POLITIK 7 STUTTGARTER ZEITUNG Freitag, 22. November 2013 | Nr. 271 Streitschlichter zu Besuch Lager Friedland Für ihn sind Ausländer Unkraut NSA Ein rechtsextremer Zeuge redet schnell, erinnert sich aber nur lückenhaft. Er wollte die Täter „nicht verpfeifen“, sei aber „aus Selbstschutz“ aus der Gruppe ausgestiegen. Von Mirko Weber ine kleine Delegation von US-Parlamentariern reist Anfang nächster Woche zu Gesprächen nach Berlin und Brüssel, um die Wogen nach der Geheimdienst-Spähaffäre zu glätten. Senator Chris Murphy kündigte an, er und der Kongressabgeordnete Gregory Meeks wollten sich am Montag in Berlin mit deutschen Abgeordneten treffen. Geplant sei auch eine öffentliche Diskussionsveranstaltung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), bestätigte einen Gesprächstermin mit den beiden. Im Mittelpunkt stünden Fragen einer verbesserten Geheimdienstkontrolle und der Regulierung der transatlantischen Geheimdienstkooperation. Ob die US-Delegation auch mit Regierungsvertretern zusammenkommen wird, war zunächst unklar. Ein Regierungssprecher erklärte, ein Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei nicht geplant. Die Veröffentlichungen über die Spähaktionen des US-Geheimdienstes NSA hatten in den vergangenen Monaten für große Verstimmungen zwischen Deutschland und den USA gesorgt. Neue Wucht bekam die Debatte, als bekannt wurde, dass die National Security Agency wohl über Jahre auch das Handy von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgehört hat. Senator Murphy erklärte auf seiner Webseite: „Unsere europäischen Verbündeten haben in den vergangenen Monaten legitime Sorgen über Charakter und Ausmaß von US-Geheimdienstprojekten geäußert.“ Ausdrücklich fügte Murphy hinzu, er teile die Meinung, die Geheimdienste hätten nicht immer die notwendige Zurückhaltung walten lassen. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte, vermutlich habe die US-Delegation bei ihrem Kurzbesuch in Berlin nur wenig Zeit für Gespräche. Er hoffe aber auf einen intensiveren Austausch zu einem späteren Zeitpunkt. Ströbele will demnächst selbst in die USA reisen, um dort Abgeordneten zu treffen. dpa päte Nachwendezeit. Eine „Jugendclique“ in Jena, wie André K. aussagt im Münchener NSU-Prozess. K. ist eine bös schillernde Figur in der rechtsradikalen Szene in Ostdeutschland gewesen. Er ist jetzt 38 Jahre alt, beleibt mit Bart, trägt einen Pullunder überm Hemd und hat ein wenig Resthaar quer über den Kopf gezogen. Ein selbstständiger Mann, „im Bau“ beschäftigt. Man „hängt so rum, zeltet, fährt an den See, grillt“, damals, sagt er: Ralf Wohlleben, Beate Zschäpe, Holger G., allesamt angeklagt hier. Auch Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, beide sind tot. Und André K., Mitbegründer der „Kameradschaft Jena“ und beim „Thüringer Heimatschutz“. Aber das seien „alles nur Namen“, sagt André K. Man demonstriert, zum Beispiel in München, gegen die Wehrmachtsausstellung. „Politik aus nationaler Sicht“ sei das gewesen, sagt der Zeuge und Der Zeuge lacht, „das ist schon berichtet über klar“. K. hat ziemlich Kreide gefressen. Böhnhardts Den Zuzug von AusWaffen-Faible. ländern zum Beispiel habe man als „nicht förderlich“ empfunden. „War Gewalt auch ein Thema?“, fragt Manfred Götzl, der Vorsitzende Richter. „Klar“, sagt K., „wir wurden immer angegriffen“. Von linken Autonomen und von der Polizei, die ihm, ohne Anlass, beispielsweise anlässlich einer Jenaer Spontandemonstration „eine Packung“ verabreicht habe. Er redet sehr schnell und sagt gerne „salopp gesagt“. Salopp gesagt war die „Kameradschaft Jena“ meistens „freizeitmäßig unterwegs“. Innerhalb der losen Gruppe gibt es laut André K. dennoch „eine Konstante: Ralf (Wohlleben) und ich“. Es war beiden „schon klar, dass wir was von unten ändern müssen“. Er aber habe keine Geduld für Kommunalpolitik gehabt. „Ich bin nicht harmoniebedürftig, Ralf war da ruhiger – in Konfliktsituationen unsere Friedenstaube.“ K. sagt das wirklich so. Den Holger G. hat er „nicht ernst genommen, politisch“. Beate Zschäpe konnte, seiner Meinung nach, „ge- Die Spähaktionen haben für Empörung gesorgt. Nun wollen die USA den Schaden begrenzen. E NSU-Prozess S Im NSU-Prozess hat am Donnerstag der Jenaer Neonazi André K. ausgesagt. nau artikulieren, was sie wollte.“ „Was genau“, fragt Götzl. „Atompolitik, Gorleben…“, antwortet K. „Und das war das Maßgebliche damals?“, fragt Götzl. „Dann kommen wir doch mal zu den anderen Punkten.“ Wohlleben und K. sind der Meinung, dass es, so sagt dieser Zeuge, nichts bringe, „beim Unkraut (also: Ausländer) nur ein paar Blättchen abzuzupfen. Man muss da schon an der Wurzel anpacken.“ Das war so die Meinung. Mundlos beschreibt er als „sehr intelligent“. Auch Böhnhardt sei „nicht dumm“ gewesen, allerdings hatte er ein „Faible für Waffen“, das könne man nicht leugnen. „Er hatte eine Armbrust“ und „Schreckschusspistolen“, mit CS-Gas gefüllt: Da „konnte man auf Entfernung schon eine ganze Menge entschärfen.“ Als das Trio untertauchte – K. sah eine lange Gefängnisstrafe auf die drei zukommen – wollte er helfen. „Verpfeifen kam nicht in Frage.“ Er habe dann bei Berliner Verbindungsleuten, unter anderen bei Tino Brandt, einem später aufgeflogenen VMann des Verfassungsschutzes, nach Wohnungen und auch nach Ausweispapieren gefragt. Die noch nicht gefälschten Pässe wurden gestohlen. André K. sagt, er sei dann „aus Selbstschutz“ ausgestiegen. Er telefonierte wohl noch ein paar Mal mit einem der Uwes, Foto: dpa auch Südafrika wird anlässlich einer Reise als Exil überlegt („es gibt da unten genug Leute, wo man unterkommen kann“). Dann aber seien es ihm „einfach zu viele Leute geworden“, weiter könne er zu dem Thema „nicht viel beitragen“. Gehört habe er erst wieder von „den beiden Uwes“, als deren Tod nach dem Banküberfall in Eisenach in der Zeitung stand. Am Todestag der beiden hatte K. ein Auto gekauft – und kam auf dem Rückweg nach Jena an Eisenach vorbei, wo sein Mobiltelefon im Netz registriert wurde. Wie gut wusste André K. zum Beispiel darüber Bescheid, dass die beiden Uwes Bombenattrappen bauten? „Na ja“, sagt er, „Jena ist keine Weltstadt, und man kannte seine Pappenheimer.“ Vielleicht stelle er sich „unter einer Bombenwerkstatt auch was anderes vor, als eine Garage, in der Sprengstoff gefunden wird“. K. hat den beiden, „so was überhaupt nicht zugetraut. Das Bild, das ich von ihnen hatte, ist nicht das Bild, das sich mir heute aufzeigt.“ Heute erst recht findet er solche Aktionen „kontraproduktiv“. André K.s Erinnerungen sind, um es vorsichtig zu sagen, löchrig. Neben ihm sitzt als Beistand: Dirk Waldschmidt, Rechtsanwalt und stellvertretender Chef der hessischen NPD. Gauck besucht syrische Flüchtlinge Syrische Flüchtlinge haben Bundespräsident Joachim Gauck für die Hilfe gedankt, die Deutschland den Notleidenden gewährt. In einem Gespräch mit dem Staatsoberhaupt im Lager Friedland äußerten sie auch die Hoffnung, dass künftig noch sehr viel mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen können. Es gebe unzählige Syrer, die unsäglichem Leid ausgesetzt seien. Eine Frau berichtete, sie habe im Bürgerkrieg neun Familienangehörige verloren. Sie bat Gauck darum, Deutschland möge sich dafür einsetzen, dass in der Region Frieden einkehre. Der Bundespräsident hatte sich für das Gespräch mit einem Dutzend Männern und Frauen eine Stunde Zeit genommen. Die Menschen waren aus dem Libanon kommend in Deutschland eingetroffen. Sie werden in den kommenden Tagen in Friedland „Willkommenskurse“ absolvieren. Darin werden sie auf das Leben in Deutschland vorbereitet. Zudem lernen sie die ersten deutschen Worte. Anschließend reisen sie in andere Bundesländer. dpa Zuwanderung Deutschland wächst dank der Migranten Die EU-Osterweiterung und die Finanzkrise in Südeuropa haben Deutschland zum dritten Mal hintereinander im ersten Halbjahr zweistellige Zuwächse bei Zuwanderern gebracht. Mehr als eine halbe Million Menschen (555 000) kamen in den ersten sechs Monaten 2013 in die Bundesrepublik, das waren elf Prozent oder 55 000 mehr als im gleichen Zeitraum 2012. Das Plus war in den Vorjahren aber noch höher, teilte das Statistische Bundesamt mit. So war die Zuwanderung im ersten Halbjahr 2011 um 19 Prozent und 2012 um 15 Prozent gestiegen. Zugleich kehrten im ersten Halbjahr 2013 rund 349 000 Menschen der Bundesrepublik den Rücken (plus zehn Prozent). Die Bevölkerung ist somit – ungeachtet von Geburten und Todesfällen – um 206 000 Menschen gewachsen. Das entspricht etwa einer Stadt der Größe von Mainz. dpa SONDERVERÖFFENTLICHUNG: WERTERMITTLUNG IMMOBILIEN Wie Immobilienpreise zustande kommen Preisermittlung. Man wundert sich immer wieder, wie die Preise der Immobilien auf dem Markt entstehen. Neben dem Verkehrswert spielen der Sachwert und die zu erwartende Rendite eine Rolle. Markus Lechler, Immobilienvermittler aus Degerloch, zieht zu seinen eigenen Berechnungen die Marktstudien eines Wirtschaftsinstituts zurate. „Wir orientieren uns bei Eigentumswohnungen gerne am Vergleichswert. Das heißt, wir fragen uns: zu welchem Preis wurden vergleichbare Objekte angeboten?“ Doch trotz aller Wertermittlungsverfahren, den Bodenrichtwerten der Kommune und den Analysen des Marktes wird bei Lechler jede Immobilie einzeln bewertet. „Meldet sich ein Besitzer bei uns, der sein Objekt veräußern will, machen wir zunächst einen Vor-Ort-Termin“, sagt der Makler. Überhöhten Preisvorstellungen der Verkäufer begegnet Lechler mit Seriosität und guten Argumenten. „Wir möchten den Preis beim Käufer jederzeit rational begründen können“, sagt Lechler, dessen Büro in diesem Jahr zehnjähriges Bestehen feiert. Robin Frank von der Immobilienvermittlung BW, einer Tochter der BW-Bank, verweist gerne auf lange Erfahrung und mehr als 500 zum Kauf vermittelte Objekte im Jahr. „Wir analysieren unsere Transaktionen genau und können dadurch auf zu erzielende Preise in ähnlichem Segment schließen“, sagt der Geschäftsführer. Während bei Eigen- tumswohnungen meist die durchschnittlichen Quadratmeterpreise zur Wertermittlung herangezogen werden, bestimmt beim Einfamilienhaus der Sachwert den Kaufpreis. Zum Bodenrichtwert kommt dann der Wert des aufstehenden Gebäudes. Den Preis in die Höhe treiben können etwa aufwendig angelegte Gärten mit Stützmauern und altem Baumbestand. Einen guten Tipp hat Frank auch für alle, die eine möglichst hohe Rendite für ihr Häusle erzielen wollen: „Aufräumen, Hecke stutzen und den Rasen mähen. Der erste Eindruck ist manchmal kaufentscheidend.“ Im Gewerbe ist die Lage zwar ein wichtiger Aspekt, doch achten Käufer auch auf die Ausstattung und die Zweit- und Drittverwertbarkeit. „Bei Logistikhallen ist der verkehrsgünstige Standort zwingend, der Einzelhandel braucht die Laufkundschaft, Bü- rokomplexe suchen die Nähe öffentlicher Verkehrsmittel, und bei einem reinen Produktionsstandort ist die Lage eher zweitrangig“, sagt Tilman Renz von der Wirtschaftsprüferkanzlei Binder, Hillebrecht & Partner (BHP) in Stuttgart, die vor allem Klienten aus dem Mittelstand vertritt. Und Architekt Dieter Kraft ergänzt: „Klassische Industrieobjekte leben von ihrer Ausstattung und der flexiblen Nutzbarkeit.“ Vor allem für Investoren ist das ein Kriterium. Denn ist eine Produktionshalle zu sehr auf die Bedürfnisse des Erstnutzers ausgelegt, dann wird es schwer, einen Nachmieter oder Käufer zu finden. „Die Anforderungen an die Aufteilung in Produktion, Lager und Büro sind sehr individuell“, weiß Renz. Sucht einer seiner Kunden eine Immobilie als Investition, ist die zu erwartende Rendite wichtigster Anhaltspunkt. Von den erwarteten Ein- nahmen zieht er Investitionen und Kosten über eine bestimmte Restlaufdauer ab. „Grundsätzlich kann man von den aktuellen Baukosten ausgehen und Ab- und Zuschläge mit hineinrechnen“, erläutert Kraft. Wertmindernde Faktoren könnten dann schlechter Zustand oder im produzierenden Gewerbe die Kontamination des Bodens sein. Wertsteigernd wirken sich hingegen aktuelle Ausstattung, neue Klimaanlagen oder moderne Gebäudetechnik etwa im Bürosegment aus. Leila Haidar » impressum Redaktion: Anzeigen: STZW Sonderthemen Ingo Dalcolmo Marc Becker (verantw.) 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