PA . Wie gemalt Lake Mesa Quad-EQ Dieter Michel "Computer! Pegel in Ausspielweg 3 um 2dB anheben, neuen Filter auf Ausgang 2 setzen. Parameter 250Hz, Q=1, 12dB/Oktave", so könnten wir im Jahre 2100 vielleicht einen bekannten Raumschiffkapitän befehlen hören, woraufhin das Kommando ausgeführt wird, ohne daß jemand am Pult oder Equalizer stehen muß. Wir schreiben heute das Jahr 2005 - da ist es mit der Sprachsteuerung noch nicht ganz so weit. Alles andere aber hat mit Science-Fiction nicht mehr viel zu tun - spätestens nicht mehr, seitdem es den Lake Mesa EQ gibt. Er und sein Cousin, der Lake Contour DSPController, können nämlich mit einem neuen Bedienkonzept aufwarten, bei dem der Bediener lediglich einen über WLAN drahtlos angebundenen Tablet-PC benötigt, um von jedem beliebigen Punkt in einer Halle, einem Auditorium oder einer sonstigen Beschallungsinstallation alle Systemeinstellungen in Echtzeit im Zugriff zu haben. Der Lake Mesa-EQ ist ein DSP-basiertes Signalverarbeitungssystem mit vier Eingängen, vier Ausspielwegen, einem integrierten Matrixmischer mit Delay und einer sehr flexiblen Filterarchitektur. Das System kommt als kompaktes 1HE/19“Gehäuse mit nur wenigen Bedienelementen am Gerät selbst. Die Frontplatte wird geprägt von einem vierstelligen, alphanumerischen Display zur Kennzeichnung des Gerätes (z.B. FOH1, MON4 etc.) sowie acht LED-Pegelanzeigen zur Überwachung der Ein- und Ausgangspegel im Rahmen der Systemdiagnose. Mit der Bedienung des Gerätes im Betrieb haben sie weniger zu tun. Auf der Rückseite befinden sich die analogen und digitalen Audioschnittstellen in Form von acht XLR-Steckverbindern (4x In, 4x Out) sowie einem 25-poligen SubD-Steckverbinder für die digitalen Ein- und Ausgänge z.B. über eine XLR-Kabelpeitsche. Die EthernetNetzwerkverbindung erfolgt über insgesamt drei RJ45-Steckverbinder (1x vorn, 2x hinten), die über einen internen Hub verbunden sind. Als Stromversorgung kommt ein Weitfrequenz-Schaltnetzteil zum Einsatz, das alle Eingangsspannungen zwischen 80V und 280V 36 klaglos akzeptiert und somit weltweit und auch an weniger spannungsstabilen Generatoren problemlos einsetzbar ist. Die Stromversorgungen für die analogen und digitalen Baugruppen sind galvanisch voneinander getrennt, wobei die Datenübertragung über Optokoppler erfolgt. Daher ist der Einsatz teurer Einund Ausgangsübertrager überflüssig. Architektur Beim Mesa Quad-EQ (und sinngemäß auch beim Contour Controller) ist die Bedieneinheit vom DSP-Engine über ein Ethernet-Netzwerk (10MBit/s) abgesetzt. Die Ethernet-Verbindung kann, muß aber nicht, drahtgebunden sein. Es kann auch - und das ist natürlich in der Anwendung vor allen Dingen interessant - ein Wireless-LAN zum Einsatz kommen. Damit die Bedienperson dann trotz W-LAN nicht umständlich ein Notebook durch die Gegend schleppen und sich mit Touchpad oder Cursorknopf als Mausersatz herumärgern muß, haben die Lake-Entwickler die Controller-Software speziell an die Bedienoberfläche eines modernen Tablet-PC angepaßt. Ein solcher Tablet-PC ist eigentlich auch nichts weiter als ein Notebook - der so gebaut ist, daß er wie ein Schreibblock gehalten werden kann - mit einem fest eingebauten TFT-Bildschirm als Schreibfläche. Bedient wird der Tablet-PC mit einem Schreibstift-ähnlichen Griffel, der auch druckempfindlich arbeiten kann. Eine Tastatur gibt es (normalerweise) keine, oder sie ist im Tablet-Betrieb eingeklappt. Daher muß die Software so ausgelegt sein, daß man auch ohne sie auskommt. Die typische Architektur eines Lake Contour/Mesa-EQ Systems sieht also so aus, daß alle Audioverbindungen an den DSP-Mainframes vorgenommen werden, die wiederum an einem gemeinsamen, kabelgebundenen Ethernet-LAN hängen. Ebenfalls in diesem Netzwerk befindet sich ein WLANAccess-Point, der dem mit einer WLAN-Karte ausgestatteten TabletPC den Zugang zum drahtgebundenen Netz vermittelt. Über die Lake Controller Software auf dem Tablet-PC kann der Anwender nun auf alle angeschlossenen Signalverarbeitungseinheiten zugreifen, die sich automatisch mit ihren weltweit eindeutig vergebenen Adressen bei der Controllersoftware anmelden. PROSOUND 1-2/2005 PA. Struktur eines Mesa EQ DSP-Moduls Die Einstellung der Equalizerfilter erfolgt komfortabel per Stiftbedienung mit einem speziellen, an Grafikprogramme angelehnten Bedienkonzept. Bedienung Die Bedienoberfläche der Lake Controller Software ist natürlich auf die Bedienung mit dem Stift zugeschnitten. Am unteren Rand befindet sich eine Reihe anklickbarer Buttons für die Auswahl der verschiedenen in der jeweiligen Bedienansicht verfügbaren Funktionen. Der Mesa Quad-EQ z.B. verfügt intern über vier DSP-Module, die in der Controller-Software durch kreisförmige Grafik-elemente repräsentiert sind. Ein Doppelklick auf ein DSP-Modul öffnet PROSOUND 1-2/2005 Mit Hilfe von Pages lassen sich per Cut-andPaste Bedienoberflächen zusammenstellen. die Ansicht der internen Signalverarbeitungsstruktur, deren einzelne Funktionsblöcke ebenfalls anklickbar sind. Die Parametereinstellung der einzelnen Funktionen ist graphisch so angelegt, daß sie mit dem Stift problemlos bedienbar ist. Wer mag, kann über eine kontextabhängig eingeblendete Tastatur auch (alpha)numerische Werte einzugeben. Die Basis der Mesa EQ Architektur ist ein 4x4 Matrixmischer mit einer festen Signalverarbeitungsstruktur für jeden Ausspielweg. Am Eingang jedes Moduls befindet sich ein Mischer, mit dem ein Eingangssignal ausgewählt bzw. ein Mix aus den bis zu vier Eingangssignalen des Mesa-EQ erstellt wird. Die nachfolgenden Funktionsblöcke umfassen Gain, EQ, Delay, Limiter und Soft-Clamp. Der interessanteste Funktionsblock ist bei einem Equalizer natürlich die Filtersektion. Der Mesa-EQ kann hier mit einem interessanten Feature namens EQOverlay aufwarten, das es erlaubt, grafische und parametrische Equalizer, sowie Shelving-Filter nach Bedarf zu kombinieren. EQ-Overlay bedeutet folgendes: Der Benutzer kann die verschiedenen Filtertypen auf mehreren Ebenen verwalten, die auch als „versteckt/hidden“ markiert werden können. Auf diese Weise können z.B. grafische und parametrische Filter kombiniert und auch z.B. Lautsprecherentzerrungen, die vom Anwender nicht verändert werden sollen, auf jeweils eigenen Ebenen verwaltet und gegebenen- 37 PA . Filteransicht mit eingeblendeten Smaart-Meßdaten. Die direkte visuelle Kopplung von Übertragungsfunktion (gelb) und den Filtern des MesaEQ ist eine sehr intuitiver Equalizerarbeit möglich. Neue Filter zieht man einfach als Icon mit dem Stift aus der oberen Leiste zur gewünschten Frequenz und stellt die Filterparameter mit Anfassern ein. falls auch vor Zugriff geschützt werden. Insgesamt können so pro DSP-Modul bis zu acht Overlays und 256 Filter verwendet werden. Der Lake Controller errechnet aus allen Filtern in den verschiedenen Overlays eine Gesamt-Übertragungsfunktion, die auch im Display eingeblendet wird. Das hat signalverarbeitungstechnisch den Vorteil, daß unabhängig von der Anzahl der verwendeten Filter die Latenzzeit fest bei 2ms liegt. Gleichzeitig hat man als Anwender immer im Blick, ob in der Gesamtübertragungsfunktion irgendwelche unerwarteten Filterstrukturen auftreten, die sich auf einer Overlay-Ebene abspielen, die man gerade nicht bearbeitet. Groups, Pages Für die gleichzeitige Beeinflussung von Parametern in mehreren DSP-Modulen können Gruppen gebildet werden. Beispielsweise wirken Filter, die in einem Group-Overlay definiert sind, auf alle DSP-Module dieser Gruppe. Gleiches gilt z.B. auch für Gain-Einstellungen et cetera. Mit Hilfe von Pages lassen sich per Cut-and-Paste Bedienoberflächen zusammenstellen, mit denen z.B. die Pegel- und Mute-Einstellungen aller Anlagenkomponenten mit einem Blick erfaßbar sind. Filterparameter, Mesa-Filter Viel Mühe haben sich die Lake-Softwareentwickler mit der Bedienung der einzelnen Filtereinstellungen gegeben. Ein parametrisches Filter wird im Prinzip mit dem Stift auf die Arbeitsfläche gezogen und mit Anfassern - ähnlich wie bei einem Grafikprogramm - in Form gebracht, d.h. auf die gewünschte Mittenfrequenz geschoben, Gain und Bandbreite eingestellt. Diese grafische Bedienung ist auf die Bedürfnisse des Benutzers anpaßbar, beispielsweise kann man einstellen, ob man Gain und Mittenfrequenz gleichzeitig mit dem Anfasser verstellen können möchte, oder ob die Mittenfrequenz separat eingestellt werden soll. Auch die Empfindlichkeit der Reaktion auf Stiftbewegungen kann der Anwender variieren. In einem 38 speziellen „Shoe-Mode“, ist z.B. die Reaktionsempfindlichkeit (einstellbar) herabgesetzt, damit man nicht während der Veranstaltung unabsichtlich allzu krasse Veränderungen vornehmen oder sogar ganze Ausspielwege mutet. Eine Spezialität von Lake sind übrigens die Mesa-Equalizerfilter: Sie sind im Gegensatz zu den üblichen parametrischen Bandfiltern asymmetrisch, d.h. der Anwender kann die beiden Filterflanken unabhängig voneinander einstellen. Dadurch kann eine Entzerrung genauer und daher auch mit weniger Filtern an die Ziel-Übertragungsfunktion angepaßt werden. Ein ebenso komfortables Werkzeug findet sich in der grafischen Abteilung in Form des „Ideal Graphic-EQ“. Im Gegensatz zu analogen Equalizern beeinflussen sich die Filterbänder hier nicht gegenseitig. Vielmehr gibt der Anwender mit der Gaineinstellung der grafischen Filterbänder einen Wunschfrequenzgang vor, den der Lake Controller in Form eines ideal daran angepaßten Gesamt-Frequenzganges der grafischen Filtersektion umsetzt. Neu bei der aktuellen Software-Version 3.1 sind übrigens auch Allpaß-Filter verfügbar, mit denen man auch den Phasengang allein beeinflussen kann - etwa im Übernahmebereich verschiedener Teile eines Lautsprecherclusters oder Line-Arrays. Darüber hinaus können Mesa EQ und Contour jetzt auch in Mediensteuerungssysteme wie AMX eingebunden werden. Smaart-Live Controller Zur Unterstützung der Entzerrung einer Beschallungsanlage kann die Echtzeitmessung einer Übertragungsfunktion aus Smaart-Live in das Display eingeblendet werden. Der EchtzeitZugriff auf die Smaart-Meßdaten erfolgt über das Netzwerk, weil man ja in aller Regel Smaart-Live nicht auf dem Tablet-PC laufen hat, sondern auf einem Meßrechner am FOH-Platz oder in der Regie. Die Echtzeit-Einblendung z.B. der Übertragungsfunktion oder des Spektrogramms erleichtert z.B. ganz ungemein die Arbeit beim Einmessen von Monitorlautsprechern und Beschallungsanlagen generell. Man kann mit dem TabletPC und z.B. einem drahtlosen Meßmikro zu jedem einzelnen Monitor bzw. in jede Beschallungszone wandern und direkt beim Einstellen des Equalizers die Auswirkungen seines Tuns auf demselben Bildschirm beobachten. Audio-Eigenschaften Das Kapitel Audio-Eigenschaften ist schnell abgehandelt, denn es kann als absolut problemlos abgehakt werden. Der maximale Eingangspegel beträgt 21,3dBu, die Systemdynamik 107dB bzw. 109dB mit A-Bewertung. Der Klirrfaktor (THD+N) ist mit unserem Neutrik A2D nicht mehr meßbar, liegt also unter 0,002%. Die Herstellerangabe (0,0007%) ist also im Rahmen unserer Meßmöglichkeiten nachvollziehbar. Der Lake Mesa EQ dürfte damit auch uneingeschränkt studiotauglich sein. Zusammenfassung Mit einem neuen und sehr praxisgerechten Bedienkonzept und einer Kombination aus WLAN-basierter Steuerung und der Möglichkeit der Echtzeitkontrolle über Smaart-Live, ausgeklügelten Algorithmen (z.B. Mesa-Filter) und sehr guten Audioeigenschaften bringt der Lake Mesa Quad-EQ frischen Wind in die DSP-Szene. Der Preis von 4.990,- ist angesichts des Leistungsumfangs und Details wie galvanisch getrennter Ein- und Ausgänge, Digitalschnittstellen etc. absolut angemessen. < PROSOUND 1-2/2005
© Copyright 2024 ExpyDoc