Beratungen im Bauwesen Diplom-Wirtschaftsingenieur Frank A. Bötzkes von der Ingenieurkammer Niedersachsen öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bauablaufstörungen Julius-Leber-Straße 50, 38116 Braunschweig Tel. 0531/51 61 530, Fax 0531/51 61 536 Internet: www.Boetzkes.de, E-Mail: [email protected] Wie Projektmanagement dem Bauhandwerker helfen kann, an sein Geld zu kommen ... Frank A. Bötzkes, Dr. Joachim von Hein Wenn heutzutage das Konto eines Handwerkers ständig mit 50.000 € im Minus steht, wird sich dieser Betrag schon nach sieben Jahren auf 100.000 € im Soll verdoppelt haben. Gegen diese steigende Zinslast anarbeiten zu müssen, ist in krisengeschüttelten Zeiten doppelt schwer. Deshalb wird hier für kleine und mittelständische Handwerksbetriebe ein neuartiges Projektmanagement vorgestellt, welches ihnen hilft, ihre Rechnungen rechtzeitig zu schreiben und bei Ablaufstörungen schneller korrigierend einzugreifen. Bauprojekte verlaufen nur selten so ungestört, wie sie geplant wurden. Während der Ausführung ergeben sich die vielfältigsten Änderungen, die entweder vom Handwerker selbst verschuldet oder vom Auftraggeber verursacht wurden. Diese Störungen verzögern den Zahlungseingang und führen beim Handwerker zu erheblichen Mehrkosten. Er muss zusätzliche Kredite aufnehmen, ohne dass er dafür vom Kunden mehr Geld erhielte: • Einzahlungen treffen bei Störungen später ein, da die verzögert erbrachten Leistungen erst später abgerechnet werden können. • Verzögerte Leistungen aber erhöhen die zeitabhängigen Personal- und Betriebsmittelkosten. Ein Beispiel soll das verdeutlichen: 1 1) So war es geplant Für ein Bauprojekt wird mit dem Handwerker ein Preis von 300.000 € vereinbart. Der Preis setzt sich wie folgt zusammen: • 180.000 € kapazitive, zeitabhängige Personal- und Betriebsmittelkosten und • 105.000 € nicht-kapazitive, zeitunabhängige Materialkosten sowie • 15.000 € Gewinn (5 %). 1 Einzahlungen aus Kunde nrechnungen / Auszahlungen für Kosten Erfahrungsgemäß erkennen die meisten Handwerker diese Probleme meist erst so spät, dass es für eine angemessene Reaktion zu spät ist. Oft entstehen durch die Verzögerungen erhebliche Schäden, die aber nur schwer nachweisbar sind. Das Projekt entwickelt sich schleichend zu einem Verlustprojekt. 400.000 € negative Zahlungsdifferenz positive Zahlungsdifferenz Einzahlungen Auszahlungen 350.000 € 300.000 € 250.000 € 200.000 € 150.000 € 100.000 € 50.000 € 0€ -50.000 € -100.000 € -150.000 € Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Monat Siehe F. W. Toffel (Diss.) "Bauablaufstörungen und daraus folgende Probleme der Zahlungsfähigkeit bei öffentlichen Bauprojekten" (Universitätsverlag Rudolf Trauner, Linz, 2000). Projektmanagement für Handwerker: Seite 1 von 3 22.10.2007 C:\Daten\BiB\0-Allgemein\Dokumente\Zahlungsdifferenz-40.doc Beratungen im Bauwesen Diplom-Wirtschaftsingenieur Frank A. Bötzkes von der Ingenieurkammer Niedersachsen öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bauablaufstörungen Julius-Leber-Straße 50, 38116 Braunschweig Tel. 0531/51 61 530, Fax 0531/51 61 536 Internet: www.Boetzkes.de, E-Mail: [email protected] Die Personal- und Betriebsmittelkosten und die Materialkosten verursachen Auszahlungen, die in der Grafik als rote Linie dargestellt sind. Es wird praxisnah davon ausgegangen, dass die Lohn-, Gehalts- und Sozialkosten größtenteils in der Mitte jeden Monats ausgezahlt werden. Der Gewinn ist am Ende die Differenz zwischen Preis und Kosten, hier vereinfacht zwischen Einzahlungen und Auszahlungen. Vereinbart ist eine Bauzeit von sechs Monaten. Die Bezahlung erfolgt zunächst in drei monatlichen Raten zu je 60.000 € sowie in vier monatlichen Raten zu je 30.000 € jeweils zum Monatsende. Die Einzahlungen durch den Kunden sind in der Grafik als dunkelgrüne Linie dargestellt. Zahlungsdifferenzen (rote Flächen) ergeben sich aus Einzahlungen minus Auszahlungen. Ist die Zahlungsdifferenz negativ, so besteht zusätzlicher Kreditbedarf. Ist die Zahlungsdifferenz positiv, so besteht ein (vorübergehender) Finanzierungsüberschuss (grüne Fläche). Die endgültige positive Zahlungsdifferenz, der Gewinn, in Höhe von +15.000 € wird erst ab August realisiert, über einen Monat nach Abschluss des Projektes. Durch eine vorausschauende Planung kann der Handwerker rechtzeitig mit seinem Kreditinstitut einen vorübergehenden maximalen Kreditbedarf Ende März von 58.000 € vereinbaren. 2) Leider aber kommt es meistens anders Angenommen, das beschriebene Projekt wird gestört. Diese Störungen können von außen hervorgerufen worden sein, etwa durch • fehlende Voraussetzungen seitens des Auftraggebers (zum Beispiel ist das Grundstück nicht zugänglich oder Vorleistungen anderer Unternehmen wurden nicht erbracht), • verspätete Planbeistellungen seitens des Auftraggebers (zum Beispiel durch Architekten), • angeordnete Änderungen seitens des Auftraggebers oder • höhere Gewalt (Wetter, Streik). • eine unzureichende Arbeitsvorbereitung, • fehlende Ablauf-Planung und –Kontrolle oder • unwirtschaftlicher Einsatz von Kapazitäten (Personal und Betriebsmittel). Durch die verschiedensten Störungen hat sich die Bauzeit im Beispiel von sechs auf elf Monate fast verdoppelt. Es entstehen Mehrkosten für den Handwerker von insgesamt 60.000 € (über 20 Prozent). Einzahlungen aus Kundenrechnungen / Auszahlungen für Kosten Interne, vom Handwerker selbst verursachte Störungen wären zum Beispiel 400.000 € negative Zahlungsdifferenz positive Zahlungsdifferenz Einzahlungen Auszahlungen 350.000 € 300.000 € 250.000 € 200.000 € 150.000 € 100.000 € 50.000 € 0€ -50.000 € -100.000 € -150.000 € Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember Monat Projektmanagement für Handwerker: Seite 2 von 3 22.10.2007 C:\Daten\BiB\0-Allgemein\Dokumente\Zahlungsdifferenz-40.doc Beratungen im Bauwesen Diplom-Wirtschaftsingenieur Frank A. Bötzkes von der Ingenieurkammer Niedersachsen öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Bauablaufstörungen Julius-Leber-Straße 50, 38116 Braunschweig Tel. 0531/51 61 530, Fax 0531/51 61 536 Internet: www.Boetzkes.de, E-Mail: [email protected] Im Beispiel wird angenommen, dass der Handwerker dafür vom Auftraggeber eine zusätzliche Vergütung von 30.000 € durch einen detaillierten Nachweis wegen der externen Störungen erhält. Die blauen Zackenpfeile an der roten Auszahlungskurve zeigen die Störungen am Projekt. Dadurch zahlt der Auftraggeber weniger und später als geplant. Entsprechend dem langsameren Baufortschritt werden zwar anfangs Personal-, Betriebsmittel- und Materialkosten eingespart, welche zu einem vorübergehenden Zahlungsüberschuss führen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Störungszeiten insgesamt wesentlich höhere Aufwendungen nötig werden. Diese schleichenden Mehrkosten werden meist viel zu spät erkannt und können bis zur Fertigstellung des Projektes nicht mehr ausgeglichen werden. Im obigen Beispiel ergibt sich im Dezember ein Verlust von −30.000 € und eine maximale negative Zahlungsdifferenz Ende November von −140.000 €. Damit entstehen Zinskosten (10 %) in Höhe von 4.471 €. 2 Sie sind in den kalkulierten Gemeinkosten nicht berücksichtigt gewesen. Ein baubegleitendes Projektmanagement hätte die Störungen und Mehrkosten nachgewiesen und den erhöhten Kapitalbedarf frühzeitig erkennbar und vom Auftraggeber verursachte Mehraufwendungen auch fakturierbar gemacht. Insgesamt kostet das gestörte Projekt 360.000 €, statt wie geplant 300.000 €. Es sind also Mehrkosten in Höhe von 60.000 € zu verkraften, von denen im Beispiel nur 30.000 € durch zusätzliche Einzahlungen gedeckt werden konnten. Dies ist allerdings nur unter der Voraussetzung möglich, dass dem Auftraggeber genau nachgewiesen werden kann, dass er die Störungen selbst verursacht hat. Sonst müsste der Handwerker die Mehrkosten alleine tragen! 3) Fazit Aus dem vorliegenden Beispiel wird klar ersichtlich, welchen massiven Einfluss Störungen im Projektablauf auf die Zahlungsdifferenzen haben. Da Handwerker üblicherweise mehrere Baustellen zeitlich parallel bearbeiten, überlagern sich die Zahlungsdifferenzen der einzelnen Projekte zu einer Gesamt-Zahlungsdifferenz des Betriebes, dem Gesamtkapitalbedarf. Übersteigt der Kapitalbedarf die Liquidität, so ist das Unternehmen plötzlich zahlungsunfähig. Solch eine Krise kann selbst bei bester Auftragslage eintreten! Da Handwerksbetriebe meist nur über ein bescheidenes Eigenkapital verfügen und daher keine weiteren Sicherungsmöglichkeiten für Kredite bestehen, steht der Handwerker vor dem Verlust seiner Zahlungsfähigkeit. Durch das neuartige Projektmanagement aber kann der Handwerker seinen Kapitalbedarf präzise im Voraus planen und wird vor der Insolvenz bewahrt. So kann er im Beispiel bereits zwei Monate nach Baubeginn feststellen, dass über den geplanten maximalen Kapitalbedarf von 58.000 € ein zusätzlicher Bedarf von 140.000 € acht Monate später entsteht. Gemeinsam mit dem finanzierende Kreditinstitut kann jetzt entschieden werden, wie dieser zusätzliche Kapitalbedarf abgesichert werden kann. Damit gewinnt der Handwerker nicht nur an Sicherheit bei der Planung und Abrechnung seiner Projekte – er kann sich nun stärker seinen eigentlichen Aufgaben zuwenden und steigert in Folge nicht zuletzt auch die Qualität seiner Arbeit. Gezielte Schulungen seiner Mitarbeiter können ihn dabei wirksam unterstützen. 2 Diese Zinskosten wurden tagesgenau ermittelt, jedoch ohne Berücksichtigung von Zinseszinsen. Projektmanagement für Handwerker: Seite 3 von 3 22.10.2007 C:\Daten\BiB\0-Allgemein\Dokumente\Zahlungsdifferenz-40.doc
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