Dr. Reinhard Gruber Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) Kommentierter Gesetzestext für die Praxis 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 1 06.02.17 15:07 Dr. Reinhard Gruber Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) Kommentierter Gesetzestext für die Praxis Leykam 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 3 06.02.17 15:07 © Leykam Buchverlagsgesellschaft m.b.H. Nfg. & Co. KG, Graz 2017 Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Satz: Gerhard Gauster Umschlaggestaltung: MF Mediendesign Umschlagfoto: www.fotolia.com/Minerva Studio Druck: Steiermärkische Landesdruckerei, 8020 Graz Gesamtherstellung: Leykam Buchverlag ISBN 978-3-7011-0368-3 www.leykamverlag.at 4 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 4 06.02.17 15:07 Vorwort Als Kurzkommentar richtet sich das vorliegende Buch an Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflegeberufe und jene, die beabsichtigen in der Gesundheits- und Krankenpflege beruflich tätig zu werden bzw. eine Ausbildung dazu absolvieren. Die Erläuterungen und Anmerkungen wurden auf die wesentlichen Aspekte und die aktuelle Rechtslage zusammengefasst und mit Querverbindungen zwischen den zusammenhängenden rechtlichen Bestimmungen verknüpft. Damit soll für Anwenderinnen/Anwender bzw. Lernende in der Gesundheits- und Krankenpflege ein übersichtliches Nachschlagewerk mit den aktuell wichtigen Ergänzungen zur Verfügung stehen. Insbesondere ist auch die GuKG-Novelle 2016 (inklusive der Übergangsfristen), die als berufsrechtlicher Meilenstein gilt, eingearbeitet. Ebenso die PA-PFA-AV (Pflegeassistenzberufe-Ausbildungsverordnung), die die Ausbildungsbestimmungen für die Pflegeassistenzberufe enthält. Abschließend sei jenen Personen gedankt, die die Umsetzung dieses Buches ermöglicht haben. 5 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 5 06.02.17 15:07 Inhalt Teil I: Allgemeines ..................................................................................17 1. Entstehung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes .....17 2. Europarechtliche Aspekte des Gesundheits- und Kranken- pflegegesetzes ..................................................................................21 3. GuKG Novelle 2016 ........................................................................23 Teil II: Gesetzestext mit Anmerkungen .............................................28 1.Hauptstück ......................................................................................29 1.Abschnitt ..................................................................................29 Allgemeine Bestimmungen ...................................................29 Gesundheits- und Krankenpflegeberufe .............................29 Allgemeines ..............................................................................31 Umsetzung von Unionsrecht .................................................32 Geltungsbereich .......................................................................32 Sozialbetreuungsberufe – Basisversorgung ........................42 Personenbetreuung .................................................................48 Persönliche Assistenz .............................................................50 Pflegepraktikum von Studierenden .....................................52 2.Abschnitt ..................................................................................52 Berufspflichten ........................................................................52 Allgemeine Berufspflichten ...................................................52 Pflegedokumentation ..............................................................54 Verschwiegenheitspflicht .......................................................55 Anzeigepflicht ..........................................................................56 Meldepflicht .............................................................................58 Auskunftspflicht ......................................................................59 Berufsausweis ..........................................................................60 2.Hauptstück ......................................................................................61 Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ..............61 1.Abschnitt ..................................................................................61 Berufsbezeichnungen .............................................................61 2.Abschnitt ..................................................................................63 Berufsbild und Kompetenzbereich .......................................63 Berufsbild .................................................................................63 Kompetenzbereich ..................................................................64 7 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 7 06.02.17 15:07 Pflegerische Kernkompetenzen ............................................65 Kompetenz bei Notfällen .......................................................67 Kompetenzen bei medizinischer Diagnostik und Therapie ............................................................................68 Weiterverordnung von Medizinprodukten .........................74 Kompetenzen im multiprofessionellen Versorgungs team ...........................................................................................76 Spezialisierungen ....................................................................77 Kinder- und Jugendlichenpflege ...........................................79 Psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege .............. 80 Intensivpflege, Anästhesiepflege, Pflege bei Nierenersatztherapie ...............................................................82 Pflege im Operationsbereich .................................................83 Krankenhaushygiene ..............................................................84 Wundmanagement und Stomaversorgung .........................85 Hospiz- und Palliativversorgung ..........................................86 Psychogeriatrische Pflege .......................................................86 Lehraufgaben ...........................................................................87 Führungsaufgaben ..................................................................90 3.Abschnitt ..................................................................................91 Berufsberechtigung .................................................................91 Qualifikationsnachweis – Inland ..........................................92 EWR-Anerkennung ................................................................95 EWR-Anerkennung – Europäischer Berufsausweis ..........98 EWR-Qualifikationsnachweise – Allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege ...................102 EWR-Qualifikationsnachweise – Spezial-, Lehr und Führungsaufgaben ..........................................................104 EWR-Anerkennung – Partieller Zugang .............................106 Qualifikationsnachweis – außerhalb des EWR ..................108 Nostrifikation ..........................................................................109 Ergänzungsausbildung und -prüfung ..................................111 Fortbildung bei Ausbildung im Ausland .............................113 Berufsausübung .......................................................................115 Freiberufliche Ausübung des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege ..................................116 Berufssitz ..................................................................................118 8 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 8 06.02.17 15:07 Werbebeschränkung ...............................................................119 Vorübergehende Erbringung von Dienstleistungen ..........120 Vorübergehende Erbringung von Dienstleistungen – Europäischer Berufsausweis ..................................................124 Entziehung der Berufsberechtigung ....................................125 4.Abschnitt ..................................................................................126 Ausbildung ...............................................................................128 Ausbildung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege ..........................................................................128 Ausbildungsinhalt der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege ..........................................................................129 Praktische Ausbildung in der allgemeinen Gesundheits und Krankenpflege .................................................................131 Verkürzte Ausbildung für Pflegeassistenten .......................133 Verkürzte Ausbildung für Sanitätsunteroffiziere ...............134 Verkürzte Ausbildung nach einer speziellen Grundausbildung ....................................................................135 Verkürzte Ausbildung für Hebammen................................. 135 Verkürzte Ausbildung für Mediziner ..................................136 Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege ...................137 Schulleitung .............................................................................140 Schulordnung ..........................................................................141 Schülervertretung ...................................................................142 Aufnahme in eine Schule für Gesundheits- und Krankenpflege ..........................................................................143 Aufnahmekommission ...........................................................145 Ausschluss von der Ausbildung ............................................148 Ausbildungsverordnung ........................................................149 Prüfungen ................................................................................150 Diplomprüfungskommission ................................................151 Anrechnung von Prüfungen und Praktika .........................152 Diplom ......................................................................................154 Prüfungsverordnung ..............................................................154 5.Abschnitt ..................................................................................155 Fort-, Weiter- und Sonderausbildungen ..............................155 Fortbildung ..............................................................................155 Weiterbildungen ......................................................................156 9 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 9 06.02.17 15:07 Spezialisierungen – Ausbildung ...........................................157 Gleichhaltungsverordnung ....................................................159 Gesundheits- und Krankenpflege-Beirat ............................160 Sonderausbildung in der Kinder- und Jugendlichen pflege .........................................................................................161 Sonderausbildung in der psychiatrischen Gesundheits und Krankenpflege .................................................................163 Sonderausbildungen in der Intensivpflege, in der Anästhesiepflege und in der Pflege bei Nierenersatz therapie .....................................................................................164 Spezielle Sonderausbildung in der Kinderintensivpflege ..167 Sonderausbildung in der Pflege im Operations bereich .......................................................................................168 Sonderausbildung in der Krankenhaushygiene .................169 Spezialisierungen ....................................................................170 Weiterbildungs- und Sonderausbildungsverordnung .......171 6.Abschnitt ..................................................................................171 Spezielle Grundausbildungen ...............................................172 Grundausbildung in der Kinder- und Jugendlichen pflege .........................................................................................173 Grundausbildung in der psychiatrischen Gesundheits und Krankenpflege .................................................................173 Ausbildungs- und Prüfungsverordnung .............................175 3.Hauptstück ......................................................................................176 Pflegeassistenzberufe ...........................................................................176 1.Abschnitt ..................................................................................176 Allgemeines ..............................................................................176 Berufsbild..................................................................................176 Tätigkeitsbereich der Pflegeassistenz ...................................177 Tätigkeitsbereich der Pflegefachassistenz.............................180 Berufsbezeichnungen .............................................................182 2.Abschnitt ..................................................................................184 Berufsberechtigung .................................................................184 Qualifikationsnachweis – Inland ..........................................184 Qualifikationsnachweis – EWR ............................................185 Qualifikationsnachweis – außerhalb des EWR ..................187 Nostrifikation ..........................................................................187 10 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 10 06.02.17 15:07 Berufsausübung .......................................................................188 Entziehung der Berufsberechtigung ....................................189 3.Abschnitt ..................................................................................190 Ausbildung ...............................................................................190 Ausbildung in den Pflegeassistenzberufen ..........................190 Verkürzte Ausbildung für Mediziner ..................................192 Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege ...................192 Lehrgänge für Pflegeassistenz ...............................................194 Berufliche Erstausbildung ......................................................194 Prüfungen ................................................................................196 Zeugnis und Diplom ...............................................................197 Ausbildungs- und Prüfungsverordnung ............................. 197 4.Abschnitt ..................................................................................199 Fort- und Weiterbildungen ....................................................199 Weiterbildungsverordnung ....................................................199 Fortbildung ..............................................................................200 4.Hauptstück ......................................................................................202 Strafbestimmungen ........................................................................202 Schluss- und Übergangsbestimmungen...................................... 202 Inkrafttreten ....................................................................................210 Vollziehung .....................................................................................215 Teil III: PA-PFA-AV ................................................................................216 1. Allgemeines zur PA-PFA-AV ........................................................216 2. Verordnungstext der PA-PFA-AV ................................................ 220 1.Abschnitt ..................................................................................221 Allgemeines ..............................................................................221 Regelungsinhalt .......................................................................221 Verweise ....................................................................................221 Ausbildung in den Pflegeassistenzberufen........................... 221 2.Abschnitt ..................................................................................222 Rahmenbedingungen für die Ausbildung in den Pflegeassistenzberufen ............................................................222 Leitung einer Schule für Gesundheits- und Kranken pflege oder eines PA-Lehrgangs ............................................222 Lehr- und Fachkräfte ..............................................................224 Aufnahmekommission ...........................................................225 11 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 11 06.02.17 15:07 Prüfungskommission .............................................................225 Teilnahmeverpflichtung – Ausbildungszeit ........................226 Schul- bzw. Lehrgangsordnung ............................................227 Aufnahme in die PA-Ausbildung .........................................228 Aufnahme in die PFA-Ausbildung .......................................000 Anrechnung von Prüfungen und Praktika .........................230 Validierung non-formal oder informell erworbener Kompetenzen ...........................................................................230 Ausschluss und automatisches Ausscheiden aus der Ausbildung .................................................................231 3.Abschnitt ..................................................................................232 Qualitätssicherung der Ausbildung .....................................232 Qualifikationsprofile – Curriculum .....................................232 Ausbildungsgrundsätze ..........................................................233 Praktische Ausbildung – Schutzbestimmungen ................235 4. Abschnitt ...................................................................................236 Leistungsfeststellung und -beurteilung im Rahmen der PA-Ausbildung .........................................................................236 Leistungsfeststellung und -beurteilung durch die Lehrkraft ...................................................................................236 Leistungsfeststellung und -beurteilung durch die Prüfungskommission .............................................................237 Beurteilungsstufen ..................................................................237 Negative Beurteilung – Wiederholungsmöglichkeiten – Letzte Wiederholungsmöglichkeit .......................................238 Zusatzprüfungen im Rahmen der kommissionellen Abschlussprüfung ...................................................................239 Letzte Wiederholungsmöglichkeit .......................................239 Leistungsfeststellung und -beurteilung – Abwesenheit .............................................................................239 Dokumentation und Beurteilung der praktischen PA-Ausbildung .........................................................................240 Kommissionelle Abschlussprüfung – Zulassung ...............241 Kommissionelle Abschlussprüfung – Inhalt, Durchführung und Beurteilung ...........................................242 Gesamtbeurteilung – PA-Ausbildung ..................................243 Kommissionelle Abschlussprüfung – Abwesenheit ..........244 12 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 12 06.02.17 15:07 Kommissionelle Abschlussprüfung – Wiederholungs möglichkeit ..............................................................................244 Kommissionelle Abschlussprüfung – Letzte Wiederholungsmöglichkeit .......................................245 Abschlussprüfungsprotokoll .................................................245 5.Abschnitt ..................................................................................246 Leistungsfeststellung und -beurteilung im Rahmen der PFA-Ausbildung ......................................................................246 Leistungsfeststellung und -beurteilung durch die Lehrkraft ...................................................................................246 Leistungsfeststellung und -beurteilung durch die Prüfungskommission .............................................................246 Beurteilungsstufen ..................................................................246 Negative Beurteilung – Wiederholungsmöglichkeiten – Letzte Wiederholungsmöglichkeit .......................................247 Zusatzprüfungen im Rahmen der kommissionellen Abschlussprüfung – Letzte Wiederholungsmöglichkeit ... 248 Letzte Wiederholungsmöglichkeit .......................................249 Leistungsfeststellung und -beurteilung – Abwesenheit ....249 Dokumentation und Beurteilung der praktischen PFA-Ausbildung ......................................................................250 Kommissionelle Abschlussprüfung – Zulassung ...............250 Kommissionelle Abschlussprüfung – Inhalt, Durchführung und Beurteilung ...........................................251 Gesamtbeurteilung – PFA-Ausbildung ................................252 Kommissionelle Abschlussprüfung – Abwesenheit ..........253 Kommissionelle Abschlussprüfung – Wiederholungs möglichkeit ..............................................................................253 Kommissionelle Abschlussprüfung – Letzte Wiederholungsmöglichkeit ...................................................253 Abschlussprüfungsprotokoll .................................................245 6.Abschnitt ..................................................................................254 Schriftliche Arbeit im Fachbereich im Rahmen der PFA-Ausbildung ......................................................................254 Modul Schriftliche Arbeit im Fachbereich ..........................254 Schriftliche Arbeit im Fachbereich – Leistungsfeststellung und -beurteilung .....................................................................254 Schriftliche Arbeit im Fachbereich – Überarbeitung ........255 13 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 13 06.02.17 15:07 Schriftliche Arbeit im Fachbereich – Letzte Überarbeitungsmöglichkeit ..................................................255 7.Abschnitt ..................................................................................256 Verkürzte Ausbildungen ........................................................256 Verkürzte PA-Ausbildung für Human- und Zahnmediziner/innen ............................................................256 8.Abschnitt ..................................................................................256 EWR-Berufsanerkennung und Nostrifikation ...................256 Ausgleichsmaßnahmen im Rahmen der EWR-Berufs anerkennung ............................................................................256 Anpassungslehrgang ...............................................................256 Eignungsprüfung ....................................................................257 Wiederholen des Anpassungslehrgangs oder der Eignungsprüfung ....................................................................257 Ergänzungsausbildung im Rahmen der Nostrifikation ....258 Wiederholen einer Ergänzungsprüfung oder eines Praktikums und Abbruch der Ergänzungsausbildung .....259 9.Abschnitt ..................................................................................260 Ausbildungsbestätigungen und Qualifikationsnach weise ..........................................................................................260 Ausbildungsbestätigung .........................................................260 Zeugnis über das 1. und 2. Ausbildungsjahr ......................260 Zeugnis .....................................................................................260 PFA-Diplom .............................................................................261 Bestätigung über den Anpassungslehrgang bzw. die Eignungsprüfung ..............................................................262 Bestätigung über die Ergänzungsausbildung und -prüfung ...........................................................................262 10.Abschnitt ..................................................................................263 Übergangs- und Schlussbestimmungen ..............................263 Direktoren/-innen von Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege und Leiter/innen von Pflegehilfelehr gängen .......................................................................................263 Inkrafttreten, Außerkrafttreten und Übergangs bestimmung.............................................................................. 263 3.Anlagen ............................................................................................264 14 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 14 06.02.17 15:07 Abkürzungsverzeichnis ABl Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Abs.Absatz AnmAnmerkung BASK Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz BGBlBundesgesetzblatt BMG Bundesministerium für Gesundheit BMGF Bundesministerium für Gesundheit und Frauen bzwbeziehungsweise EG Europäische Gemeinschaft Erl RV Erläuterungen zur Regierungsvorlage EU Europäische Union EWR Europäischer Wirtschaftsraum f folgende/folgender fffortfolgende/fortfolgender FHStG Fachhochschulstudiengesetz, StF BGBl 340/1993 GuKG Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, StF BGBl I 108/1997 GZGeschäftszahl idF in der Fassung idgF in der geltenden Fassung iVm in Verbindung mit litlitera NRNationalrat NrNummer SSeite StFStammfassung StGB Strafgesetzbuch, StF BGBl I 60/1974 usw und so weiter VfGHVerfassungsgerichtshof vgl.vergleiche VwGHVerwaltungsgerichtshof ZZahl zB zum Beispiel 15 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 15 06.02.17 15:07 Teil I: Allgemeines Teil I: Allgemeines 1. Entstehung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes Die Forderung nach einer Neuregelung des Krankenpflegerechtes wurde schon mehrere Jahre vor 1997 von den betroffenen Berufsgruppen an das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales herangetragen. Reformpläne bestanden bereits seit längerer Zeit, da das Krankenpflegegesetz trotz zahlreicher Novellierungen sowohl in inhaltlicher als auch in legistischer Hinsicht nicht mehr den damaligen Anforderungen gerecht wurde. Bis zum Jahr 1992 waren die Ausbildung und das Berufsrecht von 22 Gesundheitsberufen im Krankenpflegegesetz geregelt, wobei insbesondere die Berufsbilder und Tätigkeitsbereiche der einzelnen Berufe nur allgemein umschrieben waren und dies daher zu diversen Auslegungsproblemen führte.1 Die Schaffung des Berufsbildes der „Pflegehilfe“ mit der Novelle zum Krankenpflegegesetz (BGBl I 449/1990) war ein erster Schritt zur Verbesserung der Ausbildung und der Berufsausübung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe. Mit der Erlassung des MTD-Gesetzes (BGBl I 460/1992) wurde ein weiterer Schritt zu einer umfassenden Reformierung der Gesundheitsberufe durch die Ausgliederung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste aus dem Krankenpflegegesetz getroffen.2 Mit der Ausgliederung der Pflegeberufe aus dem Krankenpflegegesetz in das GuKG im Jahr 1997 wurden die verbleibenden Berufe des Krankenpflegegesetzes im sog. MTF-SHD-Gesetz (Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste; dies ist das umbenannte Krankenpflegegesetz) zusammengefasst.3 Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 40. Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 40. 3 Im Jahre 2002 wurden die Sanitäterinnen bzw. Sanitäter vom MTF-SHD-Gesetz in das Sanitätergesetz (SanG, BGBl I 30/2002) übernommen. Durch das MMHmG (Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, MMHmG, BGBl I 169/2002) erhielten die Berufsgruppen der Heilmasseurin/Medizinischen Masseurin bzw. des Heilmasseurs/Medizinischen Masseurs ein eigenes Berufsgesetz mit neuen Berufsbezeichnungen. Die medizinischen Assistenzberufe (MABG, BGBl I 89/2012) für die Qualifikationen Desinfektionsassistenz, Gipsassistenz, Laborassistenz, Obduktionsassistenz, Operationsassistenz, Ordinationsassistenz, Röntgenassistenz, Medizinische Fachassistenz und die Trainingstherapie (für Sportwissenschafterinnen bzw. Sportwissenschafter) wurden durch das MABG neu geregelt. 1 2 17 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 17 06.02.17 15:07 Teil I: Allgemeines Die zentrale Stellung der Pflege im Rahmen des Gesundheitswesens erforderte eine umfassende Reformierung der Pflegeberufe. Nach jahrelangen fachlichen Vorarbeiten wurde schließlich im August 1993 ein Arbeitskreis „Eigenständigkeit der Krankenpflege“ eingesetzt, der mit der Ausarbeitung eines Positionspapiers zur Gesundheits- und Kranken pflege beauftragt wurde. Der Arbeitskreis, der sich aus Vertreterinnen und Vertretern des leitenden Krankenpflegepersonals aus ganz Österreich, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, des Österreichischen Krankenpflegeverbandes, der Österreichischen Ärztekammer und der ARGE der Pflegedienstleitungen Österreichs zusammensetzte, erarbeitete innerhalb von sechs Monaten ein entsprechendes Diskussionspapier. Dieses wurde in einer Enquete, die Anfang März 1994 in Klagenfurt stattfand und an der über 200 Personen aus dem Krankenpflegebereich teilnahmen, zur Diskussion gestellt. Aufgrund der Ergebnisse der Diskus sion wurde das Positionspapier finalisiert.4 Das erstellte Positionspapier zur Gesundheits- und Krankenpflege enthielt die Forderungen des Arbeitskreises hinsichtlich des Berufsbildes, des Tätigkeitsbereiches und einer neuen Berufsbezeichnung des damaligen Krankenpflegefachdienstes. Unter Zugrundelegung des Positions papiers und der im Rahmen einer Befragung von primär betroffenen Einrichtungen und Gebietskörperschaften dazu ergangenen Stellungnahmen wurde ein Gesetzesentwurf erarbeitet und dem allgemeinen Begutachtungsverfahren zugeführt. In zahlreichen Sitzungen wurden die Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens insbesondere mit Vertreterinnen und Vertretern des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, des Österreichischen Krankenpflegeverbandes, der Österreichischen Ärztekammer, des leitenden Krankenpflegepersonals und anderer betroffener Ressorts erörtert. Dabei gelang es, eine grundsätzliche Einigung hinsichtlich ursprünglich divergierender Meinungen zu erzielen. Die Länder wurden auch hinsichtlich der finanziellen Implikationen des Gesetzes miteinbezogen.5 Von einer Novellierung des Krankenpflegegesetzes, das in weiten Zügen aus dem Jahre 1961 stammte und durch die zahlreichen Novellierungen, insbesondere die Ausgliederung der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, und durch die Fortentwicklung der Rechtsetzungstechnik nicht mehr den legistischen Anforderungen entsprach, wurde Abstand genommen. Eine Novellierung im Rahmen des Krankenpflegegesetzes Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 40. Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 40. 4 5 18 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 18 06.02.17 15:07 Teil I: Allgemeines hätte zweckdienlicherweise insbesondere mit einer gleichzeitigen Neu regelung aller im Krankenpflegegesetz verbliebenen Berufe einhergehen sollen, was im Hinblick auf den Umfang der Reformmaßnahmen eine mehrjährige Verzögerung der legistischen Umsetzung zur Folge gehabt hätte.6 Aufgrund der starken Bindung an das diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonal wurde auch die Pflegehilfe in das neue Gesetz integriert. Für beide Berufsgruppen (gehobener Dienst für Gesundheitsund Krankenpflege bzw. Pflegehilfe) wurden Berufsbild und Tätigkeitsbereiche ausführlich umschrieben, wobei hinsichtlich der Pflegehilfe die vom Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheitswesen erstellte Expertise zum Pflegehilfsdienst als fachliche Grundlage diente.7 Regelungen über die Kostentragung wurden im Rahmen des vorliegenden Gesetzes vor allem im Hinblick auf die Möglichkeit für Private, Gesundheits- und Krankenpflegeschulen sowie Pflegehilfelehrgänge zu führen, nicht getroffen, da dies einen verfassungsrechtlich bedenklichen Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit bzw. Privatautonomie des Trägers der Ausbildungseinrichtung bedeuten würde; dies umso mehr, als auch keine gesetzlichen Grundlagen für finanzielle Zuwendungen von Gebietskörperschaften an allfällige private Betreiberinnen bzw. Betreiber vorgesehen waren.8 Folgende Schwerpunkte der Reformmaßnahmen im Bereich der Pflege sind zusammenfassend hervorzuheben:9 • Schaffung eines eigenständigen Gesetzes für Gesundheits- und Krankenpflegeberufe, • Festlegung von Berufsrechten und Berufspflichten, • Neuformulierung der Berufsbilder, • Änderung der Berufsbezeichnungen, • detaillierte Umschreibung der Tätigkeitsbereiche, • umfassende Regelungen über die Berufsberechtigung und die Berufsausübung, • Festlegung der Ausbildungsbedingungen (Zugang, Ausschluss, Anrechnungen, Prüfungen), • Aufhebung der Internatspflicht, • Einrichtung einer Schülervertretung, • Regelungen über Fort- und Weiterbildungen, Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 40. Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 40. 8 Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 41. 9 Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 41. 6 7 19 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 19 06.02.17 15:07 Teil I: Allgemeines • verpflichtende Sonderausbildungen für die Ausübung von Spezial-, Lehr- und Führungsaufgaben, • Sonderausbildungen auch in der Kinder- und Jugendlichenpflege und in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege neben den bisherigen Grundausbildungen, • Neufassung der Nostrifikationsbestimmungen und • Ergänzung der EWR-Bestimmungen. Bei der Umschreibung der Tätigkeitsbereiche unterscheidet das Gesetz 1997 zwischen den eigenverantwortlichen, mitverantwortlichen, interdisziplinären und den erweiterten Tätigkeitsbereichen. In diesen erfolgt die Abgrenzung des Pflegepersonals von anderen Gesundheitsberufen, wobei die Berührungspunkte mit dem ärztlichen Personal naturgemäß besonders zahlreich sind. Auch dem Teamgedanken bei der Berufsausübung im intra- und extramuralen Bereich wurde Rechnung getragen. Im Zuge der Definition von erweiterten Tätigkeitsbereichen wurde die Verpflichtung zur Absolvierung von Sonderausbildungen für die Ausübung von Spezial-, Lehr- oder Führungsaufgaben normiert. Das bedeutet, dass im Sinne der Qualitätssicherung Lehr- und Führungsaufgaben nach Auslaufen der Übergangsbestimmungen nur mit entsprechender Sonderausbildung verrichtet werden durften.10 Spezialaufgaben – ausgenommen Kinder- und Jugendlichenpflege und psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege, für deren Ausübung die Ausbildung weiterhin unabdingbare Voraussetzung war – durften nur für beschränkte Dauer ohne entsprechende Sonderausbildung ausgeübt werden. Anders als in dem zur Begutachtung ausgesandten Entwurf, in dem der kardiotechnische Dienst als erweiterter Tätigkeitsbereich der Gesundheits- und Krankenpflege mit der entsprechenden Sonderaus bildung vorgesehen war, wurde aufgrund der negativen Stellungnahmen der Berufsangehörigen von der Integrierung des kardiotechnischen Dienstes in die Gesundheits- und Krankenpflege Abstand genommen.11 Zur Erleichterung der Anerkennung der österreichischen Ausbildungen in der Kinder- und Jugendlichenpflege und in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege im EWR und zum erleichterten Umstieg in eine andere Sparte der Pflege wurde die gesetzliche Möglichkeit ge- 10 11 Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 41. Vgl. Erl RV 709 BlgNR XX. GP, 41; Die Berufsgruppe der Kardiotechnikerinnen bzw. der Kardiotechniker wurde im Kardiotechnikergesetz (BGBl I 96/1998) berufsrechtlich geregelt. 20 2017_0008_krankenpflegesetz_v20.indd 20 06.02.17 15:07
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