„Pädagogik ist nicht wie Kuchen backen“ - Pädagogische

CAMPUS
Rhein Main Presse
Rhein Main Presse
Mittwoch, 2. Februar 2011
PINNWAND
Dr. Puchta neuer
Honorarprofessor
MANNHEIM (mab). Dr. Josef
Puchta, Administrativ-kaufmännischer Stiftungsvorstand des Deutschen
Krebsforschungszentrums
Heidelberg, ist neuer Honorarprofessor der Hochschule Mannheim. Damit werden sein großes Engagement
als langjähriger Lehrbeauftragter sowie seine Verdienste für die Unterstützung der Hochschule im wissenschaftlichen Raum gewürdigt.
Götterschlaf
im Westend
FRANKFURT (mab). Der flämische Schriftsteller Erwin Mortier liest
am Freitag, 4. Februar, um 19.30 Uhr
aus seinem preisgekrönten Roman
„Godenslaap“. Veranstaltungsort
der Lesung ist der Campus Westend,
Casino, Raum 1.801. Mortier liest
auf Niederländisch, Prof. Robert Seidel die entsprechenden Passagen
aus der Übersetzung „Götterschlaf“.
Konzert im
Schlossgraben
DARMSTADT (mab). Das Orchester der TU Darmstadt, das seit
Beginn des Wintersemesters unter
Leitung von Christian Weidt spielt,
lädt am Samstag, 5. Februar, zum
Konzert im Darmstadtium (Schlossgraben 1). Karten kosten 13, ermäßigt 6 Euro und sind im Vorverkauf
im Darmstadt Shop im Luisencenter
sowie an der Abendkasse erhältlich.
Beginn um 19.30, Einlass ab 19 Uhr.
FH Bingen:
Jetzt bewerben
BINGEN (mab). In den Bachelorstudiengängen Agrarwirtschaft, Bioinformatik, Elektrotechnik, Informatik und dem ausbildungsintegrierten
Studiengang Prozesstechnik nimmt
die Fachhochschule Bingen zum
Sommersemester 2011 Erstsemester
auf. Zulassungen im ersten Semester
sind ebenfalls möglich in den Masterstudiengängen Elektrotechnik,
Energie-, Gebäude- und Umweltmanagement sowie Landwirtschaft und
Umwelt. Die Bewerbungsfrist endet
für die Bachelorstudiengänge am
Dienstag, 15. Februar, für die Masterstudiengänge am Montag, 28. Februar. Die Vorlesungen beginnen am
Montag, 14. März. Informationen
unter www.fh-bingen.de oder bei
der Zentralen Studienberatung der
FH Bingen, Telefon 0 67 21 / 40 93 86,
E-Mail [email protected].
„nah und fern“ –
Haiku & Musik
WIESBADEN (mab). Unter dem
Titel „nah und fern“ liest Prof. Dr. Rita Rosen, Kulturbeauftragte der
Hochschule RheinMain, eigene Gedichte und Haiku. Begleitet wird sie
am Klavier und Akkordeon von Edda
Heine. Die Veranstaltung findet am
Dienstag, 8. Februar, 19.30 Uhr, im
Literaturhaus Villa Clementine,
Frankfurter Straße 1, statt. Eintritt
acht, ermäßigt sieben Euro.
Online-Zuhause
für Semesterticket
MAINZ (mab). Der AStA der Uni
Mainz hat seine Internetpräsenz
unter www.asta-uni-mainz.de erneuert. Parallel dazu gibt es nun eine
neue Homepage für das Semesterticket: www.semesterticket-mainz.de.
Neben Informationen finden Studierende hier in künftig eine Möglichkeit, dessen Rückerstattung online
zu beantragen.
„Pädagogik ist nicht
wie Kuchen backen“
STUDIENCHECK In Heidelberg lernen Studierende für die Arbeit mit Straßenkindern
Von
Janina Plato
HEIDELBERG. In den Augen
von Severino liegt ein fröhliches Funkeln. Seine braunen
Locken wippen beim Erzählen
und er verbreitet eine gewisse
Heiterkeit im Raum. Dabei ist
das, womit sich der 29-Jährige
seit Jahren beschäftigt, wirklich
kein lustiges Thema.
Der Brasilianer studiert Straßenkinderpädagogik an der Pädagogischen Hochschule (PH)
in Heidelberg. „Der Masterstudiengang ist im deutsch-sprachigen Raum einmalig“, erklärt
Studiengangleiter Klaus-Dieter
Hupke. Die Studenten werden
für die Arbeit mit Kindern auf
der Straße oder in armen Verhältnissen sensibilisiert, sie lernen die historischen und aktuellen Lebensbedingungen von
Straßenkindern weltweit kennen, beschäftigen sich mit Forschungsmethoden und entwickeln auch Bildungsangebote
für die Betroffenen.
Der Fokus wird dabei nicht
nur auf das Ausland, sondern
auch auf benachteiligte Kinder
in Deutschland gelegt. „Für
mich ist der Studiengang eine
große Chance, um Neues zu
lernen“, erklärt Severino. Wie
die meisten seiner Kommilitonen hat er bereits Erfahrungen
mit Straßenkindern gesammelt.
Während seines Lehramtsstudiums in Brasilien hat er für ein
Straßenkinder-Projekt vor Ort
gearbeitet. „Wir haben Essen
verteilt, Anziehsachen gewa-
MEIN STUDIUM
UND ICH
Teil 1: Straßenpädagogik
schen, Probleme mit der Polizei
gelöst und den Kindern schreiben beigebracht“, erzählt der
gebürtige Brasilianer.
Da es sich um ein deutsches
Projekt handelte, bekam Severino 2004 die Möglichkeit, nach
Deutschland zu kommen und
hier ein Jahr in einem Heim zu
arbeiten. „In dieser Zeit habe
ich meine jetzige Frau kennengelernt“, erzählt der 29-Jährige
und strahlt. Sein Studium hat
er danach in Brasilien beendet und ist 2007 nach
Deutschland zurückgekehrt. „Für mich war
klar, dass ich weiterhin in der Branche
arbeiten möchte –
da war der Studiengang in Heidelberg
genau
das Richtige“, erklärt der Student
im 3. Semester. Das
Besondere sei nicht nur
die intensive Auseinandersetzung mit dem schwierigen Thema, sondern vor allem der Austausch mit anderen Studenten.
„Sie kommen aus den unterschiedlichsten Ländern wie Usbekistan, Kolumbien, Schweiz,
den USA, der Türkei und natürlich aus Deutschland“, zählt Severino die Heimatländer seiner
Kommilitonen auf.
Einer von ihnen ist Eduardo
aus Chile. Der 29-Jährige hat
ebenfalls ein Lehramtsstudium
absolviert, in Deutschland und
der Schweiz im sozialen Bereich gearbeitet und nutzt den
Masterstudiengang jetzt, um
Kontakte zu knüpfen. „Ich
möchte wieder zurück
nach Chile gehen –
und dort im präventi-
ven Bereich arbeiten“, erzählt
er. Sein Ziel ist es, ein Netzwerk in den lateinamerikanischen Ländern aufzubauen, das
sich mit vereinten Kräften für
benachteiligte Kinder einsetzt.
Eines steht fest: Ohne Idealismus, die feste Überzeugung,
mit dem eigenen Einsatz etwas
erreichen zu können und die
Bereitschaft, sich für seine Mitmenschen einzusetzen, entscheidet sich wohl niemand für
den Masterstudiengang in Heidelberg. Es gibt nämlich neben
der schwierigen Thematik auch
zwei ganz handfeste
Probleme zu bewältigen: „Pro
Semester be-
tragen die Studiengebühren
1 800 Euro“, erklärt Studiengangleiter Hupke. Das ist viel
Geld für die Studenten. „Die
meisten haben Nebenjobs oder
nehmen wie ich einen Kredit
auf“, erklärt Severino.
Erschwerend kommt hinzu,
dass der zweite Teil des Studiums in Freiburg absolviert
wird. Grund ist die Kooperation der PH Heidelberg und
der Ruprecht-Karls-Universität
Heidelberg mit der PH Freiburg und der Albert-LudwigsUniversität Freiburg. „Die meisten von uns pendeln. Das ist
zum Glück meist nur an zwei
Tagen in der Woche nötig, da
wir die Vorlesungen und Seminare gebündelt legen konnten“,
erklärt Eduardo.
Die finanzielle und die räumliche Hürde sind wohl Hauptgründe dafür, dass der Masterstudiengang aktuell nur 17 Studenten zählt. „Je weniger Studenten wir haben, desto höher
sind die Studiengebühren, desto weniger Studenten gibt es“,
beschreibt Hupke den Teufelskreis. Seit dem Wintersemester
2007/2008 gibt es die Straßenkinderpädagogik als eigenständigen Studiengang. Im nächsten Wintersemester wird der
fünfte Studienjahrgang starten.
Dafür kann man sich bereits
jetzt an der PH Heidelberg bewerben. „Wie es mit dem Masterstudiengang langfristig weitergeht, hängt vor allem von
der Entwicklung der Studierendenzahlen ab“, erklärt Hupke.
Aktuell gebe es auch Überlegungen, die Straßenkinderpädagogik als Schwerpunktprofil
in die Bildungswissenschaften
zu integrieren.
Als Dozenten lehren derzeit
rund zwölf Professoren verschiedener Fachbereiche. Viele
von ihnen sind Theologen. „Es
gibt keine gelernten Straßenkinderpädagogen. Sie werden
durch das Studium quasi aktuell erst ausgebildet“, erklärt Hupke, der selbst Geograph ist und in diesem
Bereich auch Vorlesungen für
die Mas-
Spiele mit den Kids
(oben), büffeln mit
den Großen: Der Job
der Pädagogen ist
vielfältig. Fotos: privat
Bearbeitung: Julia Niss
8
WER, WIE, WAS?
.Alles auf einen Blick: Der
international
ausgerichtete
Masterstudiengang „Kinderstraßenpädagogik“ ist ein Vollzeitstudium (4 Semester). Studienorte sind die PH Heidelberg
und die PH Freiburg. Zum Studienabschluss wird der Master
of Arts (M.A.) verliehen. Studienbeginn ist jährlich zum
Wintersemester. Es gibt jeweils
35 Studienplätze. Die Studiengebühren betragen pro Semester 1 800 Euro.
.Voraussetzungen: Ein abgeschlossenes Grundstudium an
einer deutschen oder ausländischen Hochschule. Ausländische Studierende müssen eine
Sprachprüfung in Deutsch ablegen. Es wird ein Aufnahmegespräch mit dem Studiengangleiter geführt.
.Das kann ich werden: Mitarbeiter bei der Freien Wohlfahrt, bei Nichtregierungsorganisationen, in der staatlichen
Entwicklungshilfe, in der kommunalen & kirchlichen Jugendhilfe, in entsprechenden Projekten, Lehrer an Brennpunktschulen (nur mit vorigem Lehramtsstudium), Sozialarbeiter.
.Kontakt: Kompetenzzentrum
Straßenkinderpädagogik an der
Pädagogischen
Hochschule
Heidelberg, Zeppelinstraße 3
(Hinterhaus), 69120 Heidelberg, Telefon: 0 62 21 / 47 76 50
und -6 51, Mail: strassenkinder
@ph-heidelberg.de, Internet:
www.ph-heidelberg.de;
www.patio13.de
v
Ein Video über die Mannheimer
Straßenschule, in der Studierende aus Heidelberg mit jungen
Menschen arbeiten, findet Ihr
online: www.allgemeinezeitung.de/video
terstudenten anbietet. Der einzige Fachmann ist Dr. Hartwig
Weber. Der Theologieprofessor
im Ruhestand hat den Studiengang gegründet. „Der Einsatz
für Straßenkinder ist sein Lebenswerk“, erklärt Hupke.
Vor knapp elf Jahren hat Weber das Straßenkinder-Projekt
„patio 13“ in Kolumbien gegründet. Daraus ist die Idee des
Studienganges entstanden, der
Fachleute für die sehr subjektive und spezielle Thematik ausbilden soll. Denn: Jedes Kind,
jedes Land ist unterschiedlich –
überall gibt es eigene Probleme.
Oder wie Severino es beschreibt: „Pädagogik ist nicht
wie Kuchen backen. Es gibt
kein Patentrezept.“
Farewell, London! Until we meet again...
ABSCHIED Nach sechs Monaten auf der Insel kehrt unser Kolumnist Fabian Scheuermann nach Mainz zurück
Von
Fabian Scheuermann
LONDON. Schnell ist der Koffer gepackt und schnell ist er
übervoll. Ein halbes Jahr fern
der Heimat wiegt schwer – und
in meinen Koffer gestopft
schleppe ich es die sechs Etagen des Hostels hoch, in dem
ich die letzten Tage meines
Auslandssemesters verbringe.
Während ich so auf das Freiwerden der Etagendusche warte, merke ich, wie unglaublich
schnell doch dieses halbe Jahr
mit all seinen Eindrücken an
mir vorbeigerauscht ist. An die
Kombination aus eisigem Wind
und zittrig-nackten Beinen hab’
ich mich mittlerweile zwar gewöhnt – doch die Blutwurstbro-
LONDON
CALLING
cken meiner (Ex-)Mitbewohner
mögen mir auch nach 150 Tagen Dauerpräsenz (und -geruch) noch nicht so richtig reingehen. Vielleicht rührt das Ge-
fühl, irgendwie noch viel zu wenig von dieser spannenden
Stadt mitbekommen zu haben,
ja einfach daher, dass die Industriebrachen rund um meinen Campus eher einem Duisburger Vorort gleichen, denn
der pulsierenden Metropole
London. Vielleicht liegt es aber
auch einfach am schier unendlichen Kulturangebot der Stadt,
welches die Grenzen des Begreifbaren täglich bei weitem
überschreitet: Mit dem Besuch
von Ausstellungen für moderne
Kunst alleine könnte man
wahrscheinlich schon die meisten Wochenenden des Jahres
füllen. Vielleicht aber sind es
genau solche Gedanken, die
einem das flaue Gefühl des Etwas-verpasst-habens überhaupt
erst in den Kopf setzen. Muss
man wirklich alles sehen?
Ich denke nein, alleine schon
deswegen, weil das schlichtweg
nicht geht. Lustigerweise ist es
nun ausgerechnet der ansonsten eher unerfreuliche Umstand des Knapp-bei-Kasseseins, der mich das Ende meiner Englandzeit ziemlich ent-
spannt genießen lässt: Wer hätte gedacht, dass ich der erst für
Mai (!) angesetzten zweiten
Erasmus-Rate doch noch etwas
Positives abgewinnen kann?
Kaum noch Pfund in der Tasche? Dann fahre ich eben Bus,
erkunde mit einem Kaffee in
der Hand zu Fuß die Stadt und
lerne Menschen auf der Straße
kennen. Jetzt heißt es ran an
die ungelesenen Bücher und
ungeschriebenen Texte.
Wo die Zeit nur geblieben ist,
weiß ich zwar immer noch
nicht, aber die Wichtigkeit
einer Antwort darauf rückt für
mich langsam in den Hintergrund. Ich hatte eine großartige
Zeit, bin spannenden Menschen begegnet, habe neue
Ideen kennengelernt – und
freue mich jetzt auf Zuhause,
auf meine Freunde und darauf,
das Erfahrene endlich in Kontext setzen zu können.
Verheißungsvoll glänzt am
Horizont der Kerosinschweif
eines Fliegers und gespannt
geht es morgen wieder heim.
Cheers Mates! Der Auslandskolumnist sagt „Bye“.
KONTAKT ZU CAMPUS
Ihr habt Fragen zu
Campus, Themenideen, Kritik, Lob?
Ihr wollt gerne bei
uns mitarbeiten,
etwas über eure
Studienbedingungen erzählen – oder einfach eure Meinung loswerden? Dann meldet euch!
Ansprechpartnerin: Mara Braun, E-Mail
[email protected] oder telefonisch
unter 0 61 31 / 48 58 62.
f
Campus Leben
©.
Bleibende Eindrücke: Schnee im Januar, das leergeräumte Wohnheimzimmer, Englisches Frühstück und der Blick vom Campus bei Farbspielen in Flieder. Bye, bye London!
Verlagsgruppe Rhein Main GmbH & Co. KG 2003-2010 / Erstellt von VRM am 02.02.2011
Fotos: Fabian Scheuermann