Kinder werden wie Manager bewertet - Schulblatt

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Schweiz
10. August 2014 | sonntagszeitung.ch
SZ 10.8.14, S. 8, 17
Kinder werden wie Manager bewertet
Testbogen und Lernberichte beurteilen jetzt schon die Leistungen von Kindergärtlern
person zu sehr von einem solchen
Formular leiten lasse und den gesunden Menschenverstand einfach
ausblende. Mit einer Bewertung,
die sich an Defiziten ausrichte,
könnten Kinder zudem in diesem
Alter noch gar nicht umgehen –
«und auch viele Eltern nicht. Wirft
man ihnen an den Kopf, was ihr
Kind nicht kann, kann das kontraproduktiv sein.»
Claudia Marinka
Zürich Es liest sich wie eine Mitarbeiterbeurteilung im höheren
Management: Immer mehr Kindergärtler in der Schweiz werden
mit Testbogen bewertet. Neu auch
im Kanton Basel-Stadt. Dort müssen die Kindergärtnerinnen jetzt
Berichte über die Leistungen und
das Verhalten der Kinder verfassen.
Geprüft wird zum Beispiel, ob
sie «Aufträge oder Vorhaben planvoll bearbeiten», «ein angemessenes Arbeitstempo vorweisen» oder
«eigene Stärken und den persönlichen Entwicklungsbedarf benennen». Das Kind muss idealerweise «in der vorgegebenen Zeit zu einer Lösung oder einem Produkt»
gelangen und «ein angemessenes
Nähe-Distanz-Verhalten» aufweisen. Bis anhin sind diese Berichte
mündlich erfolgt, jetzt muss die
Lehrkraft schriftlich rapportieren.
Das vermessene Kind: Auch
andere Kantone haben ihre Prüfungsmethode für Kindergärtler
verschärft – mit standardisierten
Lernberichten oder Beobachtungsbögen. Sie dienen meist als Vorbereitung für das Elterngespräch.
Doch der Beurteilungswahn treibt
immer buntere Blüten.
Im Kanton St. Gallen gipfelt der
Test für Kindergärtler in einem
Bogen mit 76 Kreuzchen pro Kind,
jeder Punkt wird auf einer Skala
von 1 bis 4 bewertet. Dazu gehören Fragen wie: «Es kann Perlen
auffädeln, Schuhe binden, Ball
prellen, Ausschneiden: a) spielend,
mühelos, b) meistens ohne Prob-
Die Suche nach Defekten
ist in den Mittelpunkt gerückt
Kids im Kindergarten: Geprüft wird etwa, ob sie «ein angemessenes Arbeitstempo vorweisen»
leme, c) mit etlichen Unsicherheiten (nur mit auffälligen Mitbewegungen, z. B. Zunge), d) gar nicht.»
Eltern wollen Entwicklungsstand
ihrer Kinder genau kennen
Auch im Kanton Bern müssen die
Kindergärtnerinnen neu seit dem
Schuljahr 2013/14 schriftlich den
Entwicklungsstand der Kindergartenschüler festhalten. Beurteilt
werden Selbst-, Sozial- und Sachkompetenz. Einen einheitlichen
Einschätzungsbogen gibt es neuerdings auch in den Aargauer Kindergärten. «Im Hinblick auf die
Einführung des Kindergarten-
Obligatoriums auf das Schuljahr
2013/14 wollten wir dieses Instrument vereinheitlichen», sagt Sascha Katja Giger-Dubach, die im
Aargauer Bildungsdepartement
für Kommunikation zuständig ist.
Die standardisierten Tests zeigen: Die Kinder müssen einer Norm
entsprechen. Passen sie nicht hinein, wird genauer abgeklärt. «Früher war die gesellschaftliche Erwartung weniger hoch», sagt Pierre Felder, Leiter Volksschulen in BaselStadt. Heute würden die Eltern detaillierte Informationen über die
Entwicklung ihres Nachwuchses
erwarten. «Das Verhältnis zu den
Foto: Sabina Bobst
Kindern hat sich gewandelt. Die
Gesellschaft erwartet, dass Kinder
optimal auf ihre Schullaufbahn und
somit auf die Arbeitswelt vorbereitet werden, und das fängt schon im
Kindergarten an.» Derzeit läuft in
Basel eine zweijährige Pilotphase,
danach will Felder Bilanz ziehen.
Kein Verständnis für die Normierung der Kindergärtler hat Brigitte Fleuti, Präsidentin des Zürcher Kindergarten-Verbands. «Ich
stehe diesen vorgefertigten Bögen
kritisch gegenüber. Es kann nicht
angehen, dass die Kindergärtnerin
einfach Punkte abhackt.» Es bestehe die Gefahr, dass sich eine Lehr-
Der Trend zur Normierung laufe
einer umfassenden Förderungen
jedes einzelnen Kindes entgegen,
kritisiert Hans-Ulrich Grunder,
Professor am Forschungszentrum
für Pädagogik der Universität
Basel und an der Fachhochschule
Nordwestschweiz. Die Kinder
würden schon früh «mit einem
pädagogisch fragwürdigen Messzwang konfrontiert.»
Laut Margrit Stamm, Professorin für Pädagogische Psychologie
und Erziehungswissenschaften an
der Universität Freiburg, ist die Suche nach Defekten übermächtig
geworden. «Es herrscht ein Therapiewahn. Heute wird bei jedem
zweiten Kind eine Diagnose gestellt.» Zwar sei es gut, wenn Entwicklungsstörungen früh erkannt
würden. «Es ist jedoch höchst fragwürdig, Kinder standardisiert zu
beurteilen», sagt Stamm: «Damit
züchten wir Kinder heran, die schon
im Kindergarten erfahren, dass sie
in einem Bereich nicht genügen.»
Kommentar Seite 17
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Kindesentführung ins Ferienparadies:
Tanja S. holt Nuria zurück
Seit März sass die Zürcherin mit ihrem Baby auf den Malediven fest, jetzt haben sie das Land verlassen
gebe jeder Person das Recht, sich
frei zu bewegen. Es ist nicht Shaheems erster Erfolg in diesem Fall.
Vor Gericht setzte er bereits durch,
dass Tanja S. und ihre Tochter für
die kommende Sorgerechts-Verhandlung nicht auf die Malediven
zurückkehren müssen.
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bis 17.08.2014 oder solange Vorrat.
war der Albtraum beendet: Um
11.30 Uhr urteilt ein Familiengericht auf den Malediven, dass die
36-jährige Zürcherin Tanja S. und
ihre zehn Monate alte Tochter
Nuria das Land verlassen dürfen.
Mutter und Kind fahren im Taxi
direkt vom Gericht zum Flughafen und steigen um 14.30 Uhr in
den Flieger nach Frankfurt. Anschliessend will sie in die Schweiz
zurückkehren. Ihre persönlichen
Habseligkeiten lässt Tanja S. im
Hotel auf den Malediven zurück.
Die Leidensgeschichte von Tanja S. begann vor einem halben Jahr:
Als die kaufmännische Angestellte am 27. Februar nach der Arbeit
nach Hause kommt, ist die Wohnung leer. Auf einem Kissen liegt
der Ehering. Ihr Mann Ahmed S.,
32, hat die Tochter in sein Heimatland, die Malediven, entführt. Zuvor räumte er das gemeinsame
Konto leer.
Grund für die Entführung: Ahmed S. lehnt die westliche Lebensweise ab. Nuria soll streng islamisch
aufwachsen. Er schreibt auf Facebook, dass seine Tochter nie einen
Bikini tragen oder Hunde berühren
dürfe. Sobald seine «kleine Prinzessin» sprechen könne, müsse sie
Koransuren auswendig lernen.
Im März reist Tanja S. ihrem
Baby nach und erzielt am 20. März
einen Teilerfolg: Bis das Gericht
über den Sorgerechtsstreit entscheidet, darf sie Tochter Nuria zu
Auf den Malediven haben
Mütter das alleinige Sorgerecht
Tanja S. und ihr Töchterchen in Malé: «Kaum noch auszuhalten»
sich nehmen. Doch Ahmed S. setzt
vor Gericht durch, dass sie die Malediven nicht verlassen darf. Mutter und Tochter sind vereint – aber
im Ferienparadies gefangen.
Das Ausreiseverbot
war widerrechtlich
In einem Mail vor zwei Monaten
beschreibt Tanja S. ihre Situation
als «Zumutung», die «kaum noch
auszuhalten» sei. Sie hat keinen
Job, kaum Geld, zieht von Hotel
zu Hotel, übernachtet in billigsten
Unterkünften. Um zu sparen, er-
nährt sie sich vor allem mit Milch
und Cornflakes, isst monatelang
keine warme Mahlzeit. Mit einer
Onlinepetition sammelt sie Geld.
Im März hatte sie gegenüber
der SonntagsZeitung angekündigt:
«Ich werde die Malediven unter
gar keinen Umständen ohne meine Tochter verlassen.»
Jetzt hat Tanja S. ihr Ziel erreicht. Ihr Anwalt Husain Shaheem erwirkt, dass Tanja S. ausreisen darf. «Das Ausreiseverbot war
offensichtlich widerrechtlich», sagt
er. Die maledivische Verfassung
Shaheem ist sicher, den Fall zu gewinnen. Im maledivischen Recht
habe die Mutter das alleinige Sorgerecht, wenn das Kind jünger als
sieben Jahre alt sei. Einzige Ausnahme: Die Mutter ist kriminell
oder kann das Kind aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen nicht aufziehen. «Das ist bei
meiner Klientin offensichtlich
nicht der Fall.»
Shaheem, ehemals stellvertretender Bundesanwalt der Malediven, bezeichnet seine Arbeit als
«moralische Pflicht» und verzichtet auf ein Honorar. Tanja S. sei
ohne Verschulden in eine unmögliche Situation geraten, sagt er.
Tanja S. lernte ihren späteren
Ehemann Ahmed S. im Januar
2011 in einem Luxusressort auf
den Malediven kennen. Er arbeitete dort in einem Hotel. Ein Jahr
später heirateten sie in der Schweiz.
Mit Ahmed S. hat sie schon vor
Monaten abgeschlossen. Kurz nach
ihrer Ankunft auf den Malediven
sagte sie: «Wer ein Kind entführt,
ist nicht normal.» Simon Widmer
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Standpunkte
sonntagszeitung.ch | 10. August 2014
Die Bildungshysterie nimmt unseren
Kindern ihre Freiheit
Hochuli
Aktenzeichen
Ausgangsanzug
95 (un)gelöst
Kindergärtler werden neu mit Fragebögen beurteilt. Ein unnötiger Leistungszwang.
Claudia Marinka wünscht sich dagegen mehr Vertrauen und Gelassenheit
nen und Fehler begehen dürfen.
Ihnen sollte Vertrauen entgegengebracht werden, auch in Bezug
auf ihre Entwicklung. Kann es etwas noch nicht so gut, wie man es
von ihm in dem Alter erwartet,
nimmt man mit Vertrauen, Gelassenheit und Zuversicht schon viel
Druck weg.
«Unter dem
Deckmantel der
‹Frühförderung›
werden Defizite
von 4-Jährigen
herausgehoben»
Illustration: Kornel Stadler
Früher, nein früher war nicht alles
besser. Im Schulwesen herrschte
Jekami in der Anwendung von
therapeutischen Massnahmen, es
fehlte an adäquat ausgebildeten
Fachleuten. Zukunftsweisende
Betreuungsstrukturen lagen noch
in weiter Ferne.
Heute haben wir ausgeklügelte pädagogische Frühwarnsysteme,
um Kinder rechtzeitig bei auftretenden Schwierigkeiten zu unterstützen. Es spriessen Studienabgänger in Heilpädagogik, Früherziehung, Logopädie und Psychomotorik.
Und genau das ist das Problem:
Wir haben zu viel, wir wollen zu
viel und das alles möglichst schnell.
So verkommen Elterngespräche in
der Volksschule zu Leistungsgesprächen, in denen Probleme, Auffälligkeiten oder Unzulänglichkeiten eines Kindes thematisiert werden. Statt auf Stärken zu setzen,
lamentieren wir darüber, was unsere Kinder alles nicht können, und
besprechen Massnahmen zur Förderung von Entwicklungsrückständen.
Eine Notenvergabe auf der Unterstufe gibt es offiziell zwar nicht.
Doch mit den standardisierten Fragebögen zur Beurteilung von Kindergärtlern schleicht sich der Leistungsanspruch unserer Gesellschaft durch die Hintertür in die
Kindergärten. Unter dem Deckmantel der «Frühförderung» werden Defizite von 4-Jährigen herausgehoben. Ein umfassendes
Konstrukt von Pädagogen und spezialisierten Lehrkräften hat, zusammen mit den Eltern, schliesslich den Anspruch, jedes Kind in
seiner Entwicklung umfassend zu
unterstützen, es weiterzubringen,
damit es optimal auf den Leistungsdruck in Schule und Arbeitswelt vorbereitet ist.
In diesem Bildungswahn gehen
grundlegende Ansprüche verloren. Die Hauptaufgabe der Erziehung und damit der Erzieher besteht darin, den Kindern behilflich zu sein, ihre Kräfte und Potenziale so zu entwickeln, dass sie
sich letztlich selber helfen lernen
– zu Hause, in der Schule und später im Leben. Sie sollen sich in ihrer Entwicklung frei entfalten kön-
Claudia Marinka,
Nachrichtenredaktorin
Werden die Kompetenzen eines
Kindes mit Fragebögen oder der
Kreuzchen-Methode ausgeleuchtet, legen wir den Fokus auf das
Kleine und verlieren den Blick für
das Ganze. Es ist nicht massgebend, ob der Kindergärtler mit vier
Jahren eine Schere perfekt führen
kann. Es ist nicht ausschlaggebend, ob der 4-Jährige «deutlich
spricht und Laute und Lautverbindungen korrekt artikulieren kann»,
wie es in den Beurteilungsbögen
heisst. Kinder sollen auch Zeit haben, sich Kompetenzen in unterschiedlicher Zeitspanne und Reihenfolge anzueignen. Wo früher
Gemütsruhe herrschte, wird heute
überreagiert – und überreguliert.
Wir brauchen keine neue Erziehung auf Unterstufe. Wir verfügen
über ausreichend fachliche Hilfsmittel. Erzieherinnen und Erzieher, setzt das um, was Eltern letztlich erwarten: eine humanistische
Pädagogik, welche die Bedürfnisse der Kinder ernst nimmt und ihre
Individualität respektiert. Die Kinder sollen nicht mit Angstmacherei und Leistungszwang aufwachsen. Es geht auch um das Selbstverständnis der Eltern, die sich mit
ihrem Nachwuchs aufrichtig auseinandersetzen. Kinder brauchen
Pädagogen, die nicht nur Formulare abackern, sondern ihnen das
nötige Rüstzeug mitgeben und sie
fördern.
Medienmacher
Twitter und Müll
Ausgerechnet die seriöse NZZ hat diese
Woche eine Geschichte über eine Frau losgetreten, die von ihrem Arbeitsplatz im Bundeshaus aus Nacktbilder im Internet veröffentlichte; genauer im sozialen Netzwerk Twitter.
Nach einer politisch korrekten Wortwahl ringend, schrieb die Alte Tante: «Auf den Bildern
sind mitunter ihre primären und sekundären
Geschlechtsmerkmale zu sehen.»
Bei der Empörung über die «Porno-Sekretärin» («Blick») von Bundesbern ist viel Heuchelei im Spiel. Und zwar auf allen Seiten: Da
ist der St. Galler SVP-Nationalrat Lukas Reimann, der prompt die Entlassung der Dame
forderte. Oder der Ärger darüber, dass «Blick»
oder «20 Minuten» die Privatsphäre der Betroffenen offenbar egal war. Und schliesslich
der Kommentator der «Südostschweiz», der
glaubte, dass sogar die «Neue Zürcher Zeitung» im medialen Kampf um Aufmerksamkeit
«den Kompass verloren hat».
Tatsächlich kann man in diesem Fall verschiedene Standpunkte einnehmen. Jeder,
der Bilder auf Twitter lädt, muss damit rechnen, dass die Welt zuschaut. Twitter ist das öffentlichste aller sozialen Onlinenetzwerke. Sofern ein Nutzer seine Tweets für Unberechtigte
nicht sperrt. Das hat die Sekretärin nicht ge-
«11 000 Nutzer
verfolgten ihr
Twitter-Konto»
tan. Im Gegenteil. Sie pflegte mit ihren Nacktbildern gar eine eigene Community, der jeder
beitreten konnte. Bis Mitte Woche verfolgten
11 000 Nutzer ihr Twitter-Konto. Die Frau hat
Bilder nur halbherzig anonymisiert. Wer sie
kennt, konnte sie problemlos identifizieren.
auch das Recht auf Wahrung der Privatsphäre
in den Massenmedien? Vielleicht ist Twitter
eher mit dem Abfalleimer vor der Haustür zu
vergleichen. Auch dessen Inhalt ist öffentlich
einsehbar. Wer ihn durchwühlt, wird auf die
Bewohner eines Hauses ganz private Rückschlüsse ziehen können. Dennoch wäre es
einer Zeitung nie in den Sinn gekommen, zu
fragen, ob es denn problematisch sei, dass
eine Bundeshausangestellte Nacktbilder im
Privatmüll entsorgt.
Nur eines steht mit Bestimmtheit fest: Die
Porno-Sekretärin wirft hochkomplexe und
brandaktuelle Fragen auf. Was bedeuten im
digitalen Raum Privatsphäre und Öffentlichkeit? Müssen sie rechtlich und gesellschaftlich
neu ausgehandelt werden? Damit haben wir –
die NZZ wird durchatmen – wieder ein anständiges Diskussionsniveau erreicht.
Barnaby Skinner, Digitalredaktor
Doch hat jemand, der sich im Internet bewusst so öffentlich zur Schau stellt, nicht
[email protected]
Wenn noch Zweifel darüber
bestanden haben sollten, dass
Verteidigungsminister Ueli Maurer
seinen Laden nach dem Kampfjet-Nein des Schweizervolkes
nicht mehr im Griff haben sollte,
ist der Gegenbeweis nun letztgültig erbracht: Alles erstunken
und erlogen!
Das Dokument, das beweist,
dass sich Maurer und sein
Armeechef nach wie vor mit den
wirklich wichtigen Fragen des
Landes und seiner Verteidigung
befassen, ist vom 14. Juli 2014
datiert. Korpskommandant André
Blattmann teilt darin mit, er habe
auf Antrag der Logistikbasis der
Armee entschieden, «dass ab
den Entlassungen 2015 eine
Rückgabepflicht für den Ausgangsanzug 95 eingeführt wird».
Hoppla, das lässt aufhorchen!
Wobei Blattmann den Entscheid
aufgrund folgender schwerwiegender Fakten getroffen hat:
― «Gemäss den Weisungen über
das Armeematerial Wamat vom
1. 7. 2014 dürfen keine Uniformen
der aktuellen Ordonnanz ins
Eigentum abgegeben werden.
― Der private Verkauf von Uniformen der aktuellen Ordonnanz
soll unterbunden werden.
― Das unerlaubte Eindringen
in Gebäude des Bundes von
Tätern in Uniform wird mit dieser
Massnahme erschwert.
― Ein Grossteil der Kantone
führt die Entlassung bereits heute
in Zivilkleidung durch. Das
Erscheinungsbild ist in diesen
Fällen besser als bei den Entlassungen, welche in Uniform
durchgeführt werden. Die Uniform
wird häufig nicht korrekt
oder unvollständig getragen.
Aus Kostengründen ist
eine Retablierung für den einen
Diensttag nicht tragbar.»
Nun, wo Blattmann recht hat,
hat er recht. Und trotzdem mache ich mir einige Sorgen. Denn
im Kanton Aargau werden die
Offiziere von mir in einer würdigen Feier aus der Dienstpflicht
entlassen. Ein schöner Brauch –
und ein uniformierter zudem.
Was nun also, Herr Blattmann?
Sollen die Offiziere im Adamskostüm zur Feier erscheinen?
Nein, nein, auch daran hat der
Armeechef gedacht: «Sollten Sie
trotz der Rückgabepflicht die Entlassung in Uniform organisieren
wollen, steht Ihnen die Logistikbasis der Armee als zuständige
Stelle gerne zur Verfügung, um
mögliche Lösungen (beispielsweise nachträgliche Abgabe des
Ausgangsanzuges 95) zu finden.»
Uff, noch einmal Glück gehabt!
Der Verteidigungsminister und
sein Armeechef denken einfach
an alles bzw. von der Scheitel bis
zur Sohle.
Susanne Hochuli
ist Regierungsrätin der Grünen
im Kanton Aargau