in 9 Bundesländern 1 HefT

E s s e n ∙ T r i n k e n S T A D T L E B E N F A L T E R 8 / 1 7 41
Mehr davon: Mittagessen
Es hat eh keiner mehr Zeit zum Mittagessen. Und außerdem bieten alle
Fleischhauerei-Ketten-Filialen, alle
Bäckerei-Ketten-Filialen und alle Supermarkt-Ketten-Filialen schnelles
Essen. Und dann sind da noch zahllose hippe Pastrami-Hütten, Fischcurry-Verschleißer und Superfood-Fuzzis.
Aber trotzdem wird nach wie vor an
vielen Orten wahnwitzig günstiges
Mittagessen geboten. Und hier ist es
noch dazu wirklich extrem gut.
Gastrokritiker
Florian Holzer
bloggt auch unter
www.falter.at
Léontine Das Léontine war nicht nur
das beste französische Lokal, das in
Wien seit langem eröffnete, es ist außerdem noch wahnsinnig hübsch und
bietet ein Mittagsmenü, das man fast
schon als Geschenk bezeichnen muss:
Nicolas Scandella, der in Frankreich
und der Schweiz ein paar Hauben erkochte, bieten seinen Zweigänger um
16 den Dreigänger um 19 Euro an.
3., Reisnerstr. 39, Tel. 01/712 54 30,
Di–Sa 11.30–14.30, Do–Sa 18.30–23 Uhr,
www.leontine.at
Opocensky Die Edelgreißlerei in der
Favoritenstraße war eines der ersten Lokale in Wien, die eine spezielle
Mittagstisch-Kultur entwickelten. Gekocht wird hier täglich eine andere,
kleine Karte, die Preise bewegen sich
zwischen acht und 20 Euro, je nachdem, was man nimmt.
4., Favoritenstr. 25, Tel. 01/503 63 11, Mo, Di,
Sa 11–17, Mi–Fr 11–21 Uhr, www.opocensky.at
Im Hof Extrem sympathischer Mittags-
tisch im Kreativ-Beisl mit IndustrialAtmosphäre. Wenn es faschierten Braten gibt, ist der mit ziemlicher Sicherheit vor 12.30 Uhr aufgegessen, oft reagiert die Küche dann noch spontan
und liefert ähnlich Attraktives nach.
4., Weyringerg. 36, Tel. 01/929 44 38,
tägl. 11–23 Uhr, www.im-hof.at
Zum Johann Das Konzept dieses winzi-
gen Lokals ist ein bisschen eigenwillig und beruht in erster Linie auf Produkten aus der Buckligen Welt. Und
am Mittwoch kommt die Mutter des
Betreibers aus der Buckligen Welt und
kocht zum Beispiel Fleischknödel.
grafik: arge karto
8., Lerchenfelder Str. 104, Tel. 0664/969 37 37,
Di, Do 17–22, Mi 12–22 Uhr,
www.zumjohann.at
Soho Einer der Mittags-Geheimtipps
dieser Stadt. Abgesehen davon, dass
die Location eindrucksvoll und das
Styling lässig ist, gekocht wird hier
super und das zu Mensapreisen.
1., Josefspl. 1/Neue Burg,
Tel. 0676/309 51 61, Mo–Fr 9–16 Uhr
Nora Kreimeyer
kocht jetzt im
Ludwig Van zu
Mittag – und das
hervorragend
foto :
heri b ert
c orn
Moizeid, Mamsell
Ein einst vergessenes Beisl ist eine der heißesten Adressen der Stadt. Auch mittags
L O K A L K R I T I K :
F L O R I A N H O L Z E R
O
liver Jauk war bis vor kurzem
Kulturmanager, machte Projekte wie „Palazzo“ und „Theatro“, leitete die kulturelle „Zwischennutzung“ des Gschwandner in Hernals
und wäre wohl dessen Direktor gewesen, wenn’s etwas geworden wäre.
Wurde aber leider nichts, weshalb
er zu Naheliegendem griff und sich ein
bisschen um die Gastronomie in seinem Wohngrätzel kümmerte. Zuerst
um das Stiegenbeisl, das er kurzzeitig zu einer Art Neo-Heurigen machte,
und dann Ende vorigen Jahres um das
Ludwig Van, ein Beisl, dessen beste
Zeiten auch schon länger her sind.
Und das auch so aussieht wie ein
Beisl, dessen beste Zeiten schon länger her sind: Die ehemalige Schlosser-Werkstätte, die vor genau 30 Jahren zum Lokal gemacht wurde, besteht aus einem fensterlosen, niedrigen Raum, der dereinst noch dazu mit
dunkelbrauner Lamperie und schwerem, altdeutschem Mobiliar ausgestattet wurde.
Ein verglaster Brunnenschacht mitten im Lokal sorgt nur mäßig für Heiterkeit und die Totenmaske Beethovens an der Wand ist stimmungsmäßig jetzt auch nicht so der Renner.
Dennoch bekommt man im Ludwig
Van derzeit abends nur mit Glück ei-
nen Platz und mittags schickt die Küche zwischen 40 und 60 Essen.
Wie das sein kann? Weil es so irrsinnig gut ist. Abends kochen hier
nämlich Walter Leidenfrost und Julia
Pimingstorfer eine wienerisch-französische Gourmetküche, die so attraktiv,
kreativ, mutig und gleichzeitig so unkompliziert ist, dass man das gern jeden Tag essen würde.
Und für das Mittagsgeschäft holte
sich Jauk Nora Kreimeyer, die vor dreieinhalb Jahren ein paar Häuser weiter
im St. Charles Alimentary begann und
da innerhalb kürzester Zeit eine ziemliche Fan-Community gewann. Weil
die Frau „Mamsell“ nicht nur extrem
gut kochen kann, sondern man auch
das Gefühl hat, dass sie das sehr gerne
tut. Und gerne mit guten Zutaten arbeitet, ihnen gerne einen Pfiff verleiht,
Dinge gerne selbst macht, die man
sonst eher nicht so gern selbst herstellt, Würste zum Beispiel (Merguez
stehen für demnächst auf dem Programm), „es macht mir einfach Spaß
im Kopf “, sagt sie.
An diesem Tag gab’s eine klare Gemüsesuppe mit fein geschnittenem
Wirsing, ein bisschen Chili, ein paar
Apfelstückchen, Champignons und
ordentlich Kürbiskernöl, eine Suppe
also, die man als durchaus abendfüllend bezeichnen kann.
Und dann ein Lammragout, das
anfiel, weil hier ganze Lämmer verarbeitet werden und Nora Kreimeyer
die Keulen für den Mittag in Stückerln
schnitt, während Filet, Kutteln, Niere und Leber am Abend drankamen.
Ein Ragout zart orientalisch gewürzt,
dazu Rote-Rüben-Salat mit Minzjog­
hurt und ein Couscous mit in Orangensaft gekochten Dörrzwetschken.
Was übrigens genauso gut schmeckte, wie es sich anhört und insgesamt
12,50 Euro kostete. Wer da nicht Mittagessen geht, ist selber schuld.
Resümee:
Ludwig Van 6., Laimgrubeng. 22,
Tel. 01/587 13 20, Mo–Fr 11.30–14.30,
Di–Fr 18–24 Uhr, www.ludwigvan.wien
Ein finsteres Beisl ist derzeit das heißeste Lokal der Stadt, obwohl es gar
nicht so aussieht. Und Mittagessen
wird hier neu erfunden. F
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für 168 sTunden 1 HefT
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