6 ESSEN & TRINKEN Journal Sonnabend/Sonntag, 23./24. Juni 2001 Hamburger Abendblatt Pizza machen? Kann doch jeder: raus aus dem Tiefkühlfach, rein in die Mikrowelle, auftauen und fertig garen . . . Wer es glaubt, hat nie in Italien eine echte Holzofen-Pizza gegessen. Auf seinem Erfolgszug um die Welt hat der flache Fladen manche seiner Original-Eigenschaften verloren. Aber es gibt sie noch − hier lesen Sie die Geschichte der klassischen Pizza-Varianten. Fotos und Rezepte aus „La Pizza − Ein Blick in die Seele von Neapel“ von Nikko Amandonico, Collection Rolf Heyne, 58 Mark. Fotos: EWA-MARIE RUNDQUIST, GIUSEPPE BIGLIARDI, ANDREAS LAIBLE Pizza mit Garnelen und Rucola Teig-Rezept siehe rechts außen. Den Teig in vier Teile schneiden und pro Person ein Teigstück verwenden. Die Pizza der Königin: Die grün-weiß-rote Margherita Zutaten (für eine Person): 200 g Toma- ten (Kirsch-, Eiertomaten oder ganze Tomaten aus der Dose), 1 Knoblauchzehe, 8−10 geschälte Garnelen, 10 schwarze Oliven mit Stein, Ç TL Fenchelsamen, Salz, frisch gemahlener schwarzer Pfeffer,1 EL Olivenöl, extra vergine, 10 Rucolablätter Zubereitung: Tomaten (Dosentomaten in einem Sieb) gründlich abtropfen lassen, damit die Pizza nicht glitschig wird. Frische Tomaten in Scheiben schneiden, in ein Sieb geben und vorsichtig mit der Faust auspressen, um so viel Saft wie möglich zu entfernen. Den Teig zu einem Kreis mit etwas di- ckerem Rand, cornicione genannt, ausrollen. Die Tomaten gleichmäßig auf dem Teig verteilen, dabei jedoch einen etwa 2 cm breiten Rand frei lassen. Den gehackten Knoblauch gleichmäßig auf den Tomaten verteilen. Garnelen und Oliven darauf legen. Die Fenchelsamen auf die Pizza streuen. Mit Salz und Pfeffer würzen und mit Olivenöl beträufeln. Im vorgeheizten Backofen bei 275 Grad auf mittlerer Schiene 10−12 Minuten backen. Vor dem Servieren mit den Rucolablättern garnieren. Von MARGARETE KUMMER Zutaten (für eine Pizza): S chmeckt ganz gut, aber nicht wie wanden. Zusammen mit dem Teig aus Pizza.“ Misstrauisch beäugt Katrin die Mehl, Wasser, Öl und Hefe wurde die Pizza Tiefkühl-Salami-Pizza, die nach 13 Minu- draus, bestreut mit Käse und Kräutern. Im 19. Jahrhundert entstand die Pizza ten fertig aus dem Backofen auf ihrem Teller liegt. Die 25 Jahre alte Hamburgerin Marinara, ein Klassiker, der nach Meer hat eine Pizza-geschulte Zunge − sie stu- klingt, aber nicht mit Fischen belegt war. diert in Bologna Kunst, verbringt ihre Se- Ihren Namen bekam sie von Fischern, die frühmorgens in die Häfen zurückkamen mesterferien zu Hause. Was schmeckt denn anders als in bella und sich beim Bäcker heißhungrig auf die Italia? „Also der Boden wie Keks, er hat ersten Pizzen stürzten. Die Pizza Marinara keinen wulstigen, knusprigen Rand. Au- duftet nach frischem Oregano, frischen Toßerdem sind keine Tomaten drauf, son- maten, deftigem Knoblauch. Sie wurde dern nur so etwas Ähnliches wie Tomaten- und wird mit Olivenöl beträufelt und im Holzofen gebacken. mark. Und der Käse ist kein Mozzarella.“ 1889 erfand der Pizzabäcker Don RafDie ungezählten Pizzen aus der Tieffaele Esposito aus Neapel den kühltruhe oder die eingezweiten Klassiker: die Pizza schweißten aus dem Kühlfach sehen meist nur noch so aus Wovor fürchten sich Margherita. Zu Ehren der Königin Margarete von Italien wie die italienischen Fladenkreierte er die Pizza in den itaPizzen: Der knusprige Hefefla- Italiener? Vor der lienischen Nationalfarben den, der unnachahmliche GeGrün (mit Basilikum), Weiß schmack von frischen Toma- Pizza „americana“ (mit Mozzarella) und Rot (mit ten, Kräutern, Käse und das Tomaten). Holzofenaroma fehlen; sie mit kuchendickem, Ihre Verbreitung − Food-Ausind irgendwie abhanden ge- weichem Boden, tor Nikko Amandonico hält sie kommen bei der Reise der Pizza um die Welt: Von Italien aus bedeckt mit sonder- sogar für das am weitesten verbreitete Massen-Nahüberrollte das belegte Rundrungsmittel der Welt − verstück Amerika und auf dem baren Zutaten wie dankt die Pizza vor allem der Rückweg ganz Europa. einfachen Zubereitung, der Wie die Pizza nach Amerika Eiern oder Ananas. Tiefkühl-, Mikrowellen- und kam? Um 1900 brachten itaBackofen-Technik sowie den lienische Einwanderer „ihre“ Pizza mit. Sie blieb aber bis in die 50er- unerschöpflichen Möglichkeiten, das flaJahre für die Amerikaner ein exotischer che Ding zu belegen. Als Mini-Pizzen sind Bissen. Erst die US-Soldaten, die in Italien sie der Hit auf Kindergeburtstagen, in Wastationiert waren, verhalfen dem italieni- genradgröße vertilgen Sportfans sie beim Fernsehfußball − meist aus der Hand. schen Aroma-Fladen zum Durchbruch. Oft wenden sich Italiener allerdings mit Ursprünglich war die Pizza ein weißer Brotfladen aus Mehl, Wasser und Minze − Grausen. Denn der Teig ist keineswegs imein Arme-Leute-Essen bei den Griechen mer flach und knusprig: die Deep Pan Pizund später bei den Römern. Aber auch die za (tiefe-Pfannen-Pizza) zum Beispiel, Ägypter und die Chinesen behaupten, die 1958 von der amerikanischen Pizza-Hutersten Pizzabäcker gewesen zu sein. Kette kreiert, ist dick wie ein Kuchen, Nichtsdestotrotz: Forscher von heute sind ebenso dick garniert, schmeckt gut − aber zu dem Schluss gekommen, dass die Pizza eben nicht wie eine echte Pizza. Heute glauben die Kinder in den USA, eine italo-mediterrane Schöpfung ist − und Pizza sei eine amerikanische Erfindung. mindestens 3000 Jahre alt. Da war sie aber noch nicht mit Tomaten Kein Wunder: In jeder Sekunde verzehren belegt. Die wurden erst im 16. Jahrhun- Amerikas Kinder mit Mama, Papa, Oma, dert von spanischen Eroberern aus Peru Opa 350 Pizza-Stücke. Noch überraschenmitgebracht. Die Neapolitaner waren der ist, was das Fachblatt „Food Technolo1773 die Ersten, die ihr Misstrauen gegen- gy“ herausfand: Die Amerikaner genießen über den roten, saftigen Tomaten über- Pizza doppelt so oft wie Sex. Das hat im Norden jetzt Saison Endlich kommt junges Gemüse auf den Tisch: Kohlrabi, Blumenkohl, Brokkoli, Spitz-, Weiß- und Wirsingkohl. Spinat und Gurken sowie knackige Salate: Kopf-, Eisberg-, Römer-, Eichblatt- und Frise´esalat. Mit Rhabarber und Spargel ist jetzt Schluss. Rauke, eine uralte Kulturpflanze aus dem Mittelmeerraum, geriet in Deutschland für längere Zeit in Vergessenheit. Jetzt heißt sie „Rucola“, wird fast ganzjährig aus Italien oder Frankreich importiert, aber auch wieder hier in den Vierlanden angebaut − und jetzt frisch geerntet. Der Geschmack der jungen Blätter ist angenehm frisch und leicht scharf. Rauke oder Rucola ist besonders reich an Vitamin C, vielen Mineralstoffen und organischen Säuren, die appetitanregend wirken. 100 g Rauke enthalten 151 kJ/36 kcal. Rauke verleiht Salaten eine eigenwillige Note. Schmeckt auch als Gemüsebeilage (5−8 Minuten gedünstet) zu Fisch und Fleisch, püriert und mit Sahne verfeinert als Suppe oder kombiniert mit Nüssen, Äpfeln, Karotten, Speiserüben, Kartoffeln, Reis, Hirse, Bulgur oder Nudeln. M.K. LL Das Teig-Rezept lesen Sie bitte unten. Den Teig in vier Teile schneiden und pro Person ein Teigstück verwenden. 200g Tomaten (Kirsch-, Eiertomaten oder ganze Tomaten aus der Dose), 5−6 frische Basilikumblätter, Salz, 1 EL Olivenöl, extra vergine, 50 g Mozzarella Zubereitung: Die Tomaten (Dosentomaten in einem Sieb) gründlich abtropfen lassen, damit die Pizza nicht glitschig wird. Frische Tomaten in Scheiben schneiden, in ein Sieb geben und vorsichtig mit der Faust auspressen, um so viel Saft wie möglich zu entfernen. Die Tomaten in eine Schüssel geben, zwei Basilikumblätter in kleine Stücke zupfen und darunter mischen. Ein paar Minuten ziehen lassen, damit die Tomaten das Aroma des Basilikums aufnehmen können. Den Teig zu einem Kreis mit einem etwas dickeren Rand, cornicione genannt, ausrollen. Die Tomaten gleichmäßig auf dem Teig Der Pizzateig Zutaten für vier Pizzen: 25 g Hefe, Š l lauwarmes Wasser, 400 g Weizenmehl, 1 TL Salz Zubereitung: Zuerst den Vorteig (das Hefestück) anrühren. Die Hefe in wenig lauwarmem Wasser auflösen. Etwa 2 EL Mehl hinzufügen. Zu einer glatten Paste verrühren. 30 Minuten unter einem Tuch aufgehen lassen. 350 g Mehl (den Rest zum endgültigen Kneten beiseite stellen) bergförmig anhäufen und ein möglichst tiefes Loch in die Mitte drücken. Vorteig, Salz und restliches Wasser hineingießen. Die Zutaten mit reichlich bemehlten Händen sorgfältig vermischen. Etwa 10 Minuten lang stetig kneten. Wenn der Teig elastisch ist, formt man ihn zu einem Laib und schneidet diesen in vier gleich große Stücke. Diese dann zu Kugeln formen und etwa 2 Stunden, bis sie ihr Volumen verdoppelt haben, unter einem Tuch aufgehen lassen. Pro Pizza eine Kugel verwenden und wie in den Rezepten verarbeiten und belegen. Und was trinkt man nun zur Pizza? Fragen Sie mal einen Kellner: Kaum einer hat eine passende Empfehlung, die Getränkekarte in den Pizzerien ist meist recht dürftig. Also: Wein passt am besten zur Pizza, empfiehlt Autor Rosario Buonassisi in seinem Buch „Pizza! Ein rundes Stück Italien“ (Heyne, 39,80 Mark). Aber welcher zu welcher Pizza? Ein trockener, vielleicht auch moussierender Weißwein zur Pizza Margherita, auch ein trockener Rotwein (ein Tauresi etwa aus Kampanien) geht. Die Pizza mit den Früchten des Meeres und dem intensiven Aroma harmoniert mit lieblichen, leicht trockenen Weißweinen. Zur Pizza mit scharfem Peperoncino oder vier Käsesorten, die Durst machen: vorzugsweise Rotwein, nicht zu stark, ein Valpolicella zum Beispiel. Wenn Weißwein, dann ein Pinot Grigio oder ein Tocai aus dem Friaul. Alternative zum Wein: Bier. Weniger ein süßes Malzbier als ein herbes Helles, das etwa die Salami-Pizza hervorragend begleitet. Es sollte aber nicht zu kalt sein. Was geht überhaupt nicht? Meiden sollten Sie kohlensäurehaltige, zuckerträchtige Limonaden und Cola-Mix-Getränke − sie überdecken mit ihrem künstlichen, starken Aroma jede Geschmacksempfindung. Schneller grillen mit Deckel ¦ Das Rezept des Monats Juni Erdbeer-Frise´e-Salat mit Putenleber Zutaten für 4 Portionen: 1 Kopf Frise´e 250 g Erdbeeren 100 g Putenleber 15−20 g Butter schwarzer Pfeffer, frisch gemahlen Salz Für die Salatsauce: 1 Bund Estragon 1−2 EL Balsamicoessig Salz weißer Pfeffer, frisch gemahlen 2 TL Öl Zubereitung: Vom Frise´e zähe Blätter entfernen, die übrigen Blätter, vom Strunk ge- HA-Journal Nr. 144 verteilen, dabei jedoch einen Rand (etwa 2 cm breit) frei lassen. Die Pizza salzen und mit Olivenöl beträufeln. Mozzarella in einem Sieb gut abtropfen lassen, eventuell sanft mit der Faust auspressen, in Scheiben schneiden und in der Mitte der Pizza anordnen. Im vorgeheizten Backofen bei 275 Grad auf mittlerer Schiene 10−12 Minuten backen. Die Pizza vor dem Servieren mit den restlichen Basilikumblättern garnieren. löst, abbrausen, trockenschleudern und in mundgerechte Stücke zupfen. Die Erdbeeren waschen, trockentupfen, halbieren oder vierteln. Die Putenleber in ihre natürlichen Hälften teilen, von Häutchen befreien, trockentupfen und in Streifen schneiden. Die Butter in einer beschichteten Pfanne erhitzen, die Putenleber darin unter Wenden kurz anbraten, dann mit Pfeffer und wenig Salz würzen. Leber herausnehmen, warm stellen; den Bratfond beiseite stellen. Für die Salatsauce den Estragon abbrausen, trockenschleudern, die Blättchen abzupfen und eventuell grob schneiden. Essig, Salz, Pfeffer Seite 6 2 Schwarz und Öl verrühren, die Estragonblättchen zufügen. Die Salatblätter auf Tellern anrichten; die Erdbeeren und Putenleber darauf verteilen. Den Bratfond in die Salatsauce rühren und über den Salat geben. Foto und Rezept aus „Kochbuch durchs Jahr“, Stiftung Warentest. 400 Seiten, Farbfotos; 49 Mark. E-Blau E-Rot E-gelb Jetzt im Sommer und später im Frühherbst ziehen die appetitlichen Duftschwaden durch die Lüfte: Grillzeit ists, und kaum jemand kann geröstetem Fleisch, Fisch, Würstchen, Gemüse widerstehen. Perfekt grillen können die Amerikaner − mit ihrem Kugelgrill. Erfunden Anfang der 50er-Jahre revolutionierte er das Barbecue, wie dort das Grillen heißt. Gegrillt wird mit Deckel, vor allem schneller und große Fleischstücke. Food-Autor Matthew Drennan beschreibt in seinem Barbecue-Buch ausführlich diese nahezu ungefährliche Grillart, ihre Grundregeln, das Zubehör. Und wie Sie mit sechs Fleisch-Marinaden und fünf Würz- und Kräutermischungen das Beste aus Ihrem Grillgut machen. M.K. Matthew Drennan: Das Barbecue Buch. Von und mit Weber. GU Aktuell. 160 Seiten, ca. 200 Farb- und Schwarzweiß-Fotos; 29,90 Mark. L
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