschlüsse (z.B. Zulassung einer
Klageänderung)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 174
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteil: Form und Inhalt
• Urteilstatbestand (§ 417 Abs. 1 Ziff. 4 ZPO)
− gedrängte Darstellung des Sachverhalts unter
Hervorhebung der in der Hauptsache von den Parteien
gestellten Anträge (§ 417 Abs. 2 ZPO)
− Anführung unstatthaften Vorbringens und verspäteter
Beweisanträge (§ 417 Abs. 3 ZPO)
• Entscheidungsgründe
− Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher
und rechtlicher Hinsicht beruht
o Beweiswürdigung (§ 272 Abs. 3 ZPO)
o rechtliche Beurteilung
o Begründung der Kostenentscheidung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 175
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteil: Form und Inhalt
• Unterschrift von Richter und Schriftführer (§ 418 Abs. 1 ZPO)
(auf der für die Gerichtsakten bestimmten schriftlichen
Abfassung)
• Rechtsmittelbelehrung (§ 416a ZPO)
− bei Angabe einer zu langen Anfechtungsfrist: Rechtsmittel
innert angegebener Frist rechtzeitig
− bei Angabe einer zu kurzen Anfechtungsfrist: gesetzliche
Frist gilt
− bei fehlender Rechtsmittelbelehrung: Rechtsmittelfrist läuft
nicht
− bei Angabe einer falschen Empfangsstelle: Rechtsmittelfrist
gewahrt, wenn bei unrichtiger Amtsstelle überreicht; diese
hat Rechtsmittel von Amts wegen an Landgericht zu leiten
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 176
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteil: Zustandekommen
•
Urteilsfällung
− Willensakt, mit dem der Richter die Entscheidung in der Sache
trifft; tritt nicht nach aussen in Erscheinung
− Unmittelbarkeitsgrundsatz (§ 412 ZPO)
•
Erlassung des Urteils
− Verkündung nach Schluss der Verhandlung (§ 413 f. ZPO)
− Abgabe der schriftlichen Abfassung zur Ausfertigung (§ 415
ZPO)
•
Wirksamwerden gegenüber den Parteien
− mit Zustellung der schriftlichen Ausfertigung (§ 416 Abs. 1
ZPO)
− mit mündlicher Verkündung in Anwesenheit beider Parteien im
Bagatellverfahren (§ 539 Abs. 1 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 177
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteilsberichtigung
• auf Antrag oder von Amts wegen
• Berichtigung des Urteils oder seiner Ausfertigung
• berichtigungsfähige Mängel
− Schreib- und Rechenfehler (§ 419 Abs. 1 ZPO)
− andere offenbare Unrichtigkeiten (Fehler des Gerichts)
(§ 419 Abs. 1 ZPO)
− Abweichungen der Ausfertigung von der gefällten
Entscheidung (§ 419 Abs. 1 ZPO)
− Vervollständigung des Tatbestands bei Übergehung von
nicht zugelassenen Beweisen und Anführungen (§ 420
ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 178
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteilsarten
• nach Art der Erledigung
− stattgebendes Urteil
− abweisendes Urteil
− gemischtes Urteil
• nach Inhalt des Urteils
− Leistungsurteil
→ materielle Rechtskraft, Vollstreckbarkeit
− Feststellungsurteil
→ materielle Rechtskraft (Feststellungswirkung)
− Gestaltungsurteil
→ materielle Rechtskraft, Gestaltungswirkung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 179
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteilsarten
• nach Umfang der Erledigung
− Endurteil (§ 390 ZPO)
− Teilurteil (§§ 391 f., § 394 Abs. 2, § 395 ZPO)
− Zwischenurteil (§ 393 ZPO)
o über den Grund des Anspruchs (Grundurteil)
o über einen Zwischenfeststellungsantrag (Grundlagenurteil)
− Ergänzungsurteil (§§ 423 f. ZPO)
o bei Übergehen eines entscheidungsbedürftigen Anspruchs
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 180
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteilsarten
• nach Art der Urteilsgrundlage
− zweiseitiges (kontradiktorisches Urteil)
− einseitiges Urteil (aufgrund des Vorbringens einer
Partei)
o Versäumungsurteil
o Anerkenntnisurteil
o Verzichtsurteil
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 181
Rechtswissenschaftliches Institut
Stadien der Urteilsrelevanz
• Bindung des Gerichts an die eigene Entscheidung
− mit Verkündung oder Abgabe der schriftlichen Abfassung
zur Ausfertigung (§ 416 Abs. 2 ZPO)
• Wirksamkeit gegenüber den Parteien
− mit Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung (§ 416
Abs. 1 ZPO) (abw. im Bagatellverfahren, § 539 ZPO)
− Bedeutung
o Beginn der Rechtsmittelfrist
o u.U. Beginn der Leistungsfrist
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 182
Rechtswissenschaftliches Institut
Stadien der Urteilsrelevanz
• Formelle Rechtskraft (Unanfechtbarkeit)
− kein (ordentliches) Rechtsmittel möglich
− Rechtsmittelfrist ungenützt abgelaufen
− Rechtsmittelverzicht
− Rechtsmittelzurücknahme
• Teilrechtskraft bei partieller Anfechtung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 183
Rechtswissenschaftliches Institut
Urteilswirkungen
• prozessuale Wirkungen
−
Vollstreckbarkeit
−
materielle Rechtskraft
• materiellrechtliche Wirkungen
− Gestaltungswirkung
− Tatbestandswirkung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 184
Rechtswissenschaftliches Institut
Vollstreckbarkeit
• nur bei Leistungsurteilen
• Möglichkeit der Durchsetzung mit staatlichem Zwang
• Voraussetzungen
− formelle Rechtskraft (nicht bei Beschlüssen, § 492 Abs. 1 ZPO)
− Ablauf der Leistungsfrist
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 185
Rechtswissenschaftliches Institut
materielle Rechtskraft
• prozessuale Wirkung (kein Einfluss auf materielle Rechtslage)
• Zweck: Rechtsfrieden, Rechtssicherheit
• Geltungsgründe:
− Spruchgewalt des Gerichts
− Gewährung von rechtlichem Gehör
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 186
Rechtswissenschaftliches Institut
Wirkungsweisen der materiellen Rechtskraft
• Einmaligkeitswirkung (ne bis in idem)
− neuer Prozess über denselben Streitgegenstand unzulässig
(negative Prozessvoraussetzung)
• Bindungswirkung: inhaltliche Verbindlichkeit
− Vorfrage des Folgeprozesses war Hauptfrage des
Erstprozesses → Entscheidung aus Erstprozess ist der
Entscheidung im Folgeprozess ungeprüft zugrunde zu legen
•
Präklusionswirkung
− in neuem Prozess keine Infragestellung des
Prozessergebnisses unter Berufung auf Tatsachen oder
Einreden, die im Vorprozess nicht geltend gemacht wurden,
obwohl sie damals schon bestanden
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 187
Rechtswissenschaftliches Institut
Grenzen der materiellen Rechtskraft
•
objektive Grenzen (§ 411 ZPO)
− Entscheidung über den in der Klage geltend gemachten
Anspruch und über Zwischenfeststellungsantrag
o identischer Streitgegenstand (oder begriffliches Gegenteil)
→ Einmaligkeitswirkung
o Hauptfrage des Erstprozesses Vorfrage des Folgeprozesses
→ Bindungswirkung
− Entscheidung über Aufrechnungseinrede bis zur Höhe des
Betrags, mit dem aufgerechnet werden soll
− nicht erfasst: Urteilselemente
o Tatsachenfeststellungen
o rechtliche Beurteilung (Beurteilung von Vorfragen, Entscheidung über Einwendungen u. Einreden, rechtl. Qualifikation)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 188
Rechtswissenschaftliches Institut
Grenzen der materiellen Rechtskraft
• subjektive Grenzen
− grundsätzlich: nur zwischen den Parteien
− Rechtskrafterstreckung (aus prozessualen oder
materiellrechtlichen Gründen); z.B.:
o Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge
o bestimmte gesellschaftsrechtliche Klagen
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 189
Rechtswissenschaftliches Institut
Grenzen der materiellen Rechtskraft
• zeitliche Grenzen
− massgeblicher Zeitpunkt: Zeitpunkt, ab welchem
Neuerungsverbot (Verbot von nova producta) gilt (vgl. dazu
§ 452 ZPO)
− nova producta nach massgeblichem Zeitpunkt von
Rechtskraft nicht erfasst
→ Geltendmachung in neuem Prozess möglich
− Geltendmachung von nova reperta durch Rechtskraft
gesperrt
→ ggf. Wiederaufnahmsklage
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 190
Rechtswissenschaftliches Institut
Beseitigung der materiellen Rechtskraft
• nur bei besonders gravierenden prozessualen oder materiellen
Mängeln, nicht bei schlichter Unrichtigkeit
• Rechtsbehelfe
− Nichtigkeitsklage (§ 497 ZPO)
− Wiederaufnahmsklage (§§ 498 f. ZPO)
− Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 146 ZPO)
− Antrag der Regierung nach § 24 Abs. 2 JN bei Mangel der
inländischen Gerichtsbarkeit
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 191
Rechtswissenschaftliches Institut
Gestaltungswirkung
• unmittelbare Änderung der (materiellen oder prozessualen)
Rechtslage
− subjektive Reichweite bestimmt sich nach dem
Adressatenkreis der betreffenden Norm
− materielle Rechtskraft des Gestaltungsurteils – verbindliche
Feststellung des Gestaltungsgrundes (nur inter partes)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 192
Rechtswissenschaftliches Institut
Tatbestandswirkung
• privatrechtliche Neben- bzw. Reflexwirkung – im Urteilsspruch
selbst nicht verfügte Rechtsänderung aufgrund des Urteils
− ausdrückliche Anknüpfung einer Rechtsfolge an das
Vorliegen eines Urteils
− Erfüllung des Tatbestands einer privatrechtlichen Norm
durch eine von einem Urteil bewirkte Änderung der
Rechtslage
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 193
Rechtswissenschaftliches Institut
Beschluss
• Entscheidungen, Anordnungen und Verfügungen, die nicht in
Urteilsform zu ergehen haben (§ 425 Abs. 1 ZPO)
− Sachentscheidungen in der Hauptsache
o Zahlbefehl
o Rechtsbot
o Rechtsöffnungsentscheid
o Zahlungsauftrag im Mandatsverfahren
o gerichtliche Aufkündigung sowie Übernahme- oder
Übergabeauftrag im Bestandverfahren
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 194
Rechtswissenschaftliches Institut
Beschluss
− Sachentscheidungen in Zwischenstreitigkeiten
o Beschluss über Zeugengebühren
o Beschluss über Aussageverweigerungsrecht von
Zeugen
o Beschluss über Bewilligung der Verfahrenshilfe
o Beschluss über Zulassung einer Nebenintervention
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 195
Rechtswissenschaftliches Institut
Beschluss
− Prozessentscheidungen
o prozessbeendende Beschlüsse (endgültige
Zurückweisung der Klage)
o Beschlüsse über Prozessvoraussetzungen
→ materielle Rechtskraft
− prozessgestaltende Beschlüsse
o Aufhebung und Zurückweisung durch
Rechtsmittelgerichte
→ innerprozessuale Bindungswirkung
− prozessleitende Beschlüsse
o dienen der zweckmässigen Verfahrensführung
→ jederzeit abänderbar – keine materielle Rechtskraft
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 196
Rechtswissenschaftliches Institut
Beschluss
• Kundmachung
− bei Fällung während mündl. Verhandlung/Beweisaufnahme
o Verkündung (§ 426 Abs. 1 ZPO)
o Zustellung, wenn einer Partei ein abgesondertes
Rechtsmittel oder sofortige Exekutionsführung zusteht
(§ 426 Abs. 1 ZPO)
o Zustellung an abwesende Parteien auch sonst, wenn
Leitung des Verfahrens Zustellung erfordert (§ 426 Abs.
2 ZPO)
o Zustellung auf Verlangen (§ 426 Abs. 3 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 197
Rechtswissenschaftliches Institut
Beschluss
− bei Fällung ausserhalb einer Tagsatzung
o Zustellung (§ 427 Abs. 1 ZPO)
o bei Abweisung eines Antrags ohne vorherige
Vernehmung des Gegners: Zustellung nur auf
Ansuchen des Antragstellers (§ 427 Abs. 2 ZPO)
• Wirksamkeit
→ mit Zustellung, wenn eine solche zu erfolgen hat, sonst mit
Verkündung (§ 426 Abs. 3 ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 198
Rechtswissenschaftliches Institut
Beschluss
• Form und Inhalt (§§ 428 f. ZPO)
− Bezeichnung des Gerichts
− Bezeichnung der Parteien
− Unterschrift des beschlussfassenden Richters
− Begründung nur bei Abweisung oder widerstreitenden
Anträgen (§ 428 Abs. 1 ZPO)
− eingeschränkte Begründungsanforderungen (§ 428 Abs. 2
ZPO)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 199
Rechtswissenschaftliches Institut
Schuldentriebverfahren
• Verfahren zum Erlass eines bedingten Zahlbefehls; fakultativ
• Gegenstand (§ 577 ZPO)
− Geldforderungen (in jeder Höhe)
− Forderungen an anderen vertretbaren Sachen
• Ausschluss bei unbekanntem Aufenthalt des Schuldners (§ 579
ZPO)
• zuständig: Landgericht
• Vermittlungsverfahren fakultativ (§ 42 Abs. 1 Ziff. 5 VAG)
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 200
Rechtswissenschaftliches Institut
Schuldentriebverfahren
• Gesuch (mündlich oder schriftlich) – Inhalt (§ 580 ZPO):
− Name, Beruf, Wohnort der Parteien
− Betrag und Rechtsgrund der Forderung
− bei Forderungen auf andere vertretbare Sachen als Geld:
Bezeichnung des Geldbetrags, den der Gläubiger anstelle
der Sachen anzunehmen bereit ist
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 201
Rechtswissenschaftliches Institut
Schuldentriebverfahren
• Wirkungen des Gesuchs (§ 589 ZPO)
− hinsichtlich Streitanhängigkeit und Verjährung: Wirkung wie
Klage
− bei Widerspruch: Hemmung der Verjährung bis Erhebung
des Widerspruchs
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 202
Rechtswissenschaftliches Institut
Schuldentriebverfahren
• Erledigung des Gesuchs (§ 581 ZPO)
− Entscheidung mit Beschluss
− keine vorherige Anhörung des Schuldners (§ 581 Abs. 1
ZPO)
− Zurückweisung, wenn Voraussetzungen der §§ 577−580
nicht erfüllt oder Gesuch unschlüssig (§ 581 Abs. 2 ZPO)
− wenn Voraussetzungen der §§ 577−580 ZPO erfüllt und
Gesuch schlüssig: Erlassung des bedingten Zahlbefehls
• kein Rechtsmittel gegen Erlassung des bedingten Zahlbefehls
(aber: Widerspruch)
• Rekurs (binnen acht Tagen) gegen Verweigerung
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
Seite 203
Rechtswissenschaftliches Institut
Schuldentriebverfahren
• bedingter Zahlbefehl – Inhalt (§ 582 ZPO)
− Bezeichnung als Zahlbefehl
− Angaben gem. § 580 Ziff. 1 und 2 ZPO
− Auftrag, binnen 14 Tagen nach Zustellung zur Vermeidung
der Exekution die Forderung samt Zinsen (und ggf. die
Kosten) zu berichtigen oder Widerspruch zu erheben
− Bemerkung, dass Zahlbefehl nur durch Widerspruch ausser
Kraft gesetzt werden könne
− bei Forderungen auf andere vertretbare Sachen als Geld:
Freistellung, statt der geforderten Sachen den im Gesuch
angegebenen Geldbetrag zu leisten
Liechtensteinisches ZVR, HS 2014
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Schuldentriebverfahren
• Zustellung des Zahlbefehls nach Vorschriften über Zustellung
von Klagen (§ 583 ZPO)
• Widerspruch – Form und Inhalt (§ 584 ZPO)
− mündlich oder schriftlich an das Gericht
− Erklärung, Widerspruch zu erheben (keine Begründung
erforderlich)
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Schuldentriebverfahren
• Zurückweisung eines verspäteten Widerspruchs (§ 586 Abs. 2
ZPO)
• rechtzeitiger Widerspruch setzt Zahlbefehl ausser Kraft (§ 585
ZPO)
• Bewilligung der Exekution aufgrund des Zahlbefehls, wenn
Schuldner weder leistet noch rechtzeitig Widerspruch erklärt
(§ 591 ZPO)
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Schuldentriebverfahren
• Mahnklage (§ 593 ZPO)
− Begehren um Erlass des Zahlbefehls in einer zur
Eintreibung der Forderung erhobenen Klage
− Beilage eines Leitscheins erforderlich (§ 42 Abs. 3 VAG)
− Erlass des Zahlbefehls mit dem Beisatz, dass bei
Widerspruch das weitere Verfahren über die Klage
stattfinden werde
− bei Widerspruch gegen Zahlbefehl Anordnung der
Tagsatzung zur Verhandlung über die Klage
− bei Unstatthaftigkeit des Begehrens um Erlass des
Zahlbefehls: sofortige Anordnung der Tagsatzung zum
gesetzlichen Verfahren über die Klage
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Rechtsbotsverfahren
• Gegenstand
→ Ansprüche auf Feststellung, Rechtsgestaltung, Leistung
oder Unterlassung udgl. (§ 593a Abs. 1 ZPO)
• der Klage vorgängig oder gleichzeitig mit dieser
(Rechtsbotsklage) (§ 593a Abs. 1 ZPO)
• bei Rechtsbotsklage: vorgängiges Vermittlungsverfahren
(§ 593e Abs. 2 ZPO)
• zuständig: Landgericht (§ 593d Abs. 1 ZPO)
• ergänzende Anwendung der Bestimmungen über das
Schuldentriebverfahren (§ 593e Abs. 1 ZPO)
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Rechtsbotsverfahren
• Gesuch (mündlich oder schriftlich) – Inhalt (§ 593b ZPO):
− Name, Beruf, Wohnort der Parteien
− Wert des geltend gemachten Anspruchs
− geltend gemachter Anspruch und dessen Grund
• ggf. Beilage grundbücherlicher Angaben
• bei Abhängigkeit von Gegenleistung: Anbot der Gegenleistung
gemäss den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts
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Rechtsbotsverfahren
• Erledigung des Gesuchs (§ 593c ZPO)
− Erledigung mit Beschluss
− keine Anhörung des Rechtsbotsempfängers
− Zurückweisung, wenn unzulässig oder unschlüssig
− wenn zulässig und Schlüssig: Erlass des Rechtsbots
• kein Rechtsmittel gegen Erlassung des Rechtsbots
• Rekurs gegen Verweigerung des Rechtsbots
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Rechtsbotsverfahren
• Inhalt des Rechtsbots (§ 593d ZPO)
− Bezeichnung als Rechtsbot
− Angaben gemäss § 593b Ziff. 1 und 2 ZPO
− Auftrag, binnen 14 Tagen nach Zustellung zur Vermeidung
der Zwangsvollstreckung dem Begehren zu entsprechen
und die Kosten zu berichtigen oder Rechtsvorschlag
(Einspruch) zu erheben
− Bemerkung, dass Rechtsbot nur durch Rechtsvorschlag
ausser Kraft gesetzt werden könne und andernfalls
rechtskräftig werde
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Rechtsöffnung
• ≈ provisorische Rechtsöffnung (CH)
• Voraussetzungen (Art. 49 RSO)
− Widerspruch gegen bedingten Zahlbefehl oder
Rechtsvorschlag gegen Rechtsbot erhoben
− Forderung auf Leistung oder Herausgabe von Geld oder
einer Sache oder auf Einräumung eines bücherlichen
Rechts
− öffentliche Urkunde oder durch Unterschrift bekräftigte
Schuldanerkennung
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Rechtsöffnung
• Rechtsöffnungsgesuch (Art. 50 Abs. 2 RSO)
− mündlich zu Protokoll oder schriftlich (nach Vorschriften für
Klagen)
− nach Zustellung des Widerspruchs oder Rechtsvorschlags
oder
− gleichzeitig mit Gesuch um Erlass des Zahlbefehls oder
Rechtsbots für den Fall des Widerspruchs oder
Rechtsvorschlags
− Beilage der Urkunden im Original bzw. in beglaubigter
Abschrift
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Rechtsöffnung
•
Verfahren (Art. 50 RSO)
− zuständig: Landgericht
− Einleitung und Durchführung binnen kürzester Frist (i.d.R. max.
fünf Tage)
− Vorladung zu einer Verhandlung
− Erscheinen dem Gläubiger freigestellt
− bei unentschuldigtem Ausbleiben des Schuldners: Entscheid
aufgrund der Akten
− Beweis des gläubigerischen Anspruchs: nur durch Urkunden
− Einwendungen: sofortige Glaubhaftmachung durch Urkunden
oder mitgebrachte Zeugen
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Rechtsöffnung
• Rechtsöffnungsentscheid (Art. 51 RSO)
− Beschluss
− Inhalt: Ausspruch, Begründung, Rechtsbelehrung (betr.
weiteres prozessuales Vorgehen)
• bei Abweisung des RÖ-Begehrens:
− Gläubiger kann Recht im ordentlichen Streitverfahren gegen
Verpflichteten geltend machen
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Rechtsöffnung
• bei Erteilung der Rechtsöffnung:
− Verpflichteter kann binnen 14 Tagen im ordentlichen
Streitverfahren Aberkennungsklage erheben
− bei Unterlassung der Aberkennungsklage: Gläubiger kann
Vollstreckung bis zur Befriedigung verlangen
− Art. 52 Abs. 1 und 3 RSO (sofortige Vollstreckung bis zur
Sicherstellung): materiell derogiert wegen Abschaffung der
Exekution zur Sicherstellung (vgl. OG 7 Rö.2002.116)
− Wirkung: nur für das Schuldentrieb- bzw.
Zahlbefehlverfahren, in dem Rechtsöffnung erteilt wurde
(Art. 52 Abs. 2 RSO)
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Aberkennungsklage
• Frist: 14 Tage seit Zustellung des Rechtsöffnungsentscheids
(Art. 53 Abs. 1 RSO)
• zuständig: Landgericht (Art. 53 Abs. 1 RSO)
• Vermittlungsverfahren fakultativ (Art. 53 Abs. 2 RSO)
• keine Beweislastumkehr ggü. Klage des Gläubigers (Art. 53
Abs. 3 RSO)
• Begehren: Feststellung des gänzlichen oder teilweisen
Nichtbestandes der Forderung oder ihrer derzeitigen
Nichteintreibbarkeit und Aufhebung der Rechtsöffnung (Art. 53
Abs. 4 RSO)
• wenn Gläubiger unterliegt, trägt er auch Kosten des
Rechtsöffnungsverfahrens (Art. 53 Abs. 5 RSO)
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