Was steckt hinter dem „Neuen Lernen“ und was unterscheidet

Zusammenfassung der
V. Expertenrunde Neue Medien, Pädagogik und Schule im März 2004
Liste der Teilnehmenden unter www.lmz-bw.de
„Pädagogik“ / „Fokus Medienpädagogik“ / “Beschreibung“
Thema: Lehrerausbildung und Medienpädagogik. Bestandsaufnahme – Visionen
Während die Einen über E-Learning oder Blendit Learning nachdenken, kämpfen andere noch um eine technische Grundausstattung für vernetztes Arbeiten. Der dritte Bereich ist geradezu durch „Medienresistenz“ gekennzeichnet und im Vierten sucht man zumindest das Stichwort „Medienpädagogik“ vergeblich.
Die Rede ist von der Lehrerausbildung im Bereich der beruflichen Schulen (Seminare), der allgemeinbildenden Gymnasien (Seminare), der PH ( Grund-, Haupt- und Realschulbereich) bis hin zum sonderpädagogischen Ausbildungsfeld (Seminare).
Eine durchaus typische Schülerin (ein Schüler), welche(r) im Laufe ihrer (seiner) Schullaufbahn die Grundschule, eine weiterführende Schule und dann noch eine berufliche Schule besucht, kann heute also mit allem
rechnen, nur nicht mit einem irgendwie durchgängigen Medienkonzept, schon gar nicht mit einer aufbauenden
Medienerziehung, die sie oder ihn auf das Leben in unserer Informationsgesellschaft vorbereitet. Auch von
einer verantwortlichen Mediendidaktik mit langfristiger, fächerübergreifender Zielsetzung, mithin von einer
diesbezüglichen Erweiterung der Methoden- und Medienkompetenz durch pädagogische Vorbilder kann wohl
kaum die Rede sein.
Natürlich ist gerade nicht die zweite Ausbildungsphase, noch ist die PH allein für diesen Mangel verantwortlich
zu machen, darin war man sich einig, am 1o. März, im Landesmedienzentrum, in Karlsruhe. Dass der didaktische Umgang mit neuen Medien an den beruflichen Seminaren selbstverständlich ist, dass in den sonderpädagogischen Ausbildungsstätten längst schon die technische Grundbildung erfolgt, macht vielmehr ebenso
Hoffnung wie einzelne PH-Angebote zum fächerintegrativen Medieneinsatz, welche in dieser LMZ-Runde zur
Sprache kamen.
Die zum fünften Expertenforum „Neue Medien, Pädagogik und Schule“ eingeladenen Fachleute der Lehrerausbildung zeichneten in der Bestandsaufnahme ein Bild, das wir natürlich nicht nur aus dem medienpädagogischen Bereich kennen: „Die“ Schule gibt es nicht, und die Schulen, mithin auch die Lehrkräfte, insbesondere die Schularten der Primar- und Sekundarstufe trennen oft Welten. Von daher war es schon ein gewagtes
Unterfangen, unter der medienpädagogischen Fragestellung und mit wenigen Stichproben die Stellung der
Medienpädagogik in der Lehrerbildung in den Blick nehmen zu wollen. Und dennoch machte es durchaus
Sinn, die Realität und die Perspektiven der Lehrerausbildung einmal unter solch fächerübergreifender Fragestellung zu diskutieren. Schließlich ist die Wirklichkeit, ist die Wirkmächtigkeit der neuen Computermedien etwas, das alle Lebensstufen und -bereiche unserer Schülerinnen und Schüler - die beruflichen wie auch privaten - zunehmend prägt. Medienentwicklungspläne für je konkrete Schulen tun ebenso Not wie medienpädagogische Kommunikation in Lehrer- oder Schulkonferenzen sowie auf Elternabenden. Das Thema muss explizit
in den neuen Bildungs- und Ausbildungsplänen aufgeführt werden. Aber selbst hier mangelt es an einer entsprechenden Gesamtschau, an einem pädagogischen Gesamtkonzept, das nachhaltige Medienarbeit einschließt.
Frau Dr. Susanne Pacher, Gastgeberin und Leiterin des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg, machte
zu Beginn der Diskussion deutlich, dass die Runde zumindest Kooperationen in diese Richtung anstoßen
könne. Professor Dr. Reinhard Schlüfter vom staatlichen Seminar für Didaktik und Lehrerbildung (Gymnasien/KA) reflektierte zu Beginn des Gesprächs über Voraussetzungen von Medienbildung, zu der seiner Meinung nach zwingend ästhetische Kompetenzen gehören. Fehlende Fähigkeiten der jungen Lehramtsanwärterinnen und –anwärter im Bereich Bild- und Textverständnis, können aber angesichts der Kürzung der zweiten
Ausbildungsphase auf nur noch 18 Monate kaum mehr ausgeglichen werden, zumal fehlende technische Infrastruktur vernetztes Arbeiten erschwere.
So lange Medienpädagogik schon in der Ersten Phase der Lehrerausbildung keine Prüfungsrelevanz besitze,
könne Medienkompetenz von Lehramtskandidatinnen und –kandidaten auch nicht erwartet werden, so Dr.
Peter Jaklin zur Situation an der PH ( Beispiel Karlsruhe), wo der stellvertretende Leiter des LMZ BW seit Jahren einen medienpädagogischen Lehrauftrag inne hat.
Auch Wolfgang Jansen vom Fachseminar Sonderpädagogik (KA) forderte die Verankerung von „Medienkompetenz“ in der Lehrerausbildung im Sinne eines fest eingebundenen und prüfungsrelevanten Ausbildungsfaches. Professor Dr. Peter Henning (Fachhochschule KA) bedauerte, dass in den Köpfen der meisten Ausbilderinnen und Ausbilder das Potenzial der neuen Medien hinsichtlich der Chancen zur Verbesserung von Lehrwie Lernqualität noch nicht erkannt wird. Auf die Anwendungsqualitäten neuer Medien im Unterrichtseinsatz
verwies auch Jörg Schumacher, pädagogischer Referent am LMZ BW. Ulrich Berner, Schulleiter des MaxPlanck-Gymnasiums in Karlsruhe stimmte dem zu: Gute Ergebnisse, nicht nur aber auch in Sachen Medienbildung würden beim gymnasialen Seminarkurs oder bei Präsentationsprüfungen (GFS) offensichtlich. Sie
verdankten sich aber einer zeitintensiven Vorbereitung aller an derartigen Lernprozessen Beteiligten. Nicht
alle Kollegen und Kolleginnen teilen die Einsicht in die Notwendigkeit solch fächerübergreifender pädagogischer „Investitionen“.
Professor Henning betonte die Chance der künftigen Lehrerinnen und Lehrer, aktuelle Ausbildungsdefizite in
Sachen Medienkompetenz auch durch „Selbstlernmaßnahmen“ auszugleichen. Diese autodidaktischen
Elemente könnten ebenso das aus seiner Sicht mangelhafte Angebot zum qualifizierten Umgang mit Medien
in der Lehrerfortbildung auffangen (diesen Punkt wird u. a. die sechste Runde am 8. Juni unter dem Stichwort
„E-Learning“ aufgreifen). Seinem Vorschlag, im Unterricht – und damit natürlich auch in der Lehrerausbildung
– ein neues Fach „Medienkompetenz“ einzurichten, widersprach Wolfgang Buhmann vom Oberschulamt
Karlsruhe entschieden. Er verwies auf den aktuellen Ansatz: In den neuen Bildungsplänen werden Medieneinsatz, Medienkompetenz und medienpädagogische Strategien in allen Unterrichtsfächern gleichermaßen verankert. So soll verhindert werden, dass verunsicherte oder desinteressierte Fachlehrkräfte den Umgang mit
Medien auf ein besonders dafür vorgesehenes Fach abwälzen. Auch Professor Dr. Volker Huwendiek, Leiter
des staatlichen Seminars (Gymnasien) in Karlsruhe, betonte, dass der fachinhaltliche Einsatz von Medien der
medienpädagogische Ausgangspunkt sein sollte.
Bettina Hugenschmidt, stellvertretende Leiterin des Staatlichen Seminars schilderte ganz eigene Erfahrungen
im Bereich der Berufschulen bzw. der Seminare für berufliche Ausbildung: Sie sieht bei ihren Ausbilderinnen
und Ausbildern sowohl Medienkompetenz als auch das selbstverständliche Interesse, neue Medien für den
Unterricht nutzbar zu machen und führt dies auf deren berufliche Erfahrungen in Wirtschaft und Technik zurück. Dort gehören Medieneinsatz und -nutzung zum Arbeitsalltag. Frau Hugenschmidt stellte u. a. das Programmangebot des Staatlichen Seminars für Berufliche Schulen in Karlsruhe vor, das alle Referendarinnen
und Referendare zur Nutzung seminarinterner Fortbildungen in Sachen Medien verpflichtet. Damit würden
Standards in der Medienbildung der künftigen Berufschullehrinnen und –lehrer geschaffen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Diskussionsrunde waren sich insgesamt einig, dass neue Ansätze
und Angebote in der Lehreraus- sowie -fortbildung dringend erforderlich sind. Sowohl angehenden als auch
schon im Beruf stehenden Lehrkräften sollte der Umgang mit Neuen Medien und die Vermittlung entsprechender Kompetenzen im jeweiligen Fachunterricht ermöglicht und erleichtert werden. Ob dieses Ziel durch
Pläne des Kultusministeriums erreicht werden kann, die Fachseminare zu „Didaktischen Zentren“ aus- bzw.
umzubauen, wurde diskutiert. Gefahren für die Qualitätssicherung in der zweiten Phase der Lehrerausbildung
durch nicht auszuschließende Sparmaßnahmen kamen hierbei ebenso in den Blick wie Chancen, mit Hilfe von
Projektmitteln neue Wege der Medienbildung zu beschreiten. Hierin waren sich Bettina Hugenschmidt und
Professor Huwendiek einig.
Eine Vernetzung bereits bestehender (Fortbildungs-)Angebote im Bereich der Neuen Medien biete sich ebenso an wie eine engere Kooperation der Ausbildungsinstitutionen etwa mit dem LMZ, so Professor Schlüfter.
Frau Dr. Susanne Pacher und Hanns-Georg Helwerth, Leiter der pädagogischen Abteilung des LMZ BW
machten in diesem Zusammenhang auf die Vorarbeiten für ein „Curriculum Medienkompetenz“ aufmerksam,
das in Absprache mit den Fachseminaren(Karlsruhe und Stuttgart) von pädagogischen Referenten des LMZ
erarbeitet wird. Es soll zum Schuljahr 2004/2005 in das Fortbildungsangebot des LMZ einfließen.
Einen Überblick mit Stichworten zur medienpädagogischen Situation in der Lehrerausbildung bietet das
Kurzprotokoll / die Mindmap. Einen differenzierteren Einblick in die aktuelle Situation und Entwicklung der
Lehrerausbildung bieten die vier Einzelbeiträge dieser fünften Expertenrunde. Berichte, Impulse und Statements anderer Experten bei voran gegangenen Gesprächen finden Sie ebenfalls unter www.lmz-bw.de
„Pädagogik“ / „Fokus Medienpädagogik“ / “Beschreibung“
Ralf Heinrich und Dr. Dorothee Höfert
Pädagogische Abteilung des LMZ BW