Methode Kurzvortrag: „Das Was, Wie und Warum der Lerneinheit

Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Methode Kurzvortrag: „Das Was, Wie und Warum der Lerneinheit“
Der Vortrag in Form eines „Informierenden Unterrichtseinstieges“ verfolgt das
Ziel, den Lernprozess für die Lernenden transparent zu machen. Die Lernenden werden zu Beginn des Unterrichts über das „Was“, das „Wie“ und das
„Warum“ der Lerneinheit informiert. Dadurch, dass sie den Sinn und das Ziel
der Arbeit kennen, können sie eine willkürliche Lernbereitschaft entwickeln.
Vorgehens- Der Lehrende teilt den Lernenden zu Beginn des Unterrichts in knapper und
präziser Form mit, was sie durch die folgende Lerneinheit lernen können.
weise und
Zum besseren Verständnis schreibt er die grobe Übersicht über den geplanSozialform
ten Verlauf der Lerneinheit an die Tafel. Hierbei erläutert er:
Ziel
• das Thema sowie das übergeordnete Ziel der Lerneinheit (Was) und begründet beides (Warum),
• die übergeordneten Arbeitschritte und das methodische Vorgehen (Wie).
Zeitaufwand
Material
Hinweise
Literatur
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Im Anschluss an diese Ausführungen bittet der Lehrende die Lernenden, zu
seinen Ausführungen Stellung zu nehmen.
Max. 15 Minuten
• Tafel
Der Lehrende sollte begründete Kritik der Lernenden zum Ablauf der Lerneinheit ernst nehmen und genügend Raum für Diskussion geben, selbst auf
die Gefahr hin, dass der Zeitplan nicht eingehalten werden kann. Bei dieser
Diskussion sollte der Lehrende einerseits seine eigene Meinung nicht verbergen, anderseits sollte er den Lernenden aber gewisse Auswahlmöglichkeiten
für die Bearbeitung anbieten.
Grell, J., Grell, M. (1999): Unterrichtsrezepte. (2. Auflage). Weinheim, Basel:
Beltz, 199-231.
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Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Methode Kurzvortrag:
„Aktivitäten, Merkmale und Beobachtungsaspekte des Phänomens Verwirrtheit “
Der Vortrag „Aktivitäten, Merkmale und Beobachtungsaspekte des PhänoZiel
mens Verwirrtheit “ verfolgt das Ziel, den Lehrenden einen ersten Gesamtüberblick über das komplexe Phänomen Verwirrtheit zu vermitteln. Hierbei
geht es darum, die Bedeutung der Begriffe „Aktivitäten“, „Merkmale“ und „Beobachtungsaspekte“ zu erfassen. Das übergeordnete Ziel besteht darin, dass
die Lernenden das Verhalten von Menschen mit Demenz als subjektive Lebensäußerung begreifen und die Aufgabe der Pflege darin sehen, sich diesen
veränderten Verhaltensweisen anzupassen.
Vorgehens- Der Lehrende gibt didaktisch reduzierte, strukturierte und visualisierte Kurzinformationen zu den Aktivitäten Erinnern, Orientieren, Erkennen, Sprechen,
weise und
Handeln und Denken. Er erläutert in knapper Form, dass es bei einer DeSozialform
menz zu Veränderungen in den einzelnen Aktivitäten kommt (Merkmale) und
verdeutlicht diese Veränderungen an einigen Beobachtungsaspekten.
Zeitaufwand Ca. 15 Minuten
Material
• Informationsblatt II/1.1
• Wandzeitung II/1.1
Der Lehrende sollte an dieser Stelle keine Fragen an die Lernenden stellen
Hinweise
sowie keine weiterführenden Fragen zur Thematik beantworten. Ansonsten
besteht die Gefahr, dass aus dem Vortrag ein Unterrichtsgespräch entsteht
und wesentliche Inhalte, die zu einem späteren Zeitpunkt der Lerneinheit
erfahrungsorientiert bearbeitet werden sollen, vorweg genommen werden.
Hintergrundinformationen zum Inhalt des Vortages finden Sie unter „Wissenswertes“
Scheller, U. (1995): Informationen präsentieren: Der Vortrag, die Medien, die
Literatur
Gestaltung. (1. Auflage). Offenbach GABAL, 8-25.
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Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Ziel
Vorgehensweise und
Sozialform
Methode: Szenische Darstellung
In dieser Methode geht es darum, ein bestimmtes Merkmal von Verwirrtheit in
einer kurzen Szene darzustellen und anschließend im Plenum zu besprechen. Hierzu ist es notwendig, dass die Lernenden sich bereit erklären, eine
kleine Rolle aus einer vorgegebenen Szene zu übernehmen.
Das Ziel besteht zum einen darin, ein vertieftes Verständnis über die einzelnen Merkmale der Verwirrtheit zu erhalten. Zum anderen besteht die Möglichkeit, die dargestellte Interaktion zwischen Menschen mit Demenz und
Pflegeperson zu reflektieren.
Schritt I: Vorbereitung in der Gruppe
Der Lehrende erläutert Zielsetzung und Durchführung der szenischen Darstellung. Er organisiert die Vorbereitung, begleitet die Gruppenfindung (acht
Gruppen), verteilt acht Szenenkarten und hält die Requisiten bereit. Bei Bedarf unterstützt er die Lernenden bei der Einfindung in die einzelnen Szenen.
Übersicht zu den acht Szenenkarten
Aktivität
Merkmal
Erinnern
Veränderungen im Kurzzeitgedächtnis
Orientieren Veränderung in der Orientierung zur Zeit
Veränderungen in der Orientierung zum Raum
Veränderung in der Orientierung zur Situation
Veränderung in der Orientierung zur Person
Erkennen Veränderungen beim Wiedererkennen von Gegenständen,
Personen, Gesichtern und Abläufen
Handeln
Veränderungen bei der Durchführung von Bewegungen und
Handlungen
Sprechen Veränderungen bei der sprachlichen Verständigung
Titel der Szene
Herr Schumacher findet seine
Brille nicht
Herr Becker will nachts zur
Arbeit gehen
Frau Burrichter findet den Weg
nach Hause nicht mehr
Frau Bärwald räumt den Mittagstisch ab
Frau Süsskind denkt, dass sie
ein Schulkind wäre
Frau Reuter erkennt Handtuch
und Zahnbürste nicht
Herr Keuter zieht sich nicht
richtig an
Frau Höhne kann sich nicht
verständlich machen
Die Lernenden:
• lesen die Szenenkarte zu dem jeweiligen Merkmal von Verwirrtheit.
• einigen sich, wer die Rolle des Menschen mit Demenz und wer die Rolle
der Pflegeperson darstellt.
• besorgen sich die entsprechenden Requisiten von ihrem Lehrer.
• stimmen sich kurz auf die Szene ein und spielen diese einmal durch.
Schritt II: Durchführung im Plenum
Der Lehrende übernimmt während der Durchführung der szenischen Darstellung die Rolle des Spielleiters. Dabei achtet er darauf, dass die Regeln eingehalten werden und verdeutlicht den Beobachtungsauftrag.
Die Lehrenden:
• stellen eine Szene im Plenum dar.
• verfolgen die gespielte Szene in der Rolle des stillen Beobachters. Hierbei
konzentrieren sie sich auf die verbale und nonverbale Kommunikation der
Rollenspieler.
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Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Zeitaufwand
Material
Hinweise
Literatur
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Schritt III: Reflexion im Plenum
Der Lehrende moderiert den Diskussions- und Reflexionsprozess nach jeder
szenischen Darstellung anhand der unten aufgeführten Struktur. Er hängt die
Titel der jeweiligen Szene an die vorbereitete Wandzeitung. Wenn nötig, fasst
er im Anschluss daran das Wesentliche des dargestellten Merkmals noch
einmal kurz zusammen.
Beobachterinnen und Beobachter reflektieren:
• Was haben wir genau beobachtet (verbale und nonverbale Kommunikation)? Welches Merkmal der Verwirrtheit wurde durch diese Szene unserer
Meinung nach dargestellt?
Rollenträger Mensch mit Demenz und Rollenträger Pflegeperson reflektieren:
• Welches Merkmal der Verwirrtheit wollten wir darstellen?
Lernende im Plenum reflektieren:
• Ist mir diese Szene bekannt vorgekommen? Kenne ich ähnliche Beispiele
aus meiner beruflichen Praxis?
Wenn genügend Zeit ist, können die Szenen hinsichtlich der Interaktionsqualität beurteilt werden. Innerhalb des Reflexionsprozesses können folgende
Fragen handlungsleitend sein:
Rollenträger Mensch mit Demenz reflektiert
• Wie habe ich mich in meiner Rolle gefühlt? Was habe ich als förderlich,
was als hinderlich erlebt? Wie war meine Beziehung zur Pflegeperson?
Rollenträger Pflegeperson reflektiert
• Wie habe ich mich in meiner Rolle gefühlt? Was habe ich als förderlich,
was als hinderlich erlebt? Wie war meine Beziehung zum Menschen mit
Demenz?
Lernende im Plenum reflektieren:
• Wie beurteile ich die Interaktionsqualität?
Gruppenarbeit ca. 20 Minuten
Plenumarbeit ca. 60 Minuten
• Szenenkarten (enthält Arbeitsblatt II/1.1)
• Requisiten
• Wandzeitung
Die Lernenden erhalten im Vorfeld ausschließlich Informationen zur eigenen
Szene.
Das Merkmal „Veränderungen im abstrakten Denken“ lässt sich nur sehr
schwer szenisch umsetzen. Der Lehrende hat aber die Möglichkeit, dieses
Merkmal anhand eines kleinen Versuchs oder an einem Praxisbeispiel zu
verdeutlichen.
Scheller, I. (1998). Szenisches Spiel. Handbuch für die pädagogische Praxis.
Berlin: Cornelsen Scriptor, 71-140.
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Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Methode: Versuch und Praxisbeispiel
Ziel
Vorgehensweise und
Sozialform
Zeitaufwand
Material
Hinweis
Das Ziel besteht darin, die Bedeutung der Aktivität „Abstraktes Denken“ zu
erfassen und diese auf die Situation von Menschen mit Demenz (Merkmal:
„Veränderung im abstrakten Denken“) zu übertragen. Es geht somit darum,
zu verstehen, wie Menschen mit Demenz, die nicht abstrakt denken können,
Situationen wahrnehmen und deuten.
Der Lehrende erläutert Zielsetzung und Durchführung des Versuchs.
Er füllt zwei schmale, hohe Gläser (gleicher Durchmesser, gleiche Höhe) mit
Wasser. Anschließend schüttet er das Wasser aus einem Glas in ein anderes
Glas mit einem deutlich größeren Durchmesser. Nun stellt er die beiden Gläser nebeneinander und stellt folgende Frage an die Lehrenden: „In welchem
Glas befindet sich mehr Wasser?“
Ca. 5 Minuten
• Wassergläser (zwei Gläser mit gleichem Durchmesser; ein Glas mit einem
deutlich größeren Durchmesser)
• Flüssigkeit
Die Lernenden werden die Frage – „In welchem Glas befindet sich mehr
Wasser?“ – aufgrund ihres Abstraktionsvermögens richtig beantworten können. Menschen mit Demenz verlieren dieses Abstraktionsvermögen nach und
nach. Pflegende können die Zuordnungen oder Erläuterungen von Menschen
mit Demenz aber nachvollziehen, wenn sie diese ohne Abstraktion betrachten (Becker 2001, S. 34). „Menschen mit Demenz denken sich nichts Neues
aus, sie schöpfen aus den Grundmustern des nichtabstrakten Denkens und
treffen so ihre Zuordnungen. Abstrakt begründete Korrekturen können sie
deswegen nicht überzeugen; die konkrete Hilfestellung ihres Motivs hingegen
lässt einvernehmliche Lösungen herstellen.“ (Becker 2001, S. 34).
Nach der Durchführung des Versuchs hat der Lehrende die Möglichkeit, das
Merkmal „Veränderungen im abstrakten Denken“ durch folgende zwei Praxisbeispiele zu erläutern:
1. Praxisbeispiel: Herr Frank
Bei einem Videonachmittag im Heim wird ein Film von einem Sommerfest im
Altenheim gezeigt. Auf der Leinwand ist Herr Frank, ein Bewohner, mehrere
Male in Großformat zu sehen. Herr Frank wird von Schülerin Susanne darauf
hingewiesen, dass er auf der Leinwand zu sehen ist. Herr Frank reagiert abwehrend. Nein, das kann auf keinen Fall sein. Herr Frank erkennt sich nicht
auf der Leinwand. Schülerin Susanne möchte Herrn Frank aber davon überzeugen, dass er da drüben auf der Leinwand zu sehen ist. Nun wird Herr
Frank zornig und verlässt wütend den Raum. Sein Kommentar: „Die spinnen
hier alle.“ (Becker 2001, S. 35).
Erläuterung zum Beispiel: Herr Frank kann nicht abstrahieren, dass er gleichzeitig hier und auch woanders, das heißt im Film, ist. Er weiß aber ganz genau, dass er hier ist, weil er das wahrnehmen kann. Aus diesem Grund müssen die anderen und nicht er sich irren.
2. Praxisbeispiel: Frau Schmidt
Frau Schmidt geht sonntags immer zum Gottesdienst. Während sie in der
Badewanne sitzt, greift Schülerin Meike dies als Gesprächsthema auf: „Ja,
Frau Schmidt und dann gehen Sie heute bestimmt auch wieder in die Kirche.“
Frau Schmidt reagiert darauf schroff ablehnend. Schülerin Meike: „Aber Sie
gehen doch sonst auch immer sonntags zur Kirche.“ Frau Schmidt wird aufgebracht und schimpft: „Du lügst ja, da gehe ich nie hin!“
Eine Stunde später. Frau Schmidt ist mittlerweile angezogen und hat gefrühstückt. Schülerin Meike fragt sie noch einmal, denn ihr ist die Ablehnung von
Frau Schmidt ein großes Rätsel; so war Frau Schmidt wirklich noch nie.
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Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Schülerin Meike: „Und, Frau Schmidt, wollen Sie wirklich nicht mit in die Kirche gehen?“ Frau Schmidt antwortet zum Erstaunen aller: „Sicher geh’ ich in
die Kirche, da geh’ ich doch immer hin.“ (Becker, 2001, S. 30).
Literatur
© BMFSFJ
Erläuterung zum Beispiel: In der ersten Situation saß Frau Schmidt nackt in
der Badewanne. Sie verbindet die Frage nach dem Kirchgang mit ihrer aktuellen Situation – also mit dem, was sie gerade wahrnimmt. Hierbei kommt sie
zu dem Resultat, dass sie so, wie sie jetzt gerade ist, nämlich nackt, niemals
in die Kirche gehen würde. Aus diesem Grund ihre empörte Antwort: „Du
lügst ja.“ In der zweiten Situation war Frau Schmidt für den Kirchgang adäquat gekleidet. In dieser Situation war sie wiederum erstaunt, warum man sie
fragt, da sie doch jeden Sonntag in die Kirche geht (Becker, 1999, S. 30).
Meyer, H. (1987). Unterrichtsmethoden. 2. Praxisband. Frankfurt am Main:
Cornelsen Verlag Scriptor, 212, 313.
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Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Ziel
Vorgehensweise und
Sozialform
Methode: Lernaufgabe und Textarbeit
Das Ziel der Lernaufgabe besteht darin, ein vertieftes Verständnis des Phänomens Verwirrtheit zu erlangen. Es geht darum, mögliche Auswirkungen
des Phänomens Verwirrtheit auf die Lebens- und Alltagsgestaltung zu erfassen, um Menschen mit Demenz gezielt beobachten und unterstützen zu können. Hierzu informieren sich die Lernenden zunächst anhand eines Beobachtungsbogens über wesentliche Beobachtungsaspekte des Phänomens Verwirrtheit (deduktiv) und übertragen ihre Erkenntnisse auf die Lebensaktivität
Essen und Trinken (induktiv).
Schritt I: Vorbereitung
Der Lehrende erläutert das Ziel der Lernaufgabe. Er demonstriert an einem
Beispiel (Aktivität Denken), wie die Lernaufgabe bearbeitet werden kann.
Schritt II: Durchführung in der Gruppe
Der Lehrende begleitet den Prozess der Gruppenbildung und beobachtet den
Bearbeitungsprozess. Ggf. unterstützt er den Prozess mit Fragen, Impulsen
und Hinweisen. Er nennt den Lernenden ein Teilergebnis, das sie im Plenum
präsentieren sollen.
Die Lernenden:
• teilen sich in Gruppen von 4 bis 6 Personen ein.
• lesen den Beobachtungsbogen aufmerksam durch und informieren sich
über Merkmale und Beobachtungskriterien der Verwirrtheit.
• notieren Verständnisfragen und klären diese.
• überlegen, wie sich die verschiedenen Merkmale auf die Lebensaktivität
Essen und Trinken auswirken.
• schreiben die Antworten stichwortartig in die vorbereitete Tabelle. schreiben ein Teilergebnis, welches ihnen vom Lehrenden genannt wird, auf einen Flipchartbogen.
• einigen sich darauf, wer ihr Arbeitsergebnis im Plenum vorstellt.
Schritt III: Präsentation der Produkte im Plenum
Der Lehrende moderiert die Präsentation der Produkte im Plenum. Damit die
Präsentation nicht zu lange dauert, präsentieren die Gruppen ihre Arbeitsergebnisse arbeitsteilig, d. h., dass pro Gruppe nur ein Merkmal der Verwirrtheit
präsentiert wird. Die anderen Gruppen ergänzen die jeweiligen Teilprodukte.
Der Lehrende korrigiert, vervollständigt und sichert das Gesamtergebnis.
Zeitaufwand
Material
Hinweise
Literatur
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Gruppenarbeit: ca. 80 Minuten
Präsentation und Besprechung im Plenum: ca. 35 Minuten
• Arbeitsblatt II/2.1
• Informationsblatt II/2.1
• Arbeitsblatt II/2.2
• Flipchartpapier
• Stifte
Der Lehrende hat die Möglichkeit, die Bedeutung des „Beobachtungsbogens
zur Einschätzung des Verhaltens von Menschen mit Demenz“ für die berufliche Praxis, seine Einsatzmöglichkeiten und Schwierigkeiten in der Handhabung zu besprechen. Ferner kann er hieraus eine entsprechende Praxisaufgabe ableiten.
Grell, J., Grell, M. (1999): Unterrichtsrezepte. (2. Auflage). Weinheim, Basel:
Beltz, 232-258
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Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Ziel
Vorgehensweise und
Sozialform
Methode: Wahrnehmungsübung „Verluste erspüren“
Die Wahrnehmungsübung verfolgt das Ziel, einen verstehenden Zugang zu
den Gefühlen und dem Verhalten von Menschen mit Demenz zu gewinnen.
Es geht darum, die Bedeutung des Krankseins für den Menschen mit Demenz zu erfassen bzw. dieser Bedeutung näherzukommen. Die Lernenden
vollziehen hierzu einen Perspektivwechsel, der es ihnen ermöglicht, das
Phänomen Verstörtheit besser zu verstehen.
Methodisch wird hierbei zunächst eine Aneignungssituation geschaffen, in
der die Lernenden sich in Einzelarbeit mit ihren eigenen Gefühlen auseinandersetzen. In der darauf folgenden Verarbeitungs- und Veröffentlichungssituation haben die Lernenden die Möglichkeit, ihre Erfahrungen mit denen der
anderen in Beziehung zu setzen. Es kommt somit zu einer Verschränkung
eigener und fremder Erfahrung, in der auch unerwünschte Gefühle enttabuisiert werden können.
Schritt I: Vorbereitung:
Der Lehrende beschriftet verschiedenfarbige Karten nach folgendem Muster.
Kartenfarbe Vorderseite Beispielsätze für die Beschriftung der Rückder Karte
seite der Karte
Erinnern
ƒ Ich kann mich daran erinnern, wo mein PorRot
temonnaie ist
Grün
Orientieren
ƒ Ich kann mich der Jahreszeit entsprechend
kleiden
ƒ Ich finde den Weg von der Schule nach
Hause
ƒ Ich weiß, dass ich mich jetzt in der Schule im
Unterricht befinde
ƒ Ich weiß, wer ich bin, woher ich komme und
wohin ich gehe
Blau
Erkennen
ƒ Ich erkenne ein Handy und weiß, wozu und
wie man es benutzt
Gelb
Sprechen
ƒ Ich kann mich sprachlich gut verständigen
Schritt II: Durchführung in Einzelarbeit
Der Lehrende erläutert Bedeutung, Ziel und Regeln der Wahrnehmungsübung „Verluste erspüren“. Jeder Lernende erhält mit Beginn der Übung einen Satz Karten, der alle Aktivitäten enthält. Der Lehrende bahnt die Wahrnehmungsübung im Plenum an und unterstützt die Lernenden dabei, ihre
Gefühle wahrzunehmen. Er kann hierzu folgenden Text verwenden:
Diese Wahrnehmungsübung kann Ihnen helfen, sich besser in die Situation
eines Menschen mit Demenz zu versetzen. Häufig fällt es leichter, die Situation eines Menschen mit Demenz zu verstehen, wenn man einen Zugang zu
seinen Gefühlen erhält. Es ist wichtig, dass Sie während der gesamten Übung still sind und sich ganz auf Ihre Wahrnehmung konzentrieren.
1. Lesen Sie bitte die Vorder- und Rückseite der Moderationskarten und denken Sie darüber nach:
• Wie wichtig sind mir diese einzelnen Aktivitäten?
• Welche Bedeutung haben diese Aktivitäten für mich persönlich?
2. Ich nehme Ihnen jetzt gleich eine Karte nach der anderen weg, so, als ob
Sie diese Aktivität für immer verlieren würden.
3. Konzentrieren Sie sich ganz darauf, welche Gefühle Sie bei sich wahr
nehmen. Tragen Sie die Gefühle in die Tabelle auf dem Arbeitsblatt II/3.2
ein. Gefühle, die Sie darüber hinaus wahrnehmen, tragen Sie schriftlich in
die freien Spalten ein.
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Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Der Lehrende nimmt allen Lernenden zunächst eine Karte weg, dann lässt er
ihnen etwas Zeit, ihre Gefühle wahrzunehmen und diese auf dem Arbeitsblatt
II/3.2 einzutragen. Er verfährt mit den anderen Karten genauso, bis die Lernenden keine Karten mehr haben.
Schritt III: Reflexion in der Gruppe
Die Lernenden erhalten nun Gelegenheit, die Übung in Kleingruppen auf der
inhaltlichen und methodischen Ebene zu reflektieren.
Die Lernenden:
1. bilden zunächst Kleingruppen von 4 bis 6 Personen.
2. vergleichen ihre Arbeitsergebnisse (Was ist gleich? Was ist unterschiedlich?)
3. tauschen sich in der Gruppe über folgende Fragen aus:
• Was habe ich gefühlt und gedacht, als mir die Karten weggenommen
wurden?
• Wie leicht oder schwer ist es mir gefallen, die einzelnen Aktivitäten loszulassen?
Schritt IV: Weiterverarbeitung im Plenum durch Zurufabfrage
Die Wahrnehmungsübung wird im Plenum durch die Methode „Zurufabfrage“
weiterverarbeitet. Hierzu stellt der Lehrende zwei zentrale Leitfragen: Nachdem die Lernenden kurze Zeit über die Frage nachgedacht haben, rufen sie
dem Lehrenden ihre Antworten zu. Er hält die Antworten stichpunktartig an
der Tafel oder Wandzeitung fest.
1. Leitfrage: Was würde ich tun? (Tafelanschrift)
Wie würde ich mich in einer solchen Situation, in der ich so viele Verluste
erfahre, verhalten? Was würde ich tun?
2. Leitfrage: Was wäre besonders wichtig für mich? (Tafelanschrift)
Was wäre in einer solchen Situation besonders wichtig für mich?
Zeitaufwand
Material
Hinweise
Literatur
© BMFSFJ
Einzelarbeit: ca. 20 Minuten
Gruppenarbeit: ca. 20 Minuten
Plenumarbeit ca. 15 Minuten
• Arbeitsblatt II/3.1
• Arbeitsblatt II/3.2
• Vorbereitete Moderationskarten
• Tafel oder Wandzeitung
Es ist wichtig, dass der Lehrende die Sinnhaftigkeit und Regeln der Wahrnehmungsübung verdeutlicht, ansonsten besteht die Gefahr, dass die Übung
ins Lächerliche gezogen wird.
Scheller, I. (1987). Erfahrungsbezogener Unterricht. Praxis, Planung, Theorie. Frankfurt am Main: Scriptor
Welling, K. (2005) Interaktion in der Pflege von Menschen mit Demenz. Brake: Prodos Verlag, 27.
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Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Methode Kurzvortrag:
„Aktivitäten, Merkmale und Beobachtungsaspekte des Phänomens Verstörtheit“
Der Vortrag „Aktivitäten, Merkmale und Beobachtungsaspekte des PhänoZiel
mens Verstörtheit“ verfolgt zum einen das Ziel, den Lehrenden einen reduzierten Überblick über das Phänomen Verstörtheit zu vermitteln. In Zusammenhang mit den Erkenntnissen aus der Wahrnehmungsübung „Verluste
erspüren“ und der Zurufabfrage werden die Lernenden wahrscheinlich feststellen, dass sie ähnlich empfinden und sich ähnlich verhalten wie Menschen
mit Demenz. Hiermit ist auch die Erkenntnis verbunden, dass das Erleben
und Verhalten von Menschen mit Demenz nicht ausschließlich eine Folge
eines pathophysiologischen Zustandes ist, sondern eine subjektive Lebensäußerung darstellt, auf deren Grundlage ein verstehender Zugang entwickelt
werden kann.
Vorgehens- Der Lehrende gibt didaktisch reduzierte, strukturierte und visualisierte Kurzinformationen zu den Aktivitäten, Merkmalen und Beobachtungsaspekten von
weise und
Verstörtheit. Der Kurzvortrag wird durch eine Wandzeitung visualisiert.
Sozialform
Zeitaufwand Ca. 10 Minuten
Material
• Informationsblatt II/3.1
• Wandzeitung II/3.2
Das Phänomen Verstörtheit umschreibt die Domäne des negativen Erlebens.
Hinweise
Einen Zustand der tiefen Verzweiflung und Erschütterung, in welchem der
Mensch mit Demenz aus seinem seelischen Gleichgewicht gerät und droht,
im inneren Chaos zu versinken. Das Gefühlserleben und das Verhalten eines
Menschen mit Demenz werden durch unterschiedliche Faktoren und insbesondere durch die Sozialpsychologie beeinflusst. Hierdurch ergeben sich das
therapeutische Potenzial der Pflege und der pflegerische Auftrag.
Literatur
© BMFSFJ
In Bezug auf das Merkmal „Veränderungen im Empfinden“ (Depressives Erscheinungsbild) kann der Lehrende auf die Ergebnisse der Wahrnehmungsübungen verweisen und mögliche Ähnlichkeiten aufzeigen. In Bezug
auf das Merkmal „Veränderungen im Verhalten“ (Herausforderndes Erscheinungsbild) kann der/die Lehrende sich auf die Ergebnisse der ersten Leitfrage beziehen und ebenfalls mögliche Parallelitäten verdeutlichen.
Grell, J., Grell, M. (1999): Unterrichtsrezepte. (2. Auflage). Weinheim, Basel:
Beltz, 199-231.
II/16
Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Methode Vortrag: „Was es zu sein scheint –
Phänomene, Diagnosekriterien, Formen und Ursachen der Demenz erfassen“
Der Vortrag „Phänomene, Diagnosekriterien, Formen und Ursachen der DeZiel
menz zu erfassen“ verfolgt das Ziel, ausgewählte medizinische Aspekte der
Demenz zu vermitteln. Der Lehrervortrag steht bewusst am Ende der Lerneinheit, um den phänomenologischen Blick nicht durch medizinisches Faktenwissen zu verstellen. In dem Vortrag geht es zunächst darum, sich dem
Begriff „Demenz“ kritisch zu nähern und Diagnosekriterien der Demenz zu
erforschen. Ferner werden neben epidemiologischen Daten zwei zentrale
Formen der Demenz, die Demenz vom Alzheimer Typ und die Demenz vom
vaskulären Typ näher erläutert. Der Vortrag endet mit einer Darstellung des
Verlaufs der Demenz nach der Global Deterioration Scale.
Vorgehens- Der Lehrende gibt didaktisch reduzierte, strukturierte und visualisierte Informationen zum Thema „Was es zu sein scheint“ – „Phänomene, Diagnosekriweise und
terien, Formen und Ursachen der Demenz erfassen“. Der Vortrag wird durch
Sozialform
eine Folien- bzw. Bildschirmpräsentation unterstützt. Die Lernenden erhalten
hierzu Informationsblätter.
Zeitaufwand Max. 40 Minuten
Material
• Beamer und OHP
• Informationsblatt II/4.1
• Informationsblatt II/4.2
Im Vorfeld sollte sich der Lehrende auf der Grundlage seiner BedingungsanaHinweise
lyse entscheiden, ob er den Vortrag um einige Folien kürzt.
Grell, J., Grell, M. (1999): Unterrichtsrezepte. (2. Auflage). Weinheim, Basel:
Literatur
Beltz, 199-231.
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II/17
Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Ziel
Vorgehensweise und
Sozialform
Methode: Reflexion anhand des Lerntagebuches
Ein Lerntagebuch stellt ein individuelles Dokument des Lernenden dar, in welchem er seine persönlichen Lernerlebnisse und Lernprozesse fortlaufend dokumentiert. Das primäre Ziel eines Lerntagebuches besteht darin, die Selbstreflexion und Selbstbeurteilung des Lernenden anzuregen und diese Fähigkeiten kontinuierlich zu fördern. Reflexionen finden mit Hilfe des Lerntagebuch zum einen auf
der inhaltlichen Ebene statt, zum anderen wird durch das Lerntagebuch die Reflexion über das eigene Lernen und Denken (Metakognition) angeregt. Somit wird
der individuelle Lernprozess durch das Lerntagebuch auf folgende Weise unterstützt:
Der Lernende
• bereitet den Lernstoff regelmäßig nach und vertieft so den Unterrichtsinhalt
• verknüpft die Themen eigenständig miteinander und erfasst den roten Faden
• wird sich der eigenen Arbeits- und Lernstrategien bewusst und ist in der Lage,
sie konstruktiv zu verändern
• verbessert die schriftliche Ausdrucksfähigkeit durch das häufige Üben
• lernt selbstverantwortlich zu arbeiten und zu entscheiden, was er für das Lerntagebuch nutzen möchte
Die Dokumentation mit Hilfe des Lerntagebuchs ist bereits eine Lernleistung, die
auch zur Leistungsbeurteilung herangezogen werden kann.
Der Lehrende führt das Lerntagebuch zu Beginn der Lernsituation ein. Er erläutert das Ziel, die einzelnen Elemente und den Umgang mit dem Lerntagebuch.
Elemente des Lerntagebuches:
1. Öffentlicher Teil des Lerntagebuches
• enthält Tagesrückblicke zu den einzelnen Lerneinheiten strukturiert nach
dem TZI Modell von Ruth Cohn
• enthält persönliche Sichtweisen (Gedanken, Gefühle Anmerkungen) des
Lernenden zu den einzelnen Lerneinheiten in Bezug auf den Menschen
mit Demenz, in Bezug auf den Lernenden selbst in seiner Rolle als Auszubildender und in Bezug auf die Beziehung zwischen dem Menschen mit
Demenz und dem Lernenden
2. Nichtöffentlicher Teil des Lerntagebuches
• enthält persönliche Sichtweisen (Gedanken, Gefühle, Anmerkungen) des
Lernenden zu den einzelnen Lerneinheiten in Bezug auf das Thema und
die Arbeitsweise
• enthält ein Formular zur persönlichen Lernstandsbestimmung als Ergebnissicherung nach einer Lernberatung
Umgang mit dem Lerntagebuch in der Lernsituation:
• Jeder Lernende erhält zu Beginn der Lernsituation sein persönliches Lerntagebuch.
• Die Lernenden schließen jede Lerneinheit mit einer Reflexion anhand des
Lerntagebuches (Tagesrückblick und Persönliche Sichtweisen) ab. Für diese
Reflexion sind in jeder Lerneinheit 30 Minuten vorgesehen.
• Die Lernenden füllen ihr Lerntagebuch (Tagesrückblick und Persönliche
Sichtweisen) am Ende jeder Lerneinheit für sich in Einzelarbeit aus.
• Im Anschluss übertragen alle Lernenden ihre Ergebnisse vom Tagesrückblick
auf eine vorbereitete Wandzeitung (siehe Einpunktabfrage).
• Abschließend haben Lernende und Lehrende Gelegenheit, zu dem Ergebnis
Stellung zu nehmen. Bei dieser Reflexion geht es darum, konstruktiv auf den
weiteren Lernprozess einzuwirken und z. B. zu überlegen, was in Bezug auf
die nächsten Lerneinheiten verbessert bzw. verändert werden könnte.
© BMFSFJ
II/18
Methoden
Lerneinheit II: Verwirrtheit und Verstörtheit verstehen
Zeitaufwand
Material
Hinweise
Literatur
© BMFSFJ
Zu Beginn der Einführung des Lerntagebuchs sollte genügend Zeit für die Erläuterungen der einzelnen Elemente und deren Anwendung eingeplant werden. Bei
regelmäßigem Einsatz wenden die Lernenden die Methode zunehmend selbstorganisiert an.
• Lerntagebuch
• Wandzeitung II/5.1
• Wandzeitung II/5.2
• Wandzeitung II/5.3
Das Lerntagebuch kann mit Fortgang der Ausbildung von Lehrenden und Lernenden weiterentwickelt und um weitere Elemente ergänzt werden (z. B. Beurteilungskriterien für die Arbeit in Gruppen, für Präsentationen). Indem die Lernenden in den Prozess der Weiterentwicklung eingebunden werden, können sie sich
stärker mit dem Lerntagebuch auseinandersetzen. Auf diese Art entsteht die
Struktur des Lerntagebuchs stückweise, und die Lernenden lernen, nach und
nach das Lerntagebuch anzuwenden.
Der „nichtöffentliche Teil“ des Lerntagebuches enthält persönliche Gedanken,
Gefühle oder Anmerkungen des Lernenden. Dieser Teil wird zu Lernberatungen
oder Beurteilungen nicht mitgebracht und auch nicht bewertet.
Depping, D. (2003): Lerntagebuch, ein Begleitinstrument. Unterricht Pflege, 4, 8,
34-35.
Herold, M. & Landherr, B. (2003). Selbstorganisiertes Lernen. Ein systematischer
Ansatz für den Unterricht. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag. Hohengehren.
S. 146-164.
II/19