Was ist der Finanzausgleich - Österreichischer Bauernbund

kurz & bündig
2/2004
P.b.b.
Verlagspostamt 1040
Erscheinungsort Wien
GZ 02Z030496 M
Der Finanzausgleich
und die Gemeinden
Zahlen - Fakten - Hintergründe
2
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
3
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Sehr geehrte Bürgermeister!
Sehr geehrte Funktionsträger in den Gemeinden!
FORUM LAND ist eine Plattform, die die Kräfte des Ländlichen Raumes bündelt,
um durch gezieltes Lobbying das Potential des Ländlichen Raumes zu nützen
und seine Interessen besser durchzusetzen.
Ein zentraler Teil dieser Arbeit ist die einfache und verständliche Aufbereitung
von Informationen zu komplexen Themenbereichen, wie dem in dieser Broschüre
dargestellten Finanzausgleich.
Neben Funktionsträgern, die täglich mit diesen Bereichen zu tun haben, soll so
einem breiteren Personenkreis von möglichen Unterstützern wichtige
Informationen in einfacher Form angeboten werden. Auf Fachausdrücke, die nur
von wenigen Speziallisten verstanden werden, wird weitgehend verzichtet.
Darüber hinaus finden Sie in unseren „Kurz & Bündig“-Broschüren Argumente für
die tägliche politische Arbeit und Diskussion, der sich viele Funktionäre zu stellen
haben. Diese Broschüre zum Finanzausgleich ist daher ein nützlicher Ratgeber
und ein Nachschlagewerk, auf das niemand, der sich in diesem Bereich
engagiert, verzichten sollte.
Abg.z.NR Fritz Grillitsch
Obmann
4
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
INHALTSVERZEICHNIS
I.
EINLEITUNG ________________________________________________6
II.
GRUNDLAGEN DES FINANZAUSGLEICHES ______________________8
Die Funktion des Finanzausgleiches ______________________________8
Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Aufgaben- und Mittelverteilung __8
Die Entstehung des Finanzausgleiches____________________________9
Zuständigkeitsbereiche von Bund, Ländern und Gemeinden im
Finanzausgleich_____________________________________________10
III.
DIE VERTEILUNG DER STEUERMITTEL DURCH DEN
FINANZAUSGLEICH _________________________________________11
Die Verteilung der Besteuerungsrechte in Zahlen ___________________11
Die Verteilung der vom Bund eingehobenen Steuern und Abgaben ____12
Die Aufteilung auf Bund, Länder und Gemeinden ___________________12
Die Verteilung des Länderanteils auf die einzelnen Länder____________13
Die Aufteilung des Gemeindeanteiles ____________________________14
Die Finanzkraft der Gemeinden in Abhängigkeit von der Größe ________15
Einnahmen aus Gemeindesteuern ______________________________15
Die Gebühreneinnahmen der Gemeinden _________________________17
Sonstige Zahlungen im Rahmen des (Bundes)Finanzausgleiches ______18
5
IV.
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
DIE AUFGABEN DER GEMEINDEN UND DIE DAMIT VERBUNDENEN
KOSTEN___________________________________________________20
Die größten Ausgabenbereiche der Gemeinden ____________________21
Die Ausgabenbereiche der Gemeinden in Abhängigkeit von der Größe im
Überblick __________________________________________________22
V.
EINNAHMEN-AUSGABENSITUATION VON GROßSTÄDTEN UND
GEMEINDEN _______________________________________________23
Die Ausgaben der Gemeinden in Abhängigkeit von der Größe_________23
Die Einnahmen der Gemeinden aus dem Finanzausgleich____________23
Die Zunahme der Verschuldung durch die Defizite im Finanzausgleich nach
Gemeindegrößenklassen______________________________________24
VI.
ENTWICKLUNG DER AUSGABEN - KOSTENSTRUKTUREN IM
VERGLEICH________________________________________________25
Angleichung des Dienstleistungsangebotes _______________________25
Die zunehmende Aufteilung der Kosten für zentralörtliche Funktionen auf
alle Gemeinden _____________________________________________26
Bevölkerungswachstum und Investitionsbedarf der kleineren Gemeinden 26
Kostenfaktor Fläche__________________________________________28
VII. VORGABEN FÜR EINEN NEUEN FINANZAUSGLEICH _____________29
Grundvorgaben _____________________________________________29
Umsetzung der Vorgaben für einen neuen Finanzausgleich ___________31
VIII. LITERATURVERZEICHNIS ____________________________________34
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I.
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Einleitung
Diese Broschüre soll dem Leser einerseits einen Überblick über die
Funktionsweise
und
die
Mittelverteilung
im
österreichischen
Finanzausgleich, insbesondere auf kommunaler Ebene bieten, andererseits
auch klar aufzeigen wie stark bei den Gemeinden des Ländlichen Raumes
die Zuteilung der Mittel und die Kosten für die Aufgabenerfüllung
auseinanderfallen. Außerdem werden die Auswirkungen dieser Defizite in
Form der starken Zunahme der Verschuldung der ländlichen Gemeinden
aufgezeigt.
Ausgehend von den Gründen warum die Finanzierung der Gemeinden über
Steuermittel notwendig ist, wird deshalb eingangs dargestellt, welche Ebene
(Bund, Länder und Gemeinden) welche abgabenrechtliche Befugnisse hat bzw.
wer über die Verteilung der Steuermittel entscheidet.
Darauf aufbauend werden die Auswirkungen der bestehenden rechtlichen
Regelungen, sowohl auf die Zuteilung von Finanzmittel auf die einzelnen Ebenen
(Bund, Länder und Gemeinden) als auch auf die verschiedenen
Gemeindegrößenklassen, dargestellt. Dabei wird systematisch auf die
Einteilungen des Finanzausgleichsgesetzes 2001 aufgebaut. Die in diesem Teil
angeführten Zahlen stammen von der Statistik Austria bzw. wurden auf Basis von
Daten, die von dieser zur Verfügung gestellt wurden, errechnet.
Am Beginn der Gegenüberstellung der Einnahmen – Ausgabensituation steht
eine Darstellung der Aufgaben der Gemeinden. Dabei wird insbesondere auf die
größten 5 Aufgaben- bzw. Ausgabenbereiche näher eingegangen und auch die
Dynamik in Abhängigkeit von der Größe genauer beleuchtet. Die Analyse der
Aufwendungen beruht im Wesentlichen auf zwei aktuellen Wifo-Studien, deren
Zahlen auch eine detailliertere Aufgliederung nach Größenklassen ermöglichten.
Abgeschlossen wird dieser Teil durch eine Analyse der Zunahme der
Verschuldung in Abhängigkeit von der Gemeindegröße als zentraler Indikator für
Missverhältnisse in der Einnahmen - Ausgabensituation.
Bevor im Einzelnen eine Neuordnung des Finanzausgleiches diskutiert wird,
werden die Ursachen für die überproportionale Kostensteigerung bei den
7
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
kleineren Gemeinden kritisch durchleuchtet. Auf dieser Basis werden
Möglichkeiten
für
neue
Finanzausgleichselemente
aufgrund
verfassungsrechtlicher Vorgaben und aktueller Entwicklungen aufgezeigt. Neben
einem neuen Schlüssel für die Mittelzuteilung, welche die strukturellen
Besonderheiten des Ländlichen Raumes berücksichtigen, werden auch neue,
innovative Steuerungselemente zur Diskussion gestellt.
MMag. Robert Ablinger
Autor
8
II.
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Grundlagen des Finanzausgleiches
Die Funktion des Finanzausgleiches
Öffentliche Leistungen wie die Gesundheitsversorgung, der Schulbesuch, die
Erhaltung von Landes- und Gemeindestraßen, der Bau und Betrieb von
öffentlichen Einrichtungen wie Kindergärten, mobilen Hilfsdiensten usw. werden
überwiegend von den Gebietskörperschaften (Bund, Länder und Gemeinden) aus
den Steuer- und Abgabenerträgen finanziert. Durch Beiträge der direkten
Nutznießer wie Schüler, Autofahrer, Pensionisten usw. kann nur ein geringer Teil
der auflaufenden Kosten gedeckt werden1.
Damit diese Leistungen der öffentlichen Hand sowie deren administrativer
Aufwand finanziell gedeckt werden kann, brauchen die einzelnen
Gebietskörperschaften entweder eigene Steuereinnahmen oder müssen an den
Steuereinnahmen einer anderen Gebietskörperschaft beteiligt werden. Genau
diese Zuteilung von Steuerrechten bzw. das Ausmaß der Beteiligung an den
Steuereinnahmen von anderen Gebietskörperschaften wird durch den
Finanzausgleich geregelt.
Darüber hinaus gibt es gesetzlich fixierte finanzielle Zuwendungen an einzelne
Gebietskörperschaften für die Erbringung spezifischer Leistungen. Diese werden
teilweise auch außerhalb des Finanzausgleichsgesetzes gemeinsam mit dem
Ausmaß und dem Umfang der Leistungserbringung in Sondergesetzen geregelt.
Verfassungsrechtliche Vorgaben für die Aufgaben- und Mittelverteilung
Während die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in den
wichtigsten Bereichen direkt in der Verfassung geregelt ist, gibt es eine derart fixe
rechtliche Vorgabe bei der Zuteilung der Besteuerungsrechte und der Verteilung
der Steuermittel und somit beim Finanzausgleich nicht.
1
Der Betrieb von bestehenden Wasserver- und Abwasserentsorgungsanlagen sowie die Entsorgung
von Abfällen wird jedoch in den Ballungszentren regelmäßig durch die verrechneten Gebühren
gedeckt.
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Die Finanzverfassung legt nur fest, dass die Verteilung der Mittel in
Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen Verwaltung zu
erfolgen hat und die Grenzen der Leistungsfähigkeit der beteiligten
Gebietskörperschaften nicht überschritten werden darf.
Damit trägt die Finanzverfassung dem Umstand Rechnung, dass sich die Kosten
der Gebietskörperschaften für einzelne Leistungen im Laufe der Zeit massiv
verändern können. 1948, als das Finanzverfassungsgesetz beschlossen wurde,
hätte wahrscheinlich niemand vorhersehen können, dass auch ländliche
Gemeinden mit Verkehrswegen, Wasserver- und Entsorgungsanlagen
erschlossen, Kinderbetreuungseinrichtungen flächendeckend vorhanden sind und
ältere Menschen über mobile Dienste versorgt werden müssen.
Die Entstehung des Finanzausgleiches
Die Verteilung der Besteuerrechte und Steuereinnahmen wird auf Grundlage des
Finanzverfassungsgesetzes derzeit alle 4 Jahre auf Basis der Verhandlungen von
Bund, Ländern sowie Städte- und Gemeindebund festgelegt. Da nach Ansicht
des Verfassungsgerichtshofes in den Verhandlungen alle Gebietskörperschaften
ihre Interessen wahren können2, sind wesentliche Änderungen in der
parlamentarischen Behandlung und Beschlussfassung kaum mehr möglich.
Kommt es durch gesetzliche Änderungen während der 4-jährigen
Finanzausgleichsperiode zu einer größeren Verschiebung von Lasten, sollten
regelmäßig auch die Finanzierungsregelungen angepasst werden. Ob und
wieweit dies notwendig ist, wird im Rahmen des sogenannten
„Konsultationsmechanismus“ geklärt3.
2
Städte und Gemeinden sind nicht direkt an den Verhandlungen beteiligt, sondern werden
entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben durch Städte- und Gemeindebund vertreten.
3
Ausgenommen sind jedoch Verschiebungen von Belastungen durch EU-Recht und Kürzungen der
Steuereinnahmen.
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Zuständigkeitsbereiche von Bund, Ländern und Gemeinden im
Finanzausgleich
Bund
- Der Bund regelt im Finanzausgleichsgesetz die Verteilung der
Besteuerungsrechte zwischen Bund, Ländern und Gemeinden4. Von diesen
Steuervergaberechten macht der Bund Gebrauch und legt nicht nur fest, wer
welche Steuern einheben darf, sondern in vielen Fällen auch, wie hoch
Landes- und Gemeindeabgaben sein dürfen.
- Weiters regelt der Bund die Verteilung der gemeinsam für alle
Gebietskörperschaften eingehobenen Steuern und Abgaben bis auf die
Ebene
der
Gemeinden
und
vergibt
Finanzzuweisungen
und
Zweckzuschüsse.
- Ebenso grenzt er das Umlagerecht der Länder, z.B. durch ein Deckelung der
Landesumlage, ein.
Länder
- Die Länder können, soweit der Bund sein Besteuerungsrecht nicht ausübt,
eigene Landesabgaben, wie z.B. eine Landschaftsschutzabgabe, einheben.
- Weiters dürfen sie Ausführungsbestimmungen im Rahmen einer
bundesgesetzlichen Ermächtigung zu einzelnen Steuern, z.B. im Bereich der
Grundsteuern, erlassen.
- Sie haben auch das Recht, zur Deckung des eigenen Finanzbedarfes,
Umlagen von den Gemeinden einzuheben (Landesumlage).
- Im Rahmen ihrer „Gemeindekompetenz“ können sie auch die Gründung,
Organisation und Finanzierung von Gemeindeverbänden gesetzlich regeln.
4
Der Bund verfügt in diesem Bereich über die sogenannte „Kompetenz–Kompetenz“, d.h. er kann
nicht nur einzelne Bereich selber regeln, sondern sich auch unmittelbar für die Regelung zuständig
erklären = die Kompetenz einräumen.
11
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Gemeinden
- Die Gemeinden legen nach bundes- und landesrechtlichen Vorgaben die
Höhe von Gemeindesteuern, wie der Grundsteuer (z.B. über die
Grundsteuerhebesätze) fest und können Befreiungen usw. gewähren.
- Weiters können sie Gebühren für die Inanspruchnahme von eigenen
Anlagen, wie Wasser- und Kanalgebühren sowie für die Erbringung von
Dienstleistungen usw. festlegen.
III. Die Verteilung der Steuermittel durch den
Finanzausgleich
Die Verteilung der Besteuerungsrechte in Zahlen5
Das Steuer- und Abgabenaufkommen der Gebietskörperschaften betrug 2001
rund 63,3 Milliarden Euro.
Davon hob
- der Bund 60 Milliarden Euro6,
- die Länder 0,2 Milliarden Euro (ohne Wien),
- die Gemeinden 2,2 Milliarden Euro (ohne Wien)7 und
- Wien 0,9 Milliarden Euro ein8.
Diese Zahlen zeigen eindrucksvoll die Konzentration der Abgabeneinhebung
beim Bund.
5
Quelle: Statistik Austria, Gebarungsübersichten 2001, Wien 2003
Summe aus ausschließlichen Bundesabgaben, gemeinschaftliche Bundesabgaben und
Vorweganteile.
7
Ohne Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und Anlagen.
8
Ohne Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und Anlagen.
6
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
12
Die Verteilung der vom Bund eingehobenen Steuern und Abgaben 9
Rund 80% oder knapp 50,610 Milliarden Euro der vom Bund eingehobenen
Steuern sind sogenannte gemeinschaftliche Bundesabgaben, die zwischen Bund,
Ländern und Gemeinden aufgeteilt werden.
Von diesen 50,6 Milliarden Euro werden die sogenannten Vorweganteile im
Gesamtausmaß von rund 3,7 Milliarden Euro für die Erfüllung gemeinsamer
Aufgaben, wie die Krankenanstaltenfinanzierung, die Siedlungswasserwirtschaft,
den EU- und Konsolidierungsbeitrag oder den Familienlastenausgleichsfond vom
Bund einbehalten und an die festgelegten Empfänger weitergeleitet. Somit
standen 2001 rund 47 Milliarden Euro für die Verteilung auf die
Gebietskörperschaften zur Verfügung.
Die Aufteilung auf Bund, Länder und Gemeinden
Die Gebietskörperschaften bekommen nicht einen gewissen Anteil an den
gesamten gemeinschaftlichen Bundesabgaben, sondern einzelne Abgaben und
Abgabengruppen werden nach einem für diese Steuer spezifischen Anteil
zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt.
Tabelle 1:
Anteile der Gebietskörperschaften an den gemeinschaftlichen
Bundesabgaben 200111 12
Bund
Länder ohne Wien
Ertragsanteile in Mio. Euro
in %
33.257
70,9
5.740
12,2
13
Gemeinden ohne Wien
4.719
Wien (Land u. Gemeinde)
3.196
9
10,1
6,8
Ohne Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und Anlagen.
Inklusive der ausschließlichen Bundesabgaben von 9,4 Milliarden Euro wurden die oben
genannten 60 Mrd. Euro vom Bund eingehoben.
11
Quelle: Statistik Austria, Gebarungsübersichten 2001; Wien 2003.
12
Nach Abzug der Vorweganteile zur Finanzierung gemeinsamer Aufgaben.
13
Inklusive Bedarfszuweisungsmittel.
10
13
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Die Verteilung des Länderanteils auf die einzelnen Länder
Die Länderanteile an den einzelnen Abgaben werden in der nächsten Stufe auf
die einzelnen Länder nach verschiedenen Aufteilungsschlüsseln, überwiegend
jedoch auf Basis der Bevölkerungszahl, verteilt.
Tabelle 2:
Steueranteile der einzelnen Länder an den gemeinschaftlichen
Bundesabgaben14
Steuerertragsanteile15
insgesamt in Mio. Euro
Burgenland
Kärnten
230,40
Bevölkerung16
(Volkszählung 1991)
Ertragsanteile
pro Kopf
270.880
851
492,55
547.798
899
Niederösterreich
1.315,84
1.473.813
893
Oberösterreich
1.205,23
1.333.480
904
461,99
482.365
958
1.055,87
1.184.720
891
Tirol
605,97
631.410
960
Vorarlberg
327,67
331.472
988
Wien
1.470,10
1.539.848
955
Gesamt
7.165,60
7.795.786
919
Salzburg
Steiermark
Die Unterschiede der pro Kopf ausbezahlten Ertragsanteile sind überwiegend auf
die neben der Volkszahl zur Anwendung kommenden aufkommensorientierten
Schlüssel, welche die westlichen Bundesländer und Wien begünstigen sowie auf
die Verteilung nach dem ehemaligen Mineralölsteuerschlüssel zurückzuführen,
der Bundesländer mit schwierigen Geländeverhältnissen mehr Mittel zugesteht.
14
Quelle BMF: 2001; tatsächlich an die Länder ausbezahlte Ertragsanteile. Geringfügige Differenzen
gegenüber den Daten der Statistik ergeben sich durch den Ausgleich zu hohen bzw. zu niedrigen
Vorauszahlungen.
15
Ohne Spielbankenabgabe.
16
2001 wurden für die Verteilung der Ertragsanteile noch die Volkszählungsergebnisse 1991
herangezogen.
14
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Wenn man die Ausgleichszahlungen für finanzschwächere Bundesländer17
hinzurechnet, bekommt kein Bundesland pro Kopf weniger als 5% vom im
österreichischen Durchschnitt ausbezahlten Betrag.
Die Aufteilung des Gemeindeanteiles
Die Verteilung der den Gemeinden zustehenden Steuerertragsanteile erfolgt in 2
Stufen. In einem ersten Schritt werden die Finanzmittel auf Gemeinden der
einzelnen Länder aufgeteilt. Anders als bei den Ländern, wo die Verteilung
überwiegend nach der Volkszahl erfolgt, dominiert bereits bei der Verteilung der
Gemeindeanteile
auf
die
einzelnen
Bundesländer
der
abgestufte
18
Bevölkerungsschlüssel .
In einem zweiten Schritt werden die auf die Länder aufgeteilten Finanzmittel auf
die einzelnen Gemeinden in den Bundesländern verteilt. Der größte Teil der Mittel
wird dabei noch einmal nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel verteilt19.
Dies bedeutet, dass von Mitteln, die in beiden Verteilungsgängen nach dem
abgestuften Bevölkerungsschlüssel verteilt werden, eine Gemeinde unter 10.000
Einwohner pro Kopf einen Euro zugeteilt bekommt, während eine Großstadt drei
Euro bekommt. Dieser abgestufte Bevölkerungsschlüssel ist auch
hauptverantwortlich für die ungleiche Mittelverteilung zwischen Großstädten und
dem Ländlichen Raum inklusive seiner regionalen Zentren.
Die anderen Verteilungsschlüssel, inklusive des im letzten FAG eingeführten
Sockelbetrages, können diese Benachteiligung nur sehr begrenzt ausgleichen,
sodass sich im Endeffekt die in der nachfolgenden Grafik dargestellte
durchschnittliche Auszahlungssumme je Einwohner ergibt.
17
z.B. Sonderzuschuss für das Burgenland.
Der Anteil der Mittel, die nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel verteilt werden, ist durch den
Sockelbetrag und andere Maßnahmen von 57% (2000) auf 50% (2004) gesunken.
19
Der Anteil der Mittel, die nach dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel verteilt werden, ist durch den
Sockelbetrag und andere Maßnahmen von rund 80% (2000) auf 60% (2004) gesunken.
18
15
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Grafik 1: Gemeindeertragsanteile pro Einwohner im Jahr 2001 nach Gemeindegröße
Die Finanzkraft der Gemeinden in Abhängigkeit von der Größe
Neben den bereits oben genannten Ertragsanteilen bilden, wie die nachfolgende
Grafik zeigt, die eigenen Gemeindesteuern und die eingehobenen Gebühren
einen wesentlichen Bestandteil der Eigenfinanzierung der Gemeinden.
Grafik 2: Steuer- und Gebühreneinnahmen der Gemeinden 2001 (ohne Wien)
Einnahmen aus Gemeindesteuern
Auch das Aufkommen an gemeindeeigenen Steuern ist in den kleinen
Gemeinden wesentlich niedriger als in den Städten. Hauptverantwortlich dafür ist
16
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
das geringe Aufkommen an Kommunalsteuer, welches rund 60% des
Aufkommens an Gemeindesteuern (außerhalb Wiens) ausmacht. Auch innerhalb
der einzelnen Gemeindegrößenklassen gibt es dabei erhebliche Unterschiede in
Abhängigkeit von der Anzahl der Arbeitsplätze. Insbesondere in ländlich
strukturierten Gebieten erreicht das eigene Steueraufkommen der Gemeinden
aufgrund des Fehlens von Betrieben pro Einwohner oft nicht einmal die Hälfte des
Durchschnittes.
Grafik 3: Kommunalsteueraufkommen nach Größenklassen
Große Städte über 50.000 Einwohner haben zudem in größerem Ausmaß
steuergleiche Einnahmen, wo sie Bürger anderer Gemeinden in die Pflicht
nehmen, etwa aus der Parkraumbewirtschaftung. Insgesamt ist das Aufkommen
an eigenen Steuern daher in den Großstädten fast doppelt so hoch wie in den
kleinen Städten und Gemeinden.
17
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Grafik 4: Gemeindesteuern nach Größenklassen (ohne Wien)
Grafik 5: Gemeindesteuern u. Steueranteile aus dem FAG nach Gemeindegrößen (ohne Wien)
Die Verteilung der Steuereinnahmen auf Basis der tatsächlich von den
Gemeinden lukrierten Einnahmen zeigt deutlich, dass die Basisfinanzierung der
Großstädte fast doppelt so hoch ist wie die der kleinen Städte und Gemeinden
unter 10.000 Einwohner.
Die Gebühreneinnahmen der Gemeinden
Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Gebühren für die Wasserver- und
Abwasserentsorgung bzw. die Abfallentsorgung. Im ländlichen Bereich sind diese
aufgrund
des
niedrigeren
Anschlussgrades
an
Wasserverund
Abwasserentsorgungsanlagen pro Einwohner noch etwas niedriger als in
18
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
mittleren Städten. Die Gebühreneinnahmen pro Kopf dürften jedoch mit
zunehmendem Ausbau der Abwasserentsorgungsanlagen im ländlichen Bereich
weiter stark zunehmen. Dadurch werden schon in wenigen Jahren die
Gebührenbelastungen pro Einwohner in den Gemeinden des Ländlichen Raumes
am höchsten sein.
Auf die Finanzsituation der Gemeinden im Ländlichen Raum wirkt sich das
zunehmende Gebührenaufkommen kaum positiv aus, da sich die Gebührenhöhe
regelmäßig am Kostendeckungsgrad orientiert und somit nur ein Durchläufer in
der Gemeindebilanz ist. Tendenziell erzielen Gemeinden, die bereits seit langem
eine
Wasserversorgungsbzw.
Abwasserentsorgungsanlage
haben,
Überschüsse für das Budget (in der Regel die Städte), während ländliche
Gemeinden mit einer geringen Siedlungsdichte und neuen Anlagen regelmäßig
die Abwasserentsorgung aus dem Budget bezuschussen müssen, um
sozialverträgliche Gebühren zu gewährleisten.
Sonstige Zahlungen im Rahmen des (Bundes-)Finanzausgleiches
Das Finanzausgleichgesetz bildet auch die Grundlage für zahlreiche andere
Zahlungen
(Transfers)
zwischen
den
Gebietskörperschaften,
wie
Wohnbauförderung, Landeslehrerabgeltung, Bedarfszuweisungen und die
maximale Höhe der Landesumlage.
Tabelle 3: Sonstige Zahlungen im Rahmen des (Bundes-)Finanzausgleiches20
zahlt (-) / bekommt (+) in Mrd. Euro
Bund
- 6,843
Länder
+ 6,717
Wien als Land und Gemeinde
+ 1,316
Gemeinden
- 1,09721
20
Quelle: Statistik Austria, Gebarungsübersichten 2001, Wien 2003; Zahlungen des Bundes inklusive
der Überweisungsdifferenz von 93 Millionen Euro.
21
Ohne Berücksichtigung der Zahlungen an Sozialhilfe und Schulgemeindeverbände.
19
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
20
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Die meisten dieser Zahlungen der Gemeinden sind Prozentanteile von den
Ertragsanteilen und Steuereinnahmen, sodass sich dadurch die Mittelverteilung
zwischen den einzelnen Gemeindengrößenklassen kaum verändern.
IV. Die Aufgaben der Gemeinden
und die damit verbundenen Kosten
Die Gemeinden sind die umfassende Bürgerservicestelle, die zahlreiche
öffentliche Verwaltungsagenden wie
•
das Meldewesen,
•
das Bauwesen,
•
die örtliche Raumplanung,
•
den Zivilschutz usw. wahrnehmen.
Darüber hinaus
•
erhalten sie Pflichtschulen, Kindergärten, Gemeindestraßen, öffentliche
Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen,
•
finanzieren sie zu einem erheblichen Teil22 die Grundsicherung bedürftiger
Personen sowie die Basisversorgung der Bevölkerung, etwa mit mobilen
Diensten,
•
erbringen sie die zentrale Ver- und Entsorgungsleistung etwa bei Wasser,
Abwasser sowie Abfällen,
•
fördern sie die Wirtschaft, den Tourismus, das Vereinswesen (z.B. Sport- und
Kulturvereine), den Wohnungsbau usw.
Weiters
sind
sie
über
verschiedene
Landesfonds
an
der
Krankenanstaltenfinanzierung, der Jugendfürsorge und anderen überregionalen
Leistungen beteiligt.
22
Dies kann sowohl auf direktem Weg, indem sie eigne Einrichtungen betreiben, oder über
Mitfinanzierung von diversen Verbänden und Vereinen erfolgen.
21
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Die größten Ausgabenbereiche der Gemeinden23
Ausgaben für unentbehrliche kommunale Leistungen
Mit 540 Euro pro Einwohner geben Städte und Gemeinden am meisten für
unentbehrliche
kommunale
Leistungen,
wie
die
Wasserund
Abwasserentsorgung, die Abfallbeseitigung usw. aus.
Diese stark von der Siedlungsfläche abhängigen Kosten, die überdies jährlich
durchschnittlich um 8% steigen, sind insbesondere in den Kleingemeinden mit
durchschnittlich 750 Euro pro Einwohner wesentlich höher als in Großstädten.
Ausgaben für sonstige kommunale Dienstleistungen
Bereits nur mehr einen Bruchteil, nämlich 166 Euro pro Einwohner, betragen die
Kosten für sonstige öffentliche Einrichtungen, wie Bauhöfe und Einrichtungen, die
typisch für zentrale Orte sind, wie Bäder, wie Zuschüsse zu den Stadtwerken
oder etwa für die Erbringung von öffentlichen Nahverkehrsleistungen usw. Die
Kostenentwicklung liegt mit 0,8% pro Jahr deutlich unter der Inflationsrate
weshalb deren Anteil und Bedeutung abnimmt.
Ausgaben für den Straßenverkehr
Mit durchschnittlichen Ausgaben von 164 Euro pro Einwohner folgt auf Platz 3 der
größten kommunalen Ausgaben mit dem Straßenbau und der Straßenerhaltung
ein weiterer stark von der Siedlungsfläche abhängiger Ausgabenposten. Mit
jährlichen Zuwachsraten von 3,7% bleibt der Anteil an den Gesamtkosten relativ
konstant.
Sozialausgaben –Kleine Gemeinden zahlen immer mehr mit
Den viertgrößten Ausgabenbrocken, der überdies jährlich um 10,5% wächst,
bilden mit durchschnittlich 156 Euro pro Einwohner die Sozialausgaben der
Gemeinden. Zwar sind diese derzeit in den großen Landeshauptstädten mit 334
Euro pro Einwohner noch fast viermal so hoch wie in den ländlichen Gemeinden,
diese holen jedoch mit jährlichen Steigerungen von 16% pro Jahr rasch auf.
23
Lehner G., aufgabenorientierter Finanzausgleich, Wifo 2003.
22
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Verantwortlich für diese Kostensteigerungen in den ländlichen Gemeinden ist
unter anderem die Versolidarisierung der Sozialkosten der größeren Städte durch
die Schaffung und Ausweitung von Sozialhilfefonds und vergleichbaren
Ausgleichmechanismen.
Pflichtschulen (Volks- und Hauptschulen)
Dieser Ausgabenbereich, für den die Gemeinden pro Einwohner rund 147 Euro
ausgeben, belastet vor allem Gebiete, wo der Anteil an Hauptschulbesuchern
überdurchschnittlich hoch ist. Großstädte, in welchen viele 10- bis 14-jährige ein
Gymnasium besuchen, welches vom Bund finanziert wird, geben mit 97 Euro pro
Kopf ein Drittel weniger aus, als die anderen Städte und Gemeinden. Mit einem
jährlichen Zuwachs von rund 3,7% bleibt der Anteil an den Gesamtkosten relativ
konstant.
Die Ausgabenbereiche der Gemeinden in Abhängigkeit von der Größe im
Überblick
Grafik 6: Gemeindeausgaben pro Einwohner und Jahr nach Aufgabenbereiche
23
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
V. Einnahmen-Ausgabensituation von
Großstädten und Gemeinden
Die Ausgaben der Gemeinden in Abhängigkeit von der Größe
Die Gegenüberstellung der vom WIFO erhobenen durchschnittlichen
Aufwendungen zeigt, dass die bestehende Verteilung der Steueranteile und
Steuerrechte in keiner Weise den tatsächlichen Aufwendungen der Gemeinden
entspricht.
Grafik 7: Kosten pro Einwohner in Abhängigkeit von der Größe
Die Einnahmen der Gemeinden aus dem Finanzausgleich
Während die Kosten der Gemeinden und kleinen Städte derzeit nur um rund 30%
unter denen der Großstädte liegen, ist die Basisfinanzierung aus dem
Finanzausgleich (inklusive eigene Steuern) nur halb so hoch.
24
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Grafik 8: Gemeindesteuern u. Steueranteile aus dem FAG nach Gemeindegröße (ohne Wien)
Die Zunahme der Verschuldung durch die Defizite im Finanzausgleich nach
Gemeindegrößenklassen
Da die Einnahmen–Ausgaben-Differenz der kleinen Gemeinden weder durch
Finanzzuweisungen im Rahmen des Bundesfinanzausgleiches noch durch
andere Ausgleichmaßnahmen auf Landesebene entsprechend ausgeglichen wird,
hat die Verschuldung der kleineren Gemeinden rasant zugenommen. In Summe
ist der Schuldenstand der ländlichen Gemeinden im Zeitraum von 1990 bis 2000
um durchschnittlich fast 300% gestiegen, während er sich bei größeren Städten
im Rahmen der Inflation hielt.
Grafik 9: Entwicklung des Schuldenstandes je Einwohner
25
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
VI. Entwicklung der Ausgaben Kostenstrukturen im Vergleich
Angleichung des Dienstleistungsangebotes
Die Anpassung des Dienstleistungsniveaus führte generell zu massiven
Ausgabensteigerungen im kommunalen Bereich. Am stärksten war der
Kostenanstieg naturgemäß in den kleinen Gemeinden des Ländlichen Raumes,
wo erst in den letzten Jahren verschiedene Dienstleistungen, wie z.B. mobile
Betreuungsdienste, eingerichtet wurden bzw. deren Niveau in Richtung der
Städte angehoben wurde.
Ein typisches Beispiel für den Kostenanstieg durch Leistungsausbau ist die
Verbesserung der Betreuung von Vorschulkindern in den Gemeinden des
Ländlichen Raumes. Diese Leistungsverbesserung hat sich von 1990 bis 2000
mit einer durchschnittlichen Kostensteigerung von über 8% in den
Gemeindehaushalten niedergeschlagen.
Tabelle 4:
Ausgabenentwicklung der Gemeinden (ohne Wien)
Gemeindegrößenklasse
Steigerung der Ausgaben in den
Jahren 1990 – 2000 in %
bis 500
84%
500 – 1.000
70%
1.000 bis 2.500
62%
2.500 bis 5.000
56%
5.000 bis 10.000
46%
10.000 bis 20.000
49%
20.000 bis 50.000
32%
Über 50.000
54%
26
kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Die zunehmende Aufteilung der Kosten für zentralörtliche Funktionen auf
alle Gemeinden
Im Zuge der Ausdehnung des Leistungsangebotes auf den Ländlichen Raum
wurden die Kosten zentralörtlicher Aufgaben der Städte, etwa im Sozialbereich,
durch eine „Versolidarisierung“ auf alle Gemeinden aufgeteilt. Besonders
augenfällig ist dies im Bereich der Sozialhilfe, wo die Kosten der kleinen
Gemeinden von 1990 bis 2000 um rund 400% gestiegen sind.
Grafik 10: Steigerung der Sozialausgaben 1990 - 2000
Ein weiteres Beispiel ist die in vielen Bundesländern stattfindende Neuordnung
der Krankenanstalten. Dabei werden in einem ersten Schritt die Spitäler von den
Städten auf die Länder übertragen und die Kosten auf alle, auch die ländlichen
Gemeinden, aufgeteilt. Dementsprechend sind die Kostenbeteiligungen der
ländlichen Gemeinden massiv angestiegen, während der Anteil in den Städten
teilweise sogar zurückging.
Bevölkerungswachstum und Investitionsbedarf der kleineren Gemeinden
Zwischen 1960 und 1991 ist die Bevölkerung in Kleingemeinden unter 5.000
Einwohner mit 17% bereits wesentlich stärker gestiegen als in Städten und
größeren Gemeinden. Selbst in den letzten 10 Jahren ist die Bevölkerung in den
kleinen Gemeinden weiter gewachsen, während die größeren Städte in Summe
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kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
bereits einen Bevölkerungsrückgang hinnehmen mussten. Berücksichtigt man die
durch den Ausbau des Fremdenverkehrs und das Zweitwohnsitzwesen seit den
60er Jahren steigenden Spitzenbelastungen mit, so beträgt der Anstieg der
bevölkerungsbedingten Infrastrukturbelastungen in Gemeinden unter 5.000
Einwohner fast 70%. Der Vergleichswert für Gemeinden über 5.000 Einwohner
liegt hingegen nur bei 10%. Sogar in wenig dynamischen Agrargemeinden hat die
Anzahl der Wohnungen innerhalb von 20 Jahren um 20 – 30% zugenommen.24
Weiters müssen im Ländlichen Raum noch Nachrüstinvestitionen, etwa im
Bereich der Abwasserbeseitigung, vorgenommen werden. In den Ballungszentren
sind hingegen kaum mehr Investitionen für die Neuerrichtung von Straßen,
Wasserleitungen und vergleichsweise wenig für die Errichtung von
Abwasserentsorgungsanlagen notwendig.
Der höhere Investitionsbedarf der kleineren Gemeinden schlägt sich auch in der
aktuellen Finanzbedarfserhebung der österreichischen Städte- und Gemeinden
für den Zeitraum 2001 bis 2004 nieder. So investieren die kleinen Gemeinden
unter 5.000 Einwohner im Zeitraum 2001 bis 2004 mit durchschnittlich 2.228 Euro
pro Einwohner wesentlich mehr als die großen Städte, die nur 1.690 Euro pro
Einwohner für Investitionen ausgeben müssen (inklusive selbständige Betriebe
und ausgegliederte Bereiche).
Grafik 11: Gesamtinvestitionen 2001 bis 2004 pro Einwohner
24
Quelle.: C. Doubek, G. Zanetti, Siedlungsstruktur und öffentliche Haushalte in: Österreichische
Raumordnungskonferenz (Hrsg), ÖROK-Schriftenreihe Nr. 143, Wien 1999
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Kostenfaktor Fläche
Die Kosten der Infrastrukturerrichtung sind im Ländlichen Raum pro Wohneinheit
bis zu zehnmal höher als in den Großstädten. Da die Investitionen nur zu einem
Teil von Bund und Ländern mitfinanziert werden, muss der überwiegende Teil von
Gemeinden und Bürgern getragen werden. Insbesondere bei den
Nachrüstungsinvestitionen im Bereich der Wasserwirtschaft müssen von den
Bürgern, mangels höherer Zuschussmöglichkeit der Gemeinden, hohe
Anschlussgebühren eingehoben werden, die von den betroffenen Bürgern oft nur
schwer zu verkraften sind.
Weiters müssen die kleineren und ärmeren Gemeinden aufgrund der
angespannten Finanzlage oft die Erschließungskosten auf ansiedlungswillige
Betriebe überwälzen, während sie von Großstädten oft sogar bei der Ansiedlung
unterstützt werden.
Grafik 12: Siedlungsdichte und Erschließungskosten je Wohneinheit
25
Die Erhaltungskosten pro Kilometer sind bei den Infrastruktureinrichtungen im
Ländlichen Raum aufgrund des niedrigeren Alters derzeit noch günstiger als in
den Städten, mittelfristig wird der kostendämpfende Faktor Alter jedoch wegfallen,
sodass auch in der Erhaltung die Infrastrukturlänge kostenmäßig voll
durchschlagen wird.
25
Quelle.: C. Doubek, G. Zanetti, Siedlungsstruktur und öffentliche Haushalte in: Österreichische
Raumordnungskonferenz (Hrsg), ÖROK-Schreiftenreihe Nr. 143, Wien 1999
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kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
Die Bürger im Ländlichen Raum, die bereits jetzt z.B. rund das Doppelte an
Abwassergebühren bezahlen wie Großstädter, obwohl die ländlichen Gemeinden
bereits jetzt massiv aus dem Haushalt zuschießen, müssen damit rechnen, dass
sozialverträgliche Gebühren ohne fairen Ausgleich der flächenbedingten Kosten
im Finanzausgleich in Zukunft nicht mehr gewährleistet sind.
VII. Vorgaben für einen neuen Finanzausgleich
Grundvorgaben
• Die allgemeinen Rechte der Staatsbürger sind unteilbar
Niemand darf Bürger 2. oder 3. Klasse sein, nur weil er in einer finanzschwachen
Region oder Gemeinde lebt. Die Leistungen der Daseinsvorsorge müssen für alle
Bürgerinnen und Bürger gleich zugänglich sein. Dabei gilt es, die Gleichheit des
Zuganges, die Flächendeckung der Leistungen, die Versorgungssicherheit und
die Qualität der Leistungen dauerhaft sicherzustellen.
•
Das Finanzverfassungsgesetz verlangt, dass die Leistungsfähigkeit der
Gemeinden nicht überschritten werden darf
Jede Gebietskörperschaft hat nach der Finanzverfassung, die mit ihren Aufgaben
verbundenen Kosten selber zu tragen. Allerdings müssen Bund und Länder bei
der Verteilung der Besteuerungsrechte und der Verteilung von Zuschüssen und
Finanzzuweisungen darauf Bedacht nehmen, dass die Leistungsfähigkeit der
Gemeinden nicht überschritten wird (§ 4 Finanzverfassungsgesetz).
Dem muss im neuen Finanzausgleich insoweit Rechnung getragen werden, als
dass es auch ordentlich wirtschaftenden Gemeinden des Ländlichen Raumes
wieder möglich sein muss, ihren Haushalt dauerhaft aus den laufenden
Einnahmen auszugleichen.
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kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
• Konvent
Die Kompetenzen und Aufgaben der Gebietskörperschaften (Bund, Länder und
Gemeinden) sind in vielen Bereichen (insbesondere im Sozial- und
Gesundheitswesen) total zersplittert.
Durch eine klare moderne Verteilung der Zuständigkeiten soll dem Bürger der
Zugang zum Service erleichtert werden. Gleichzeitig soll durch die Schaffung von
klaren Zuständigkeiten die Verwaltung von unnötiger, interner Bürokratie entlastet
werden.
Aus Sicht der Vertreter des Ländlichen Raumes muss es auch darum gehen, die
Leistungen für Bürger von kleinen Gemeinden, die aufgrund der Bürgernähe in
vielen Bereichen wesentlich effizienter arbeiten als Großstrukturen mit einem
großen Verwaltungsapparat, finanziell abzusichern.
• Regierungsprogramm 2003 – „Aufgabenorientierter Bevölkerungsschlüssel“
Die Österreichische Bundesregierung will, wie im neuen Regierungsprogramm
festgehalten ist, durch die Einführung eines neuen aufgabenorientierten
Finanzschlüssels die Finanzierbarkeit von öffentlichen Leistungen für alle
Österreicher gewährleisten.
• Senkung der Abgabenquote - Stärkung des Wirtschaftswachstums
Im Zuge der Steuerreform sinkt die Abgabenquote, wie im Regierungsprogramm
vorgesehen, auf rund 43%. Dies führte dazu, dass sich in Verbindung mit dem
niedrigen Wirtschaftwachstum die Steuereinnahmen der Gebietskörperschaften in
den letzten Jahren kaum erhöht haben.
Beispiele anderer europäischer Länder mit einer hohen Abgabenquote und
öffentlichen Defiziten über 3% des BIP zeigen jedoch, dass auch der gegenteilige
Weg, nämlich die Steuern anzuheben, mittelfristig kaum eine Verbesserung der
Finanzsituation der öffentlichen Haushalte brachte. Die damit verbundene
Schwächung der Wirtschaft und Verminderung von Leistungsanreizen verringert
nämlich nachhaltig das Wirtschaftswachstum und damit das Steueraufkommen
für die öffentlichen Haushalte.
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
• Fortsetzung des Konsolidierungskurses – geringe budgetäre Spielräume
Der Weg der Budgetkonsolidierung, wie er im letzten Finanzausgleichspakt
festgelegt wurde, soll nach den Vorgaben des Regierungsprogramms auch in
Zukunft fortgesetzt werden. Insbesondere soll über den Konjunkturzyklus
gesamtstaatlich ein ausgeglichenes Budget erzielt werden.
Das für 2005 erwartete gesamtstaatliche Defizit von 2% zeigt, dass unter
Berücksichtigung
der
steigenden
Kosten für die Pensions- und
Gesundheitssysteme, größere Ausgabensteigerungen in anderen Bereichen
kaum möglich sind, ohne sich der Defizitgrenze von 3% weiter anzunähern bzw.
den Konsolidierungskurs zu verlassen.
Umsetzung der Vorgaben für einen neuen Finanzausgleich
Neben dem Bundesfinanzausgleich ist für die Gemeinden auch der landesinterne
Ausgleich von zentraler Bedeutung. Die im folgenden genannten Ziele und
Vorschläge sowie die verfassungsrechtlichen Vorgaben können daher nur dann
erreicht bzw. umgesetzt werden, wenn sie sowohl auf Bundes- wie auch auf
Landesebene konsequent verfolgt werden.
• Transparente Verteilung der Mittel, die Chancengleichheit sichert
Zentrale Herausforderung für den neuen Finanzausgleich wird es sein, durch ein
objektives und transparentes Verfahren die Akzeptanz der Mittelverteilung zu
erhöhen und die Chancengleichheit der Bürger auch im Ländlichen Raum zu
sichern. Dadurch soll auch sichergestellt werden, dass die Neuregelung vor dem
Verfassungsgerichtshof hält und die notwendige Rechtssicherheit, die
unerlässlich für eine mittelfristige Planung ist, gewährleistet ist.
• Basisleistungen der Gemeinden finanziell absichern
Als erstes gilt es, die Basisleistungen der Gemeinden für ihre Bürger im Rahmen
des Finanzausgleiches abzusichern. Dies könnte sowohl durch eine verstärkte
Mittelverteilung nach der Einwohnerzahl, eine Aufstockung des bestehenden
Sockelbetrages usw. erreicht werden.
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kurz & bündig –
Der Finanzausgleich und die Gemeinden
• Ausgleich von Nachteilen und höheren Kostenbelastungen
Damit der Finanzausgleich wirklich seinen Namen verdient, müssen finanziell und
wirtschaftlich schwache Gemeinden oder solche mit einem hohen Kinder- und
Altenanteil oder einem unterdurchschnittlichen Einkommen der Bevölkerung mehr
Mittel erhalten usw.
Weiters sind zentrale Kostenfaktoren des Ländlichen Raumes, wie die
Siedlungsfläche, bei der Mittelverteilung zu berücksichtigen.
• Mittel für die Leistungsangleichung sichern
Damit die notwendigen Investitionen in die Angleichung des Leistungsniveaus
getätigt werden können, sind so wie bisher die notwendigen Mittel im
Finanzausgleich sicherzustellen. Damit soll eine massive Benachteiligung von
Bewohnern in Gebieten, wo etwa die öffentliche Wasserver- und -entsorgung erst
in den nächsten Jahren ausgebaut wird, gegenüber denen in bereits
erschlossenen Gebieten verhindert werden.
• Zukunftsimpulse setzen
Die Herausforderungen der Zukunft, insbesondere im Ländlichen Raum können
nicht alleine mit Modellen aus den Großstädten und der Vergangenheit gelöst
werden. Durch die Entwicklung neuer innovativer Modelle soll es ermöglicht
werden, auch im ländlichen Bereich die Versorgung mit modernster Technologie,
etwa im IT-Bereich, aber auch eine optimale Daseinsvorsoge dauerhaft
sicherzustellen.
• Interkommunale Zusammenarbeit ausbauen
Die bereits bestehende gemeindeübergreifende Zusammenarbeit etwa bei der
Wasserver- und -entsorgung, beim Schulwesen usw. muss forciert und auf
andere Bereiche, wie etwa die Betriebsansiedelung, ausgedehnt werden.
Um dies zu ermöglichen muss im neuen Finanzausgleich die Möglichkeit
geschaffen werden, dass sich die beteiligten Gemeinden freiwillig auf
privatrechtlicher Basis die eingehobene Kommunalsteuer aufteilen können.
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
• Privatinitiative stärken
Die Stärken des Ländlichen Raumes, welche hohe Kosten für die öffentliche
Hand verhindern, sind die funktionierenden sozialen Netze, die Bündelung der
Privatinitiativen in einem funktionierenden sozialen Netze, die Bündelung der
Privatinitiativen
in
einem
funktionierenden
Vereinswesen
und
die
Nachbarschaftshilfe.
Den Gemeinden muss auch weiterhin die Möglichkeit gegeben werden, diese
Privatinitiativen finanziell zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Nur so ist es
möglich, eine gute Versorgung der Bevölkerung und die wohnortnahe
Daseinsvorsorge zu vertretbaren Kosten zu gewährleisten.
• Innovationsanreize setzen
Durch finanzielle Anreize müssen die Gebietskörperschaften motiviert werden,
kostensparende Service- und Versorgungssysteme zu entwickeln und zu
forcieren. Weiters gilt es durch einen verbesserten Informationsaustausch
derartige kostensparende Versorgungsmodelle, die sich in einzelnen Regionen
und Gemeinden bewährt haben, besser bekannt zu machen und deren
Umsetzung in anderen Gemeinden und Regionen zu erleichtern.
Im neuen Finanzausgleich könnten die notwendigen Rahmenbedingungen und
Anreize, etwa in Form eines „Kommunalen Innovationsfonds“, geschaffen
werden.
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Der Finanzausgleich und die Gemeinden
VIII. Literaturverzeichnis
DOUBEK, C., ZANETTI, G. (1999): Siedlungsstruktur und öffentliche Haushalte,
in: Österreichische Raumordnungskonferenz (Hrsg.), Schriftenreihe Nr. 143.
Wien.
FINANZBEDARFERHEBUNG 2002 (2003): Erhebung des Investitionsbedarfes
der österreichischen Städte und Gemeinden 2001 bis 2004; Österreichischer
Sparkassenverband (Hrsg.) gemeinsam mit Österreichischer Städtebund,
Österreichischer Gemeindebund u.a.; Wien.
GEBARUNGSÜBERSICHTEN 2001 (2003): Statistik Austria (Hrsg), Wien.
LEHNER, G., SCHÜTZ, B. (2002):
Bundesländern
und
Gemeinden,
Wirtschaftsforschung (Hrsg.), Wien.
Finanzielle Beziehungen zwischen
Österreichisches
Institut
für
LEHNER, G., SCHÜTZ, B. (2003): Aufgabenorientierter Finanzausgleich,
Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), Wien.
WEBER, G. et. All (2003): Stärken, Schwächen und Potentiale des ländlichen
Raumes sowie Anliegen der ländlichen Bevölkerung, Forum-Land (Hrsg), Wien
2003.
Impressum / Medieninhaber:
FORUM LAND
Brucknerstraße 6/3, 1040 Wien
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Für den Inhalt verantwortlich: MMag. Robert Ablinger, [email protected]
Juni 2004
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