Fragen an die Bremer Landesfrauenbeauftragte, Ulrike Hauffe zur Frauenpolitik in Bremen In unserer Nachbarstadt Hamburg wird zum Jahresende das Senatsamt für Gleichstellung aufgelöst. Auch in Bremen entbrannte während der Koalitionsverhandlungen eine Diskussion darüber, ob die Was ist gesche.online? Gesche.online ist eine Plattform, auf der sich Frauen informieren, austauschen und vernetzen können. Gleichzeitig ist es ein regionales Online-Magazin mit aktuellen Beiträgen. Das Besondere: Frauen können nicht nur Inhalte im Netz abrufen, sondern auch selbst einstellen. Das Portal ist somit ein öffentliches Medium für Frauenthemen. Darüber hinaus bietet es den beteiligten Frauen und Fraueninitiativen die Chance, das Internet für Ulrike Hauffe, Bremer Landesfrauenbeauftragte leben. Wir geben auch Informationsmaterial wie das Bremer und Bremerhavener Frauen- ihre beruflichen und privaten Zwecke einzusetzen. Gesche.online arbeitet eng mit dem Stadtinformationssystem Bremen.de zusammen. Die dort vorhandenen Informationen werden gefiltert für die Zielgruppe Frauen genutzt. Ergänzt wird der Nachschlageteil durch Links zu Frauenthemen, einen Veranstaltungskalender und aktuelle Meldungen. ZGF, die Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau, als eigenständige Behörde bestehen bleiben soll. Eine Sparmaßnahme steht schon drin im Koalitionsvertrag: dem FrauenGesundheitsZentrum soll ab dem stadtbuch heraus. Broschüren und Beratung sind kostenlos. Wie informieren Sie die Öffentlichkeit über Ihre Arbeit? Gibt es regelmäßige Foren oder Arbeitskreise? Austausch und Vernetzung von Frauen spielt in unserer Arbeit Der redaktionelle Teil umfasst aktuelle und nützliche Inhalte wie kommenden Jahr der Zuschuss gestrichen werden. Die Luft scheint dünn zu werden für eine wesentliche Rolle, um in Politik und Öffentlichkeit mehr Gewicht zu erhalten. Frauen Fraueninstitutionen in Bremen. Aus diesem Anlass sprach der Frauen Info Brief mit Ulrike Hauffe, der Bremer Landesfrauenbeauftragten. nutzen uns mit unserer Infrastruktur und unseren Kontakten, um Netzwerke zu intensivieren. Anregungen und Informationen sind uns auch höchst willkommen. Neben kontinuierlichen Arbeitskreisen, z.B. zu beruflichen Perspektiven von Frauen und Mädchen oder zu Frauengesundheitsthemen kommen immer wieder Gruppen von Frauen, die für bestimmte Themen Unter- Hintergrund für das Internet-Projekt ist die nur langsam steigende Netzbeteiligung von Frauen. Eine entscheidende Ursache dafür liegt in zu geringen interessanten inhaltlichen nutzungsorientierten Angeboten im Netz. Es ist daher notwendig, das Internet für Frauen attraktiv zu gestalten und die Medienkompetenz von Frauen zu erhöhen. Frau Hauffe, in kurzen Worten, was macht die ZGF? Die Bremische Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau, ZGF – so der offizielle Titel – ist eine Landesbehörde, die den gesetzlichen Auftrag hat, zur Gleichberechtigung der Frau in allen gesellschaftlichen Bereichen beizutragen. Wer kann sich in welchen Angelegenheiten an die ZGF wenden? Die ZGF berät Frauen individuell in besonderen Lebenslagen, z.B. in Trennungs- und Scheidungssituationen oder zu Fragen von Mutterschutz und Elternzeit. Oft können wir Frauen nach einem ersten Gespräch auch passgenau an spezielle Beratungsstellen weiter vermitteln, z.B. zu Existenzgründung und Wiedereingliederung in das Berufs- stützung suchen, z.B. zur Verbesserung der Situation berufstätiger Mütter . Die ZGF hat das Recht, eigenständige Öffentlichkeitsarbeit zu machen, sich also mit Veranstaltungen und Pressearbeit zu politischen Fragen zu äußern, um Missstände anzuprangern und Vorschläge und Konzepte öffentlich zu machen. Im Rahmen des Konzeptes des Gender Mainstreaming sollen alle die BürgerInnen betreffenden politischen Vorhaben daraufhin überprüft werden, welche Auswirkungen sie auf Frauen und Männer haben. Beruf und Bildung, Finanzen, Gesellschaft und Politik, Multimedia und Technik, Gesundheit, Kultur, Leben mit Kindern, Sport und Freizeit sowie Lebenskunst. Themenschwerpunkte wie aktuell zu Existenzgründung finden hier als Specials Platz. Frauen sind bei gesche.online nicht nur als Nutzerinnen, sondern auch Produzentinnen von Inhalten im Frauenmagazin gefragt. Interessierte Frauen erhalten eine entsprechende Multiplikatorinnenschulung. Außerdem will gesche.online die Vernetzung von Frauen fördern. Regionale Netzwerke, wie sie z.B. im Bereich Gesundheit und berufliche Perspektiven von Frauen und Mädchen bestehen, können das Online-Portal für ihre Öffentlichkeitsarbeit und fachliche Diskussion nutzen. Das Projekt wird bis September 2004 gefördert aus Mitteln des Landesmedienprogramms T.I.M.E. Zwei Online-Redakteurinnen und eine Multimediafachkraft haben die neue Webseite entwickelt, die im Mai 2003 ans Netz gegangen ist. Mit Know-how und Hardware wird gesche.online auch wesentlich unterstützt durch das Stadtinformationssystem bremen.de, wo das Frauenportal als Pilotprojekt integriert ist. Sie erreichen das Portal unter www.gesche.bremen.de Kontaktperson: Bärbel Reimann Telefon: 361-4948 e-Mail: [email protected] Vorhaben, die ein Geschlecht durchgängig auf geschlechterdif- eines Landesfrauenportals und benachteiligen, müssen modifi- ferenzierte Daten zurück. Über einem aktuellen Internet-Magazin ziert werden. Diese Aufgabe ob- unsere vielfältigen Kontakte zu ist ein erfolgreiches Konzept. liegt allen Ressorts – dezentral. Fraueninitiativen, Gruppen und Werden Sie durch Gender Mainstreaming arbeitslos? Institutionen, die Angebote für Frauen machen, haben wir gute Welche Aufgaben soll gesche.online erfüllen? So einfach ist das nicht! Kenntnisse der Probleme, die Das Projekt soll dazu beitragen, Gender Mainstreaming ersetzt nicht frauenfördernde Maßnahmen. Im Gegenteil: Wenn mit einem „Gender-Blick“ auf Politik und Verwaltung geschaut wird, ergibt sich weiterhin ein großer Frauen in ihren jeweils unterschiedlichen Lebenslagen bewegen. Dies bringen wir in die Politik ein, und dieser Kenntnisschatz nützt allen Ressorts, auch wenn wir oft unbequem sind. das Internet für Frauen attraktiver zu gestalten und ihre Medienkompetenz zu erhöhen. Darum können Frauen bei gesche.online die Inhalte aktiv mitgestalten und lernen, ihre Daten selbst ins Netz Handlungsbedarf. Unsere Erfahrung aus 30 Jahren Frauenpolitik zeigt, dass strukturelle Veränderungen durch Personen und Institutionen angeregt und der Erfolg kontrolliert werden muss, sonst passieren sie nicht. Trotz Welche Ergebnisse liegen z.B. zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor? Was wünschen sich Mütter? Eines der wichtigsten Probleme in Bremen ist die unzureichende aller Beteuerungen haben wir beispielsweise in den Führungsetagen der Wirtschaft, der Verwaltungen und Hochschulen nach wie vor kaum Frauen. Auf den Top-Jobs in der Wirtschaft sitzen derzeit unter 5 % Frauen. Die ZGF hat in Bremen und Bremerhaven z.B. Mentoringprojekte initiiert und unterstützt, die dem entgegenwirken. Selbst die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes für den öffentlichen Dienst muss von uns immer wieder eingeklagt werden. Gender Mainstreaming kann nur funktionieren, wenn detaillierte geschlechtsspezifische Daten vorliegen. Haben wir die? Wir bestehen immer wieder auf einer solchen Datenerhebung, sie ist aber noch nicht durchgängig vorzufinden. Die ZGF bereitet selbst auch vorhandenes aber schwer zugängliches Datenmaterial auf, z.B. zur Arbeitsmarktsituation von Frauen im Land Bremen. Soziodemographische Daten sind eine Sache. Um aber Politik zu machen, die sich an den Bedürfnissen der BürgerInnen orientiert, müssen dieselben erst einmal bekannt sein. Erhebt Ihre oder eine andere Behörde Daten über die Bedürfnisse der Frauen in Bremen? Wir haben z.B. einen vorbildlichen Frauengesundheitsbericht in Bremen, der bundesweite Beachtung findet. Auch das Personalcontrolling im öffentlichen Dienst greift Kinderversorgung. Für die unter Dreijährigen haben wir eine Versorgungsquote von weniger als 8 %. Im Hortbereich fehlen aktuell über 500 Plätze. Der Anspruch auf einen Kindergartenplatz für die drei- bis sechsjährigen Kinder für 4 Stunden reicht nicht – damit ist nicht einmal eine Halbtagsberufstätigkeit möglich. All dies macht Berufstätigkeit für Mütter bzw. Eltern zu einem wahren Hochseilakt und erschwert Müttern, die zurück in den Beruf wollen, den Wiedereinstieg. Ohne eine deutliche Verbesserung bei der Vereinbarkeit von Kindererziehung und Beruf wird sich unsere Gesellschaft mit einer immer dramatischeren Kinderlosigkeit auseinandersetzen müssen. Jede dritte Frau des Jahrgangs 1965 ist kinderlos, bei Akademikerinnen sind es sogar fast 45 %, weil sie immer weniger bereit sind, sich zwischen Kind und Karriere entscheiden zu müssen. Die mangelnde Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine der wirklich großen Herausforderungen der Bremer Politik in den kommenden Jahren. Mit gesche.online wurde kürzlich unter dem organisatorischen Dach der ZGF ein Internet-Forum für Frauen eingerichtet. Sind Sie mit der Resonanz zufrieden? Wir haben seit dem Netzauftritt Zugriffszahlen zwischen 70.000 und 100.000 – das zeigt, dass das Angebot den richtigen Nerv getroffen hat. Die Kombination zu stellen. Die Zusammenarbeit von Profi-Frauen mit ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen in offenen Redaktionstreffs macht dies möglich. Zum Abschluss: Vertreten Bremer Frauen, nach Ihrer Einschätzung, ihre Interessen vehement genug? In den vergangenen Jahren haben sich gesellschaftliche Strategien sehr gewandelt. Eine Frauenbewegung, wie sie viele der älteren Feministinnen kennen, gibt es nicht mehr. Jüngere Frauen gehen heute andere Wege, um ihre Lebensziele zu verwirklichen. Sie wollen nicht mehr als Opfer gesellschaftlicher Diskriminierung gesehen werden, haben aber dennoch einen illusionslosen Blick dafür, dass die Gleichstellung noch nicht erreicht ist. Die meisten Frauen suchen in dieser Situation weniger ideologische als vielmehr pragmatische Unterstützung durch gute Serviceangebote, die ihre individuelle Lebensqualität verbessern. Dem trägt die ZGF als moderne Behörde Rechnung – wenn auch viele „alte“ Forderungen der Frauenbewegung noch nicht eingelöst sind. Vielen Dank für das Gespräch! MAREN BEHRENS Heilpraktikerin für Psychotherapie Ausbildung in Hakomi, Psychodrama, Systemischer Therapie mit der Inneren Familie Telefon 0421/498 56 46
© Copyright 2024 ExpyDoc