Was ist da in der Kiste? - IWI

Was ist da in der Kiste?
Kindergartenkinder
lernen spielerisch den Umgang mit dem Thema Tod
"Ene, mene miste, was ist
da in der Kiste?"Neugierig
scharen sich die Kinder des
Bon ifati us-Ki nderga rtens
in Schüren um einen Minisarg, durchstöbern
Inhalt. (harlie
seinen
(5) fischt ei-
nen schwarzen Hut heraus,
Pia (6) einen Trauerschleier
- alles Utensilien für eine
Beerdigung. Ganz schön
makaber. Oder?
VON
PETERWEIGEL
SCHÜREN." Überhaupt nicht",
sagt Christiane Wulff,Leiterin
des Kindergartens. "Bei uns ist
für die 5- und 6-jährigen Kinder die Beschäftigung mit den
Themen Tod, Abschied und
Trauer eine ganz natürliche
Sache."
Und die bunte, sargförmige
Kiste mit dem Namen "Vergissmeinnicht" ist gar kein
richtiger Sarg, sondern ein Museumskoffer. Genauer gesagt,
ein "mobiles Museum", mit
dem die Kinder an die Themen
Sterben, Bestatten, Trauern
und Gedenken spielerisch herangeführt werden.
"Immer wieder stehen wir
Erzieherinnen etwas ratlos
da, wenn in der Familie eines
Kindes jemand stirbt", sagt
Christiane Wulff."Wie sollen
wir damit umgehen?" Auch
in den Familien herrsche oft
"Für unsere Kinder ist
die Beschäftigung
mit
den Themen Tod, Abschied und Trauer eine
ganz natürliche Sache.
Auch wir Erwachsenen
lernen dazu:'
Christiane Wulff
Heitere Aufmachung: Der"Minisarg".Mitseinem Inhalt lernen die Kinderdes St.BonifatiusKindergartens spielerisch den Umgang m,itdem Thema Tod und Trauer.
Fotos (2):wei
Ratlosigkeit: "Wie erklär' ich's
meinem Kind?"
Deshalb hat man vor zwei
Jahren das Projekt "Kinder,
Tod und Lebensfreude" gestartet - nicht ohne die Eltern
zu fragen. "Nach anfänglicher
Skepsis fanden die es aber sehr
positiv" , sagt Wulff.
Friedhofsbesuche, Literatur
zum Thema, das Werden und
Vergehen in der Natur, ein Insektenfriedhof auf dem Gelände der Einrichtung, auf dem
die Kinder Insekten begraben,
sich erinnern, trauern und gegenseitig trösten können - an
das gehörte mit zum Projekt,
das von einer Dipl. -Pädagogin
mit betreut wurde. Und jetzt
der Minisarg.
Sein Inhalt: Bilder,Arbeitsblätter, Musik, eine Bastelanleitung für Trauerkarten, ein
Stethoskop, Schminke, Schleier, eine Urne, ein Kranz oder
etwa eine Feder. "Mit der kann
man sehen, wenn man sie
unter die Nase legt, ob jemand
noch atmet oder tot ist", weiß
Jordan (6)."Und die Sonnenbrille ist gut, wenn man rote
Augen vom Weinen hat", sagt
Pia(5).
Ohne Tabus gehen die
Kinder mit den Utensilien
um. "Und das ist auch unsere
Absicht", sagt Martin Struck,
Geschäftsführer der Friedhofsgärtner Dortmuhd, der den
"Koffer"zusammen mit dem
Museum für "Sepulkralkultur"
(Kultur des Todes) in Kassel
entwickelt hat und ihn Kindergärten zur Verfügung stellt.
"Man darf nicht Um den
heißen Brei herurnreden" , sagt
Struck und nennt ein Beispiel.
"Wenn man Kindern sagt, der
Opa sei lediglich eingeschla fen, wollen die Kinder abends
nicht mehr ins Bett gehen. Aus
Angst, dass sie morgens nicht
mehr aufwachen, genau wie
der Opa." Immer wieder verwende man Formulierungen,
ohne darüber nachzudenken.
"Kinder nehmen manche
Sätze aber viel wörtlicher, als
wir annehmen." Deshalb rät er
Eltern und Erziehern zu einer
klaren Sprache.
~INFOS
I
~ Von dem Minisarg, sprich
Museumskoffer, gibt es
bundesweit nur zwölf
Exemplare. Schüren ist
der erste Kindergarten in
unserer Stadt~der damit
arbeitet.
~ Der Minisarg, der
ausgeliehen werden
kann, ist eine von vielen
Aktionen der Dortmunder Friedhofsgärtner für
Kinder von 5 bis 12 Jahren rund um das Thema
Trauer und Tod.
~ Kontakt: Martin Struck,
Tel.5622 93-0.