State-of-the-Art-Referat: Kinderschutzstandards in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Was haben die Missbrauchsdebatte und das Kinder- und Jugendhilfegesetz verändert? Jörg M. Fegert, Ulm XXXIII DGKJP Kongress, Rostock 2013 Offenlegung möglicher Interessenkonflikte In den letzten 5 Jahren hatte der Autor (Arbeitsgruppenleiter) – Forschungsförderung von EU, DFG, BMG, BMBF, BMFSFJ, Ländersozialministerien, Landesstiftung BaWü, Volkswagenstiftung, Europäische Akademie, Päpstliche Universität Gregoriana, RAZ, CJD, Eli Lilly research foundation, Janssen Cilag (J&J), Medice, Celltech/UCB – Reisebeihilfen, Vortragshonorare, Veranstaltungsund AusbildungsSponsoring von DFG, AACAP, NIMH/NIH, EU, Vatikan, Goethe Institut, Pro Helvetia, Astra, Aventis, Bayer, Bristol-MS, Celltech/UCB, Janssen-Cilag (J&J), Lilly, Medice, Novartis, Pfitzer, Ratiopharm, Sanofi-Synthelabo, Shire, VfA, Generikaverband, andere Fachverbände und Universitäten sowie Ministerien – Keine industriegesponserten Vortragsreihen, „speakers bureau“ – Klinische Prüfungen und Beratertätigkeit für Janssen Cilag, Medice, Lilly, Astra, BMS, B;BF, ADIR, Hoffmann-La Roche – Mitgliedschaft in Steuerungsgremien und/oder wissenschaftlichen Beiräten der Firmen (international:) Pfitzer (DSMB), J & J, Lundbeck, Servier, (national:) Lilly, Janssen-Cilag, Celltech/UCB – Jährliche Erklärung zu conflicts of interest gegenüber dem BfArM, DGKJP und AACAP wegen Komissionsmitgliedschaft – Kein Aktienbesitz , keine Beteiligungen an Pharmafirmen, Mehrheitseigner 3Li Kinderschutz in Deutschland nach der Jahrtausendwende - in den letzten Jahren vermehrte Aufmerksamkeit auf das Thema Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern - Ziel zahlreicher Initiativen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene ist die Verbesserung des Kinderschutzsystems in Deutschland - 2005 Novellierung des SGB VIII mit der Einführung des §8a: Konkretisierung des Schutzauftrages in der Kinder- und Jugendhilfe - Auf- und Ausbau präventiver Ansätze, den sogenannten Frühen Hilfen (multiprofessioneller Ansatz zur Prävention von Kindeswohlgefährdung) - Runder Tisch sexueller Kindesmissbrauch - 01.01.2012 Bundeskinderschutzgesetz Kevin und andere Kinder Bei Kevins Geburt am 23. Januar 2004 hatte das Jugendamt eine engmaschige Betreuung und Begleitung der Problemfamilie festgelegt. Doch dieses Vorhaben sei nie umgesetzt worden: "Als das Kind ganz klein war, ist nichts passiert. Es gab keine Hausbesuche und auch keine Hilfe", heißt es im Bericht des Justizstadtrats Ulrich Mäurer …. (Süddeutsche Zeitung, 31.10.2006) Kevin Chronologie des Versagens (Süddeutsche Zeitung, 31.10.2006 Schwierigkeiten einer Misshandlungsdefinition Das amerikanische National Center for Diseases Control and Prevention hat in einem umfangreichen Konsultationsprozess Empfehlungen entwickelt, die einen entscheidenden Schritt zur Bewältigung vieler Schwierigkeiten einer Misshandlungsdefinition darstellen (Leeb, Paulozzi, Melanson, Simon, & Arias, 2008). www.cdc.gov Unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Diskurses wurde erstmals ein Konsens bezüglich operationalisierbarer Definitionen erreicht, der von der Medizin bis hin zur Sozialarbeit für statistische Angaben verwendet wird. Misshandlungsdefinition Unter Kindsmisshandlung werden einzelne oder mehrere Handlungen oder Unterlassungen durch Eltern oder andere Bezugspersonen verstanden, die zu einer physischen oder psychischen Schädigung des Kindes führen, das Potential einer Schädigung besitzen oder die Androhung einer Schädigung enthalten. Unterscheidung von vier Formen der Misshandlung: körperliche Misshandlung psychologische Misshandlung Vernachlässigung sexueller Missbrauch Missbrauchsskandal 2010 Runder Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“ Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) Gesetz zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen Ziele: - Frühe Hilfen und verlässliche Netzwerke schon für werdende Eltern - Nachhaltige Stärkung des Einsatzes von Familienhebammen und der Netzwerke "Frühe Hilfen" - Ausschluss einschlägig Vorbestrafter von Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe - Verhinderung des "Jugendamts-Hopping" - Befugnisnorm für Berufsgeheimnisträger zur Informationsweitergabe an das Jugendamt - Regelung zum Hausbesuch zahlreiche Änderungen im SGB VIII Das Bundeskinderschutzgesetz Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG): • § 1 Kinderschutz und staatliche Mitverantwortung • § 2 Information der Eltern über Unterstützungsangebote in Fragen der Kindesentwicklung (durch Jugendhilfe) • § 3 Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen im Kinderschutz • § 4 Beratung und Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung Abgestuftes Vorgehen bei Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung Bundeskinderschutzgesetz: § 4 KKG: Befugnisnorm § 4 Abs. 1 KKG: • Berufsgeheimnisträger, die in unmittelbarem Kontakt mit Kindern und Jugendlichen stehen: • ÄrztInnen, Hebammen, Entbindungspfleger, Angehörige anderer Heilberufe (staatl. Anerkennung), BerufspsychologInnen, SozialarbeiterInnen, JugendberaterInnen, SuchtberaterInnen, LehrerInnen etc. • Bei Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung sollen sie „mit dem Kind oder Jugendlichen und den Personensorgeberechtigten die Situation erörtern und soweit erforderlich bei den Personensorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt ist“. § 4 KKG: Befugnisnorm • § 4 Abs. 2 KKG: • Anspruch auf Beratung durch „insoweit erfahrene Fachkraft“ bzgl. Gefährdungseinschätzung für Berufsgeheimnisträger • unter Angabe pseudonymisierter Daten! § 4 KKG: Befugnisnorm • § 4 Abs. 3 KKG = eigentliche Befugnisnorm: • „Scheidet eine Abwendung der Gefährdung nach Absatz 1 aus oder ist ein Vorgehen nach Absatz 1 erfolglos und halten [die genannten Berufsgeheimnisträger] ein Tätigwerden des Jugendamtes für erforderlich, um eine Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen abzuwenden, so sind sie befugt, das Jugendamt zu informieren; hierauf sind die Betroffenen vorab hinzuweisen, es sei denn, dass damit der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen infrage gestellt wird. Zu diesem Zweck sind die Personen nach Satz 1 befugt, dem Jugendamt die erforderlichen Daten mitzuteilen.“ Voraussetzungen nach § 4 Abs. 3 KKG im Einzelnen • Befugnis zur Weitergabe der personenbezogenen Daten (Geheimnisse iSd § 203 StGB) an das Jugendamt, wenn 1. Hinwirken auf Inanspruchnahme weiterer Hilfe bei den Eltern a) „ausscheidet“ oder b) erfolglos bleibt 2. Tätigwerden des Jugendamtes zur Abwendung einer „Kindeswohlgefährdung“ für erforderlich gehalten wird Befugnisnorm in Bezug auf die Schweigepflicht im Kinderschutzgesetz BaWü und ab 2012 Befugnisnorm im Bundeskinderschutzgesetz Abgestuftes Vorgehen im Rahmen der Güterabwägung Bei Anhaltspunkten für Kindeswohlgefährdung: Stufe 3 Mitteilung an das Jugendamt (Befugnis) wenn: Stufe 2 Stufe 1 Prüfung der eigenen fachlichen Mittel zur Gefährdungsabschätzung und Gefährdungsabwehr Hinwirken auf die aktive Inanspruchnahme von Hilfen durch die Personensorgeberechtigten Tätigwerden dringend erforderlich ist Personensorgeberechtigte nicht bereit oder nicht in der Lage sind, an Gefährdungseinschätzung oder Abwendung der Gefährdung mitzuwirken Wenn Tätigwerden des JA Zur Gefahrenabwendung erforderlich Aus den Empfehlungen des Runden Tisches Seite 32: „Diagnostik und Intervention bei sexuellem Missbrauch, Vernachlässigung und Kindesmisshandlung sollten im Gesundheitswesen dokumentier- und abrechenbar sein.“ Schweizer Gesundheitswesen definiert Abklärungsleistung inkl. Vernetzung: „Zusammenarbeit mit externen Stellen…“ OPS 2013 : 1-945 Diagnostik bei Verdacht auf Gefährdung von Kindeswohl und Kindergesundheit ICD-10 GM Kodierung (DIMDI) T74.- Missbrauch von Personen Kodiere zunächst die akute Verletzung, falls möglich T74.0 Vernachlässigen oder Imstichlassen T74.1 Körperlicher Missbrauch Ehegattenmisshandlung o.n.A. Kindesmisshandlung o.n.A. T74.2 T74.3 Sexueller Missbrauch T74.8 T74.9offizielle Achtung verboten! Psychischer Missbrauch Sonstige Formen des Missbrauchs von Personen Mischformen Missbrauch von Personen, nicht im näher Klassifikation: Anwenden Krankenhaus bezeichnet Schäden durch Missbrauch: - eines Erwachsenen o.n.A. - eines Kindes o.n.A. Wegen einer Kodierrichtlinie sollen diese Kodes derzeit im Krankenhaus nicht angegeben werden. Eine Überarbeitung der Richtlinie ist nach dem Beschluss des Runden Tisches sexueller Kindesmissbrauchs („Diagnostik und Intervention bei sexuellem Missbrauch, Vernachlässigung und Kindesmisshandlung sollten im Gesundheitswesen dokumentier- und abrechenbar sein.“ „Die bestehenden Hilfsangebote müssen besser vernetzt werden, damit alle Betroffenen möglichst schnell Hilfe und qualifizierte medizinische Behandlung erhalten.“) derzeit in Diskussion. § 294 a SGB V Mitteilung von Krankheitsursachen und drittverursachten Gesundheitsschäden (1)Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Krankheit eine Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung oder deren Spätfolgen oder die Folge oder Spätfolge eines Arbeitsunfalls, eines sonstigen Unfalls, einer Körperverletzung, einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes oder eines Impfschadens im Sinne des Infektionsschutzgesetzes ist oder liegen Hinweise auf drittverursachte Gesundheitsschäden vor, sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie die Krankenhäuser nach § 108 verpflichtet, die erforderlichen Daten, einschließlich der Angaben über Ursachen und den möglichen Verursacher, den Krankenkassen mitzuteilen. Für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, die nach § 116 des Zehnten Buches auf die Krankenkassen übergehen, übermitteln die Kassenärztlichen Vereinigungen den Krankenkassen die erforderlichen Angaben versichertenbezogen. (2) Liegen Anhaltspunkte für ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 vor, sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie die Krankenhäuser nach § 108 verpflichtet, den Krankenkassen die erforderlichen Daten mitzuteilen. Die Versicherten sind über den Grund der Meldung nach Satz 1 und die gemeldeten Daten zu informieren. De lege ferenda: Zusatz mit Ausnahmeregelung bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch, Misshandlung und Vernachlässigung notwendig „Leitlinien zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden“ Ergebnis einer Unterarbeitsgruppe des Runden Tisches gegen sexuellen Kindesmissbrauch (verabschiedet 2011) Ausdrücklich keine Anzeigepflicht Handlungsempfehlung für private und öffentliche Einrichtungen (betrifft nur Fälle von Angehörigen der Institution, nicht z.B. familiären Missbrauch) Umsetzung durch Selbstverpflichtung, bzw. durch „staatliche Umsetzungsmaßnahmen“ (bei öffentlichen Einrichtungen) Inhalt der „Leitlinien zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden“ Grundsatz (Nr. 3a): Bei tatsächlichen Anhaltspunkten (nicht jede auffällige Verhaltensänderung!, Nr. 3b), dass eine Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung eines Minderjährigen durch einen Mitarbeiter (oder ehrenamtlich Tätigen) der Einrichtung begangen wurde, sind die Strafverfolgungsbehörden zu informieren. Mitarbeiter haben Verdachtsmomente schnellstmöglich der Leitungsebene und ggf. speziell benannten Ansprechpartnern mitzuteilen; bei deren Verstrickung der Aufsichtsbehörde (Nr. 5) Eigene Ermittlungen zum Tathergang, insb. Befragungen von Verdächtigem (Verdunkelungsgefahr) und Opfer (Vermeidung von Mehrfachvernehmungen) unterbleiben; nur Abklärung für Schutzmaßnahmen zulässig (Nr. 6; hier Widerspruch zu ggf. notwendigen arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie z.B. Verdachtskündigung – aufgrund Sorgepflicht des Arbeitgebers Aufklärung notwendig, insb. Anhörung des Verdächtigen, und die Betroffenen sind über Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden zu informieren) Opfer und Erziehungsberechtigte sind über die Einschaltung zu informieren (Nr. 6) Inhalt der „Leitlinien zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden“ Die Einrichtung unternimmt alle zur Unterbindung weiterer Gefährdung „unaufschiebbar erforderlichen Maßnahmen“ (bspw. Verdachtskündigungen oder organisatorische Maßnahmen) und informiert darüber ggf. die StA (Nr. 6) Opfer und Erziehungsberechtigte sind über die Einschaltung zu informieren (Nr. 6) Eine ausführliche Dokumentation von Umständen und Gesprächsinhalten ist vertraulich zu behandeln und gesichert aufzubewahren (Nr. 5) Inhalt der „Leitlinien zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden“ Achtung: Gesetzliche Rechte und Pflichten zur Verschwiegenheit bleiben unberührt, bestehen also weiter fort (Nr. 1) (untergesetzliche Handlungsempfehlung!) Bsp: - Gesetzliche Schweigepflicht für alle Beamten und Angestellten des Öffentlichen Dienstes gem. § 203 Abs. 2 StGB - Schweigepflicht für Ärzte, Sozialarbeiter/pädagogen, Psychologen, Familien- und Jugendberater aus anerkannten Einrichtungen etc., § 203 Abs. 1 StGB Inhalt der „Leitlinien zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden“ Ausnahmen vom Grundsatz (Nr. 4): a) Wenn Strafverfahren eine nicht anders abwendbare Gefahr für die körperliche oder psychische Gesundheit des Opfers verursachen könnte, Bsp: Suizidgefahr b) Entgegenstehender Wille des Opfers oder der Erziehungsberechtigten ist zu berücksichtigen (aber keine Verpflichtung für die Institution; Entscheidung ist von Leitungsebene zu treffen; auf Einverständnis des Opfers und Bereitschaft zur Aussage soll in Gesprächen hingewirkt werden). Zurückstellung der Anzeige aber nur, wenn weitere Gefahren für (potentielle) Opfer „mit hoher Sicherheit … ausgeschlossen werden“ können und Fall von geringer Schwere. (Zur Prüfung wiederum externe Beratung hinzuzuziehen), Dokumentation d) Geringfügige Übergriffe durch Jugendliche, wenn durch erzieherische oder psychologische Maßnahmen sowie Schutz und Betreuung des Opfers Wiederholungen mit hoher Sicherheit ausgeschlossen werden können Kein legitimer Grund der Nichteinschaltung der Strafverfolgungsbehörden sind - Eigeninteressen der Einrichtung (Nr. 3a) oder - Interessen des Verdächtigen (Nr. 4c) Ein Werkbuch zur Berücksichtigung von Grundregeln der Zusammenarbeit Fegert, J. M.; Wolff, M. (Hrsg.): Sexueller Missbrauch durch Professionelle in Institutionen. Prävention und Intervention. Weinheim, Beltz. (2002) Neuauflage Juventa, Reihe Votum 2006 aktualisiert zum und zu 8a KJHG 72 a KJHG Institutionelle Rahmenbedingungen – Handlungsplan (Ruder Tisch, 2011) 1. Die Verantwortlichkeiten in den jeweiligen Stufen des Handlungsplans und die Rollen der Beteiligten sind zu klären und zu benennen. Träger, Leitungskräfte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ehrenamtliche, Eltern, Strafverfolgungsbehörden. 2. Adäquate Formen der Beteiligung und die Wahrung der Selbstbestimmungsrechte der Betroffenen sind im Handlungsplan zu verankern. Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Eltern etc. 3. Die Einschätzungsaufgaben im Umgang mit Vermutungen sind zu beschreiben. Aufgeführt muss sein, an welchen Stufen im Handlungsplan eine unabhängige Fachberatung mit welchen Aufgaben und in welcher Weise hinzuzuziehen ist. Institutionelle Rahmenbedingungen – Handlungsplan (Runder Tisch, 2011) 4. Es muss beschrieben sein, wann sofortiges Tätigwerden notwendig ist und was als Sofortmaßnahme getan werden kann bzw. soll. Bei Hinweise von betreuten Minderjährigen gegen Betreuungspersonen der Einrichtung, ist unabhängig von der Dauer und dem Ausgang der Prüfung ein Schutzkonzept in Kraft zu setzen. Bei Vermutung auf andere Minderjährige, ist nicht nur ein Schutzkonzept für die bedrohten Minderjährigen, sondern auch ein Handlungskonzept für den vermeintlichen Täter in Kraft zu setzen. 5. Die datenschutzrechtlichen und vertraglichen Anforderungen an die Verschwiegenheit sind in allgemein verständlicher Weise zu beschreiben insbesondere im Hinblick auf erforderlichen Bemühungen um eine Einwilligung zur Informationsweitergabe/ Voraussetzungen einer Informationsweitergabe gegen den Willen bzw. ohne Einverständnis der Betroffenen. 6. Träger von Einrichtungen und Diensten, die unter Aufsicht stehen, geben klare Auskünfte im Rahmen vereinbarter Meldepflichten an die Aufsichtsbehörde und die zuständigen Jugendämter und ggf. Vormünder. Institutionelle Rahmenbedingungen – Handlungsplan (Runder Tisch, 2011) 7. Schwelle für die Annahme eines Verdachts auf Begehung einer Straftat und Erfordernisse an die Abwägung vor einer Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden unter Beachtung der vorrangigen Schutzinteressen der (potenziell) betroffenen Kinder und Jugendlichen sollen in Übereinstimmung mit den Leitlinien zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden beschrieben werden. Stellen Handlungsempfehlungen für den Umgang mit solchen Verdachtsfällen dar. Bei Hinweisen aus eingeleiteten Verfahren der Strafverfolgungsbehörden, ist von dringendem Tatverdacht auszugehen. Sofortiges Einsetzen eines Schutzkonzeptes insbesondere dann, wenn sich die Ermittlungen gegen einen Beschäftigten der Einrichtung richten. 8. Es ist ein Verfahren zur differenzierten Dokumentation in Bezug auf die jeweiligen Stufen des Handlungsplans zu entwickeln. Unterscheidung zwischen fachlicher Abwägung und einer kriterienbezogenen Handlungsverpflichtung auf den Ebenen des Trägers, der Betroffenen sowie des Täters bzw. der Täterin. § 72 a SGB VIII Persönliche Eignung und Debatte um erweiterte Führungszeugnisse Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen hinsichtlich der persönlichen Eignung im Sinne des § 72 Abs. 1 insbesondere sicherstellen, dass sie keine Personen beschäftigen oder vermitteln, die rechtskräftig wegen einer Straftat nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 181a, 182 bis 184e oder 225 des Strafgesetzbuches verurteilt worden sind. Zu diesem Zweck sollen sie sich bei der Einstellung und in regelmäßigen Abständen von den zu beschäftigenden Personen ein Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 des Bundeszentralregistergesetzes vorlegen lassen. Durch Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe auch sicherstellen, dass diese keine Personen nach Satz 1 beschäftigen. Strategien für "Sichere Orte" • Partizipation und Mitbestimmung • Aufklärung der Kinder über ihre Rechte • Regeln mit Kindern und Jugendlichen entwickeln • Ansprechpartner/innen für Kinder und Jugendliche benennen • Telefone für Kinder (Freischaltung zum Jugendamt und zum Patientenfürsprecher oder andere niederschwellige Beschwerdesysteme) Niederschwellige Beschwerdesysteme Freisprechanlage zum Patientenfürsprecher und zu den umliegenden Jugendämtern in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Ulm Anlage zum Arbeitsvertrag „Gefahrgeneigte Tätigkeit“ Kind Jugend und Gesellschaft Zeitschrift für Kinder- und Jugendschutz 2007 Mehr-Ebenen-Strategie der Prävention Implementierung von Mindeststandards 1. Vorlage eines verbindlichen Schutzkonzeptes 2. Durchführung einer einrichtungsinternen Analyse zu arbeitsfeldspezifischen Gefährdungspotentialen und Gelegenheitsstrukturen 3. Bereitstellung eines internen und externen Beschwerdeverfahrens 4. Notfallplan für Verdachtsfälle 5. Hinzuziehung eines/einer externen Beraters/Beraterin Verdachtsfällen (z.B. Fachkraft für Kinderschutz) 6. Entwicklung eines Dokumentationswesens für Verdachtsfälle 7. Themenspezifische Fortbildungsmaßnahmen für MitarbeiterInnen durch externe Fachkräfte 8. Prüfung polizeilicher Führungszeugnisse 9. Aufarbeitung und konstruktive Fehlerbearbeitung im Sinne der Prävention und Rehabilitierungsmaßnahmen (Unterarbeitsgruppe I des Runden Tisches Kindesmissbrauch) Befragung von Kliniken und Fachabteilungen – 2012 erste Ergebnisse Dank an die Leiterin der Geschäftsstelle des UBSKM Frau Dr. Stötzel für die Überlassung von Folien zur Institutionenbefragung des UBSKM DAS MONITORING des UBSKM • Erhebung der Umsetzungen und der weiteren Planungen der Empfehlungen des Runden Tisches steht im Mittelpunkt • Konzentration auf die Leitlinien zur Prävention, Intervention und langfristigen Aufarbeitung sowie der Leitlinien zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden (Schutzkonzepte in Einrichtungen) • Ziel ist es, vorhandene gute Ansätze sichtbar zu machen, positive Entwicklungen aufzuzeigen und die zuständigen Akteure für die Umsetzung zu aktivieren • Breitere Datenbasis durch zwei Erhebungswellen SEKTOREN UND BEREICHE Gesundheit Erziehung Bildung Soziales Kliniken für Kinder und Jugendliche Schriftliche Befragung, Vollerhebung von ca. 600 Einrichtungen Kindertageseinrichtungen schriftliche Befragung, Stichprobe von ca. 5.000 Kitas Heime und sonstige betreute Wohnformen schriftliche Befragung, Stichprobe von 1.300 Einrichtungen Schulen (2012: Länderabfrage in den Kultusministerien/ 2013: Onlinebefragung, Stichprobe von ca. 3.900 Schulen) Internate schriftliche Befragung, Vollerhebung von ca. 300 Internaten Sportvereine (2012: Befragung des DOSB und der dsj sowie der Mitgliedsorganisationen/ 2013: Sportvereine auf regionaler Ebene) Onlinebefragung, Stichprobe von ca. 6.000 Vereinen Verbandliche Jugendarbeit (2012: Befragung von Verbänden und Mitgliedsorganisationen/ 2013: lokale Einrichtungen) Onlinebefragung, Stichprobe von ca. 6.000 Einrichtungen Kinder- und Jugendreisen Onlinebefragung, Stichprobe von 1.300 Anbietern Gemeindliches Leben Onlinebefragung, Stichprobe: jeweils 2.000 Gemeinden, sowie Bistümer, Landeskirchen Stichprobe der Kliniken/Fachabteilungen Trägerschaft 9% Profil der Einrichtung öffentlicher Träger 16% 42% 65% freier-gemeinnütziger Träger freier-gewerblicher Träger 33% Klinik/Krankenhaus für Kinder und Jugendliche sonstiger Träger integrierte Fachabteilung für Kinder und Jugendliche 27% gemeinsame Fachabteilung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene 8% 0% N = 160 25% 50% N = 153 • In der Stichprobe sind 160 auswertbare Fragebögen von ca. 600 befragten Kliniken/Fachabteilungen (27 Prozent). • Die Gruppe der Klinken/Fachabteilungen in freier-gewerblicher Trägerschaft ist in der vorliegenden Stichprobe am geringsten vertreten (16 Prozent). • Das Profil der Kliniken/Krankenhäuser für Kinder und Jugendliche überwiegt. Gemeinsame Abteilungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind kaum vertreten. 75% Prävention Wir verf olgen einzelne Maßnahmen zur Prävention. 45% Wir setzen ein umf assendes Präventionskonzept um. 15% In unserer Klinik/Fachabteilung gibt es bisher keine, werden aber noch in diesem Jahr entwickelt. 6% In unserer Klinik/Fachabteilung gibt es bisher keine, sie sind aber bereits in Planung. Nutzen Sie in Ihrer Klinik/Fachabteilung Ansätze zur Prävention von sexualisierter Gewalt? 9% N=144 25% keine Angabe/weiß nicht 0% 25% 50% 75% • In 29 Prozent der befragten Kliniken/ Fachabteilungen wurde eine Risikoanalyse durchgeführt • 27 Prozent der befragten Kliniken/ Fachabteilungen verfügen über einen Kodex gegen sexualisierte Gewalt • 37 Prozent der befragten Kliniken/ Fachabteilungen bieten ihren Beschäftigten Fortbildungen zum Thema an • 25 Prozent der befragten Kliniken/ Fachabteilungen bieten Informationsangebote für Kinder und Jugendliche an, die Fragen zu sexualisierter Gewalt explizit thematisieren Intervention • 53 Prozent der bei der Befragung antwortenden Kliniken/ Fachabteilungen verfügen über einen Handlungsplan, weitere 12 Prozent der Kliniken planen einen Handlungsplan umzusetzen. • Handlungspläne werden meist von Leitungskräften (87 Prozent) und von hauptamtlichen Beschäftigten (78 Prozent) der befragten Kliniken/ Fachabteilungen erarbeitet. • 22 Prozent der antwortenden Kliniken/ Fachabteilung verfügen über ein Verfahren zur langfristigen Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt Maßnahmen, die im Handlungsplan enthalten sind Angaben in Prozent Vorgehensweise bei Verdachtsfällen Sofortmaßnahmen (z.B. Konzept für Sofortschutz) Einschaltung von Dritten (z.B. Jugendamt) Dokumentation (z.B. Gesprächsprotokolle) 91 91 86 85 Datenschutz (z.B. Geheimhaltung, Informationsweitergabe) 85 Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden Umgang mit Betroffenen Beratung für Beschuldigte und deren Familien Umgang mit der Presse Rehabilitation von unschuldig Verdächtigten 82 78 74 46 29 N=80 Fazit • Weitgehende Befugnisnorm wurde eingeführt • Instrument der anonymen Beratung bislang wenig genutzt • Verschleierung und nicht Dokumentation im Gesundheitswesen durch SGBV angelegt • In den Institutionen müssen Schutzkonzepte auf allen Ebenen implementiert werden Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie / Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm Steinhövelstraße 5 89075 Ulm www.uniklinik-ulm.de/kjpp Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Jörg M. Fegert
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