3,30 Euro N R . 16 R D3499C 22.4.2012 HERAUSGEGEBEN VON WERNER D’INKA, BERTHOLD KOHLER, GÜNTHER NONNENMACHER, FRANK SCHIRRMACHER, HOLGER STELTZNER Mormonen Bundesliga Herdprämie Eine Frau, ein Buch Auf Romneys Spuren Köln – Stuttgart ............................. 1:1 Berlin – K’lautern ......................... 1:2 Nürnberg – Hamburg ................. 1:1 Bremen – München ................... 1:2 Hoffenheim – Leverkusen ......... 0:1 Dortmund – M’gladbach ........... 2:0 Was Frauen wollen FEUILLETON, S. 25 G E S E L L S C H A F T, S . 4 8 S P O R T, S . 1 3 - 2 0 W I R T S C H A F T, S . 3 1 Kristina Schröder Gelb regiert Man kann sich ja glatt daran gewöhnen, dass Dortmund schon wieder Meister geworden ist. Kann gerne so weitergehen mit den Schwarz-Gelben. Selbst die drücken am Mittwoch den Roten, den Münchner Bayern, die Daumen. Dann steigt das Spektakel in Madrid. Und wir sind ein einig Fußball-Land. Foto Hans Starck Millionenstrafe droht Was wird aus der EM? Vorratsdaten: „Merkel soll auf den Tisch hauen“ Die Uefa gerät wegen Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine unter Druck ash./T.G. Frankfurt. Zwei Monate vor dem Beginn der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine wächst der politische Druck auf den Europäischen Fußball-Verband (Uefa) und seinen Präsidenten Michel Platini. Es geht um die von der EU und der Bundesregierung beklagten Menschenrechtsverletzungen im Gastgeberland Ukraine, insbesondere um den Umgang mit der früheren Regierungschefin Julija Timoschenko. „Herr Platini hat sich bislang einen schlanken Fuß gemacht, wenn es um die politischen Missstände in der Ukraine ging. Stattdessen sollte er die ganze Macht der Uefa einsetzen, um darauf hinzuwirken, dass die schwerkranke Frau Timoschenko noch vor der EM aus der Haft entlassen wird“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), der F.A.S. Auch der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Wolfgang Niersbach, verwies auf die Verantwortung der Uefa. „Selbstverständlich verfolgen auch wir beim DFB die Situation in den Ländern, in denen wir zu Gast sind“, sagte Niersbach der F.A.S. „Ich denke, dass hier die Uefa als Veranstalter der Euro 2012 und somit Vertragspartner der Regierung der Ukraine erster Ansprechpartner sein muss. Unabhängig davon setzen wir uns im Rahmen der Möglichkeiten, die ein Sportverband besitzt, für eine strikte Beachtung der Menschenrechte und Meinungsfreiheit, den Schutz von Minderheiten und die Unabhängigkeit der Justiz ein“, äußerte Niersbach weiter. Er bestätigte, dass sich der DFB in dieser Frage mit Löning und dem Auswärtigen Amt abstimme. Uefa-Präsident Platini wies die Vorhaltungen zurück. „Die Uefa ist keine politische Institution und wird nie eine sein. Dafür ist eine Schlimme Heime Missbrauch in der DDR. Der Fall Mannschatz lyr. Berlin. Der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, fordert eine umfangreiche Aufarbeitung des Missbrauchs in DDR-Heimen. Dies sei „dringend erforderlich“, man dürfe die DDR-Heimkinder nicht aus dem Blick verlieren, sagte Rörig der F.A.S. In der DDR seien Kinder „separiert, arrestiert, geschlagen, missbraucht, unter haftähnlichen Bedingungen weggesperrt worden“. Das dürfe nicht verharmlost werden. Vor kurzem wurde bekannt, dass die Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit und Diakonie in Hamburg einen Vortrag von Eberhard Mannschatz in ihre Lehrmaterialien aufgenommen hat. Darin verharmlost Mannschatz die „angeblich rigiden Erziehungsmethoden“ in den Heimen der DDR. Mannschatz war im DDR-Volksbil- dungsministerium als Abteilungsleiter für Jugendhilfe auch für den geschlossenen Jugendwerkhof Torgau verantwortlich. Dort wurden die Menschenrechte der Jugendlichen schwerwiegend verletzt. Der sächsische Stasi-Unterlagen-Beauftragte Lutz Rathenow fordert den Rektor und das Kuratorium der Evangelischen Hochschule auf, Mannschatz keine Plattform mehr zu bieten. Rathenow sagte dieser Zeitung: „Mit so einer Ahnungslosigkeit und Naivität macht man sich zum Multiplikator von DDR-Geschichtsverdrängung.“ Er bemängelt eine Leerstelle in der Forschung. „Von Seiten der westdeutschen soziologischen Forschung gibt es da keine Hilfe. Man hat sich in Studien zu oft von Echos der DDR in Form ihrer Verlautbarungen, Absichtserklärungen und Lehrbücher blenden lassen.“ Siehe Seite 5 EM immer ein großes europäisches Festival, das Kontakte, den Austausch und Diskussionen auf allen Ebenen fördert.“ Nach Informationen dieser Zeitung will die Uefa Mitgliedsverbände, deren Teams bei der EM mitspielen, dazu anhalten, diese Haltung zu übernehmen. Mehrere deutsche Politiker zeigten sich gegenüber der F.A.S. besorgt darüber, dass der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch die EM nutzen werde, um seine Isolation in der EU zu durchbrechen. „Den Handelnden in DFB und Uefa muss klar sein, dass Herrn Janukowitsch keine Bühne gegeben werden darf. Er darf aus diesem Ereignis keine Legitimation schöpfen für die Unterdrückung der Opposition“, sagte der CDU-Europa-Abgeordnete Elmar Brok. „Wenn deutsche Politiker zu Spielen in der Ukraine fahren, sollten sie um eine Besuchserlaubnis bei Frau Timoschenko und den anderen Oppositi- onspolitikern im Gefängnis bitten“, forderte Brok. Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann sprach sich gegen einen Boykott der EM aus, weil der weniger das Regime treffen würde als die Sportler und Fans. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Kanzlerin neben Herrn Janukowitsch auf der Tribüne sitzt, solange kein faires Verfahren gegen Frau Timoschenko gewährleistet ist“, sagte Wellmann. Der menschenrechtspolitische Sprecher und Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, sagte, Frau Merkel solle Frau Timoschenko im Gefängnis besuchen, bevor sie ins Stadion gehe. „Ich erwarte lautstarke Kritik von den Sportlern, den Funktionären und von unserer Regierung. Die einzige Chance besteht darin, die Probleme des Landes in den Mittelpunkt zu rücken und dem Regime einen Image-Erfolg zu verweigern“, fuhr Beck fort. FDP schließt die Reihen „Nicht aufschieben“ cho. Karlsruhe. Auf dem Bundesparteitag der FDP in Karlsruhe ist es am Samstag nicht zu der befürchteten Abrechnung mit dem Parteivorsitzenden Philipp Rösler gekommen. Trotz der andauernden Krise der Liberalen gelang es angesichts der bevorstehenden Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, den Eindruck von Geschlossenheit zu wahren. Patrick Döring wurde, von Rösler vorgeschlagen, mit dem mageren, aber nicht katastrophalen Ergebnis von 72 Prozent zum Generalsekretär gewählt. Rösler rief die Delegierten zur Standhaftigkeit auf: „Man kann Wahlen und Ämter verlieren, aber man darf nicht seine Überzeugung verlieren.“ Der nordrhein-westfälische Spitzenkandidat Christian Lindner kritisierte die schwarz-gelbe Bundesregierung. Diese habe „manche enttäuscht“. Siehe Seite 10 Die zu einer Haftstrafe von sieben Jahren verurteilte Timoschenko wurde am Freitagabend in ein Krankenhaus nahe ihrem Gefängnis in Charkiw verlegt. Sie hatte sich bis dahin geweigert, dort behandelt zu werden. Eine Ausreise nach Deutschland, für die sich die Bundesregierung eingesetzt hatte, lehnten die ukrainischen Behörden ab. In Charkiw findet das Gruppenspiel Deutschland gegen Holland statt. Nach Informationen dieser Zeitung hat sich kein einziges Mitglied der Bundesregierung als Zuschauer für dieses Spiel angemeldet. Hingegen liegen für die Begegnung zwischen Deutschland und Portugal in Lemberg, einer Hochburg der Opposition, schon fünf Anmeldungen vor. „Die Bundesregierung ist sich der politischen Brisanz bewusst und wird verantwortlich damit umgehen“, sagte der Menschenrechtsbeauftragte Löning. Siehe Seite 10 Bundesbank fordert Südeuropa zum Sparen auf sibi. Frankfurt/Washington. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat die Staaten Südeuropas aufgefordert, bei ihren Sparanstrengungen nicht nachzulassen. „Die großzügige Liquiditätsversorgung durch das Eurosystem darf nicht MIT RHEIN–MAIN–SEITEN Ohne Rückhalt: Kultusministerin Dorothea Henzler tritt ab 8 Seiten Berichte aus der Region dazu führen, dass Banken oder Regierungen notwendige Anpassungen aufschieben“, sagte Weidmann der F.A.S. am Rande der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank. „Die Banken Europas müssen ihre Bilanzen bereinigen und ihr Eigenkapital stärken. Regierungen müssen Strukturreformen zügig umsetzen und ihre Haushalte glaubwürdig konsolidieren.“ Der Währungsfonds und die Finanzminister und Notenbankgouverneure der G-20-Staaten hatten schon am Freitag beschlossen, die Finanzmittel des IWF um mehr als 430 Milliarden Dollar aufzustocken. Kanada hatte sich mit seiner Position, im Gegenzug ein Vetorecht der außereuropäischen Staaten bei der Vergabe von Hilfen an notleidende Euroländer einzuführen, nicht durchsetzen können. Der britische Schatzkanzler George Osborne sah sich deshalb am Samstag erheblicher Kritik im eigenen Land ausgesetzt: Konservative Parteikollegen und die Labour-Opposition warfen ihm vor, er binde die Steuerzahler an weitere Zahlungen für die Eurozone. Siehe Seite 41 mwe./nbu. Berlin/Brüssel. Der Bundesrepublik Deutschland drohen Strafzahlungen in Millionenhöhe, wenn die Regierungskoalition bis kommenden Donnerstag kein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auf den Weg bringt. Die EU-Kommission hatte diese Frist für die Umsetzung einer EU-Richtlinie gesetzt. Sowohl Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) als auch Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) haben deutlich gemacht, dass sie sich bis dahin nicht einigen werden. In Brüssel wird erwartet, dass die Kommission rasch Klage beim Europäischen Gerichtshof einreicht. In der Bundesregierung wird bei einer Verurteilung mit einem pauschalen Strafbetrag von 32,5 Millionen Euro für die Nichtumsetzung gerechnet, außerdem mit Zwangsgeld von 80 000 Euro für jeden weiteren Tag, an dem Deutschland säumig ist. Es wäre das erste Mal in der Geschichte der EU, dass Deutschland eine Strafzahlung leisten muss. Der CDU-Innenpolitiker Reinhard Grindel forderte Leutheusser-Schnarrenberger auf, ihren Widerstand aufzugeben. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Verfassungsministerin Strafzahlungen aus ideologischen Gründen in Kauf nehmen wird“, sagte Grindel der F.A.S. Die SPD kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dafür, dass sie den Konflikt zwischen Friedrich und Leutheusser-Schnarrenberger nicht ge- Niederlande vor Neuwahl anr. Frankfurt. Die Minderheitsregierung des rechtsliberalen Ministerpräsidenten Mark Rutte hat keine Mehrheit für einen Sparhaushalt. Der euroskeptische Politiker Geert Wilders, der das Kabinett bisher stützte, sagte am Samstag nach wochenlangen Krisengesprächen, er wolle sich dem „Diktat von Brüssel“ nicht fügen, das Etatdefizit zu drücken. Rutte sagte, nun seien Neuwahlen wahrscheinlich. Fremd in Bayern Des Gärtners Fluch Abweichler Matthias Brandt staunt über den Süden Deutschlands und komische Kommissare. Feuilleton, Seite 29 Die gedankenlose Verschwendung von Torf bedroht das Weltklima. Wissenschaft, Seite 55 Norbert Lammert über das Rederecht im Bundestag. Politik, Seite 2 löst habe. „Angela Merkel steht machtlos daneben, während der Streit immer weiter eskaliert“, sagte der SPD-Politiker Thomas Oppermann der F.A.S. „Es gibt wenig Schlimmeres für einen Regierungschef, als wenn die eigenen Minister öffentlich Missachtung demonstrieren“, so Oppermann. Der Rechtspolitiker Burkhard Lischka (SPD) sagte: „Wir haben seit zwei Jahren eine Situation, in der sich eine Ministerin und ein Minister als politikunfähig erweisen. Angesichts von Strafzahlungen, die den Steuerzahler Millionen kosten, ist es Zeit, dass die Bundeskanzlerin endlich auf den Tisch haut.“ In der Union wird erwartet, dass die Bundesjustizministerin im Streit um die Vorratsdatenspeicherung erst im Zuge eines Sanktionsverfahrens einlenken wird. Dieses wird durch die EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof eingeleitet. Die Höhe der Strafe, die von den Richtern verhängt werden kann, hängt von der Schwere des Verstoßes, seiner Dauer und der Größe des Mitgliedslandes ab. Für Deutschland beträgt der Pauschalbetrag mindestens 11,12 Millionen Euro. Das Zwangsgeld liegt zwischen 13 436 und 807 786 Euro am Tag. Bis eine Entscheidung fällt, könnte die Bundesregierung allerdings schon außer Amtes sein. Verhandlungen über Vertragsverletzungsverfahren dauerten im Schnitt bisher zwanzig Monate. Wetter Es bleibt unbeständig. Sonne, heftige Schauer, örtlich Gewitter – alles ist möglich. Die Temperaturen steigen auf zehn bis 16 Grad. Seite 46 Abonnentenservice: 0180-2344677* Probe-Abonnement: 0180-25252* *(6 Cent pro Anruf aus dem dt. Festnetz, aus Mobilfunknetzen max. 42 Cent pro Minute) Im Internet: www.faz.net/leserportal Impressum 9 Fernsehen 30 Leserbriefe 32 Börsen 44 Rätsel 54, 57 Herzblatt 54 Belgien 3,60 €; Griechenl. 4,10 €; Luxemburg 3,60 €; Niederlande 3,60 €; Österreich 3,60 €; Frankreich 4,10 €; Italien 4,10 €; Portugal (Cont.) 4,10 €; Schweiz 5,30 sfrs; Spanien, Balearen und Kanaren 4,10 €; Ungarn 920 Ft 4<BUADPU=jaddab>:x;V;p;m;r
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