11 Bistum Nummer 14 · 5. April 2009 GL Thema: Erwachsene empfangen die Firmung Stichwort Wie ein Streichholz in dunkler Nacht Michael Zanger (39) erzählt von seinem Weg zum Glauben und zur Firmung Immer mehr Erwachsene entscheiden sich, das Sakrament der Firmung zu empfangen. Einer von ihnen ist Michael Zanger aus Fürth/Odenwald. Er ist einer von 73 Menschen, denen Weihbischof Ulrich Neymeyr im Mainzer Dom die Firmung gespendet hat. Für die Leser von „Glaube und Leben“ schildert er seine Erfahrungen: leidet für seine in meinen Augen überholten Einstellungen – und jetzt, als Sterbender, berührte er mein Herz! Da ging jemand von uns, der mir plötzlich gar nicht mehr antiquiert erschien. Ganz im Gegenteil: Da lag jemand im Sterben, der in der Lage war, einer hilflos nach Orientierung suchenden Welt noch Werte und Lebenshilfen an die Hand zu geben. Da sitze ich nun mit 39 Jahren in der Firmstunde. Neben mir neun weitere Erwachsene, die das Sakrament der Firmung empfangen wollen. Vor uns auf dem Boden liegt ein Tuch, auf dem verschiedene Gegenstände angeordnet sind. Mein Blick fällt auf einen Föhn, eine Kerze, auf eine Streichholzschachtel. „Dieses Arrangement erinnert mich irgendwie an einen Verkaufsstand im Straßenflohmarkt“, denke ich noch, während meine Nachbarin schon die Streichholzschachtel aufnimmt und in die Runde zeigt. Mit Hilfe der Zündhölzer erläutert sie unbefangen ihre Vorstellung vom „Heiligen Geist“, dem Thema unserer heutigen Sitzung. Irgendwo auf einer dunklen Landstraße im Odenwald Die späte Entscheidung fällt vielleicht umso bewusster Vier Wochen sind es noch bis zu unserer Firmung. Wir sitzen bereits das vierte Mal zu abendlicher Stunde zusammen; im Oktober hat der Firmkurs begonnen. Allmählich steigt in uns die Spannung und die Vorfreude auf das große Ereignis, das bald im Mainzer Dom stattfindet. Dort sind wir Teil einer Gruppe von 73 Erwachsenen, die eine späte, dafür aber vielleicht umso bewusster getroffene Entscheidung für die katholische Kirche vollziehen wollen. Während meine Nachbarin den Teilnehmern in der Runde weiter ihre Vorstellungen erläutert, schweifen meine Gedanken zurück zu dem Moment, mit dem alles begann. Ich erinnere mich noch gut an diesen Abend vor fast Die Firmgruppe von der Bergstraße vor dem Mainzer Dom. Michael Zanger ist der Mann in der „zweiten Reihe“. Rechts neben ihm steht die Bensheimer Gemeindereferentin Yvone Niedziela, vorne rechts Pfarrer Hermann-Josef Herd, zweite von links Dekanatsreferentin Renate Flath. Foto: privat fünf Jahren, als ich auf der Heimfahrt das Radio einschaltete und ein Thema alle Sender beherrschte: Papst Johannes Paul II. lag im Sterben. Interessiert lauschte ich damals den aktuellen Meldungen. Da lag ein Mann im Sterben, mit dem ich mein Leben lang nie etwas anfangen konnte, dessen Vorstellungen von Kirche und Gesellschaft mir immer ein Dorn im Auge waren. Den ich, um es auf den Punkt zu bringen, immer abgelehnt hatte. Nun lag dieser Mann im Sterben. Und merkwürdigerweise ließ mich das in diesem Moment nicht unberührt. Zur Sache Firmvorbereitung im Dekanat Von Oktober 2008 bis Februar 2009 bereiteten sich in Heppenheim zehn Erwachsene auf das Sakrament der Firmung vor. An sechs Abenden befassten sie sich mit dem christlichen Glauben. In sehr persönlichen Gesprächen konnten sie während des Firmkurses erfahren, wie andere Menschen ihren Glauben leben – und dass auch sie nicht immer die fertigen Antworten haben, sondern immer wieder auf der Suche nach Gott sind. Bei einem Abschlusstreffen mit einer Tischmesse und anschließendem Abendessen im Marienhaus Heppenheim lobten die Teilnehmer durchweg die gute und offene Gesprächsatmosphäre. Im Vorbereitungsteam haben mitgearbeitet: Pfarrer HermannJosef Herd, Heppenheim, Yvone Niedziela, Gemeindereferentin in Bensheim, Dekanatsreferentin Renate Flath sowie die beiden ehrenamtlichen Leiterinnen Ewa Redemann, Heppenheim, und Birgit Becker, Bensheim. (pm) Ich war überrascht über mich selbst Eigentlich sollte in mir ein Gefühl sein, das sich wohl am besten mit folgendem Satz ausdrücken lässt: „Es tut mir um den Menschen zwar leid, aber es wird auch Zeit für einen neuen Wind in der katholischen Kirche.“ Seltsamerweise war es dies jedoch nicht, was ich in mir spürte. Ich war überrascht über mich selbst, denn wie aus dem Nichts empfand ich auf einmal Achtung für diesen Mann und für sein Lebenswerk. Ich erkannte mich selbst kaum wieder. Da hatte ich diesen Papst so lange abgelehnt, fast bemit- Die Nachrichten von seinem Ringen mit dem Tod erreichte mich weit weg von Rom, irgendwo auf einer einsamen und dunklen Landstraße im Odenwald. Und entzündet in mir – gleichsam wie ein Streichholz in dunkler Nacht – das Licht des Glaubens. Wenige Stunden später starb Papst Johannes Paul der II. – und noch heute wirkt sein Charisma auf mich, durch das in mir – einem bis dahin Ungläubigen – der Funke christlichen Glaubens entzündet wurde. Jahre vergingen, und es blieb nicht bei dem kleinen Funken. Ich pilgerte auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela, folgte dann der Spur Marias nach Medjugorje. Zwischen diesen Stationen lag mein Austritt aus der Evangelischen Kirche. Das tat ich nicht etwa, weil ich nicht glaubte, sondern weil ich spürte, dass mir in der evangelischen Kirche etwas fehlte. Gefunden habe ich das schließlich in Medjugorje: lebendiges, mit Leidenschaft gelebtes Christentum und das Gefühl von Heiligkeit der katholischen Kirche, der Urkirche. So war mein Weg in die abendliche Firmstunde geebnet. Und wie von Gott lange geplant, stolperte ich bei meiner Rückkehr aus Medjugorje über ein Anmeldeformular für die Vorbereitung zur Erwachsenenfirmung. Aufmerksam lausche ich jetzt den Ausführungen meiner Nachbarin. Leise sage ich zu mir: Danke, heiliger Geist! Drei Fragen an... Viele nehmen die Einladung der Kirche gerne an ...den Firmspender, Weihbischof Ulrich Neymeyr. le werden viele andere Gelegenheiten genutzt, Erwachsene zum Empfang des Firmsakraments einzuladen. Die erfreuliche Zahl erwachsener Firmbewerber zeigt, dass eine solche Einladung oft gerne angenommen wird. Die Zahl der Erwachsenenfirmungen ist in jüngster Zeit kontinuierlich gestiegen. Nachdem es viele Jahre weniger als 30 erwachsene Firmkandidaten im Bistum gab, waren es 2008 bereits 41, diesmal hatten sich sogar 78 zur Erwachsenenfirmung im Dom angemeldet; weitere kommen bei Firmungen in Dekanaten noch hinzu. Worauf führen Sie dieses gestiegene Interesse zurück? Neymeyr: Das Bistumsthema Firmpastoral ist in den Dekanaten und Pfarreien auf ein breites Echo gestoßen. Viele haben die Form ihrer Firmvorbereitung kritisch reflektiert und von den Erfahrungen anderer gelernt. Bei den vielfältigen Überlegungen über die Bedeutung des Firmsakraments und die Vorbereitung auf seinen Empfang ist die Gruppe der Erwachsenen in den Blick getreten, die als Jugendliche nicht gefirmt worden sind. Oft ist es keine grundsätzliche Ablehnung des Glaubens, wenn Jugendliche nicht am Firmkurs teilnehmen. Manchmal sind ihnen andere Dinge wichtiger. Sie haben nach der Firmspendung mit allen Firmlingen persönlich gesprochen. Welche Eindrücke haben Sie in diesen Begegnungen gewonnen? Was bewegt erwachsene Menschen, sich firmen zu lassen? Weihbischof Ulrich Neymeyr spendet im Lauf eines Jahres zahlreichen Jugendlichen und Erwachsenen das Sakrament der Firmung. Foto: Archiv Manchmal scheuen sie sich, zum Informationsabend zu gehen, weil sie dort niemanden kennen. Wenn sie später darauf angesprochen werden, dass ihnen dieses Sakrament ja eigentlich noch fehlt, sind sie oft bereit, auch als Erwachsene die Firmung zu empfangen und sich darauf vorzubereiten. Bisher wurden Erwachsene nur im Zusammenhang mit der Ehevorbereitung auf den Empfang des Firmsakraments angesprochen. Mittlerwei- Wie bisher sind es nicht wenige Erwachsene, die vor der kirchlichen Trauung das Sakrament der Firmung empfangen. Da sich die Brautleute gegenseitig das Sakrament der Ehe spenden, ist es ja auch sinnvoll und angebracht, dass sie alle Sakramente der christlichen Initiation (Taufe, Firmung, Eucharistie) empfangen haben. Viele wurden aber auch bei anderer Gelegenheit auf die Firmung angesprochen, etwa bei der Taufanmeldung eines Kindes, bei der Übernahme eines Katechetenamts in der Erstkommunion- oder Firmvorbereitung, bei der Kandidatur für den Pfarrgemeinderat oder durch eine allgemeine Einladung zum Firmkurs für Erwachsene. In der Vorbereitung auf den Empfang des Firmsakraments wird immer auf die Fragen der Erwachsenen eingegangen, so dass sie die Vorbereitungstreffen als eine sehr hilfreiche und fruchtbare Erfahrung beschreiben. In der Pastoralen Richtlinie Nr. 15 zur Firmpastoral regt Kardinal Karl Lehmann Firmkurse für Erwachsene auf Dekanatsebene an, auch Firmungen in den Regionen. Eine Erwachsenenfirmung im Mainzer Dom findet ja nur einmal im Jahr statt. Was hat sich seit Erscheinen der Richtlinie bewegt? In vielen pastoralen Einheiten oder Dekanaten werden Erwachsene zu einem eigenen Firmkurs eingeladen. Manchmal sind die Pfarrer selbst überrascht, wer sich anmeldet, weil sie gar nicht wussten, dass ihnen bekannte, zum Teil auch ehrenamtlich engagierte Gemeindemitglieder noch gar nicht gefirmt sind. Es gibt aber auch Erwachsene, für die ein Firmkurs der Anlass ist, wieder Schritte auf die Kirche zuzugehen. Interview: Maria Weißenberger Sakrament der Firmung Das Sakrament der Firmung gehört mit Taufe und Eucharistie zu den Einführungssakramenten (Initiationssakramenten). Die Spendung der Firmung geschieht durch Handauflegung und Salbung der Stirn mit den Worten: „Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist.“ Der Ritus steht für den Empfang des Heiligen Geistes zur Stärkung des eigenen Glaubens und für die Verbundenheit mit alle, die glauben. Die Firmlinge bekräftigen ihre Entscheidung, Christ zu sein. In diesem Sinn vollendet die Firmung die Taufe. (mbn) Mehr auf dem Internetportal „Glaube – Theologie – Seelsorge“ des Bistums Mainz: www.bistummainz.de Zitiert Eng verbunden „Taufe und Firmung sind bei uns durch die zeitliche Verschiebung der Firmung stärker auseinandergetreten. Dies darf aber nicht verwischen, dass Taufe und Firmung sehr eng zusammengehören. Im Übrigen befinden sich auch Taufe und Glaube in einer wichtigen Wechselbeziehung. In ihnen erfolgt das Christwerden. Wer von der Firmung spricht, muss auf die Taufe zurückblicken; wer von der Taufe spricht, muss auf ihre Enfaltung und Bekräftigung in der Firmung vorblicken. Nur dann sprechen wir richtig von beiden, die schon der heilige Cyprian ein ,Doppelsakrament‘ nennt.“ (Kardinal Karl Lehmann in der Pastoralen Richtlinie Nr. 15) Zahlenspiele Rund zwei Drittel Frauen ß Zur Erwachsenenfirmung 2009 im Mainzer Dom waren 78 Frauen und Männer angemeldet; gefirmt wurden 73, fünf waren verhindert und werden später gefirmt. ß Die 73 Gefirmten sind zwischen 15 und 70 Jahre alt; das Durchschnittsalter beträgt 29,7 Jahre. ß 49 der gefirmten Erwachsenen sind Frauen, 24 Männer. ß Die Entwicklung der vergangenen Jahre: 28 Personen 2002; 36 im Jahr 2003; 27 im Jahr 2004; 28 im Jahr 2005; 29 im Jahr 2006; 50 im Jahr 2007; 41 im Jahr 2008. Service Firmung für Erwachsene Die Vorbereitung Erwachsener auf den Empfang des Firmsakraments im Mainzer Dom erfolgt in den Gemeinden. Dort werden die Interessenten – je nach Situation – individuell oder in einem Firmkurs in einer Gruppe vorbereitet. Interessierte Erwachsene erfahren Einzelheiten in ihrer Pfarrei und beim dortigen Pfarrer. Über den Gemeindepfarrer läuft auch die Anmeldung zur Erwachsenenfirmung im Dom. (pm) Informationen im Internet: www.firmpastoral.de Bei Fragen zur Erwachsenenfirmung steht auch Rainer Stephan, Referent für Gemeindekatechese und Erwachsenenkatechumenat, zur Verfügung: Telefon 0 61 31 / 25 32 41, E-Mail: gemeindekatechese@ bistum-mainz.de
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