Big Data 2030 - Z_punkt

was
morgen
ist.
Heute wissen,
Ausgabe 6/2012
Schöne neue Arbeitswelt
Wir sind das Volk
Warum die Politik neue Formate benötigt und
welche Rolle „Demokratie 2.0“ spielt
Seite 4
Wie sich Unternehmen bereits heute der
­Arbeitswelt von ­morgen widmen
Seite 15
Nichts für Superman
Wie die Welt des Sports in einigen ­Jahren
aussieht
Seite 22
Zukunftsmanager n Strategie & Kultur
Ausgabe 6/2012
Serie: Die Zukunft der Wertschöpfung in Deutschland | Teil 5: Kommunikation
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Serie
Big Data
2030
Von Holger Glockner
und Bert Beyers
Die Zukunft des Internets hat gerade
erst begonnen. Mehr und mehr Maschinen reagieren auf gesprochene
Sprache. Wohnräume, Fahrzeuge
und Straßen werden mit Sensoren,
Informations- und Kommunikationstechnik ausgestattet. Unternehmen
sehen sich zunehmend mit einflussreichen Kunden-Communities
konfrontiert und müssen ihre Wertschöpfungsprozesse stärker denn je
an den Bedürfnissen ihrer ZielgrupOb in der Produktion
oder zu Hause: Bald gibt
es kaum noch ein Gerät,
das nicht kommuniziert.
pen ausrichten.
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Zukunftsmanager n Strategie & Kultur
Ausgabe 6/2012
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Teil 5 der Serie
„Die Zukunft der Wertschöpfung in
Deutschland“: Kommunikation
Wir leben in einer bewegten Zeit,
Umwälzungen und Brüche scheinen
an der Tagesordnung zu sein.
Sollten einige der vorausgesagten Disruptionen Wirklichkeit werden, sind tiefgreifende Auswirkungen für
die Wertschöpfungs­struktur
in Deutschland zu erwarten.
Damit wird zugleich sichtbar,
wo Handlungsbedarf besteht. In einer Serie des „Zukunftsmanagers“
werden die Bedarfsfelder Mobilität,
Energie und Klima, Gesundheit,
­Ernährung, Kommunikation und Sicherheit beleuchtet.
Serie
Bisher im „Zukunftsmanager“
erschienene Beiträge der Serie:
Teil 1: „Alles in Bewegung“
(Mobilität)
Teil 2: „Im Energierausch“
(Energie)
Teil 3: „Gesundheit zum
Mitnehmen“
(Gesundheit)
Teil 4: „Zehn Milliarden hungrige
Mäuler“(Ernährung)
An Daten gibt es keinen Mangel. In der Zukunft noch viel weniger. Die schiere Menge
ist aber nicht das Problem. Entscheidend ist:
Wie werden die Daten verknüpft und aufbereitet? Wer hat Zugang dazu? Und wer nicht?
Wer kann sie sinnvoll in Wertschöpfungsprozesse einbringen? Und was wird überhaupt
aus der „informationellen Selbstbestimmung“?
Das Internet der Dinge
Auf dem Frankfurter Flughafen werden täglich bis zu 120.000 Gepäckstücke abgefertigt
– mit allen Sicherheitshürden. Zwischen den
Terminals spannen sich 77 Kilometer Förderstrecken. Die Gepäckstücke sind mit RFIDChips ausgestattet, sie tragen Informationen
und stellen sie auf Anfrage zur Verfügung.
Tausende Sensoren lesen die Daten in irrsinniger Geschwindigkeit aus. Sie stellen die
Weichen der Förderbänder, damit das Gepäck
auch da ankommt, wo es hingehört. Die Betreibergesellschaft Fraport garantiert Umsteigezeiten von mindestens 45 Minuten. In
dieser Zeit muss das Transfergepäck ausgeladen, sortiert, transportiert und wieder verladen werden. Die Zuverlässigkeit liegt bei annähernd 100 Prozent und wird gewährleistet,
indem Maschinen (Sensoren) mit Dingen
(Chips auf Koffern) kommunizieren. Dabei
handelt es sich um eine reichlich primitive –
wenn auch leistungsfähige – Anwendung
des Internets der Dinge. In der Hightechlagerhaltung von Amazon und Co. ist man bereits einen Schritt weiter. Dort geht der Packer nicht mehr durch die Regale – die Regale
kommen zu ihm. Sie stehen auf fahrbereiten
Robotern, die wiederum von einem Logistiksystem gesteuert werden: Maschinen kommunizieren mit Maschinen. Und mittendrin
der Mensch. Es bedarf keiner großen Phantasie, sich die technische Entwicklung bis 2030
vorzustellen. Verkehrsflüsse lassen sich ressourcenschonend optimieren. Produkte sind
mit einem Gedächtnis ausgestattet, das mit
der Umwelt kommuniziert. Roboter erkennen ihre Umgebung und können selbständig
handeln – der ultimative Schub in der Automatisierung. Im Verkehr, in der Produktion
und der Logistik, im Gesundheitsbereich,
auch in der häuslichen Umgebung einer alternden Gesellschaft, bei Umwelt-, Energieund Sicherheitsfragen, überall eröffnet das
Internet der Dinge enorme Geschäftspotentiale. Kontrolle, Steuerung und Planung übernehmen die technischen Systeme künftig
selbst.
Die wissenschaftlichen Anstrengungen in
diesem Bereich sind hoch, namentlich in den
USA und in China. Interdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsarbeit wird zu
einem kritischen Erfolgsfaktor. Aber >
Zukunftsmanager n Strategie & Kultur
Mehr Informationen
Die gesamte Studie „Deutschland
2030 – Zukunftsperspektiven der
Wertschöpfung“ können Sie sich
hier ansehen
ÆÆIm Internet
Ein Video über autonomes Fahren
finden Sie hier
ÆÆIm Internet
Informationen über Patientennetzwerke finden Sie hier
ÆÆIm Internet
Technik allein reicht nicht. Der Schlüssel für
den ökonomischen Erfolg ist die Entwicklung
passgenauer Kundenlösungen und nachhaltiger Geschäftsmodelle. Nur wenn Deutschland das Innovationspotential des Internets
der Dinge konsequent nutzt, kann es in der
ersten Liga mitspielen.
Big Data
Computergesteuerte Autos sind keine Utopie mehr. In Florida, Kalifornien und Nevada
sind sie bereits im normalen Straßenverkehr
unterwegs. Nicht auf abgesperrten Teststrecken, sondern in Downtown San Francisco
oder Monterey. Sebastian Thrun von der Universität Stanford verspricht: „In zehn Jahren
ist die Technik so weit, dass autonome Autos
definitiv zuverlässiger und damit sicherer
fah­ren als der Mensch.“
Google spielt bei diesen Experimenten ganz
vorne mit. Dabei müssen viele Dimensionen
zusammenpassen: die sensorgestützte Orientierung im Raum, die Wechselwirkung mit
anderen Verkehrsteilnehmern, Sicherheit
steht über allem. 2030 ist das automatisch
fahrende Auto Teil eines größeren Systems,
dabei sind intermodale Verkehrslösungen
Trumpf: mit dem Auto zum Bahnhof, mit
dem Zug zum Flughafen und los ... nach der
Landung das gleiche Spiel, nur in umgekehrter Reihenfolge. Das alles macht freilich nur
Sinn, wenn verschiedene Verkehrsdaten, Informations- und Assistenzsysteme ineinandergreifen – alles in Echtzeit. Eine >
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Zukunftsmanager n Strategie & Kultur
Ausgabe 6/2012
Heraus­
forderung,
selbst für ­Google.
In den USA läuft das Phänomen
einer rasch anwachsenden Datenmenge unter dem Schlagwort Big Data. Entscheidend ist dabei aber
nicht die schiere
Menge an Informationen, sondern die Art
und Weise, wie die Daten aufbereitet
werden. Wenn
das
Energie­
system beispielsweise mehr und mehr umgebaut wird, weg von den großen Kraftwerkparks, hin zu einer dezentralen Struktur mit
vielen Erzeugern – wer verfügt dann über die
entscheidenden Informationen? Sind es noch
die Energieversorger? Oder deren Berater?
Oder die Hersteller von Netzen, Speichern und
Pumpen? Alle sammeln sie Daten. Aber nur
wer sie sinnvoll verknüpfen kann, entscheidet
das Spiel. Eine umfassende Informatisierung
bildet die Grundlage für eine Vielzahl neuer
Geschäftsmodelle.
Online-Communities
In Gesundheitsforen teilen Nutzer ihre Krankengeschichten, tauschen ihre Erfahrungen
mit Therapieformen aus und beteiligen sich
an Wirkungsstudien von neuen Medikamenten. „Ich wollte mich nicht mehr so alleine
fühlen. Einfach gesagt. Und ich wusste, dass
es hilft, wenn ich meine Erfahrungen mit anderen teile.“ So lautet ein Testimonial auf
www.patientslikeme.com. Die Seite hat
mehr als 160.000 eingeschriebene Nutzer.
Bei den Partnern des Unternehmens handelt
es sich um Stiftungen, Forschungsinstitute
und namhafte Firmen wie Abbott Labs,
Merck, Novartis und Sanofi-Aventis.
Letztlich sind Online-Communities im Gesundheitsbereich Ausdruck eines Trends zur
partizipativen Gesundheitsversorgung, darin
liegt auch ein Stück Selbstbestimmung des
gut informierten Individuums. Gleichzeitig
ist den Nutzern bewusst, dass ihre Daten an
Pharmaunternehmen weitergegeben werden. Die Firmen nutzen Online-Communities
als Instrument, um das immense Wissen von
Kunden in ihre Innovationsprozesse einzubringen und die Anwender aktiv in die Neuentwicklung von Produkten und Services zu
integrieren. Dabei sollen langfristige und enge Beziehungen zu den Kunden entstehen.
Bis 2030 sind die medizinischen Datenbanken exponentiell gewachsen, Tag und
Nacht durchkämmt intelligente Software die
Bestände, wobei allein die große Zahl – seien
es Bandscheibenvorfälle, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder psychische Leiden – hilft,
bessere Diagnosen und Therapien zu entwickeln. Angesichts von Big Data gerät der klassische Datenschutz an seine Grenzen. In
großen Datenbanken sind Informationen
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zwar meist anonymisiert, aber sie lassen sich
auf Personengruppen anwenden und mit
Hilfe von speziellen Verfahren auch wieder
deanonymisieren. Zugleich entstehen Wissensmonopole bei Unternehmen oder Behörden über das Konsumverhalten oder die Zahlungsmoral, bis hin zu detaillierten Bewegungsprofilen und Strukturen von sozialen
Netzwerken, sprich: „Wer mit wem?“ Datensammlung und Verknüpfung schreiten unaufhaltsam voran. Bestrebungen nach Regulierung und Transparenz hinken meist hinterher. Das wird 2030 nicht anders sein.<
Holger Glockner
ist Mitglied der
Geschäftsleitung bei Z_punkt
The Foresight Company.
[email protected]
Bert Beyers
ist Journalist und Autor.
[email protected]