Hochbau in Iran bietet Geschäftschancen
03.03.2017
Inhalt
 Gespaltener Markt für Wohnimmobilien
 Privater Wohnungsmarkt steckt in der Krise
 In Teheran steht fast eine halbe Million Wohnungen leer
 Zahl der Satellitenstädte steigt
 Büromarkt ist relativ wenig entwickelt
 Die großen Hotelketten kommen zurück
 Engpässe im mittleren und gehobenen Hotelsegment
 Viele Hotelprojekte werden erst mittelfristig abgeschlossen
 Einzelhandel investiert in neue Flächen
 Shopping Malls und Verbrauchermärkte werden in großem Stil gebaut
 Lebhafte Bautätigkeit im Industriebau erwartet
 Öl- und Gasindustrie im Fokus
 Ausbau und Modernisierungen in der Automobilbranche
 Private Investoren für den Krankenhausbau gesucht
 Regierung setzt bei Hospitälern auf PPP-Projekte
 Noch viel Potenzial für Energieeffizienz
Bezahlbarer Wohnraum ist knapp / Belebung des Industriebaus erwartet / Von Robert Espey
Teheran (GTAI) - Seit 2012 steckt Irans Baubranche in einer schweren Rezession. Die Bauinvestitionen lagen 2015
auf dem Niveau von 2005. Auch im 1. Halbjahr 2016 ging es weiter bergab. Der Bau dürfte 2017 auf den Wachs­
tumspfad zurückkehren. Derzeit fehlt bezahlbarer Wohnraum. Der Markt für Büroimmobilien kann den Ansprü­
chen internationaler Unternehmen nicht gerecht werden, gleichzeitig wird in Vier und Fünf Sterne Hotels kräftig
investiert. Im Industriebau dominiert die Öl- und Gasindustrie.
Gespaltener Markt für Wohnimmobilien
Die Regierung in Iran kalkuliert mit einem Bevölkerungsanstieg innerhalb von zehn Jahren um mehr als 7 Mio.
auf etwa 87 Mio., davon 67 Mio. in städtischen Regionen. Bis 2025 wird der Bedarf an neuen Wohnungen mit
rund 11 Mio. Einheiten (zusätzlicher und Ersatzbedarf) beziehungsweise 953 Mio. qm Wohnfläche veranschlagt.
Um dies zu erreichen, wären im Wohnungsbau hohe Zuwachsraten erforderlich.
Irans Wohnungsbaumarkt ist gekennzeichnet durch eine starke Unterversorgung mit preisgünstigem Wohnraum
für die große Bevölkerungsmehrheit und ein Überangebot im gehobenen und Luxus-Segment. Der Staat fördert
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mit dem "Mehr Housing Program" den Wohnungsbau durch die Bereitstellung von kostenlosem Bauland, zins­
günstigen Krediten und die Finanzierung notwendiger Infrastrukturmaßnahmen.
Das Wohnungsbauprogramm geriet aber unter anderem aufgrund einer hohen Belastung des Staatshaushaltes
ins Stocken. Bei Amtsantritt von Präsident Hassan Rohani (August 2013) waren erst 1 Mio. Wohnungen fertigge­
stellt. Zwischenzeitlich dürften es 1,7 bis 1,8 Mio. Einheiten sein. Die Rohani-Regierung arbeitet an neuen Initiati­
ven zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus.
Privater Wohnungsmarkt steckt in der Krise
Der nicht staatlich subventionierte Wohnungsmarkt, der über 80% des Wohnungsangebotes ausmacht, steckt
seit über drei Jahren in der Krise. In den Ballungsräumen - insbesondere in Teheran - hat der Mangel an Bauland
zu einem starken Anstieg der Bodenpreise und entsprechend höheren Wohnungspreisen geführt. Durch Immobi­
lienspekulationen wurde der Preisauftrieb zusätzlich angeheizt. Als Reaktion auf das nun hohe Preisniveau in
Verbindung mit der Zurückhaltung des Bankensektors, Hypothekenkredite zu vergeben, ist die Immobiliennach­
frage auf breiter Front eingebrochen.
Die preisbedingt gesunkene Wohnungsnachfrage hat die Neubautätigkeit stark gebremst. Nach offiziellen An­
gaben wurden 2013/14 (iranisches Jahr; 21.3 bis 20.3.) in allen städtischen Regionen Baugenehmigungen für
Wohnflächen von insgesamt 121 Mio. qm erteilt. Um 40% auf nur noch 71 Mio. qm ging es 2014/15 zurück. Über­
durchschnittlich war der Rückgang der Baugenehmigungen in Teheran (-52% auf 16 Mio. qm), in den anderen
großen Städten waren es -43% auf 24 Mio. qm und in allen anderen städtischen Regionen -31% auf 32 Mio. qm.
Ein Rückgang bei den Baugenehmigungen führt aber erst mit ein- oder mehrjähriger Verzögerung zu einer ent­
sprechenden Schrumpfung der Bautätigkeit. Zwar wurden viele laufende Baumaßnahmen verlangsamt oder
zeitweise eingestellt, aber ein Großteil der im Bau befindlichen Projekte kam zum Abschluss. Im privaten Woh­
nungsbau stieg 2013/14 die fertiggestellte Wohnfläche auf 120 Mio. qm (2012/13: 106 Mio. qm) und sank 2014/15
auf 108 Mio. qm.
In Teheran steht fast eine halbe Million Wohnungen leer
Im Jahr 2014/15 wurden gemäß der offiziellen Statistik 719.000 Wohnungen fertiggestellt. Branchenkenner
schätzten, dass gegenwärtig allein in Teheran etwa 500.000 Wohnungen leer stehen.
Derzeit mehren sich aber die Anzeichen für eine wieder leicht steigende Wohnungsnachfrage. Zuwächse werden
bei der Zahl der Immobilientransaktionen sowie bei den Baugenehmigungen verzeichnet. Sehr schwach ist aller­
dings weiterhin der Markt für Luxuswohnungen, hier sind Objekte mit Quadratmeterpreisen ab 80 Mio. Rial
(IRR; 2.000 Euro) gemeint.
Nach Angaben der Zentralbank lag im August 2016 der durchschnittliche qm-Preis in Teheran bei 42,7 Mio. IRR
(1.068 Euro). Offiziellen Erhebungen zufolge hatte ein städtischer Haushalt 2014/15 ein Monatseinkommen von
durchschnittlich weniger als 700 Euro (26,2 Mio. IRR) für 3,4 Personen. Damit entspricht in Teheran der Preis ei­
ner 80 qm Wohnung zum qm-Durchschnittspreis in etwa zehn Jahreseinkommen.
Zahl der Satellitenstädte steigt
Zur Entlastung der Ballungsräume wurde in den 1990er Jahren mit dem Bau von Satellitenstädten (New Towns)
begonnen. Mittlerweile gibt es 17 Neue Städte (in unterschiedlichen Entwicklungsphasen) und 13 weitere sind in
der Planung. In den 17 bereits existierenden beziehungsweise teilweise fertiggestellten New Towns sollen letzt­
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lich 4 Mio. Menschen leben, derzeit dürften es weniger als 1 Mio. sein. In den 13 geplanten Satellitenstädten
wird eine Bevölkerung von 930.000 angestrebt, zunächst gilt aber für eine 1. Phase eine Zielgröße von 350.000.
Die größte New Town mit einer geplanten Bevölkerung von 675.000 ist die 65 km westlich von Teheran liegen­
de Stadt Hashtgerd. Diese Sattelitenstadt war Gegenstand eines vom Bundesministerium für Bildung und For­
schung geförderten mehrjährigen Forschungsprogramms zur "nachhaltigen Entwicklung der Megastädte von
morgen" unter Leitung der TU Berlin (Projektende: 2014). Partner auf iranischer Seite waren das "Building and
Housing Research Center" und die "New Towns Development Corporation".
Büromarkt ist relativ wenig entwickelt
Der Büromarkt ist in Iran relativ wenig entwickelt. Ein Großteil der Büroflächen befindet sich in Gebäuden, die
ursprünglich zu Wohnzwecken errichtet worden sind. Auch fehlen in Irans Großstädten "Central Business
Districts". Das Angebot an modernen Bürogebäuden steigt allerdings kontinuierlich an, dies gilt insbesondere in
Teheran. Die verfügbaren modernen Büroflächen können aber die Nachfrage nicht decken, entsprechend hoch
(und weiter steigend) sind die qm-Preise.
Viele der ausländischen Firmen, die jetzt in Teheran Büroraum mit internationalem Standard suchen, müssen
sich mit Kompromisslösungen zufriedengeben. Sie mieten Villen an oder ziehen in ältere, renovierungsbedürfti­
ge Bürogebäude. In den vergangenen Jahrzehnten sind nur wenige große Bürogebäude entstanden. Investitio­
nen in Wohnimmobilien waren attraktiver. Bei Bedarf wird Wohnraum umgewandelt, die Registrierung von
Wohnraum als Bürofläche ist relativ einfach. Beobachter erwarten kräftig steigende Investitionen in Büroimmo­
bilien erst dann, wenn die Nachfrage einen längeren starken Aufwärtstrend zeigt.
Die großen Hotelketten kommen zurück
Viele Hotels im Vier- und Fünf Sterne Segment verzeichnen derzeit sehr hohe Auslastungsquoten. Das seit Lo­
ckerung der Wirtschaftssanktionen stark gestiegene Interesse westlicher Geschäftsleute und Touristen an Iran
hat unter anderem in Teheran, Isfahan und Shiraz die Besucherzahlen nach oben schnellen lassen. Irans Hotel­
branche hofft nun auf einen nachhaltigen Aufschwung. Die Regierungsplanung kalkuliert mit mehr als einer Ver­
dreifachung der ausländischen Besucher innerhalb von zehn Jahren.
Die Gründung der Islamischen Republik 1979 führte zu einer starken Schrumpfung des internationalen Touris­
mus. Die ausländischen Hotelketten (Hilton, Hyatt, Sheraton, Intercontinental etc.) verließen das Land. Jetzt
zeichnet sich eine Rückkehr vieler internationaler Hotel-Marken nach Iran ab. Auf der im Oktober 2016 in Tehe­
ran organisierten "International Tourism Investment Conference" wurde erneut um ausländische Investoren und
Hotelbetreibergesellschaften geworben.
Frankreichs Accor-Kette hatte schon vor Aufhebung der Wirtschaftssanktionen den Anfang gemacht. Im Früh­
jahr 2015 wurde ein von Accor gemanagtes Vier Sterne Hotel unter dem Namen "Axis" am Tehran Imam Khomei­
ni Airport Hotel (gegenüber Terminal 1 South) mit 196 Zimmern eröffnet, das seit Oktober 2015 "Ibis" heißt.
Gleichzeitig wurde direkt neben dem "Ibis" ein Fünf Sterne "Novotel" (296 Timmer) eröffnet. Betreiber der bei­
den Accor-Hotels ist die private, 2010 gegründete Aria Ziggurat Tourism Development Co., die zusammen mit
SEMEGA, der Tourism Bank and 37 anderen Unternehmen zur iranischen Tourism Financial Group gehört. Die Ac­
cor-Gruppe will zukünftig in Iran auch ihre anderen Hotel-Marken entwickeln.
Die in den VAE ansässige Rotana-Gruppe hatte schon 2012 Hotel-Projekte in Iran angekündigt und wollte die
erste in der Islamischen Republik vertretene internationale Hotel-Kette sein. Allerdings steht die Eröffnung des
ersten Rotana-Hotels noch aus. Derzeit hat Rotana in Iran vier Projekte, die unter der "alkoholfreien" Marke
"Rayhaan Hotels & Resorts by Rotana" betrieben werden sollen. Die ersten beiden Rotana Hotels sollen 2017 be­
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ziehungsweise 2018 in der Pilgerstadt Mashhad eröffnen, das "Rayhaan Imam Reza" (362 Zimmer) und ein 275
Zimmer Hotel. In Teheran sollen 2018 ein 194 Zimmer Fünf Sterne Haus und ein 210 Zimmer Vier Sterne Hotel
fertig werden.
Spaniens Melia Hotels International will 2017 in Salman Shahr am Kaspischen Meer das 319 Zimmer Fünf Sterne
"Gran Meliá Ghoo Hotel" einweihen. Es soll dort unter anderem eine 500 qm Präsidenten-Suite angeboten wer­
den. Das Ressort Hotel ist Teil des "Ghoo, Middle East Diamond"-Komplexes, in dem sich auch eine ShoppingMall befindet, die bereits in Betrieb ist.
Engpässe im mittleren und gehobenen Hotelsegment
Die derzeit im Bau befindlichen internationalen Hotel-Projekte können aber noch nicht einmal den aktuellen
Engpass im mittleren und gehobenen Hotelsegment beseitigen. In der lokalen Presse werden mögliche weitere
Projekte mit ausländischer Beteiligung genannt, unter anderem auch Vorhaben mit deutschen (Steigenberger)
und türkischen Partnern.
Im Frühjahr 2016 eröffnete am nordwestlichen Stadtrand von Teheran Irans größtes Fünf Sterne Hotel, das 520
Zimmer "Espinas Palace Hotel". Zur lokalen Espinas Gruppe gehören auch das 2010 in Teheran in der Nähe des
Meydan Vali Asr eröffnete "Espinas Khalij Fars Hotel" (224 Zimmer)" und das 1999 eröffnete 160 Zimmer "Astara
Espinas Hotel" an der Grenze zu Aserbaidschan.
Gemäß den jüngsten Daten der Statistikbehörde verfügte Iran 2014/15 landesweit über 3.343 Beherbergungsbe­
triebe (Hotels, Hotel Apartments und andere Beherbergungsbetriebe) mit 84.499 Zimmern und 231.647 Betten.
Die Zahl der nach iranischer Klassifikation als Vier und Fünf Sterne eingestuften Hotels wird mit 113 angegeben,
die insgesamt 13.494 Zimmer mit 30.321 Betten anbieten konnten. Aktuell wird in offiziellen Verlautbarungen
die Zahl der Hotels (alle Kategorien, ohne andere Beherbergungsbetriebe) mit etwa 1.100, die Zahl der Hotelzim­
mer mit 47.000 (112.000 Betten) angegeben.
Hotelentwicklung 2009/10 bis 2014/15 (Zahl der Betten) 1) 2)
Jahr 1)
Alle Kategorien
Luxus
5 Sterne
4 Sterne
Andere 3)
2009/10
171.306
793
7.775
13.273
149.465
2010/11
202.679
k.A.
k.A.
k.A.
k.A.
2011/12
221.410
1.043
9.451
17.515
193.401
2012/13
215.379
3.982
10.206
16.614
184.577
2013/14
216.396
10.074
10.775
19.844
175.703
2014/15
231.647
14.000
12.511
17.810
187.326
1) iranische Jahre (21.3. bis 20.3.); 2) einschließlich Hotel Apartments und anderer Beherbergungsbetriebe; 3) Ein
bis Drei Sterne Hotels sowie Beherbergungsbetriebe ohne Klassifizierung
Quelle: Statistical Center of Iran
Der Bau neuer Hotels nach internationalem Standard müsste mit wenigen Ausnahmen (Espinas Palace Hotel
etc.) zu einer Abwertung der bestehenden Hotels führen. Mohsen Qarib, der CEO der staatlichen Iran Touring &
Tourism Investment Company (ITTIC), erklärt: "Mit der Eröffnung internationaler Fünf Sterne Hotels werden die
lokalen Spitzenhotels ein oder zwei Sterne abgeben müssen." Dies würde auch die Abstufung aller anderen Ho­
tels erfordern. Einem heute Drei Sterne Haus könnte nur noch ein Stern bleiben. Die staatliche Tourismusbehör­
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de, die "Iran Cultural Heritage, Handicrafts and Tourism Organization" (ICHHTO), will das Hotel-Zertifizierungs­
system reformieren.
Viele Hotelprojekte werden erst mittelfristig abgeschlossen
Nach ICHHTO-Angaben hat sich zwischen Mitte 2013 und Mitte 2016 die Zahl der Vier und Fünf Sterne von 130
auf 160 erhöht. Saeed Shirkavand, der bei der ICHHTO für den Bereich Investitionen zuständig ist, erklärte im
September 2016, dass bis Ende 2016/17 (20.3.17) landesweit 15 Vier und Fünf Sterne fertiggestellt werden sollen
und weitere 20 bis Ende 2017/18. Derzeit sollen 175 Vier und Fünf Sterne Hotels im Bau sein, mit Projektfort­
schritten zwischen 20 und 80%. Viele dieser laufenden Vorhaben dürften aber erst mittelfristig abgeschlossen
werden.
Innerhalb von zehn Jahren müsse sich die Zahl der Vier und Fünf Sterne Hotels mehr als verdreifachen, so Shir­
kavand. Bis 2025 werden 20 Mio. ausländische Besucher angestrebt, die Einnahmen von 30 Mrd. US$ erbringen
sollen. Ein Großteil der heutigen ausländischen Besucher sind religiöse Touristen, die den Schrein des achten
Imams in Mashhad besuchen. Offiziellen Angaben zufolge ist die Zahl der aus dem Ausland kommenden Besu­
cher 2014/15 auf etwa 6 Mio. gestiegen (2013/14: 4,8 Mio.; 2012/13: 4,1 Mio.).
Den Daten der UN World Tourism Organization (UNWTO) zufolge kamen 2014 insgesamt 5,0 Mio. "Non Resident
Visitors" nach Iran (2013: 4,8 Mio.). Die Zahl der Besucher aus der "Middle East" Region betrug 2,0 Mio., auf Eu­
ropa entfielen 1,9 Mio. Besucher und 0,7 Mio. auf Südasien. Insgesamt 3,4 Mio. Besucher reisten auf dem Land­
weg ein, die größte Gruppe dürften Iraker gewesen sein. Bei 1,5 Mio. lag die Zahl der über die Flughäfen einge­
reisten Besucher.
Die neuen Vier und Fünf Sterne Hotels zielen vor allem auf die steigende Zahl zahlungskräftiger ausländischer
Besucher (Geschäftsreisende und Touristen). Außerhalb dieses Hotelsegments scheint die Tourismusbranche
derzeit nicht zu florieren. Der Präsident der Iranian Hoteliers Society, Jamshid Hamzehzadeh, gibt die durch­
schnittliche Auslastung der iranischen Hotels (alle Kategorien) mit unter 50% an. Der Hotelverband kritisiert
ICHHTO-Erklärungen, die von einer deutlich höheren Auslastung sprechen. Das Verhältnis zwischen der Touris­
musbehörde und dem Hotelverband ist traditionell angespannt.
Als Folge der staatlicherseits verbreiteten Fehlinformationen über die Auslastungsquoten würden die Steuerbe­
hörden stark überhöhte Steuerschätzungen vornehmen, so Hamzehzadeh. Als weiteres Problem weisen Hotel­
betreiber auf die zunehmende Konkurrenz durch das Angebot preiswerter Ferienwohnungen beziehungsweise häuser (Vacation Rentals) hin und fordern staatliche Gegenmaßnahmen.
Einzelhandel investiert in neue Flächen
Beobachtern zufolge hat der Einzelhandel bereits 2015 begonnen, verstärkt in neue Ladenlokale und in die Mo­
dernisierung bestehender Läden zu investieren. Weiterhin dürfte der Einzelhandelsumsatz im Wesentlichen auf
unabhängige Einzelgeschäfte in bekannten Einkaufsstraßen, traditionellen Bazaren und Wohnvierteln (Waren
des täglichen Bedarfs) entfallen. Aber die Bedeutung moderner Shopping Mails ist deutlich gestiegen und wird
weiter zunehmen.
Vor allem den Großstädten gibt es ein wachsendes Angebot attraktiver Shopping Center beziehungsweise
Malls, deren Warenangebot sich zumeist auf den gehobenen und Luxus-Bedarf konzentriert. Ein Beispiel ist die
vor einem Jahr eröffnete Palladium Mall im Teheraner Norden (Zaferaniyeh), die unter anderem einen großen
Supermarkt, etwa 200 andere Geschäfte sowie über 20 Restaurants (einschließlich Food Court) bietet. Ebenfalls
im wohlhabenden Norden der Hauptstadt (Nähe TajrishSquare) eröffnete 2015 der Arg Commercial Complex
(200 Läden).
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Andere bekannte iranische Malls sind der Sam Commercial Complex (Eröffnung: 2011, Teheran), der Modern
Elahiyeh Complex (40 Läden; 2011, Teheran), der Kourosh Complex (500 Geschäfte, Teheran), die Mega Mall (Te­
heran), der Charsour Bazar (2014), die Sky Center Mall (Teheran), das Isfahan City Center (770 Geschäfte; 2012,
Isfahan), der Fars Shopping Complex (2.500 Geschäfte; 2012, Shiraz), der Arman Commercial & Residential Com­
plex (Mashhad), der Laleh Park Complex (Tabriz) oder der Sarina Commercial Complex (Freezone Kish Island).
Shopping Malls und Verbrauchermärkte werden in großem Stil gebaut
Gegenwärtig sollen in Iran zwischen 200 und 300 Shopping Malls im Bau sein. Die in Malaysia ansässige King­
dom Holding Company hat in Iran bereits sieben Mall Projekte realisiert (Fars Shopping Complex etc.) und hat
weitere sieben Projekte in Planung oder bereits im Bau: Tehran Mall (Teheran), World View Mall (Bandar Abbas),
Ajman Star, Isfahan Star Goldasteh (Isfahan), Sahel Qeshm Star (Qeshm Island), Tabriz Mall (Tabriz) und Qeshm
City Center 2 (Qeshm Island). Weitere große Projekte in Teheran sind die Iran Mall und die Atlas Mall (am Park
Niavaran). Das Atlas Mall Projekt ist stark im Verzug. Nach ursprünglicher Planung sollte das Vorhaben 2014 fer­
tig sein, jetzt ist frühestens mit Ende 2017 zu rechnen.
Neben den Shopping Malls gibt es auch ein wachsendes Angebot an großen Verbrauchermärkten. Das emirati­
sche Unternehmen Majid Al Futtaim eröffnete 2009 in Teheran den ersten "Hyperstar" Markt in Iran. Zwischen­
zeitlich sind weitere Märkte in Teheran, Shiraz, Isfahan, Mashhad und Tabriz hinzugekommen oder im Bau, mit­
telfristig soll die Zahl der "Hyperstar" Märkte auf 50 steigen. In den VAE betreibt Majid Al Futtaim seine Ver­
brauchermärkte unter der Marke französischen "Carrefour". Andere Betreiber großer Super- und Hypermarkets
in Iran sind Refah, Shahrvand oder Sepah.
Lebhafte Bautätigkeit im Industriebau erwartet
Im Bereich Industriebau werden in den kommenden Jahren die größten Investitionen in den Sektoren Öl- und
Gas, Petrochemie und Automobilherstellung erwartet. Aber auch in vielen anderen Industriebranchen könnte es
mittelfristig zu einer lebhaften Bautätigkeit kommen.
Die weitere Entwicklung des Öl- und Gassektors hängt vor allem von der Bereitschaft europäischer Firmen ab,
sich in Iran zu engagieren. Durch den Einsatz moderner IOR/EOR-Technologien (Improved Oil Recovery/Enhan­
ced Oil Recovery) soll der Ausstoß in den aktiven, teilweise sehr alten Ölfeldern deutlich gesteigert oder zumin­
dest stabilisiert werden. Zudem ist die Erschließung neuer Vorkommen geplant.
Es wird angestrebt, innerhalb von fünf Jahren die Ölproduktion auf 5,8 Mio. bpd zu steigern, davon sollen 1 Mio.
bpd auf Kondensate entfallen. Die Gasförderung soll sich bis 2021 auf 1 Mrd. cbm/Tag erhöhen, aktuell sind es
etwa 0,6 Mio. cbm. Die National Iranian Oil Company (NIOC) sucht ausländische Investoren für 29 Ölfelder und
23 Gasvorkommen. Ein neues, in Iran umstrittenes Vertragsmodell, der "Iran Petroleum Contract" (IPC), soll den
ausländischen Firmen attraktivere Bedingungen bieten. Ein zentrales Element des IPC ist die Verpflichtung aus­
ländischer Firmen, Projekte als Joint Venture mit lokalen Partnern durchzuführen.
Obwohl der ausländische Partner maximal eine Beteiligung von 49% halten darf und ein Großteil des Investiti­
onsbudgets in Iran ausgegeben werden muss, wird der IPC von einflussreichen konservativen Kräften heftig kri­
tisiert, weil er den ausländischen Firmen eine weitgehende und vor allem langfristige Verfügung über Irans Ölund Gasvorkommen ermögliche, was gegen die Verfassung verstoße. Es sind Vertragslaufzeiten von bis zu 25
Jahren vorgesehen. Aufgrund der Kritik ist der IPC-Entwurf mehrfach modifiziert worden. Zudem sollen weiter­
hin das alte "Buy Back"-Modell und andere Vertragsformen, beispielweise EPCF (Engineering, Procurement, Con­
struction, Financing), möglich sein.
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Öl- und Gasindustrie im Fokus
In Kürze soll als erstes, von zunächst zwölf IPC-Projekten die weitere Entwicklung des Onshore-Ölfeldes SüdAzadegan ausgeschrieben werden, so die NIOC. Derzeit liegt die Förderung in Süd-Azadegan bei 60.000 bpd, in
zwei Jahren sollen es 320.000 und letztlich 600.000 bpd werden.
Bis Ende 2016/17 hofft die NIOC auf Unterzeichnung von zwei oder drei IPC-Vorhaben mit geschätzten 10 Mrd.
US$ ausländischen Investitionen. Nach NIOC-Angaben wurden in den vergangenen Monaten Absichtserklärun­
gen über mögliche Beteiligungen an iranischen Öl- und Gasvorhaben unter anderem mit Frankreichs Total, Ös­
terreichs OMV, Deutschlands Wintershall, Indonesiens Pertamina sowie mit Russlands Lukoil und Zarubezhneft
unterzeichnet.
Gegenwärtig verhandelt Iran mit ausländischen Anlagen- und Technologielieferanten über zahlreiche Petroche­
mieprojekte, deren Gesamtwert im hohen zweistelligen Milliardenbereich angesiedelt ist. Gespräche führen un­
ter anderem auch BASF, Linde, ThyssenKrupp (Industrial Solutions) und Siemens.
Aktuell liegt die Jahreskapazität der Petrochemie bei 60 Mio. t, eine Verdopplung ist bis 2021 vorgesehen, eine
Verdreifachung bis 2025. Nach Angaben der National Petrochemical Company (NPC) betrug 2015/16 die Produk­
tion 45,6 Mio. t (2014/15: 44,5 Mio. t), für 2016/17 werden über 50 Mio. t angestrebt, allerdings waren es im 1.
Halbjahr nur 23 Mio. t.
Die aktuelle Produktionskapazität verteilt sich auf 47 petrochemische Anlagen. Wichtige Produkte sind Metha­
nol, Ethylen, Polyethylen, Propylen, Polypropylen, Ammoniak und Harnstoff. Nach Angaben des zuständigen Öl­
ministeriums sollen 2016/17 neue Produktionsanlagen mit einer Gesamtleistung von 8 Mio. t fertiggestellt wer­
den. Derzeit gibt über 70 begonnene Petrochemieprojekte (Gesamtkapazität: 120 Mio. t), für viele dieser Vorha­
ben werden ausländische Partner gesucht.
Ausbau und Modernisierungen in der Automobilbranche
Neben der Petrochemie gibt es derzeit in vielen Branchen der verarbeitenden Industrie noch kein oder nur ein
bescheidenes Wachstum. Positiv entwickelt sich hingegen der Automobilsektor, der in den letzten Jahren eine
schwere Rezession durchlaufen hat. Nach Angaben des Industrieministeriums sank der Ausstoß 2015/16 um 14%
auf 0,98 Mio. Fahrzeuge (alle Kategorien), etwa 1,6 Mio. waren es im Spitzenjahr 2011.
Im Jahr 2016/17 werden 1,3 Mio. Fahrzeuge angestrebt, ein nach Einschätzung von Beobachtern zu optimisti­
scher Wert. In den ersten sechs Monaten 2016/17 (21.3. bis 20.9.16) stieg die Produktion gegenüber der entspre­
chenden Vorjahresperiode um 16% auf 0,58 Mio. Einheiten, davon entfielen 0,53 Mio. auf Pkw.
Der Ausbau und die Modernisierung der iranischen Kfz-Industrie sollen in Kooperation mit ausländischen Part­
nern erfolgen. Die französischen Hersteller Peugeot und Renault wollen ebenso wie mehrere asiatische, vor al­
lem chinesische Firmen ihr Iran-Engagement ausbauen. Gespräche über Produktionsprojekte laufen unter ande­
rem auch mit Mercedes und Volkswagen.
Private Investoren für den Krankenhausbau gesucht
Die bestehende Unterversorgung mit medizinischen Einrichtungen soll vor allem durch Investitionen in- und
ausländischer Privatunternehmen beseitigt werden. Der bislang dominierende Staat will sich nur noch begrenzt
bei Ausbau und Modernisierung des Gesundheitswesens engagieren. Dem Privatsektor werden Vereinbarungen
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über Patientenzahlen und Vergütungen medizinscher Dienstleistungen angeboten. Ob diese Form der "Private
Public Partnership" hinreichend Investoren anlockt, ist jedoch unklar.
Den Regierungsplänen zufolge soll innerhalb der nächsten fünf Jahre die Zahl der Krankenhausbetten auf 260
Betten pro 100.000 Einwohner ansteigen. Für Ende 2015/16 (iranisches Jahr 1394: 21.3.2015 bis 20.3.2015) schätzt
das Statistikamt die Bevölkerungszahl auf 79,1 Mio., in fünf Jahren sollen es fast 84 Mio. sein. Dies würde eine
angestrebte Bettenkapazität von rund 218.000 bedeuten.
Über die aktuelle Bettenkapazität gibt es unterschiedliche Angaben, die sich zumeist im Bereich zwischen
130.000 und 140.000 bewegen. Die letzte detaillierte Statistik bezieht sich auf 2012/13. Es wird die Gesamtzahl
der Betten in 850 Krankenhäusern mit 131.140 angegeben, davon entfielen 90.033 Betten (531 Krankenhäuser)
auf das Gesundheitsministerium und 27.671 Betten auf 173 Hospitäler anderer nicht-privater Träger (Sozialversi­
cherungsorganisationen, Wohltätigkeitseinrichtungen etc.). In den 146 privaten Krankenhäusern gab es 13.436
Betten, was einem Anteil an der gesamten Bettenkapazität des Landes von 10% entsprach.
Regierung setzt bei Hospitälern auf PPP-Projekte
Geht es nach den Plänen der Regierung würde innerhalb von fünf Jahren der Anteil des Privatsektors auf 60%
ansteigen. Der 6. Entwicklungsplan (2016/17 bis 2020/21) kalkuliert mit einer Erweiterung der Bettenkapazität
um rund 115.000, die im Wesentlichen durch private Investoren erfolgen soll. Zudem sei in bestehenden Kran­
kenhäusern eine Bettenkapazität von etwa 50.000 modernisierungsbedürftig. Etwa 5.000 Betten sollen derzeit
im Bau sein, für 94 Krankenhausprojekte sei Bauland reserviert.
Irans neues PPP-Konzept zielt auf eine starke Verminderung staatlicher Investitionen in die medizinische Infra­
struktur, stattdessen sollen medizinische Dienstleistungen bei privaten Betreibern eingekauft werden. Die pri­
vaten Investoren sollen mit dem Gesundheitsministerium und den staatlichen Sozialversicherungsorganisatio­
nen Vereinbarungen über die Zahl der zugewiesenen Patienten und die Vergütungen abschließen.
Allerdings leiden die Sozialversicherungen unter chronischer Unterfinanzierung und sind auch bei den staatli­
chen Krankenhäusern wegen Zahlungsverzögerungen und -ausfällen in Verruf. Es komme hinzu, dass die von
den Sozialversicherungen gezahlten Erstattungen zwar jüngst angehoben worden seien, aber weiterhin häufig
immer noch nicht kostendeckend seien, so Insider. Ausländische Investoren dürften zudem Vergütungsvereinba­
rungen in der instabilen lokalen Währung problematisch sehen.
Ein erstes großes PPP-Krankenhausprojekt könnte an die Firma Pessina Costruzioni gehen. Einer Meldung der
italienischen Nachrichtenagentur AGI zufolge hat Guido Stefanelli, der CEO des Mailänder Unternehmens, im Ja­
nuar 2016 mit dem Gesundheitsministerium ein "Memorandum of Understanding" über den Bau und Betrieb
von fünf Krankenhäusern unterzeichnet. Zuvor hatte Elena Reynaud, die Leiterin der Pessina Costruzioni Hospi­
tal Commercial Division, dem Ministerium einen ersten Business Plan sowie ein vorläufiges Projektkonzept prä­
sentiert. Die Projektfinanzierung dürfte die größte Hürde sein. Drei Krankenhäuser mit jeweils 1.000 Betten sind
in Teheran vorgesehen sowie jeweils ein 500 Betten Haus in Rasht (Provinz Gilan) und Neyshapur (Provinz Ra­
zavi-Chorasan).
Noch viel Potenzial für Energieeffizienz
In Iran wird zwar auch schon seit einigen Jahren auf vielen Konferenzen und Seminaren über energieeffizientes
Bauen diskutiert, aber in der Praxis gibt es noch wenig Substantielles. Energieeffizienz hat an dort an Bedeu­
tung gewonnen, wo gleichzeitig mehr Wohnkomfort erzielt wird. Dies ist unter anderem bei der Verwendung
moderner Fenster der Fall, die besser gegen Kälte/Wärme sowie Straßenlärm isolieren.
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HOCHBAU IN IRAN BIETET GESCHÄFTSCHANCEN
Modernisierungsmaßnahmen im Altbaubestand beschränken sich zumeist auf unumgängliche Renovierungsund Reparaturarbeiten. Umfassende Modernisierungen sind angesichts der häufig sehr schlechten Qualität des
Bestandes kaum wirtschaftlich. Abriss und Neubau, verbunden mit höherer Bebauung, sind die Regel.
(R.E.)
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