erzbistum Hamburg Die Woche im Nummer 25 · 24. Juni 2012 9 HH 9 Zur Woche Ein wahrer Schatz Gedenktag: 25. Juni Der Gedenktag der Lübecker Kapläne ist nicht ihr Todestag. Warum der Termin trotzdem sinnvoll ist 19 Kirchen und ein gemeinsames Haus Ökumene lernt man erst richtig kennen, wenn man zusammen ein Haus baut. Das bekannte Karsten Mohr, Vorsitzender des Trägervereins „Brücke“, zur Eröffnung des Ökumenischen Forums HafenCity. Denn entscheidend sei weniger die Vision, die mit Inhalten gefüllt werden müsse. Sondern die Hierarchien in den Kirchen, die Entscheidungsträger und die Finanzplaner. In dieser Hinsicht habe er in den vergangenen 13 Jahren viel gelernt. So ist es vielleicht ein Wunder, dass die Vision wahr geworden ist. Und der Dank wollte zur Eröffnung kein Ende nehmen: Ohne die Inititatoren, ohne die unzähligen Begleiter, Unterstützer, Beter, ohne wohlwollende Bürokraten in den Verwaltungen wäre dieses Haus nie möglich geworden. Es spricht für das religiöse Klima in Hamburg, dass sich 19 christliche Kirchen auf einen gemeinsamen Nenner einigen konnten. Wohl auch deshalb wird diesem Projekt bundesweite Signalwirkung für die Ökumene zugesprochen. Doch der wahre Schatz dieses Projektes ist nicht das Haus. Es sind die Menschen. All jene, die dort einkehren. Und vor allem all jene, die dort Ökumene geschwisterlich im praktischen Alltag leben wollen. Mit ihrer Glocke, die sie nun in der HafenCity anschlagen, läuten sie vielleicht eine neue Etappe auf dem Weg zu einer Einheit der Christen ein. Monika Sendker (48), Journalistin Nachgefragt Was sind Salafisten? Radikalisierung gibt es nicht nur im Islam Seit kurzer Zeit macht der Begriff „Salafisten“ Schlagzeilen. Was das ist, erklärt Pater Richard Nennstiel, Leiter des Dominikanischen Instituts für christlich-islamische Geschichte und IslamBeauftragter des Erzbistums Hamburg. Wie kann man in Kürze Salafismus definieren? Es handelt sich um eine neuzeitliche Reformbewegung innerhalb des sunnitischen Islam. Salafisten wollen zur ursprünglichen Lebensweise der „Altvorderen“, also des Propheten Mohammed und seiner direkten Nachfolger, zurück. Sie wollen den Islam von allem säubern, was im Laufe der Geschichte hinzugekommen ist. Sie lehnen etwa Musik und Tanz ab, aber auch Elemente der Volksfrömmigkeit – und natürlich alles „Moderne“. Lässt sich das mit christlichen Sekten vergleichen, die radikal biblisch zu leben versuchen? Der Salafismus steht im Zusammenhang mit einem Aufbruch radikaler Strömungen, die es seit Jahren in allen Religionen gibt: auch im Judentum, Hinduismus, Buddhismus und im Christentum. Es sind vor allem junge Leute – und viele Konvertiten, die sich von religiösen Formen faszinieren lassen, die in radikalem Gegensatz zu unserer Lebensweise stehen. Sind Salafisten grundsätzlich gefährlich? Gewaltbereit sind die dschihadistischen Salafisten, die aber nur einen Teil der Salafisten ausmachen. Sie sehen in der Gewalt ein legitimes Kampfmittel in einem Krieg, den nach ihrer Auffassung der Westen weltweit gegen den Islam führt. Hauptgegner der Salafisten ist aber gar nicht der Westen, sondern die anderen Muslime. Nach Ansicht der Salafisten verraten sie die Religion, indem sie sich von den Ursprüngen entfernen. Deshalb hat die islamische Gemeinschaft am meisten Probleme mit den Salafisten. Wie sollte man reagieren? Erst einmal die Kirche im Dorf lassen. Unter den ca. vier Millionen Muslimen in Deutschland bilden die Salafisten eine verschwindend kleine Gruppe ausmachen. Wenn man die radikalen, gewalttätigen Gruppen wirksam bekämpfen will, muss man an die Geldquellen gehen. Das geschieht aber nicht. Das Geld kommt nämlich zum größten Teil aus einem Land, das mit dem Westen verbündet ist: aus Saudi-Arabien. Kontakt zur Redaktion Neue Kirchenzeitung, Danziger Straße 62, 20099 Hamburg, Tel. 0 40 / 248 77 - 111, Fax 0 40 / 248 77 - 119 E-Mail: [email protected] Internet: www.neue-kirchenzeitung.de Von Msgr. Wilm Sanders Der 25. Juni ist offizieller Gedenktag der seligen Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller. Msgr. Wilm Sanders, Hamburger Domkapitular und langjähriger Pfarrer der Gemeinde, auf deren Gebiet die vier Geistlichen getötet wurden, erklärt warum. Vor einem Jahr erlebten wir die Seligsprechung der Lübecker Geistlichen bei der eindrucksvollen ökumenischen Feier auf der Parade in Lübeck. Leider konnte damals der Tag des liturgischen Gedenkens noch nicht bekannt gegeben werden. Der 10. November, an dem die Geistlichen im Jahre 1943 unter dem Fallbeil in Hamburg starben und ihr Blut buchstäblich ineinander floss, ist im kirchlichen Generalkalender der gebotene Feiertag für den Kirchenlehrer Papst Leo den Großen (440–461). Deshalb konnte das Gedenken an die Lübecker Märtyrer nicht für diesen Tag eingetragen werden, auch wenn selbstverständlich die ökumenischen Feiern in Lübeck und Hamburg am 10. November weiterhin in der gewohnten Weise stattfinden werden. Ein Datum in der Nähe des Tages der Urteilsverkündung Nach der Devise von Senator Adolf Ehrtmann „Sagt niemals drei, sagt immer vier!“ hätten viele sich den liturgischen Gedenktag in der Nähe des 10. November erwünscht. Nun ist er von Rom auf den 25. Juni, den Jahrestag der Seligsprechung, festgelegt worden. Das braucht aber die gemeinsame Erinnerung an die vier Geistlichen ganz und gar nicht zu schmälern, wenn man dabei an den Jahrestag ihrer Verurteilung zum Tode denkt. Der Lübecker Christenprozess fand statt vom 22. bis 24. Juni 1943. Die Todesurteile wurden am 23. Juni verkündet, am Vormittag für Pastor Stellbrink, am Nachmittag für die katholischen Kapläne. Am 24. Juni erfolgte die Verurteilung der mitgefangenen Laien zu Gefängnis- bzw. Zuchthausstrafen. Die Verurteilung geschah am Vorabend zu Prasseks Namenstag, dem Fest des hl. Johannes des Täufers, der von einem Tyrannen ohne jede Rechtsgrundlage im Gefängnis enthauptet wurde. Die Haushälterin im Lübecker Pfarrhaus, Lucie Rechtien, berichtete später, dass Kaplan Prassek während der Gerichtsverhandlung auffallend ruhig und gefasst war. Bild oben: die Feier der Seligsprechung vor einem Jahr in Lübeck. Unten v.l: Eduard Müller, Hermann Lange, Johannes Prassek, Karl Friedrich Stellbrink. Fotos: Adloff, Archiv Propstei Lübeck „Was können sie uns denn schon tun? Höchstens einen Kopf kürzer machen“, habe er geäußert. Briefe aus der Todeszelle im Sommer 1943 Ergreifend sind die Briefe, die die Geistlichen kurz nach dem Todesurteil geschrieben haben. Pastor Stellbrink schrieb am 11. Juli 1943 an seine Frau Hildegard: „Ich persönlich bin ganz ruhig und sehe fest dem Kommenden entgegen. Wenn man wirklich die ganze Hingabe an den Willen Gottes vollzogen hat, dann gibt das eine wunderbare Ruhe und das Bewusstsein unbedingter Geborgenheit … Menschen sind doch nur Werkzeuge in Gottes Hand. Wenn Gott also meinen Tod will – es geschehe Sein Wille.“ Es ist ja nur ein vorübergehender Abschied. In der Liebe unseres großen Königs grüßt Sie alle in ewiger Liebe, Dankbarkeit und Treue – Ihr Eduard.“ Johannes Prassek schrieb einen “Brief“ auf leere Seiten eines Gedichtbändchens, das erst Jahre später in die Hände von Frau Gisela Thoemmes kam: „Ich bin so froh, ich könnte immer nur schreien vor Freude. Es geht heim, dahin, wohin ich mich seit Jahren gesehnt, wofür ich arbeitete und manchmal sogar Kleinigkeiten zu opfern versucht habe. Ich habe nur eine Sorge: Es könnte das Urteil vielleicht zurückgenommen werden. Die Enttäuschung würde wohl fast zu groß. Aber wie Er will …“ Ebenfalls am 11. Juli schreibt Hermann Lange an seine Eltern: Und Adjunkt Eduard Müller schreibt am 11. Juli an Schwester Guda: „… Und nun lesen Sie einmal ganz langsam die Stelle 2 Tim 4, 1–8! Das sollen meine Abschiedsworte sein! In heiliger Christusliebe grüße ich Sie alle und gebe allen aus tiefstem Priesterherzen meinen Segen, – Noch eine Bitte: Vergesst mich nicht, solange ich auf dieser Erde weile... Vergesst mich auch nicht, wenn der ewige Hohepriester mich heimgeholt hat; muss ich doch für viele Rechenschaft ablegen … Und nun wollen wir ein bereitwilliges, tapferes, wenn auch unter Tränen lächelndes ‚Fiat voluntas Tua‘ sprechen! Lebt wohl! Kirchensteuerrat Fortbildung Fortbildung Gedenken Stabile Einnahmen für 2012 erwartet Notfallseelsorge im Öffentlichen Raum „Perlen des Glaubens“ für Multiplikatoren Buch über Lübecker Märtyrer erschienen Hamburg (kpi). Der Kirchensteuerrat des Erzbistums hat am Freitag, 15. Juni die Jahresrechnung für das Jahr 2011 genehmigt. Sie schließt mit einem Bilanzgewinn von 290 000 Euro. 2012 entwickeln sich aufgrund der stabilen wirtschaftlichen Situation auch die Kirchensteuereinnahmen gut. Sie liegen derzeit etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Für das Jahr 2012 rechnet das Erzbistum Hamburg mit Kirchensteuereinnahmen in Höhe von knapp 80 Millionen Euro, so viel wie 2011. Aumühle (hix). „Notfallseelsorge im Öffentlichen Raum“, so lautet der Titel einer Fortbildung (zweites Modul), die von Montag, 27. August bis Donnerstag, 30. August im Ansverus-Haus in Aumühle stattfindet. Die Kursleitung haben Diakon Marc Meiritz vom Erzbistum Hamburg und Pastor Dirk Süssenbach von der evangelischen Nordkirche. Die Kosten betragen 300 Euro für Unterkunft und Verpflegung. Anmeldung und Information unter [email protected] Aumühle (hix). Das Ansverus-Haus in Aumühle, das Erzbistum und die Nordkirche bieten für hauptund ehrenamtliche Mitarbeiter in den Gemeinden zwei geistliche Wochenenden zu den „Perlen des Glaubens“ an. Der Einführungskurs findet vom 10. bis 12. August statt. Der zweite Kurs behandelt die Vermittlung des Themas bei Kindern und Jugendlichen und findet vom 13. bis 15. August statt. Informationen und Anmeldung unter Tel. 04104 / 97 06 30 und www.ansverus-haus.de Lübeck/Hamburg (hix). Zum ersten Jahrestag der Seligsprechung der Lübecker Märtyrer ist nun das Buch „Sag niemals drei, sag immer vier“ von Martin Thoemmes erschienen (wir berichteten). Der Autor geht erstmals der Frage nach, wie den Märtyrern im Laufe der Jahre gedacht worden ist. Das Buch ist bei der Ansgar Medien GmbH erschienen, hat 224 Seiten und kostet 29,95 Euro. Bestellung unter Telefon 040 / 248 77-150 oder per E-Mail an petersen@ ansgar-medien.de „Bin ich mit 48 Jahren noch zu jung? Der Heiland starb mit 33 Jahren als ,Verbrecher‘.Ewald mit nur 20 Jahren, unsere erste Gisela mit 7 Monaten. – Wahrlich: keiner kann seines Lebens Grenze bestimmen. Gott aber sei Dank, dass unser Leben in seiner Hand stehen darf. ,Er hat’s gesagt, und darauf wagt mein Herz es froh und unverzagt, und lasst sich gar nicht grauen!‘ Vergleiche dazu 1 Kor 15,9 und Joh 11,25–26. Mir aber gönne nach all den Kämpfen meines Lebens die Ruhe!“ Johannes Prassek und Eduard Müller schrieben beide am 23. Juni 1943 in ihr Neues Testament: „Sit nomen Domini benedictum – Heute wurde ich zum Tode verurteilt.“ Für die Übereinstimmung fand sich bis heute keine Erklärung. Der Name des Herrn sei gepriesen! Bistum in kürze
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