MEDIA Der Außendienst spielt im Pharma-Marketing die dominierende Rolle in der Bewerbung verschreibungspflichtiger Medikamente. Wie aber sieht das bei Anzeigen in medizinischen Fachtiteln aus? Diese Frage erörtern Rudolf Webersinke, Marcus Leimeister und Hartmut Schickram. S ystematische und valide Evaluationen zum Stellenwert der Anzeige wurden für den deutschen Markt kaum veröffentlicht. Eine Studie zur Wirkweise der Anzeige in medizinischen Print-Titeln der LA-MED Kommunikationsforschung im Gesundheitswesen e.V. (LA-MED) von 1993 zeigt, Was bei Ärzten wirkt Zur Anzeigenwirkung im Pharmamarkt Fragestellungen und Datenbasis Anzeigen und Außendienst sind unbestritten wichtige Bestandteile des er- 54 esearch & esults 5 · 2009 folgreichen Marketing-Mix. In ihrer Funktion sind sie unterschiedlich und sollten sich im Idealfall optimal ergänzen. In der vorliegenden Untersuchung ging es um zwei Fragestellungen: • Sind Anzeigenwirkungen auf den Umsatz konkret messbar? • Wie ist die Effizienz der Anzeige im Vergleich zum Außendienst? Die Analyse wurde auf Basis vorliegender Werbeinvestments und Marktanteilsentwicklungen verschiedener Medikamente aus unterschiedlichen Einsatzgebieten (Indikationen) durchgeführt. Für diese fanden im Beobachtungszeitraum von Februar 2005 bis Juni 2008 weitestgehend kontinuierlich Anzeigenwerbung und Außendienstbesuche statt, so dass eine aussagekräftige Datenmenge vorlag. Die Daten wurden nach Maßgabe des Anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikationsindexes (ATC-Code) Level 3 ausgewertet. Die Marktanteilsda- ten stammen vom Marktforschungsunternehmen Insight Health in Waldems-Esch, die Informationen zu den Werbeaufwendungen stellte die GfK Health Care, Nürnberg, zur Verfügung. Die statistischen Berechnungen und die Aufbereitung der Ergebnisse wurden von der GFD GmbH in Karlsfeld bei München durchgeführt. Die Methode Als Analysemethode wurde die multiple, lineare Regression gewählt, die es ermöglicht, den Einfluss ausgewählter unabhängiger Variablen (hier: Anzeigen- und Außendienst-Spendings) auf abhängige Variablen festzustellen. Die monatliche Marktanteilsentwicklung nach Umsatz wurde als Ziel-Parameter oder abhängige Variable gewählt, um komplett im monetären Bereich zu arbeiten. Unabhängige und somit beschreibende Merkmale waren die Anteile der Anzeigen- und AußendienstSpendings in den jeweiligen Indikationsgebieten. Die Untersuchung er- Foto: © P. Broze, Getty Images dass die Anzeige neben den Wirkungen auf Markenbekanntheit, Markenerinnerung und Markenbindung auch direkten Einfluss auf die Verordnung nimmt. Genaue Zahlen zur Umsatzbeeinflussung und Vergleiche zu anderen Marketinginstrumenten sind aber nicht enthalten. Studienergebnisse aus anderen Ländern sind aufgrund anderer Rahmenbedingungen nicht oder nur mit Einschränkungen auf den deutschen PharmaMarkt übertragbar. Eine groß angelegte US-Vergleichsstudie von Professor Scott Neslin zum Return on Investment (ROI) einzelner Marketinginstrumente wies einen positiven ROI für Fachanzeigen aus (2001). Die LA-MED nahm sich deshalb dieser wichtigen Frage im Rahmen einer explorativen Marktforschungsstudie im deutschen Pharma-Markt an. MEDIA Quelle: www.pharmafakt.de rücksichtigen, dass im Pharma-Markt aufAbb. 1 Kosten-Nutzen-Verhältnis zwischen Anzeigen und Außendienst grund seiner speziel13 len Gegebenheiten schnelle Umsatzbewegungen selten sind und daher der Vormonat bereits als Basis in großem Ausmaß das Niveau des Folgemo5 nats bestimmt. Der Effekt der Anzeige lag bei den API 1 1 bei etwa 20 Prozent des Außendienst Anzeige Einfluss Außendienst Einfluss Anzeige Kosten Außendienst Kosten effektes. Das ist insofern bemerkenswert, als die Spendings von Anzeigen im Vergleich zum AußenAnzeige auch und gerade im Pharmadienst im Allgemeinen deutlich niedriMarketing in puncto Effizienz nicht zu ger als 20 Prozent liegen. In der pharschlagen. mazeutischen Industrie entsprechen Die vorliegende Analyse ist ein erster die Ausgaben für den Außendienst zuSchritt die Anzeigenwirkung für den mindest dem Dreizehnfachen der Ausdeutschen Pharmamarkt im Vergleich gaben für Anzeigen, was einem prozu anderen Marketingtools zu validiezentualen Anteil des Anzeigen-Budren. Weitere Fragestellungen hierzu gets von etwa 7,6 Prozent entspricht sollten in der Folge detailliert unter(Quelle: GfK AG, Nürnberg). Das Kossucht werden: zum Beispiel sollten ten-Nutzen-Verhältnis der Anzeige ist Unterschiede zwischen Neueinführunsomit sehr gut (Abb.1). gen vs. eingeführten Produkten sowie Analysen unter Einschluss qualitativer Kriterien wie Anzeigengestaltung oder Konsequenzen für die Praxis Innovationsgrad der Produkte differenzierter bestimmt werden. Die Ergebnisse dokumentieren erstma■ lig einen konkret messbaren Einfluss der Anzeige auf die Umsatzentwicklung. Vergleicht man die KontaktkosRudolf Webersinke arbeitet ten mit denen des Außendienstes, weist seit elf Jahren in der GFD die Anzeige eine sehr günstige Kostenim Bereich MarktforNutzen-Relation auf: schung, Kundenberatung und Verkauf. Zuvor war er • Kosten pro Kontakt Außendienst etals Prokurist in einer Pharma-Werbewa 100,00 Euro Agentur für die Bereiche Media-, • Kosten pro Nutzer der FachzeitMarkt- und Werbeforschung sowie Meschrift /-Zeitung etwa 0,20 Euro (bei diaplanung verantwortlich. 1/1 4c-Tausend-Leser-Preis) www.pharmafakt.de Marcus Leimeister ist seit Die Ergebnisse sollten unter Ef fi 1996 bei MW Office in Iszienzgesichtspunkten dazu ermuntern, maning tätig und seit 2003 den Marketing-Mix bezüglich des Vereiner von zwei Agenturleihältnisses von Außendienst und Antern des Bereichs Media. zeigen zugunsten der Anzeige zu optiDer studierte Betriebswirt ist seit 2005 mieren: Bei gleichem Nutzen bedeutet Vorstandsmitglied der LA-MED. dies ein deutliches Einsparpotenzial im www.la-med.de Marketingbudget. Dabei gilt es aber Hartmut Schickram ist Geimmer die unterschiedlichen Funktioschäftsführer der SMRC nen beider Instrumente zu berücksichSchickram Marketing Retigen. Insbesondere wenn es darum search Consulting. Er vergeht, mit schneller „Drehzahl“ Neuigfügt über langjährige Erfahkeiten zu penetrieren oder ältere Prorung in der Marktforschung von namdukte durch permanente Wiederhohaften Pharmaunternehmen und ist seit lung der Kernbotschaften kostengünzwei Jahren freiberuflicher Marktforstig „Top-of-Mind“ zu halten, ist die schungsberater. folgte in zwei für das Pharmamarketing typischen Gruppen: • Niedergelassene Allgemeinmediziner, Praktiker und Internisten (API) – 11 Produkte • Niedergelassene Fachärzte (Dermatologen, Gynäkologen, Neurologen und Orthopäden) – 52 Produkte über alle 4 Fachkreise verteilt Anzeigen beeinflussen den Umsatz Die Studienergebnisse zeigen, dass Außendiensteinsatz und Anzeigen einen signifikanten Einfluss auf den Marktanteil eines Arzneimittels und damit auch auf den Umsatz haben. Sie bestätigen eindeutig die Ergebnisse der US-Studie von Neslin für den deutschen Pharma-Markt. In beiden Zielgruppen konnte ein hoch signifikanter Einfluss der zwei Marketingwerkzeuge bestimmt werden. So waren im APIBereich 35,9 Prozent der Umsatzbeeinflussung auf Außendienst und Anzeige zurückführbar, im Facharztbereich waren es 36,4 Prozent. Diese Werte sind vergleichsweise hoch und aussagekräftig, wenn bedacht wird, dass wichtige Einflussgrößen wie Produktqualität, Preis oder der Einfluss politischer Faktoren nicht in die Betrachtung einbezogen wurden. Weiterhin ist zu be- 5 · 2009 esearch & esults 55
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