Wir sollten die Stadtwerke Böblingen aus ihrem Dornröschenschlaf

Meinungen aus den Fraktionen
Amtsblatt Böblingen · Nr. 35
03.09.2010
20 / 15.05.2009
Stuttgart 21 – was geht das uns an?
Gehören Sie zu den Befürwortern oder zu den Gegnern? Für den Tiefbahnhof
oder für einen modernisierten Kopfbahnhof K 21? Es
ist Ihnen egal, was in Stuttgart passiert? Das hat ja
nichts mit uns zu tun?
In der Regel sind wir Schwaben brave Leut, die ungern
auffallen– schon gar nicht
protestierend.
Menschen, die Demonstranten bisher bestenfalls
aus dem Fernseher kannten, üben plötzlich zivilen
Ungehorsam. Sie protestieren gegen den geplanten
Tiefbahnhof, für besseren
Denkmalschutz, gegen den
Teilabriss des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes (Bonatz-Bau), gegen
das Fällen mehr als 280
alter Bäume im Schloss-
garten, für den Erhalt der
Mineralquellen, gegen die
sinnlose Verschwendung
von Steuergeldern.
So verschieden die Gründe für den Protest, so unterschiedlich sind auch die
Demonstranten: Architekt/
-innen, Beamte und Beamtinnen und Rentner/-innen,
junge Familien mit kleinen
Kindern, Kunstschaffende
und Manager/-innen, Punks
und Ökos. In keinem Fall
sind es „Berufsprotestler“
oder Radikale.
Diese Menschen sind stinksauer auf eine Politik, die
sie nicht ernst nimmt. Über
60.000 Unterschriften wurden 2008 gesammelt, um
einen Bürgerentscheid über
Stuttgarts Beitrag zu S 21
herbeizuführen – er wurde
aus formalen Gründen abgelehnt.
Die Bonatz-Erben erwarten
im Oktober das Urteil im
Verfahren gegen die Bahn
– mit dem Abbruch wurde
am Mittwoch schon mal
begonnen...
Das ist wohl der Hauptgrund für diese breite
Empörung: Egal welche
guten Argumente es gibt,
egal ob man später einmal
Recht bekommt – es ändert
nichts.
Dabei ist nicht nur Stuttgart
finanziell beteiligt, sondern
auch die Region mit ihren
Kommunen. Finanzmittel,
die in anderen Bereichen
wie Kinderbetreuung, Schulen, Ökologie oder Kultur
dringend benötigt würden,
werden hier im wahrsten
Sinne „vergraben“.
Was das alles
mit uns zu tun hat?
Großkundgebung am vergangenen Freitag – Ein Zeichen?
Rund 2,6 Millionen Euro –
die nämlich wird allein Böblingen in den nächsten zehn
Jahren für Stuttgart 21 aufbringen müssen.
Ich freue mich auf Ihre Meinung! Schreiben Sie mir.
Ihre Astrid Kubach, Fraktion
Bündnis 90 / Die Grünen
[email protected]
Zum Weiterlesen:
www.kopfbahnhof-21.de
Für Gegner UND
Befürworter:
www.stuttgarterappell.de
Astrid Kubach
Fraktion Bündnis 90/
Die Grünen
Wir sollten die Stadtwerke Böblingen
aus ihrem Dornröschenschlaf wecken
Sindelfingen,
Tübingen,
Schorndorf oder Friedrichshafen machen es vor: Gut
aufgestellte
Stadtwerke
lohnen sich für die Kommune, die Wirtschaft vor
Ort und die Bürger. Warum
nicht auch in Böblingen? In
diesem Zusammenhang ist
der Rückkauf des Stromnetzes ein wichtiger Baustein.
Was unterscheidet Schorndorf von Böblingen? Während die Stadtwerke Böblingen 2009 über eine Million
Euro Verlust machten, zahlten die Stadtwerke Schorndorf 2,5 Millionen Euro Gewinn ins Stadtsäckel ein.
Damit wurde das gesamte
Defizit der 5 Schorndorfer
Bäder in Höhe von 1,8 Millionen Euro mehr als ausgeglichen. Und aus dem
Cashflow werden 2011 noch
3,8 Millionen Euro in die Er-
4
weiterung und Modernisierung der Bäder gesteckt,
um deren Besucherzahlen
zu verdoppeln. Das zeigt,
wie erfolgreich kommunale
Stadtwerke sein können.
Die Schorndorfer haben ein
sogenanntes Vollstadtwerk:
Für die Kunden in Stadt und
Region ist es kompetenter
Ansprechpartner in allen
Themen rund um die Ver-
sorgung mit Strom, Wasser,
Gas und Wärme und bald
auch Telekommunikation.
Dazu gehört selbstverständlich auch das Stromnetz, dessen Betrieb einen
nicht unerheblichen Teil
zum
Stadtwerkegewinn
beiträgt.
„Der
Gewinn
bleibt hier und fließt nicht
nach Paris, zum Hauptaktionär der EnBW“, freut sich
Schorndorfs OB Klopfer.
Stadtwerke so aufzustellen,
dass sie profitabel sind,
sollte auch in Böblingen
gelingen. Um unsere Stadtwerke aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken, hält
die FDP den Rückkauf des
Böblinger Stromnetzes für
nötig. Wie das geht, haben
schon ganz andere Kommunen als Böblingen erfolgreich durchexerziert. Der
Städte- und Gemeindetag
Gut gemanagte Voll-Stadtwerke sind ein wichtiger
Partner für die Wirtschaft
vor Ort, weil sie zur regionalen Wertschöpfung beitragen. Zudem ist der jährliche Gewinn eine wichtige
Einnahme im städtischen
Haushalt.
hat dazu einen detaillierten
Handlungsplan veröffentlicht. Starke Stadtwerke
sind nicht zuletzt ein interessanter Partner für Volksbank und Kreissparkasse.
So sieht die Zentrale eines erfolgreich gemanagten Stadtwerks aus - hier das Beispiel der
Stadtwerke Sindelfingen (links).... und so der Eingang zu den Stadtwerken Böblingen –
leicht zu übersehen weil versteckt im Einkaufszentrum (rechts).
Die EnBW sucht sich andere Finanzierungspartner für
ihr Big Business.
Reinhard Siekemeier
FDP-Fraktion