Wie Werbung wirkt
Becks-Schiff und das Meer zu sehen.
Auch der Song ist seit Jahren gleich.
Der Markencharakter wird damit
perfekt gepflegt.
Nils A
lbrec
ht / M
D
G
Bild:
Ob eine Werbung bei Konsumenten
ankommt oder nicht, hängt zudem
oft von der Originalität ab. Eine
Studie von McKinsey und dem Art
Directors Club kommt zu dem Ergebnis: Je kreativer die Werbung, desto
größer ist auch die Werbeerinnerung
und die Wahrscheinlichkeit, dass sich
das beworbene Produkt gut verkauft.
Die Empfehlung der Analysten für
Werbetreibende lautet daher: Der
Werbespot sollte umso kreativer sein,
je emotionaler die Produkte sind.
Kosmetik- und Autohersteller haben
dieses Konzept schon seit Langem
verinnerlicht, denn die Spots rund
um Parfüm oder um BMW, Audi,
Mercedes und Co. nennen so gut wie
keine Produkteigenschaften, sondern
wollen ein Lebensgefühl vermitteln.
Der Studie zufolge kann aber auch
eine sachliche Werbung bei der Zielgruppe ankommen. Gerade bei Konsumgütern des täglichen Bedarfs wie
Lebens- oder Waschmitteln ist die
Zielgruppe an Informationen, wie
zum Beispiel die darin enthaltenen
Inhaltsstoffe, interessiert.
Eines der wichtigsten Gebote für die Werbung lautet: Aufmerksamkeit erregen. Das schaffen
das Flaschenmagazin, die zwei verliebten Litfasssäulen und der überdimensionale Oliver
Kahn mit Sicherheit. Auch der fahrende Projektor ist ein Hingucker.
Bild: TBWA Deuschland / ADC
Wenig Bio-Werbung
zwar an mehrere Marken erinnern,
die beworben wurden, nicht jedoch
an die konkrete Botschaft der Werbung. Sie wissen zwar, dass ihnen
etwa eine Telekom-Anzeige gezeigt
wurde, aber nicht, ob darin DSL oder
T-Mobile beworben wurde.
Erfolg einer Werbung. Nach Erfahrungen von Egner kann man dieses
im Fernsehen über emotionale Bilder und Geschichten wecken. Im
Printbereich sollten Werbetreibende
jedoch neben aussagekräftigen Bildern auf Informationen setzen, um
eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.
Bei der Onlinewerbung empfiehlt der
Geschäftsführer eine Mischung aus
beidem: „Während sich bei den an-
nenmilch beworben. Werbetreibende
Unternehmen sollten die Person, die
mit ihrer Anzeige konfrontiert wird,
außerdem in einer Situation erwischen, wo sie aufnahmebereit ist. Zum
Beispiel wenn sie entspannt fernsieht
oder im Kino sitzt.
Psychonomics arbeitet zudem mit
„Bei der Werbewirkung ist ebenso
impliziten
Werbewirkungstests,
zu bedenken, dass Werbung nie für
denn Werbebotschaften werden unsich alleine steht. Die Verbraucher
terschiedlich gespeichert:
verbinden sie immer mit
„Manche landen im Kurzdem Medium, über das sie
zeitgedächtnis, andere wiedie Botschaften erreicht“, so
derum irgendwo in den
der Psychonomics-MitarKatakomben des Gehirns“,
beiter. Wenn bei jemand das
erklärt Henner Förstel. Wie
Handy klingelt und statt des
Psychoanalytiker Sigmund
erwarteten Anrufs ein WerFreud schon in seinem Eisbevideo auftaucht, wird die
berg-Modell festgehalten
beworbene Marke nicht in
hat, nehmen die Menschen
bester Erinnerung behalten.
nur einen kleinen Teil der
Anders ist es, wenn jemand
Werbung rational wahr – die
in der Lieblingssendung eine
Spitze des Eisbergs also. Der
passende Werbung sieht, wie
Henner Förstel, Senior
Dr. Steffen Egner,
weitaus größere Brocken der
beim Bundesligaspiel eine
Projektmanager bei dem
Geschäftsführer der
Marketingkampagnen wird
Bierwerbung. Henner FörsMarktforschungsinstitut
MediaAnalyzer Software
nur unterbewusst registriert
tel hat auch eine Meinung zu
Psychonomics AG
& Research GmbH
– also der Rest des Eisbergs,
Testimonials: „Bekannte Perder unter der Oberfläche
sonen in der Werbung – das
liegt. „Für Werbetreibende ist das na- deren Medien über die Jahre gezeigt ist gefährlich –, da kann der Schuss
türlich das hohe Gut“, meint Henner hat, was beim Verbraucher ankommt, schon mal nach hinten losgehen.“ Es
Förstel. Denn bei Kaufentscheidungen ist das Internet noch zu neu. Hier gibt aber Beispiele, die funktionieren:
spielt das Unterbewusstsein eine wich- wird viel experimentiert.“ So werden Heidi Klum mit ihrer Katjes-Null-Fetttige Rolle. Gespeichert werden dort derzeit die Printkampagnen oder TV- Kampagne hat in der Zielgruppe „Fivor allem emotionale Botschaften.
Spots online übernommen.
gurbewusste Frauen“ gewirkt. Einer
Studie von IMAS International zufolDie richtige Zielgruppe zum
Nachhaltige Wirkung dank
ge lässt jedoch der Erinnerungseffekt
von Promi-Werbung nach: Demnach
richtigen Zeitpunkt
Emotion und Information
gaben im Jahr 2006 noch fast die
Doch Emotionalität in der Werbung Henner Förstel nennt weitere Er- Hälfte der über 2.000 Befragten an,
ist nicht das einzige Erfolgskriterium. folgskriterien: „Die Werbewirkung dass ihnen Werbung mit bekannten
Für Dr. Steffen Egner ist das erste A hängt massiv von der kontextuellen Persönlichkeiten auffällt. 2007 waren
der AIDA-Formel (siehe Infokasten) Relevanz ab.“ Ein Beispiel: Es bringt nur noch 39 Prozent dieser Meinung.
ein wichtiger Aspekt: „Die Aufmerk- mehr, wenn Baccardi gezielt in einer Blieben die VIP-Spots vor zwei Jahren
samkeit ist sozusagen der Türsteher Bar wirbt, weil hier der Konsument noch 42 Prozent der Befragten besser
zu unserem Gehirn. Nur das, was etwas trinken möchte, als auf City- im Gedächnis haften, war das im verals wichtig erachtet wird, wird wei- Light-Postern in der U-Bahn. Von gangenen Jahr nur noch bei 36 Proterverarbeitet.“ Die Aufmerksam- der klassischen Streuwerbung – „viel zent der Fall.
keit der Menschen gewinnen Wer- hilft viel“ – gehen die Unternehmen
ber vor allem durch Auffälligkeiten. ab. Vor allem im Internet werben sie Kreativität versus Daten
Das sind wiederum vor allem Be- kontextbezogen. Online-User, die
wegungen, unerwartete Geräusche zum Beispiel auf einem Reiseportal Ein weiteres wesentliches Kriterium
und Gesichter, aber auch dominante einen Urlaub in Südtirol buchen, seh- für eine erfolgreiche Werbung ist die
Helligkeits- und Farbkontraste. Das en dann eine Anzeige für Rucksäcke; Kontinuierlichkeit. Diese Strategie
Interesse der Zielgruppe spielt eben- bei denjenigen, die ein Strandhotel verfolgt etwa Becks: In jeder TVso eine entscheidende Rolle für den in der Karibik reservieren, wird Son- Werbung des Unternehmens sind das
MUM
Das gilt auch für die Bio-Branche.
Die Regeln für eine hohe Werbewirksamkeit sind nach Ansicht von Henner Förstel für sie jedoch gleich: Die
Bio-Welle von heute hat mit der ÖkoWelle in den 80er-Jahren nichts mehr
zu tun. Bio ist heute zum Lifestyle
geworden. Bio-Ware wird von den
meisten gekauft, weil sie Qualität haben möchten, und nicht, um die Welt
zu retten oder Tieren die Käfighaltung
zu ersparen. Bei der Werbung lohnt es
daher durchaus, auf emotionale Eigenschaften zu setzen. Aber auch Werte
wie Verantwortung und Vertrauen
sollten in den Vordergrund gestellt
werden. Dr. Steffen Egner meint:
„Man muss seriöser kommunizieren
und mehr auf die Glaubwürdigkeit
achten, insofern bleiben auch einige
Werbemöglichkeiten verschlossen. So
wäre „Bio ist geil“ kein toller Spruch
für diese Branche.“
Moderne Werbeformen
Die Werbemöglichkeiten verändern
sich kontinuierlich. Neue Marketingformen stehen bereits in den Startlöchern. Viele Marketingexperten erwarten sich neuen Schwung von mobiler Werbung. Denn dieses Potenzial ist noch nicht einmal ansatzweise
ausgeschöpft. Das Handy wird zunehmend zur mobilen Kommunikationsplattform, was Firmen dazu veranlasst, an verschiedenen Konzepten
zu arbeiten. So sollen demnächst verstärkt News als so genannte MicroBlogs aufs Handy übertragen werden.
Wie die Verbraucher das aufnehmen
werden, ist noch fraglich. Einer Studie von Universal McCann zufolge
stoßen Werbebotschaften via Handy, PDA und Co. bei 61 Prozent der
Befragten auf glatte Ablehnung. Als
besonders störend empfanden sie es,
wenn sie durch die Handywerbung in
ihren Aktivitäten beeinträchtigt oder
unterbrochen werden. Die Analysten
geben dieser Marketingform nur eine
Chance, wenn sie dem Endverbraucher einen konkreten Nutzen bringt,
er also beispielsweise Frei-SMS bekommt oder sich im Internet MP3Songs kostenlos downloaden kann.
März 2008
Mehr Akzeptanz findet dagegen Werbung in Spielen. Kauft man heute ein
Autorennspiel, gibt es dort wie bei
einem realen Rennen Werbeeinblendungen und -tafeln über den Rennkurven. „Das ist nicht neu, aber die
Bedeutung nimmt zu“, erklärt Egner.
Auch im Internet wird sich noch
einiges tun. „Flashige“ Werbung
verschwindet immer mehr. Firmen
suchen nach subtileren Methoden.
Werbung wird kaum mehr als solche
erkennbar sein. Wie das geht, zeigt
bereits heute Amazon: Wer dort ein
Buch bestellt, bekommt sofort den
Hinweis: „Kunden, die dieses Buch
gekauft haben, haben auch diese
Bücher gekauft.“ Der Trend geht
außerdem in Richtung interaktive
Elemente. Um aus der Werbeflut herauszustechen, müssen Firmen die
Konsumenten zur Aktion motivieren. Nivea fragt etwa bei den Internetsurfern nach: „Was ist Schönheit
für Sie?“ Antworten auf diese Frage
kann man auf der Homepage als
Bild oder Text hochladen. Oder Firmen bezahlen Internetsurfer dafür,
wenn sie Beiträge auf deren Website
veröffentlichen. Die Zeit, als eine
Firmenwebsite nur Hintergrundinformationen lieferte, geht zu Ende.
Ein Webauftritt bietet heute Communites und Weblogs. User sind eingeladen, Videos, Musik oder anderes
hoch- oder herunterzuladen und bei
Votings ihre Meinung abzugeben.
Eine weitere Besonderheit der Internetwerbung: Das Angebot ist derart
groß, dass man eine weitaus kleinere
Zielgruppe erreicht als etwa mit einer TV-Kampagne. Aus diesem
Grund müssen Firmen ihr Marketing gezielter auf die gewünschte
Zielgruppe abstimmen: „Werbung
im Internet wird nur dann wahrgenommen, wenn sie sich optimal an
die Surfgewohnheiten und Relevanzmuster der User anpasst. Deshalb
sollten Firmen interaktiv die Vorlieben und Einstellungen des Nutzers
herausfiltern“, meint Henner Förstel.
Er prognostiziert: „Künftig werden
verstärkt Lebenswelten angesprochen. Das Problem ist nur, dass diese
Lebenswelten immer komplexer und
differenzierter werden. Konnte man
früher noch Menschen über zwei,
drei Merkmale einordnen, reicht das
heute nicht mehr aus. Meine Vision:
Kampagnen in der heutigen Form,
mit nur einem Leitmotiv, das über
alle Kanäle präsentiert wird, werden
zunehmend verschwinden.“
Edigna Menhard
AIDA-Prinzip
Das klassiche Werbewirkungsprinzip nach Elmo Lewis nennt sich
AIDA. Die vier Buchstaben beschreiben die vier Phasen, die einen Kunden zur Kaufentscheidung
führen sollen. Dabei steht A für
Attention – der Konsument muss
dazu gebracht werden, auf eine
Werbung aufmerksam zu werden.
I steht für Interest – das Interesse
des Kunden soll geweckt werden,
er soll sich mit der Werbung beschäftigen. D steht für Desire – bei
dem Betrachter der Werbung soll
der Wunsch geweckt werden, das
Produkt zu kaufen. Und A steht für
Action – der Kunde soll veranlasst
werden, in Aktion zu treten, um das
Produkt zu kaufen. Die Kaufhandlung soll insgesamt durch die Werbung erleichtert werden.