Dringlicher Antrag - Abgeordnetenhaus von Berlin

Drucksache 18/0201
07.03.2017
18. Wahlperiode
Antrag
der Fraktion der CDU
Alleingang des Senats bei der Neuvergabe der Außenwerbung stoppen!
Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:
Der Senat wird aufgefordert, das derzeit laufende Ausschreibungsverfahren bezüglich der
Berliner Werberechte unverzüglich zu stoppen. Mit den aktuellen Vertragspartnern sind Verhandlungen aufzunehmen, deren Zielstellung eine Harmonisierung der Vertragslaufzeiten und
– sofern jeweils erforderlich – eine Verlängerung des jeweiligen Vertrages ist.
Vor einer Neuausschreibung ist die Struktur der Verträge zu ordnen und im Einvernehmen
mit den Berliner Bezirken sowie in Abstimmung mit der BVG ein Konzept zu erarbeiten, das
dem Abgeordnetenhaus zur Beschlussfassung vorzulegen ist.
Bei der Erstellung des Konzeptes sind folgende Punkte zu berücksichtigen:
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Bildung einer Steuerungsgruppe bestehend aus Vertretern des Senats, des Abgeordnetenhauses und der Bezirke, damit die Interessen des Landes und der Bezirke gleichberechtigt in das Konzept einfließen
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Beibehaltung der bewährten Möglichkeit ergänzender Verträge zwischen Bezirken
und Außenwerbeunternehmen, um die Finanzierung zusätzlicher Leistungen wie den
Betrieb von Brunnen oder der Weihnachtsbeleuchtung von Geschäftsstraßen auch zukünftig in öffentlich-privater Partnerschaft zu ermöglichen
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Erschließung zusätzlicher Potenziale insbesondere digitaler Werbeanlagen als „smarte“ Technologie zur Verbesserung von Stadtmanagement und öffentlichen Angeboten
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Drucksache 18/0201
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Erhalt und Ausbau einer flächendeckenden, leistungsfähigen und qualitativ hochwertigen Toiletteninfrastruktur im öffentlichen Raum
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Einbeziehung der Stadtgesellschaft bei der Konzeptentwicklung
Dem Abgeordnetenhaus ist bis zum 30. Juni 2017 zu berichten.
Begründung:
Die seitens der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen übereilt in Angriff genommene Ausschreibung der Werberechte wird dem Stellenwert der Thematik für die Stadt
Berlin in keiner Weise gerecht. Die Vergabe der Werberechte wird mittelbar und auch unmittelbar die Optik und das Gesicht der Stadt für lange Zeit prägen, eine derartig wichtige Entscheidung erfordert eine gründliche Betrachtung und Analyse der Situation und eine breit
aufgestellte Beteiligung aller Betroffenen und auch der Stadtgesellschaft.
Dass gerade diese Beteiligung in der Vergangenheit nicht erfolgt ist, zeigt das Beispiel der
City-Toiletten. Bei der Kündigung des Vertrages mit dem bisherigen Betreiber im Jahr 2013
wurde beispielsweise die nach dem Landesgleichberechtigungsgesetz vorgesehene Beteiligung des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung versäumt. Eine Auftaktwerkstatt
zu einem „Toilettenkonzept für Berlin“ fand erst am 08.02.2017 statt.
Insbesondere das Beispiel der „City-Toiletten“ zeigt, dass es der übereilten Ausschreibung der
Werberechte am erforderlichen Konzept fehlt. Bisher wurden der Betrieb und die Wartung der
sogenannten „City-Toiletten“ im Rahmen eines public-private-partnership unter Gewährung
von Werberechten an den Betreiber finanziert.
Die Auftragsbekanntmachung und Aufforderung zur Interessenbekundung, die seitens der
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Ende Oktober 2016 erfolgte, weist jedoch gerade daraufhin, dass Inhalt des Verfahrens lediglich die ausschließliche Zulassung von
Sondernutzungen öffentlicher Straßen durch die Einrichtung und den Betrieb von Werbeanlagen handele. Leistungen in Form von Errichtung und Betrieb von Brunnenanlagen, Toiletten
oder ähnliches seien vom berechtigten der Sondernutzung nicht zu erbringen.
Sofern die Ausschreibung durchgeführt würde, fehlte es somit im Land Berlin an einem Konzept für den Betrieb der öffentlichen Toiletten. Zum jetzigen Zeitpunkt ist völlig unklar, was
mit den bestehenden Toiletten (auch den „City-Toiletten“) passieren soll. Die „CityToiletten“ befinden sich im Eigentum des derzeitigen Betreibers. Wenn dessen Vertrag im
Jahr 2018 ausläuft, verliert Berlin einen Großteil seiner öffentlichen Toiletten und ein FolgeKonzept für Einrichtung und Betrieb öffentlicher Toiletten existiert derzeit nicht.
Im Jahr 1993 hat die Reinigung der öffentlichen Toiletten durch die BSR den Einsatz von 250
Mitarbeitern erfordert und Steuermittel in Höhe von DM 30 Millionen. Welcher Aufwand und
welche Kosten nach heutigem Stand entstehen würden, ist unklar, ebenso, durch wen Einrichtung und Betrieb der Toiletten erfolgen sollen.
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Drucksache 18/0201
Auch die in der Vergangenheit bewährte Praxis, Verträge zwischen Bezirken und Außenwerbungsunternehmen hinsichtlich Weihnachtsbeleuchtung oder dem Betrieb von Brunnen abzuschließen, soll nach dem Willen des Senats wegfallen. Warum den Bezirken die Möglichkeit
dieser individuellen Förderung und Attraktivitätsverbesserung genommen werden soll, erschließt sich uns nicht.
Bezüglich des Ausschreibungsverfahrens für die Werberechte hat der Senat bewusst die Entscheidung für ein mehrstufiges Ausschreibungsverfahren getroffen, um möglichst viel Spielraum für die politische Ausgestaltung zu haben. In der ersten Stufe sollen die interessierten
Bieter zunächst Interessenbekundungen abgeben und Konzepte einreichen. Auf dieser Grundlage sollen dann Entscheidungen zu einem weiteren Vorgehen getroffen und die Ausschreibungen spezifiziert werden. Insofern ist ein ausreichender Spielraum vorhanden, um regulierend in das Verfahren einzugreifen, es im derzeitigen Stadium anzuhalten und zunächst adäquate Konzepte zu erstellen anstatt sich auf die Konzepte der Bieter zu verlassen.
Die bisherige Praxis, im Rahmen einer public-private-partnership Werberechte einzuräumen
und im Gegenzug Dienstleistungen wie den Betrieb von öffentlichen Toiletten oder Brunnen
zu erhalten, hat sich in der Vergangenheit bewährt, dieses Konzept ist bei einer veränderten
Ausrichtung der Gewährung von Werberechten entsprechend zu berücksichtigen.
Berlin, 07. März 2017
Graf Friederici Evers Schmidt
und die übrigen Mitglieder
der Fraktion der CDU