bsz-Ausgabe 1027 vom 14. Januar 2015

:bsz
AUSGABE 1027
14. JANUAR 2015
DEINE
BOCHUMER STADT- &
STUDIERENDENZEITUNG
TIEFER EINBLICK
2
Wie sah studentische
Kultur früher aus? Eine
Zeitreise in die Stadt- &
Campusgeschichte.
4
Was geschieht, wenn wir
träumen? ForscherInnen
zeigen, dass wir Schlafund Traumzustände lenken können.
6
Wie auf die Preiserhöhung des VRR-Tickets
reagieren? Eine Diskussion über die „Rote-PunktAktion“.
6
Demographische Daten
beweisen: Von „Überfremdung“ ist im Abendland keine Spur.
STEILE VORLAGE
RUNDE SACHE
SCHRÄGE NUMMER(N)
Studis solidarisieren sich mit den Opfern von Paris: Auch an der RUB haben die Terroranschläge Wellen geschlagen.
Fotos/Collage: mb /kac
EUROPA
Solidarität mit Paris: Anteilnahme und Bekenntnis zur Meinungsfreiheit
DIE :bsz-GLOSSE
Wir sind Charlie
Auf den Punkt
K
onstitution: Dieses mit „Verfassung“ zu
übersetzende Wort begegnet uns in
vielen Bereichen. Ob sich nun der Bundestag
nach einer Wahl erstmals konstituiert oder das
Parlament der Verfassten Studierendenschaft –
meist verstehen wir Konstitution als etwas Po-
Der 7. Januar 2015 wird nicht nur als
Tag des Anschlags auf das SatireMagazin Charlie Hebdo oder als französisches 9/11 in Erinnerung bleiben,
sondern auch als Schulterschluss der
Regierungen und BürgerInnen Eu-
ropas. RUB-Studierende bekunden
ebenso wie der Rest NRWs ihre Anteilnahme und sagen „Je suis Charlie“
(Seite 3). Wie aber wurden die Pariser Ereignisse von den Anwesenden
wahrgenommen? Denise, eine gebür-
tige Bochumerin, befand sich in der
Nähe und schildert Euch das Erlebte
auf Seite 4: „Auf einmal kamen Spezialkräfte der Polizei“.
:Die Redaktion
litisches. Dazu gehört auch die niedergeschriebene Verfassung, die das Zusammenleben einer
Gesellschaft mit all ihren Grundrechten regelt.
HOCHSCHULPOLITIK
Aber das ist nur die Papierform. Wie es um die
Studierendenparlament: Jurist Arne Michels mit großer Mehrheit zum Sprecher gewählt
Konstitution einer Gesellschaft wirklich steht,
zeigt sich erst in der Praxis. Zum Beispiel wenn
Leute, an deren geistiger Verfassung gezweifelt
werden kann, durch Attacken das soziale Klima
zu vergiften drohen. Ein einzelner Mensch,
dessen körperliche Konstitution durch Gift
bedroht wird, bildet Antikörper oder nimmt
irgendein Gegengift. Doch Immunsystem und
Arznei können andere Teile des Körpers mitschädigen. Solche Nebenwirkungen gilt es zu
vermeiden, wenn eine Gesellschaft Gefahren
bekämpft, damit sie nicht gleich ihre Grundrechte mit zerstört. Doch dazu bedarf es einer
robusten Konstitution.
:joop
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Gespanntes Schweigen im StuPa
Wahlleiter Kolja Schmidt, der die konstituierende Sitzung des 48. Studierendenparlaments (StuPa) mit einer
Schweigeminute für die Opfer des Terroranschlags auf die Redaktion des
Pariser Satiremagazins Charlie Hebdo
eröffnet, räumt zu Beginn ein, „dass es
zu einigen Störungen während der Wahl
gekommen ist“ – weshalb nun eine
Wahlprüfung ansteht. Gleich ein ganzes
Bündel von Beschwerden über Wahlstörungen wie die Versendung einer den
Wahlausgang möglicherweise beeinflussenden Massenmail an über 52.000
EmpfängerInnen (siehe :bsz 1025)
wird von VertreterInnen verschiedener
Listen eingereicht. Auch wird moniert,
dass „nicht öffentlich zu dieser Sitzung
eingeladen“ worden sei und selbst die
SprecherInnen der FachschaftsvertreterInnenkonferenz (FSVK) sowie einzelne gewählte ParlamentarierInnen keine
Einladung bekommen hätten. Dennoch
ist das StuPa mit 35 Abgeordneten vollzählig vertreten.
Als neuer Sprecher des Studierendenparlaments wird nach einer im Vergleich zu den
Vorjahren relativ kurzen Kandidatenbefragung der 27-jährige Jura-Absolvent Arne
Michels gewählt, der für die mit einem
Sitz vertretene Liste ReWi – Studierende der
Rechtswissenschaft ins StuPa nachgerückt
ist und zwei Jahre Gremienerfahrung im
Fakultätsrat Jura aufzuweisen hat.
Obwohl Michels im April beginnen
wird, im Bezirk des Oberlandesgerichts
(OLG) Hamm sein Referendariat zu ab-
solvieren, könne er sein Amt als StuPaSprecher problemlos ausüben, da der
hierfür zuständige Präsident des OLG der
Ausübung einer solchen Nebentätigkeit
bereits zugestimmt habe.
Die Frage, ob er als examinierter Jurist nicht „überqualifiziert“ für die Leitung von StuPa-Sitzungen sei, verneint
Michels, der „DIE PARTEI“-Mitglied ist,
gegenüber der :bsz. „Ich glaube, dass jede
Qualifizierung dem StuPa guttut“, so der
mit 22 Ja- bei zehn Nein-Stimmen und
drei Enthaltungen gewählte Studierendenparlamentssprecher, der damit sogar
mindestens eine Ja-Stimme aus den Reihen der Opposition erhielt.
FORTSETZUNG AUF SEITE 2
2
UNI:VERSUM
FORTSETZUNG VON SEITE 1
Ein weiteres Plus des frischgewählten StuPaSprechers Arne Michels, der im vorigen AStA als
Referent für Infrastruktur und Ökologie tätig
war, mag darin liegen, dass das Parlament angesichts unruhiger Zeiten eine Integrationsfigur
braucht, die eine geregelte Austragung schwelender Konflikte ermöglicht und kritischen
Stimmen den nötigen Raum zumisst: „Ich
möchte die Sitzungen eher moderierend leiten,
ohne zu viel einzugreifen“, betont Michels im
:bsz-Gespräch. „Ich möchte auch zulassen, dass
kontroverse Positionen vorgetragen werden
können – auch wenn diese meiner persönlichen
Meinung widersprechen“, so Michels weiter.
Zudem räumt er den anhängigen Beschwerden bezüglich des Wahlablaufs und insbesondere
der manipulativen Massenmail in Sachen Wahlprüfung eine realistische Chance ein: „Sollte es
sich herausstellen, dass die Beweislage belastbar
ist, wäre das schon ein Problem“, konstatiert der
14. JANUAR 2015
:bsz 1027
Lehrbuchtexte, die
keiner versteht? Sprüche
Eurer DozentInnen, die
im Hörsaal für Lacher
gesorgt haben? Wir
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Die Fröhliche
Eure Fundstücke aus
Wissenschaft
Seminaren, Aufsätzen
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Jurist. Bei der StuPa-Befragung wird es dennoch
etwas heikel, als Karsten Finke (Grüne Hochschulgruppe, GHG) die Frage stellt, ob Michels „ein
Problem damit“ habe, „von Leuten gewählt zu
werden, die Verbindungen zu rechten Parteien
haben“. „Das liegt nicht in meiner Hand“, so die
diplomatische Antwort des Kandidaten.
Stellvertretender StuPa-Sprecher
strauchelt
Wesentlich knapper fällt die StellvertreterWahl von Felix Schmidt (NAWI) aus, der bei
einer Enthaltung und 15 ablehnenden Voten
lediglich 19 Ja-Stimmen verbuchen kann.
Zwar verspricht Schmidt, die Sitzungen als
Protokollant wie seine Vorgängerin künftig
„eher wörtlich“ zu dokumentieren und hierbei
auch möglichst durchgängig zu „gendern“.
Doch angesprochen auf die politische
Verortung seiner Liste der Naturwissenschaftler und Ingenieure (NAWI), die er „mittig“ und
„pragmatisch“ – jedoch „auf keinen Fall rechts“
– einordnet, gerät er spürbar ins Straucheln: Zu
Optimistisch trotz anhängiger Wahlprüfung: Arne Michels (l.) und Felix Schmitz.
Foto: USch
neurechten Gruppierungen wie Pegida und HoGeSa sowie einer rechtspopulistischen Partei
wie der Alternative für Deutschland (AfD) könne
sich Schmidt „keine abschließende Meinung
bilden“. Die Linke Liste kritisiert daraufhin
eine solche „Nicht-Positionierung“ zu rechten
Bewegungen wie HoGeSa und Karsten Finke
(GHG) ordnet eine solche unpolitische Attitüde als „rechts“ ein. Erst nach einer Fraktionspause distanziert sich der Kandidat immerhin
IN EIGENER SACHE
Älteste Studierendenzeitung Deutschlands öffnet ihr Archiv
Avantgarde und Alltag
Einblicke in einen Studienalltag, der
ganz anders war
Bei der „Bochumer Stadt- & Studierenden-
— Kurt Tucholsky (deutscher Satiriker
und Journalist, 1890–1935), in:
„Was darf die Satire?“
von Organisationen wie HoGeSa und wird
– wenn auch nicht mit allen 21 Stimmen der
AStA-tragenden Listen – zum stellvertretenden StuPa-Sprecher gewählt. :Ulrich Schröder
Frauenvollversammlung
des Autonomen FrauenLesbenreferats der RUB
Frauen*,
organisiert
Euch!
Auch der 50. Geburtstag der RUB wird
von uns kritisch begleitet – diesmal mit
einer besonderen Aktion. Mit Zeugnissen aus unserem Archiv zeigen wir vom
25. Februar bis zum 18. März 2015 in
der Ausstellung „Avantgarde und Alltag
– Die frühen Jahre der RUB“ im Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte, was
im ersten Jahrzehnt der Ruhr-Uni aus
der Sicht der studentsichen Campuspresse wichtig gewesen ist.
Wie studierte es sich auf der größten Baustelle Europas? Ging man damals schon
ins Bermuda3eck? Was war vor der U35?
RAF, Springer-Presse, Hausbesetzungen,
Ost-West-Konflikt – Themen, die auch BochumerInnen nicht kalt ließen. Parallel zum
Programm des 50. Geburtstags der RuhrUni beleuchten wir Lebenswelt, Horizont
und Weltanschauung der ersten Bochumer
Studierenden von 1967 bis 1977.
Die :bsz hatte letztes Jahr selbst ein
Jubiläum zu feiern (die PionierInnen der
Zeitung hatten nie damit gerechnet, dass
es einmal über 1.000 Ausgaben werden sollten!). Die tausendste :bsz war für uns der
Anlass, unsere Sammlung alter Ausgaben
zu einem richtigen Archiv zu machen.
Ein breites Spektrum an Originalartikeln und zeitgenössischem Bildmaterial aus
diesem Archiv beantwortet diese und weitere Fragen zu einer für Bochum und die Welt
bedeutenden Zeit. Ergänzend erläutern
Infotexte den zeitgeschichtlichen Kontext
und schlagen die Brücke zur Gegenwart.
„Der Satiriker ist ein gekränkter
Idealist: er will die Welt gut haben,
sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.“
Ein ganzer Batzen Zeitungen – :bsz-Archivar Jan Freytag sucht nach Material für die
Ausstellung.
Foto: mar/Initiative :bsz-Geschichte
zeitung“, kurz :bsz, handelt es sich um die
älteste kontinuierlich erscheinende Studierendenzeitung Deutschlands. Seit 1967 begleiten wir kritisch die Entwicklung auf dem
Campus, in der Stadt und in der Welt. Unser
Materialfundus ermöglicht uns einen Einblick in die studentische Lebenswelt von den
60er Jahren bis heute. Kein Medium außer
uns berichtet so intensiv über studentische
Kultur, Alltag und Hochschulpolitik von heute mehr als 40.000 Studierenden. Themen,
die sonst kaum mediale Resonanz erfahren.
Persönlich, im Stadtarchiv und online
Konzipiert wurde die Ausstellung von Teilen der Redaktion und dem Archivar der
Zeitung. Dabei unterstützen uns der AStA
der Ruhr-Universität und die Fachschaften.
Als Initiative :bsz-Geschichte sind wir für An-
regungen und Fragen von Euch offen.
Die Ausstellung ist Motor für die Digitalisierung unserer alten Bestände. Schon
bald könnt Ihr die :bsz-Ausgaben, die das
erste RUB-Jahrzehnt begleitet haben, auf
unserer Homepage einsehen.
:Die Redaktion
AKRONYMICON FÄLLT AUS
In der Reihe „Das Akronymicon“
deckt die :bsz gnadenlos auf, welche
Gremien sich hinter obskuren Abkürzungen verbergen, wie viel Macht sie
besitzen und was sie vorhaben.
In dieser Woche muss das Akronymicon
leider entfallen. Nächste Woche geht
es dann in der :bsz 1028 mit dem Senat
weiter.
Am Mittwoch, den 21. Januar, findet
wieder die Frauenvollversammlung des
Autonomen FrauenLesbenreferats der
RUB statt – ab 18 Uhr im Frauenraum
(GA 04/61). Die Arbeit des Referats wird
vorgestellt und Studentinnen erhalten
Gelegenheit zum Äußern von Fragen,
Kritik und Wünschen. Zudem werden die
Referentinnen gewählt. Jene, die sich zur
Wahl aufstellen lassen möchten, schrei­
ben vorher an [email protected]. Auch die
Situation des Frauenraums sowie die geplante Umbenennung des Referats werden Themen sein.
Weitere Termine für Frauen*,
Trans* und Inter*:
Freitag, 16. Januar
[„Sexy-Time“-Aktionstag mit dicker_
fetter Pussy*Party]. Soziales Zentrum
Bochum (Josephstraße 2), ab 16 Uhr.
Dienstag, 20. Januar
grrrls*brunch – umsonst vegan
schlemmen und sich mit feministischen Frauen und Lesben austauschen. Frauenraum (GA 04/61), 11 bis
13 Uhr.
Mehr Informationen unter
www.autonomes-frauenlesbenreferat-bochum.de
:Gastautor Patrick Henkelmann
:bsz 1027
14. JANUAR 2014
METRO:POLIS
3
ICH BIN CHARLIE
Deutsch-französische Freundschaft: Solidarität von NRW bis nach Berlin
Le U c’est Charlie
Nach dem Anschlag vom 7. Januar auf
das Satire-Magazin Charlie Hebdo rücken
nicht nur die PariserInnen und Staatsleute Europas näher aneinander, um ihre
Solidarität zu bekunden, sondern auch
BürgerInnen Europas und sogar Gebäude. Essen, Köln, Düsseldorf, Aachen und
Dortmund setzten ein Zeichen, welches
das Mitgefühl greifbar macht und offenbart, dass die französisch-deutsche
Freundschaft gelebt wird.
Infolge des Anschlags auf die Redaktion von
Charlie Hebdo und die Verfolgungsjagd, die
weitere Tote forderte, solidarisiert sich neben anderen Staaten auch Deutschland mit
den Betroffenen. Das „Dortmunder U“ verkündet bereits seit Donnerstag mit seinen
Projektoren „Je suis Charlie“ („Ich bin Charlie“) und offenbart so das Mitgefühl der
Menschen im Ruhrpott sowie in ganz NRW.
Für das U ist es nicht ungewöhnlich, dass es seine Meinung kundtut – so
schreibt es zum Beispiel während NaziDemos „Ich, der Turm, fand Nazis schon
damals voll uncool.“ Ergänzt wird die solidarische Projektion von der in Dortmund
ansässigen Auslandsgesellschaft, die bis
Sonntag, den 1. Februar, eine Kondolenztafel aufgestellt hat, auf der sich jedeR
mit seinen Worten solidarisieren kann.
In Bochum lud die Initiative „Bochum
gegen Fanatismus und Gewalt“ neben der
Glocke am Rathaus zu einer stillen Mahnwache ein und in Remscheid tat dies der
Oberbürgermeister mit einem Schweigegedenken auf der Rathaustreppe. Der
Kölner Dom wurde während einer spontanen Demo im Gegensatz zu den Pegida-Protesten hell beleuchtet und die Aachener Statue von Karl dem Großen mit
einem Schild (Je suis Charlie) behangen,
das die Betroffenheit im Westen NRWs
symbolisiert. Neben diesen Städten sendeten auch Washington, London, Berlin
sowie Amsterdam ein freundschaftliches
Signal nach Paris und dadurch auch ein
Bekenntnis für die Freiheit der Presse.
Reaktion von Muslimen in
Deutschland
Der in NRW ansässige Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) startete am 10.
Januar einen Aufruf an die MuslimInnen
Dortmund: Das U bekundet Presse- und
Meinungsfreiheit.
Grafik:alx
aus Verbänden, Zivilgesellschaft und Politik, sich am Dienstag (13. Januar, Brandenburger Tor) dieser Woche zu einer Mahnwache zusammenzufinden. Diese werde unter
dem Titel „Zusammen Stehen – Gesicht
Zeigen“ verdeutlichen, dass die Muslime in
Deutschland „die niederträchtigen Terroranschläge in Frankreich auf das Schärfste
verurteilen“ und dass sie für ein weltoffenes, tolerantes Deutschland mit Meinungsund Religionsfreiheit einstehen.
Darüber hinaus bezieht der ZMD weiter Stellung und führt seine Haltung zu den
Geschehnissen in Paris aus: „Wir trauern
mit Euch und den Familien der Opfer! Es
gibt im Islam keine Rechtfertigung für solche Taten. Dies ist ein feindlicher und menschenverachtender Akt gegen unsere freie
Gesellschaft. Durch diese Tat wurde nicht
unser Prophet gerächt, sondern unser Glaube wurde verraten und unsere muslimischen Prinzipien in den Schmutz gezogen.
Wir werden es nicht zulassen, dass unsere
Gesellschaft von Extremisten, die nur das
Ziel haben, Hass und Zwietracht zu stiften,
auseinandergerissen wird.“
:Alexander Schneider
MULTI-KULTI
Von den Anfängen der „Zuwanderungswellen“ an der Ruhr – Ein Exkurs
Ein Gebiet mit vielen Kulturen
Ob der türkische Gemüseladen an der
Ecke oder das polnische Bier im handelsüblichen Supermarkt, egal aus welchen Kulturkreisen auch immer die beispielhaften Genussmittel stammen, so
verschönern sie uns den Alltag im Ruhrgebiet. Doch wie kam es zur Multi-KultiGesellschaft in der Ruhr-Metropole?
Grund für die „Migrationswellen“ war unter
anderem die Kohle: Der Steinkohlebergbau
weist hier eine lange Tradition auf. 1296
wurde dieser erstmals in einer Urkunde erwähnt. Die erste Zeche befand sich in Dortmund. Dabei wurde die Kohle anfänglich
von Kleinbauern abgebaut, die sich noch
etwas dazuverdienen wollten. Als dann die
Dampfmaschine im 18. Jahrhundert erfunden wurde, breitete sich der Kohleabbau in
den Norden aus. Zudem wurde dann Kohle
zu Koks verarbeitet, mit dem man die Eisenund Stahlgewinnung optimieren konnte. Zu
Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zu erheblichen Zuwanderungen, sodass innerhalb
von gut 150 Jahren die EinwohnerInnenzahl
um das Zwanzigfache zunahm. Arbeiter aus
ganz Westfalen zogen ins Ruhrgebiet, aber
auch Holländer und die sogenannten Ruhrpolen (siehe :bsz 1020). Trotz der Folgen
des Ersten Weltkrieges sowie der Weltwirt-
schaftskrise von 1929 kam es in dieser Zeit
zu Produktionshöchstständen.
In den 1960er Jahren folgte eine weitere
„Zuwanderungswelle“, nur dieses Mal aus dem
Mittelmeerraum. Die Zukunftsperspektiven
der Arbeit im Bergbau waren unsicher und es
fehlte an Arbeitskräften. Doch Menschen aus
dem ehemaligen Jugoslawien, Italien, Griechenland und vor allem der Türkei nahmen
die Arbeit an. Die zweite Generation der EinwanderInnen hat es heute schon deutlich einfacher: Adem beispielsweise studiert Physik,
sein Vater kam aus der Nähe von Ankara 1979
nach Dortmund, um im Bergbau zu arbeiten,
er verliebte sich in Erika und sie bekamen acht
Jahre später Adem.
Integration und Segregation
Die Toten Hosen sangen einst: „Der Sascha,
der ist arbeitslos, was macht er ohne Arbeit
bloß? (…) Er isst so gern Cevapcici, Kroaten
mochte er noch nie.“ Obwohl zwei Kulturen
das gleiche mögen, wird die Person mit Migrationshintergrund beleidigt und angepöbelt.
Wie zum Beispiel vor kurzem im Rewirpowerstadion: Ein griechischer VfL-Fan wurde
von einem rassistischen Fan als „Kanacke“
beschimpft. Rassistische Fan-Äußerungen
gegenüber ausländischen VfL-Bochum-Fans
sind wohl Ausdruck großer Borniertheit; es
Tür an Tür: Zahlen im Ruhrgebiet.
ist ja nicht so, dass beide den gleichen Spielern – wie etwa Stefano Celozzi, Mimoun
Azaouagh oder Faton Toski – zujubeln.
In den 1990er Jahren kam es zu verstärkter Zuwanderung aus dem Balkan:
Kriegsflüchtlinge suchen zum Teil bis heute
Schutz in Deutschland. So etwa beantragte
etwa 1996 eine Familie aus Albanien Asyl in
Dortmund. Sie hatte quasi nichts. Zu zehnt
schliefen sie in einem 16 Quadratmeter
Grafik: kac
großen Zimmer. Heute leben die Eltern in
einer schönen Wohnung, ihre Kinder haben
eine Ausbildung absolviert und fühlen sich
zu Hause. Und bei jedem Deutschland-Spiel
freuen sie sich, wenn ihr (neues) Heimatland
gewinnt.
:Katharina Cygan
4
GLOBAL:ISMUS
14. JANUAR 2015
2014
:bsz 1027
:bsz 1027
Von Euch, für Euch: Das Stück „gefangen“ von der Theatergruppe „Bühnendynamik“
Aus der Sicht einer Augenzeugin: Anschlag auf Charlie Hebdo
Schein oder Wirklichkeit?
„Auf einmal kamen Spezialkräfte der Polizei“
Die Anschläge auf Charlie Hebdo waren ein
Angriff auf Frankreich, die westliche Welt
und vor allem die Werte, für die sie unter
anderem steht: Presse- und Meinungsfreiheit. Eine junge Pariserin erlebte ungewollt die Ereignisse aus nächster Nähe
und hatte Glück im Unglück: Sie kam
noch mit dem Schrecken davon.
wie Frankreich zu leben, und deshalb kann
sie solchen Forderungen wenig abgewinnen; gleichzeitig ist sie froh, dass erst in
zwei Jahren wieder gewählt wird. „Natürlich
profitiert der Front National von solchen Anschlägen und leider schafft dieser es auch,
eine undifferenzierte Meinung in der breiten
Bevölkerungsschicht zu festigen.“ Der französische Präsident François Hollande hatte
davor gewarnt, Islamisten und Muslime
gleichzusetzen – nichtsdestoweniger hat Denise Angst davor, dass das Land wieder nach
rechts abdriftet.
Auf dass sie nicht umsonst gestorben sind: Der Künstler mr.R & papa.giBs
verewigte die Opfer an einer Mauer in Poitiers. Quelle: ID-Number-THX-1139 (CC BY 2)
findet, der sie immer noch beschäftigt: „Es ist
einfach schrecklich, was dort passiert ist!“
Solidarische Kundgebung am selben Tag
Zwar habe sie das Satire-Magazin nicht wirklich gelesen, gleichwohl entspreche es schon
eher ihrer politischen Richtung. Am Abend
des Attentats fand an der Place de la République
eine große Kundgebung statt, die weniger mit
französischen Fahnen und Patriotismus, sondern mit echter Anteilnahme aus allen Bevölkerungsschichten eine klare Message demons-
5
STUDIOBÜHNE
TERRORISMUS
Denise wollte eigentlich nur etwas einkaufen
gehen in der „Rue de Meaux“ – einem Ort, an
dem sich der Fluchtwagen der Attentäter von
Paris befand. „Ich sah das Auto und auf einmal
kamen Spezialkräfte der Polizei, gefolgt von
Bombenentschärfungsteams. Natürlich wusste ich noch nicht, dass es sich um ein Attentat
handelte. Deswegen bin ich sofort nach Hause
gegangen und dann kamen schon die Eilmeldungen im Internet und im Fernsehen.“
Die gebürtige Bochumerin zog 2007 nach
Paris, nachdem sie in Mainz und später in Dijon studiert hatte und jetzt für einen OnlineVersandhandel arbeitet. „Als ich dann den
Fernseher anmachte, war ich fast den Tränen
nahe, ich hatte wohl einfach Glück gehabt“, erzählt sie. Zusammen mit ihrem Freund ist sie
erst kürzlich in eine neue Wohnung gezogen,
die sich in unmittelbarer Nähe des Tatortes be-
KULTUR:SCHOCK
14. JANUAR 2015
trierte: Das Attentat trifft nicht nur westliche
Werte, Demokratie und Pressefreiheit, sondern
auch alle friedlichen MuslimInnen im Land, die
mit den Folgen in Zukunft leben müssen. Das
weiß auch der rechtsextreme „Front National“,
der noch am selben Tag in gewohnt populistischer Form die Wiedereinführung der Todesstrafe forderte und gegen MuslimInnen hetzte.
Front National profitiert – leider!
Demonstration an der
Place de la République am Sonntag
Um das zu verhindern, beteiligte sie sich wie
rund eine Millionen andere Demonstrant–
Innen – unter ihnen auch Bundeskanzlerin
Merkel – am Sonntag an dem Gedenkmarsch
für die Opfer der Anschlagsserie und hofft,
dass alles friedlich bleibt. Denn in Frankreich leben über fünf Millionen Menschen
mit muslimischem Glauben. Hoffentlich
kommt das auch in der breiten Bevölkerung
an und nicht nur bei Denise selbst.
Für Denise ist es selbstverständlich, in einem multikulturellen und weltoffenen Land
:Tim Schwermer
Nachdem die erste Uni-Woche des neuen
Jahres rum ist, kommt die Zeit für etwas
Kultur: Im Musischen Zentrum der RUB
wird in den kommenden Tagen das Stück
„gefangen“ aufgeführt. Die :bsz hat bei
der studentischen Theatergruppe „Bühnendynamik“ nachgefragt, worauf Ihr
Euch freuen dürft.
Ein Haus am Meer und eine Anstalt im Nirgendwo: Der Psychiater Christian Klingmann,
gespielt vom Informatik-Studenten René
Lehmann, hilft dem verheirateten Rafael
Lindner (Sebastian Bös, Student der Szenischen Forschung) bei einer nächtlichen Autopanne. Durch Zufall übernachtet der Psychiater bei Rafael. Am nächsten Morgen trifft
Rafaels Ehefrau, Sophie, die in ihrer Jugend
unter einer Diktatur wohl missbraucht wurde,
auf Christian im Wohnzimmer, in dem sie den
Doktor erkennt, der sie grausam untersuchte
und vergewaltigte. Deswegen fesselt ihn Sophie, gespielt von Camilla Szymanski, RUB
Studentin der Geschichtswissenschaft, und
nimmt ihn gefangen, um ihm ein Geständnis zu entlocken. „Während des Stücks muss
sie sich immer wieder an den Missbrauch
erinnern, da sie entweder mit ihrer Psychiaterin (gespielt von Theaterwissenschafts-
Verbrecher der Diktatur davonkamen
oder nicht. Selbstjustiz als Ansatz
wird vorgestellt und
kritisch hinterfragt.
Andererseits gehe
es um die Frage, wie
weit man Menschen
glauben könne. „Sophie Lindner erzählt
einer Psychiaterin
ihre Geschichte aus
ihrer Sicht. Es wird
die Frage gestellt,
inwieweit man ihr
vertrauen
kann.
Aufgerissene Augen: Ist Sophie in Gefahr oder ist sie verrückt?
Foto: mar
Lügt sie oder nicht?
Etwas stimmt nicht
Studentin Caroline Königs) spricht oder auch
an ihrer Geschichte, aber wer sagt wirklich die
ihr Ehemann endlich ganz genau wissen will,
Wahrheit?“, so Caroline über ihre Rolle. Mediwas passiert ist“, erklärt Camilla die Rolle der
enwissenschafts-Studentin Britta Reichhardt
Sophie Lindner.
spielt eine Assistentin des Direktors einer
psychiatrischen Klinik. „Unklar ist allerdings,
Was wird hier gespielt?
ob ich wirklich nur seine Assistentin bin, oder
Das Stück habe zwei thematische Ebenen:
ob ich mich nicht auch in einem Bereich beEinmal gehe es um die Diktatur und ihre
wege, in dem ich eigentlich aufgrund meiner
Verarbeitung durch die Opfer, die Frage, inPosition überhaupt nichts zu suchen habe“,
wieweit die Justiz geholfen habe und ob die
spannt Britta den Spannungsbogen.
Paranoia, Wahrheit, Schmerz
Die Idee kam dem Informatik-Studenten und
Regisseur dieses Stücks Robert Külpmann, als
er den Stummfilm „Das Kabinett des Dr. Caligari“ gesehen hat. Gleichzeitig habe er Stücke
von Sarah Kane und „Das Mädchen“ von Ariel
Dorfman gelesen und wollte das klassische
„Sprech- und Stehtheater“ mit der Ästhetik
eines alten Filmes verbinden, sie aber auch
immer wieder brechen. „Deshalb habe ich
verschiedene Stücke zu einem zusammengesetzt, welches sich um Wirklichkeit und
Wahn, die Glaubwürdigkeit eines Menschen
und Gewalt, wie sie heutzutage leider noch
anzutreffen ist, dreht“, so Robert über sein
Werk. Findet raus, ob Sophie verrückt ist oder
das Opfer schrecklicher Gewalt.
:Katharina Cygan
TERMINTIPP
Am 17. und 18. Januar um 19.30 Uhr
auf der Studiobühne im Musischen
Zentrum. Eintritt 4 Euro (ermäßigt
2 Euro). Reservierungen sind unter
folgender E-Mail-Adresse möglich:
[email protected]
PSYCHOLOGIE
Hirnaktivität im Schlaf: Partieller Shutdown statt komplettem Standby
Rückzug der Sinne
Ein Drittel unserer Lebenszeit verbringen
wir mit Schlafen. Egal, ob komatös tiefer
Schlummer oder unruhige Stunden – jedes Mal begleiten uns Träume durch das
Reich der Nacht. Dabei sind sie weit mehr
als Zufallsbilder oder Spinnereien des Unterbewussten. Manche Menschen können
sie sogar willentlich steuern und so für sich
nutzen.
Die alten Griechen bezeichneten den Schlaf als
den kleinen Bruder des Todes; sie glaubten, die
Götter Hypnos und Thanatos seien Geschwister.
Tatsächlich hielt sich die Vorstellung, dass unser
Gehirn nachts in eine Art Standby-Zustand verfalle, bis ins 20. Jahrhundert. Doch das frisch
entwickelte Elektroenzephalogramm (EEG)
zeigte vor knapp hundert Jahren, dass unsere
Nervenzellen auch während wir schlummern
mehr als aktiv sind. Zwar feuern sie in anderer
Zusammensetzung als im Wachzustand, doch
ihre nächtliche Arbeit ist gleichermaßen lebensnotwendig und faszinierend – bringt sie schließlich auch das Phänomen der Träume zustande.
Wenn der Organisator schlafen geht
Diese fiktiven Erfahrungen entstehen durch
die einzigartige Konstellation aktiver und abgeschalteter Hirnregionen. Obwohl nicht das
gesamte System herunterfährt, verabschieden
ment), wie lange vermutet wurde. In allen vier
Schlafstadien
bereisen
wir phantastische Welten
oder erleben bestimmte
Situationen des Alltags
wieder. Lediglich der Charakter des Erträumten
unterscheidet sich je nach
Schlafphase und damit
auch -tiefe. Dennoch ist
der REM-Schlaf etwas
Besonderes – nicht nur,
weil sich die Augen hinHeimliches Feuerwerk der Neuronen: Während wir seeter geschlossenen Lidern
lenruhig schlummern, arbeitet das Gehirn unermüdlich
weiter und sorgt so mitunter für abgefahrene Traumerleb- rapide hin- und herbewegen, während der Körper
nisse. Quelle: Wikimedia Commons, Lipedia (CC BY 3.0).
gleichzeitig gelähmt ist,
sich dennoch einige Areale, die tagsüber für
sondern auch wegen der ausgesprochen intenbewusste Wahrnehmung und besonnenes Versiven und verzwickten Träume. Da die REMhalten essenziell sind. Dazu gehört etwa der
Phasen zum Morgen hin länger werden, sind es
präfrontale Kortex im Stirnlappen, eine Art
zumeist genau diese skurrilen Erlebnisse, an die
Organisator unseres Denkorgans. Ist er inakwir uns nach dem Aufwachen erinnern.
tiv, können wir unsere Wahrnehmungsinhalte
Die Kunst des Klartraums
nicht mehr mit der Realität abgleichen. Unmögliches erscheint uns wirklich, Unlogisches
Manchen gelingt das beinahe jeden Tag, andeplausibel und wir zeigen ungewöhnlich sprungren erscheint ihr Schlaf als ein Zustand absoluhaftes Handeln – wir träumen.
ter Bewusstlosigkeit, wenige wiederum können
Dies passiert übrigens nicht nur in der
das Erlebte sogar steuern. In luziden Träumen
sogenannten REM-Phase (von rapid eye movenehmen friedlich Schlummernde nicht nur
alles viel klarer und lebendiger wahr; sie sind
sich auch darüber bewusst, dass sie träumen.
Intuitiv beeinflussen sie das Geschehen und
nutzen die fiktive Bühne dazu, Dinge zu tun,
die sie schon immer ausprobieren wollten – zum
Beispiel das Fliegen, wie berichtet wird. Klar
träumende SportlerInnen können auf diese
Weise sogar Bewegungsabläufe trainieren und
ProbandInnen im Schlaflabor aus ihrem luziden
Zustand heraus mittels Atmung oder Augenbewegungen kommunizieren – dank des dorsolateralen Präfrontalkortex.
Der ist eigentlich nur tagsüber aktiv und
nachts heruntergefahren. Im Klartraum jedoch
erwacht er, sodass Schlafende plötzlich kritisch
denken, ihre Aufmerksamkeit lenken und
ihren inneren Zustand analysieren können.
Während manche das schon seit Kindheitstagen praktizieren, eignen sich zunehmend mehr
Menschen diese Fähigkeit gezielt an – denn luzid träumen ist tatsächlich erlernbar.
Mit etwas weniger Aufwand könnt Ihr
auch das Erinnern von Träumen trainieren. Jeden Morgen ein paar Fragmente in ein Traumtagebuch zu notieren genügt – und Woche für
Woche werden die nächtlichen Szenen immer
besser und klarer in Eurem Gedächtnis haften
bleiben.
:Melinda Baranyai
MUSIK & UNTERHALTUNG
SERIE
Liedermacher: Widmann & Co. mit neuen Alben
im Bahnhof Langendreer
Marco Polo am Hof des Kublai Khan
Götz mit Gitarren und Geige
Mit seinem vielseitigen Auftritt überraschte Götz Widmann am 8. Januar das
Publikum im Bahnhof Langendreer, aber
auch seine musikalische Begleitung
sorgte für gute Laune und einige Lacher.
Am vergangenen Donnerstag war Götz
Widmann wie jedes Jahr zu Gast im Bahnhof Langendreer, diesmal mit seinem neuen Album „Krieg & Frieden“ und den Klassikern, die bei dem breiten Publikum beste
Atmosphäre garantierten. Bevor es jedoch
mit dem Urgestein der LiedermacherInnenszene losging, sorgte der Newcomer
Falk für einen humorvollen Einstieg in den
Abend. Mit „Kinderlied“ gab er einen Vorgeschmack auf den 18. März, an dem er wieder in den Bahnhof kommen wird. Pointenlastig und mit einem ‚gesunden‘ Sarkasmus
besingt er die verhätschelten und belogenen Kinder: „Hast du vielleicht schon ne
Kernkompetenz und jetzt komm mir nicht
mit Basteln, du kaputte Existenz.“ Im Anschluss startete Widmann sein Programm
mit einem seiner bekanntesten Lieder. „Die
Zaubersteuer“, ein Stück über die positiven
Effekte der Legalisierung von Marihuana,
sorgte sofort für beste Stimmung, war aber
nicht der Auftakt für eine statische Playlist
des Abends. Er war sich nicht zu schade,
auch auf die enthusiastisch hineingerufen
Liederwünsche des Publikums einzugehen:
„Wir wollen Jesus und Stoiber!“
Vietnam und Rente
Neben dem Altbekannten wurde auch
ein Teil von „Krieg & Frieden“ gut in den
Abend integriert – beides war für Widmann, dank der Unterstützung von Billy Rückwärts, ungewohnt vielseitig. Die
Begleitband sorgte mit Geigen, zusätzlichen Gitarren und Klavierelementen für
diese gelungene Abwechslung. Auch die
neuen Lieder wie „Politik“ brachten das
Publikum zum Schmunzeln und Lachen:
„Wofür gibt es Parlamente, für meine
Rente! Schluss jetzt mit der Musik, ich
muss jetzt in die Politik!“ Ernster und ironisch-kritisch besingt der Liedermacher
in „Vietnam“ den damaligen Krieg der
Amerikaner gegen den Vietcong: „Die unschlagbaren USA. Hipp hipp hooraaaay!
[…] Mein Lieblingskrieg ist Vietnam!“
:Alexander Schneider
Game of Thrones süßsauer?
Die neue Netflix-Serie „Marco Polo“ begibt
sich auf die Spuren des gleichnamigen venezianischen Händlersohnes, der im 13.
Jahrhundert Asien und insbesondere die
Mongolei bereiste. Einen Großteil seiner
Zeit soll der ambitionierte Entdecker am
Hofe des Mongolenherrschers Kublai Khan
verbracht haben. Ob dies stimmt, darüber
streiten sich HistorikerInnen noch immer.
Egal, denn bei Netflix will man schließlich
keine schnöden Dokumentationen drehen,
sondern die ZuschauerInnen nun auch mit
einer gehörigen Portion Sex, Gewalt und Intrigen unterhalten – ganz so, wie es „Game
of Thrones“ (HBO) und „Vikings“ (HistoryChannel) bereits seit Jahren tun.
Dies gelingt dem kalifornischen StreamingDienst jedoch nicht. Bereits nach einigen Episoden fragt man sich, wohin Polos (Lorenzo
Richelmy) Reise eigentlich führt – schließlich
kehrt das historische Vorbild wohlbehalten
nach Italien zurück. Die recht interessanten Dialoge zwischen Polo und Kublai Khan (Benedict
Wong), in denen es hauptsächlich um kulturelle
und gesellschaftliche Fragen geht, sind ein kurzer Lichtblick, der jedoch von den zahlreichen
Intrigen, nackten Körpern und politischen Di-
alogen überschattet wird, die sich schwerfällig
aneinanderreihen.
Bei so viel Kladderadatsch bleibt nur wenig
Platz für historische Bezüge und Fakten. Polos
Reisebericht „Il Milione“ lässt sich nur vermuten – ab und wann kritzelt der Protagonist etwas in ein ledernes Buch. Dann springen wieder
nackte Kung-Fu-Konkubinen durchs Bild. Recht
schnell wird deutlich, dass es bei „Marco Polo“
weniger um historische Akkuratesse geht, sondern mehr um opulente Szenen, die den mehr
oder weniger historischen Stoff massentauglich machen sollen. Insgesamt 90 Millionen
US-Dollar haben Netflix und Weinstein für den
imposanten Pomp (zehn Folgen) ausgegeben,
der nebst der bildgewaltigen Inszenierung leider
nur mit einer konventionellen Geschichte lockt.
Obwohl „Marco Polo“ recht unterhaltsam
ist, mangelt es der Serie an Tiefe. Gerade die
namensgebende Hauptfigur schwächelt und
scheint mehr assoziative Beigabe als tatsächlicher Dreh- und Angelpunkt des Formats zu
sein. Wer auf tolle Kulissen, schöne Panoramen
und fernöstlichen Tamtam steht, der sollte sich
„Marco Polo“ ansehen. Aktuell ist dies jedoch
nur bei Netflix zum Preis von 7,99 Euro pro Monat möglich – eine zweite Staffel wird es auch
geben.
:Christian Kriegel
6
BLICK:WINKEL
14. JANUAR 2015
:bsz 1027
:bsz 1027
14. JANUAR 2015
DISKUSSION
zeit:punkte
Fachschaftsrat Slavistik/Russische Kultur diskutiert über „Rote-Punkt-Aktion“
VRR-Debatte im FSR
Seit Monaten beschäftigen sich Fachschaftsräte (FSR) mit
der
Preiserhöhung
des VRR-Tickets. In
der
FachschaftsvertreterInnenkonferenz (FSVK) der Ruhr-Uni werden diverse Ideen gesammelt. Der FSR Slavistik/
Russische Kultur (RuKu) startete in einer Sitzung die Debatte über die einst
erfolgreiche „Rote-Punkt-Aktion“. Das
Pro und Contra wurde ausgiebig diskutiert.
Bei der „Rote-Punkt-Aktion“ zwischen
1968 und 1971 zogen Gewerkschaften
und Studierende seinerzeit an einem
Strang: Sie blockierten angesichts geplanter ÖPNV-Preiserhöhungen Busse sowie
Bahnen und organisierten Fahrgemeinschaften, damit möglichst alle Betroffenen pünktlich zur ihren Verpflichtungen
kamen. Ein roter Punkt, der als Aufkleber
auf die Windschutzscheiben von Privat-
fahrzeugen geklebt wurde, war das Symbol für den alternativen Verkehr. Mit Plakaten und Bannern wurde für die Proteste
geworben.
Heute sind solche Protestaktionen
nicht mehr so beliebt: Die Studierenden
sind vorsichtig geworden. Immer wieder
wurde während der FSR-Sitzung von einer
Studentin in den Raum geworfen, dass
man den VRR-Verkehr lahmlegen müsse.
Doch die Reaktionen waren gespalten: Die
Befürchtung lautete, dass man den VRR so
noch mehr verärgere und dieser schließlich gar nicht mehr verhandeln wollen
würde – was derzeit ohnehin der Fall ist.
Ja oder Nein
zur „Rote-Punkt-Aktion“?
Die Teilnehmenden würden, ähnlich dem
historischen Vorbild, wieder Fahrgemeinschaften am Hauptbahnhof bilden und
mit roten Punkten bestückt Reisende an
den Ticketautomaten abfangen. Dem VRR
würde somit einiges an Einnahmen entge-
hen und dieser somit unter Druck gesetzt.
Das Problem dabei ist jedoch, dass der
VRR somit erst recht eine Legitimation
für seine Preiserhöhung finden könnte,
wenn wir Studierenden die Dienste des Tickets maximal nutzen, indem wir von der
Option zur Personenmitnahme auf diese Weise Gebrauch machen würden. Die
Befürchtung war, dass diese vom VRR in
Folge dessen auch noch gestrichen würde.
Doch de facto hat der Verkehrsverbund
die Aufrechterhaltung dieser Option erst
kürzlich durch öffentliche Bekenntnisse
bekräftigt, sodass er in diesem Punkt wohl
kaum zurückrudern würde.
Auch sieht der FSR Slavistik/RuKu
das Problem, dass – sollte der rote Punkt
wieder als Aktion eingeführt werden – falsche Assoziationen erzeugt würden. Denn
jetzt sind nur wir Studierenden betroffen
– vor knapp 40 Jahren waren es sämtliche
ÖPNV-NutzerInnen. Andererseits war es
schon immer die gegebene Leistung des
VRR-Tickets, Personen mitnehmen zu
dürfen, und diesen Dienst hat sich kein
Studi ausgedacht.
Zum Jahreswechsel wurden zudem
die Preise fürs Schwarzfahren bundesweit
von 40 auf 60 Euro erhöht. Jetzt könnten
wir Studierenden einen weiteren Grund
vorweisen, Personen auf unserem Ticket
mitzunehmen – insbesondere Betroffene,
die nicht genug Einkommen haben. Solidarität wäre Programm!
Obwohl sich der FSR Slavistik / RuKu
ausgiebig Gedanken gemacht hat, ging die
Idee in der FSVK leider vollkommen unter. Zurzeit kümmert sich der Arbeitskreis
VRR, der aus der FSVK heraus von Fachschaftsräten ins Leben gerufen wurde, um
Protestaktionen gegen die Preiserhöhung.
Unterstützung von Freiwilligen wird dort
gern gesehen.
:Katharina Cygan
Literaturkritik live und in Farbe
„Diese eine Lesebühne“ feiert eine Premiere:
Die erste Veranstaltung diesen Jahres findet
erstmalig in Wattenscheid statt. Der ehemalige :bsz-Redakteur Christoph Koitka lädt
diesmal drei im Poetry Slam verwurzelte AutorInnen ein. Freut Euch auf kreative Texte
und jede Menge Eloquenz!
• Donnerstag, 15. Januar, 19 Uhr. Buchhandlung van Kempen, Saarlandstraße 7,
Bochum-Wattenscheid. Eintritt frei.
Style Wars
Das Projekt „endstation.goldkante“ lädt wieder zum pop- und filmkulturellen Austausch
ein. Die preisgekrönte Hiphop-Doku „Style
Wars“ portraitiert die harten wie inspirierenden Konflikte zwischen der Straßenszene
und den Behörden im New York der 80er.
Danach legt der hauseigene DJ Ansgar auf.
• Donnerstag, 15. Januar, 20 Uhr. Goldkante, Alte Hattinger Str. 22, Bochum. Eintritt
frei.
Da steppt der Bär!
Mit einem bunten Mix aus R’n’B, HipHop,
aktuellen Charts und Evergreens will Euch
Es gibt keine Islamisierung Europas
In Deutschland leben etwa vier Millionen
MuslimInnen – wenn man die mehr als
500.000 AlevitInnen dazu zählt. Das entspricht fünf Prozent der Bevölkerung. Aber
wie viele werden es in den nächsten Jahrzehnten sein? 2011 erfolgte durch das in
Washington D.C. ansässige Pew Research
Center die bis dato größte und umfangreichste Studie zur weltweiten Entwicklung
der muslimischen Bevölkerung (zu finden
unter tinyurl.com/nz6tdal). Ein Ergebnis:
Im Jahr 2030 werden hierzulande rund
fünfeinhalb Millionen MuslimInnen leben,
die dann sieben Prozent der Bevölkerung
stellen. Die höchsten muslimischen Bevölkerungsanteile in der EU werden mit
Geburtenraten und Einwanderung
Dass die muslimische Bevölkerung in Europa nicht stärker zunehmen wird, liegt an ihrer drastisch gesunkenen Geburtenrate – die
weiterhin abnimmt. Beispielsweise hatten
dern der ersten hierhin Eingewanderten,
liegt die Zahl sogar nur noch knapp über
dem Wert von 1,3 Kindern – der Geburtenrate der nicht-muslimischen Bevölkerung.
Übrigens betrifft diese Abnahme der Kinderzahl auch die meisten islamischen Länder selbst. In der Türkei haben die Frauen
lediglich noch 2,0 Kinder. Die Hauptursache
für die sinkenden Geburtenraten ist weltweit die urbanisierte Lebensweise.
Grafik:ck; Quelle: MDII-graphics-webready-83
türkische EinwandererInnen in Deutschland 1970 noch 4,4 Kinder pro Frau. Heute
liegt ihre Geburtenrate bei 2,2 Kindern. Und
bei Angehörigen der 2. Generation, den Kin-
Was die Einwanderung von MuslimInnen angeht: Deutschland ist inzwischen
zwar das zweitwichtigste Einwanderungsland nach den USA, doch sind die hierhin
18. Januar
DIËS UND DAS
Anti-Heimat-Roman
Bildungsrevolution?
Im
Ruhrgebiet? Und dann
auch noch sieben Jahrzehnte? Willi Bredemeiers
sogenannter „Anti-Heimat-Roman“ hört sich, findet Benni,
spannend an. Da ist nicht nur der Lokalbezug , etwa auf die Ruhr-Uni, sondern
anhand einer Familiensaga auch die
Schilderung des Wandels im Ruhrgebiet: Die vielen Industriestätten weichen
einer Hochschullandschaft, doch zufriedenstellend ist diese Umstrukturierung
nicht. „Sieben Jahrzehnte Bildungsrevolution im Revier – und was noch?
Warum das Ruhrgebiet hinter seinen
Chancen auf Erneuerung zurückgeblieben ist.“ Vor diesem Hintergrund veranstaltet die Universitätsbibliothek die
Lesung „Von Kohle, Stahl und weiteren
Monokulturen zu Wissensfabriken und
HighTech-Gründungen im Ruhrgebiet“,
wo Bredemeiers Buch mit anschließender Diskussion über Bildungsperspektiven und Versäumnissen in der Region
präsentiert wird: „Bildungsreisen durch
ein unbekanntes Land 1943 – 2014“.
• Donnerstag, 22. Januar, 18 Uhr, Universitätsbibliothek, Etage 1, Raum 09, Eintritt frei.
• Freitag, 16. Januar, 22 Uhr. KulturCafé,
RUB. Eintritt frei.
Sinnliche Klangbilder
Sonntagabend erklingt etwas andere Musik
in der Christuskirche: Statt gewichtigen Orgelwerken verzückt der 23-jährige Pianist
und Komponist Carlos Cipa mit traumartigen Klanglandschaften. Sein vielseitiger
musikalischer Hintergrund – der sich von
Jazz über Klassik bis hin zu Hardcore ersteckt – spiegelt sich in seinen einzigartigen, verspielten Stücken wider.
• Sonntag, 18. Januar, 19 Uhr. Christuskirche, An der Christuskirche 1, Bochum. Eintritt 10 Euro.
Auf den Slam … fertig … los!
Der vom AStA veranstaltete Campus-Slam
geht in die achte Runde: Wer sich auf die
Bühne traut, kann sich bis zum 18. Januar unter [email protected] per Mail
anmelden und bald hoffentlich neben
­Sebastian23 slammen.
• Dienstag, 20. Januar, 19 Uhr. KulturCafé,
RUB. VVK 2 Euro, AK 3 Euro.
Der Schneemann (und die Schneefrau,
die in Zeiten der Gleichberechtigung
der Geschlechter nicht fehlen darf) hat
es nicht leicht in diesen Tagen: Die globale Erderwärmung sorgt dafür, dass
die Spezies der aus Schnee gebauten
Wesen hierzulande immer seltener wird
– womöglich wird Olaf aus dem DisneyFilm „Die Eiskönigin“ bald der einzige
Schneemann sein, mit dem zukünftige
Generationen es zu tun haben werden!
Wie gut, dass es Cornelius Grätz gibt:
Der Schneemenschenrechts-Aktivist erinnert seit 2010 jährlich am 18. Januar
daran, dass der Schneemann oder die
Schneefrau als Symbol auch in heißen
und trockenen Regionen bekannt ist.
Grätz zufolge ist der Schneemann an
und für sich eine sympathische Figur,
die für Spaß und Kreativität steht. Deshalb ruft der Organisator des Welttags
des Schneemanns dazu auf, die Figur
als Symbol für soziale Projekte aller Art
zu verwenden. Nur der echte Schneemann wird am diesjährigen Welttag
zumindest hier in Bochum vermutlich
wieder fehlen: Die aktuelle Wettervorhersage kündigt für den 18. Januar
Temperaturen um die 4°C an – bei geringer Niederschlagswahrscheinlichkeit.
:bk
Dabei sein unter facebook.com/akafoe oder twitter.com/Akafoe
Einwandernden größtenteils EU-BürgerInnen und Nicht-MuslimInnen. Zudem kommen deutlich mehr Männer als Frauen nach
Deutschland (und in andere europäische
Länder), was zu niedrigeren Kinderzahlen
seitens der Eingewanderten führt. Eine Islamisierung – die Vorherrschaft des Islam!
– findet also weder durch die Geburtenrate
der muslimischen Bevölkerung statt, noch
durch die Einwanderung. Wohl aber nimmt
die Zahl der hiesigen MuslimInnen moderat
zu – und damit die Bedeutung des Islam als
heimische Religion.
Montag
Aktionen
4 € bis 5,20 €
(Stud.)
5 € bis 6,20 €
(Gäste)
Komponentenessen
1, 80 € bis 2,00 €
(Stud.)
2,80 € bis 3,00 €
(Gäste)
Sprinter
2,20 € (Stud.),
3,30 € (Gäste)
Fakten statt Mythen
Kein europäisches Land wird in die Nähe einer islamischen Mehrheit kommen.
7
DJ BeroX aufs KuCaf-Parkett locken.
Speiseplan Mensa der Ruhr-Uni-Bochum
vom 19. Januar bis 23. Januar 2015
Die MuslimInnen werden eine Minderheit bleiben
etwa zehn Prozent Belgien, Frankreich und
Schweden haben. Andere Studien aus den
Jahren 2010 und 2011 kamen zu ähnlichen
Ergebnissen.
X
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KOMMENTAR
Momentan demon­
strieren in Deutschland
wöchentlich
tausende Menschen
„gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Dem islamkritischen bis islamfeindlichen Spektrum
der westlichen Welt gilt eine befürchtete
Islamisierung – durch die höhere Geburtenrate der muslimischen Bevölkerung
sowie durch Einwanderung – als große
Bedrohung. Doch werden die MuslimInnen de facto in keinem Land Europas
oder des Westens auch nur annähernd
zur Mehrheit werden.
UND:SONST SO
Als weiterführende Lektüre zur islamischen Demographie in der westlichen Welt,
zur Integration der MuslimInnen (welche
besser ist als oft angenommen) sowie zu
vorhandenen Problemen sei hier das Buch
„Mythos Überfremdung“ von Doug Saunders sehr empfohlen. Insbesondere auch,
da Saunders anschaulich aufzeigt, dass die
heutigen Ängste vor einer Islamisierung im
Westen nichts komplett Neuartiges sind,
sondern vergangenen (und vergessenen)
Befürchtungen angesichts jüdischer und katholischer Zuwanderung ähneln. Befürchtungen, die sich letztlich als unbegründet
erwiesen haben.
:Gastautor Patrick Henkelmann
Beilagen
0,80 bis 0,90 €
Bistro
2,20-4,90 €
(Stud.)
3,30-6,10 €
(Gäste)
Dienstag
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
• Pochierter Wildlachs
mit Gemüsebandnudeln, Kräutersauce
und Salat der Saison
(F)
• Hirschsteak mit
Preiselbeerbirne
und sautierten Austernpilzen, Reis und
Rote-Bete-Salat (S)
• Putensteak natur mit
Zucchini-Tomatengemüse, Aioli-Dip und
Rosmarin-Drillingen
(G)
• Rindfleisch in Balsamico mit Ananasreis,
dazu Beilagensalat
(R)
• Feuerspieß mit Diabolosauce (S)
• Kalbsfleischbällchen
mit Champignonrahmsauce (R)
• Putengeschnetzeltes
„Stroganoff“ (G)
• Rindercevapcici mit
Tsatsiki (R)
• Nudelpfanne „Italienisch“ mit Putenstreifen, dazu ein
Beilagensalat (G)
• Veganer Möhreneintopf, dazu Brötchen
oder Mettwurst (S)
• Kartoffel-Hackfleischpfanne, dazu
Beilagensalat (R,S)
• Gemüse-KartoffelAuflauf, dazu Beilagensalat (V)
• Griechischer Auflauf
mit Tofu, dazu Beilagensalat (V)
• Kräuter-Kartoffeln (V)
• Butterreis (1,V)
• Mandel-Brokkoli (V)
• Mediterranes Gemüse
(V)
• Penne-Nudeln (V)
• Kartoffelecken (V)
• Erbsengemüse (V)
• Kaisergemüse (V)
• Reis (V)
• Spaghetti (V)
• Paprika-Bohnengemüse (V)
• Erbsen u. Karotten (V)
• Tomatenreis (V)
• Bunte Nudeln (V)
• Fitnessgemüse (V)
• Zucchinigemüse (V)
• Petersilien-Kartoffeln
(V)
• Tomatenreis (V)
• Blumenkohl (V)
• Wok-Gemüse (V)
• Feuerfleisch, Kroketten, Salat (S)
• Nürnberger Rostbratwurst, Kartoffelpüree, Sauerkraut (S)
• Polenta-Bratling mit
Diabolosauce (V)
• Wirsing-HackfleischAuflauf mit einem
Salat (R)
• Penne-Verdura-Pfanne mit Salat (V)
• Hähnchensteak,
Schmorzwiebelsauce,
Reis, Mischgemüse
(G,JF)
• Penne Quattro Formaggio (V)
• Sesam-Karotte-Stick
mit Kräuter-Knoblauch-Dip (V)
• Eierpfannkuchen mit
Vanillecreme (V)
• Spätzle-SpitzkohlAuflauf, Salatmix
(JF,V)
• Kartoffel-GemüseAuflauf (V)
• Karotten-Röstling mit
Kräuter-Quark-Dip (V)
• Gemüseauflauf, dazu
Beilagensalat (V)
• Karottenä-Röstling
mit Tomatensauce (V)
• Fischfilet „Bordelaise“, Kräutersauce,
Butterreis, Möhrengemüse (F)
• Schweinegulasch,
Bandnudeln, Balkangemüse (S)
• Gemüsesoufflé (V)
• Tortellini in Salbeibutter (V)
• Rumpsteak, Kräterquark, Backkartoffel,
Krautsalat (JF,R)
• Frühlingsrolle mit
Gemüse, Glasnudelsalat, Salatbeilage
(JF,V)
• Scharfe „American
Pan Pizza“ mit Beilagensalat (S)
• Backfisch mit Remouladensauce (F)
• Polenta-Käsetasche
mit Kräutersauce (V)
• Griechischer Auflauf
mit Pfannengyros,
dazu Beilagensalat (S)
• Paniertes Schweinekotelett, Bratkartoffeln, Lauchgemüse (S)
• Lachsfilet, Senfsauce, kleine runde
geschälte Kartoffeln,
Salat (F,JF)
• Griechischer Auflauf
mit Tofu (V)
Außerdem täglich im Angebot: Nudeltheke, Kartoffeltheke, Tagessuppe, Salat- und Nachspeisenbüffet.
Wir wünschen guten Appetit. Bitte achten Sie auf unser Speiseleitsystem. Hier erhalten Sie aktuelle Änderungen und Preise. Vielen Dank. Erläuterungen: (S) mit Schwein, (R)
mit Rind, (A) mit Alkohol, (V) vegetarisch, (JF) JOB&FIT, (Bio) aus kontrollierten-biologischem Anbau, kontrolliert durch DE-039-Öko-Kontrollstelle, Zertifizierungsstelle Gesellschaft für Ressourcenschutz mbH Göttingen, (G) mit Geflügel, (F) mit Fisch, (L) mit Lamm.
Akademisches Förderungswerk
www.akafoe.de
:impressum
:bsz
Bochumer Stadt- & Studierendenzeitung
Herausgeber: AStA der Ruhr-Universität Bochum – der Vorstand: Martin Wilken,
Sven Heintze u. a.
Redaktion dieser Ausgabe:
Alexander Schneider (alx)
Benjamin Trilling (bent)
Birthe Kolb (bk)
Christian kriegel (ck)
Johannes Opfermann (joop)
Katharina Cygan (kac)
Marek Firlej (mar)
Melinda Baranyai (mb)
Ulrich Schröder (USch)
Tim Schwermer (tims)
V. i. S. d. P.: Christian Kriegel
(Anschrift s. u.)
Anschrift:
:bsz
c/o AStA der Ruhr-Universität Bochum
SH Raum 081
Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Fon: 0234 32-26900
E-Mail: [email protected]
Im Netz: www.bszonline.de,
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Auflage: 3.000
Druck: Druckwerk, Dortmund
Die Artikel spiegeln nicht unbedingt die
Meinung der gesamten Redaktion wider,
sondern sind in erster Linie Werke ihrer
VerfasserInnen.
Bildnachweis: S. 5: Collage Netflix, ck
8
SCHWER:PUNKT
:bsz 1027
ENERGIE
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G LO B
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14. JANUAR 2015
Deutschland importiert Steinkohle aus den USA
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Wenn Bergkuppen enthauptet werden
Die schleppende Energiewende und der
Ausstieg aus der Atomindustrie macht
Deutschland immer mehr abhängig von
einem doch scheinbar aus der Mode gekommenen Brennstoff, der Steinkohle.
Und dieser stammt längst aus Übersee:
Die USA (10,5 Mio Tonnen/Jahr), Russland (10) und Kolumbien (8) füttern die
hungrige deutsche Wirtschaft mit dem
fossilen Brennstoff, der unter sehr zweifelhaften Bedingungen gewonnen wird.
Bis Ende der 1950er Jahre musste sich
Deutschland noch keine Gedanken darüber
machen, aus welchem anderen Land der Welt
man Kohle importieren müsste und wie der
Abbau in diesen Gebieten vonstatten geht.
Der Bergbau fütterte Industrie und Haushalte mit Strom und war Teil des Wirtschaftswunders. Knapp 60 Jahre später hat sich die
Situation komplett gewandelt. Die staatlichen
Subventionen für Steinkohle laufen 2018 aus
und mit ihnen wohl auch die letzten Zechen
dieses Landes. Doch für die Stromerzeugung
wird aktuell Steinkohle mehr denn je benötigt, paradoxerweise wirft uns die Energiewende zurück in alte Zeiten: Durch Überkapazitäten bei der Ökostromproduktion und
den teuren und deshalb wenig rentablen Gaskraftwerken greift die Wirtschaft auf günstig
importierte Steinkohle aus den USA zurück:
mit Folgen für unsere Umwelt, aber auch für
die Menschen in den USA selbst.
Was ist an amerikanischer Steinkohle
so verwerflich?
Fährt man durch die Berglandschaften West
Virginias, vermutet man auf den ersten Blick
nicht, dass hier Steinkohleabbau im großen
Stil betrieben wird, doch diese Region in den
USA ist genau das, was das Ruhrgebiet für
Deutschland war: Das Mekka des amerikanischen Bergbaus. Zwar ist auch hier die Blütezeit vorbei, doch um amerikanische Kohle im
internationalen Vergleich wettbewerbsfähig
zu machen, wird seit den 1970er Jahren das
„Mountaintop Removal-Verfahren“ angewendet, eine Prozedur, die wenige ArbeiterInnen
benötigt und zugleich den maximalen Ertrag
an Kohleabbau garantiert. Durch den massiven
Einsatz von Dynamit werden komplette Bergkuppen des Keyford Mountains weggesprengt
und der Berg wird maschinell von oben ausgehöhlt – ein sehr kostengünstiges, ertragreiches
und zugleich höchst umweltschädigendes Verfahren. Die Berge werden enthauptet. Billigere
Angerichtet durch das „Mountaintop Removal“-Verfahren: Der Kayford Mountain oder
besser, was von ihm übrig geblieben ist nach insgesamt 500 Bergkuppensprengungen.
Foto: Kate Wellington (CC BY 2.0)
Kohle bekommt man nicht.
Beschützer der Berge:
Keeper of the Mountains
Eine kleine Stadt rebelliert und lässt sich von
den Minenbetreibern weder einschüchtern
noch vertreiben: Die BewohnerInnen von
Stanley Heirs, die sich selbst die „Keeper of
the Mountains“ nennen, kämpfen. Elise Keaton unterstreicht die Wichtigkeit der Arbeit
ihrer Organisation: „Die Minenbetreiber haben für das komplette Gebiet die Erlaubnis,
Kohle zu fördern. Wenn sich nichts ändert,
wird das gesamte Gebiet wie eine Mondlandschaft aussehen. Deswegen ist unsere Arbeit
so wichtig!“ Die Appalachen sind eines der
ältesten Gebirge der Welt und werden aufgrund der Artenvielfalt als die „Arche Noah“
Nordamerikas bezeichnet. Durch das „Mountaintop 
Removal“-Verfahren werden nicht
nur Menschen bedroht, die keinen Zugang zu
sauberem Wasser bekommen, sondern auch
die komplette Flora und Fauna ist in Gefahr.
Die großen deutschen Energieunternehmen lassen bisherige Berichte über die
Bedingungen in West Virginia kalt. 500 Bergkuppen sind schon weg. Weitere werden folgen, mit verheerenden Auswirkungen für die
BewohnerInnen. Nicht umsonst herrscht hier
eine der geringsten Lebenserwartungen in
den USA. Zeit, dass sich das ändert.
:Tim Schwermer
MITTELAMERIKA
Umstrittener Nicaragua-Kanal: Intransparent, unsozial und eine Katastrophe für die Umwelt
Oh wie klein ist dagegen Panama
Ende Dezember haben die Arbeiten
für eines der größten Bauprojekte der
Menschheitsgeschichte begonnen: Mit
dem Nicaragua-Kanal, der dem Panamakanal Konkurrenz machen soll, erhofft
sich das zweitärmste Land Amerikas
einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung. Doch ebenso groß (und vielfältig) wie die Visionen sind die Zweifel
und Befürchtungen im Zusammenhang
mit El Gran Canal: Einzigartige Ökosysteme sind der Zerstörung ausgeliefert, die
Landbevölkerung und indigene Völker
haben Angst, enteignet und umgesiedelt
zu werden, der wirtschaftliche Nutzen
wird angezweifelt und am Ende steckt
die chinesische Regierung hinter der
ganzen Sache.
„Nichts Genaues weiß man nicht“, möchte
man sagen. Denn fest steht nur: Mit dem
Bau der Infrastruktur für die Baustelle wurde
begonnen – für die schweren Baumaschinen
geeignete Straßen sind dünn gesät in Nicaragua. Doch ob das Projekt jemals fertiggestellt
wird, bezweifeln viele Experten. Denn wie die
chinesische HKND Group die den Kanal baut
und für hundert Jahre betreiben will, die geschätzte Summe von 50 Milliarden US-Dollar
Wildwechsel unmöglich: Die Konkurrenz zum Panamakanal pflügt sich durch den
Regenwald. Karte: mar; ­Quelle: nature.com
­
auftreiben möchte, ist unklar.
Wang Jing, CEO von HKND, der noch
nie mit Infrastrukturprojekten zu tun hatte,
sagte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters, dass die chinesische
Regierung mit dem Kanal nichts zu tun habe.
Auf jeden Fall wird China von einer TransAmerika-Passage profitieren, die selbst die
größten aller Schiffe passieren können.
Verräterische Geheimniskrämerei
In fünf Jahren ist der Megakanal fertig, sagen HKND und die nicaraguanische Regie-
rung. Machbarkeitsstudien? Fehlanzeige.
Dafür seien die ökologischen und sozialen
Konsequenzen minimal, erklärt HKND und
beruft sich auf Untersuchungen, die sie
selbst durchgeführt hat. Und deren Ergebnisse der Öffentlichkeit nicht vorliegen.
Ganz anderer Meinung sind Axel Meyer
und Jorge Huete-Pérez. Die Biologen haben
bereits im Februar in einem Kommentar
im Magazin Nature auf die verheerenden
Folgen für die Ökosysteme Mittelamerikas
und der Karibik hingewiesen. Es geht, so die
Forscher, um nicht weniger als „einige der
empfindlichsten, kostbarsten und wissenschaftlich bedeutsamen Meeres-, Land- und
Seeökosysteme Zentralamerikas.“ Meyer
erforscht seit 30 Jahren die dortigen Buntbarsche, die eine einzigartige Artenvielfalt
herausgebildet haben – sie sind so etwas wie
die Darwinfinken unter den Fischen. Doch
durch den Kanal wird der Nicaraguasee, das
größte Süßwasserreservoir Mittelamerikas,
zuschlammen oder versalzen – oder beides.
Zudem sollen die Bagger durch ein Naturreservat pflügen und damit den Lebensraum von Tapiren, Jaguaren, Harpyien und
unzähligen anderen Regenwaldbewohnern
zerstören.
Bevölkerung begehrt auf
Wie die Bäume des Dschungels würden auch
Menschen entwurzelt werden: Die geschätzt
90 Kilometer breite Schneise (neben dem Kanal sollen auch eine Bahnstrecke, Straßen, ein
Flughafen, Erholungsgebiete und eine chinesische Sonderwirtschaftszone entstehen) würde
zur Folge haben, dass Angehörige der Rama,
Garifuna und Ulwa ihrer Heimat beraubt werden. Sammelklagen, Petitionen, Straßenproteste und Steinwürfe auf Autos chinesischer
Delegationen blieben bislang folgenlos.
:Marek Firlej