Wald & Jagd 57 ■ BAUERNBLATT | 18. Februar 2017 Interview mit Bezirksförster Helge Zarp aus Plön Probleme von Waldkitas wirken sich langfristig auf Forst aus Die beliebten Waldkindergärten (siehe Infokasten) sind in den vergangenen Tagen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt: Gruppen wurden im schlimmsten Fall geschlossen und Bauwagen aus den Wäldern entfernt, sogar die Politik nimmt sich im Wahlkampf nun offenbar des Themas an. Was da gerade los ist, wollte das Bauernblatt von Helge Zarp wissen. Er ist Bezirksförster der Landwirtschaftskammer im Kreis Plön und sehr gut mit der Materie vertraut: und die Kinder in die Hausgruppen gehen? Waldpädagogik ist grundsätzlich begrüßenswert in einer Zeit, in der viele Kinder wenig an der frischen Luft sind und oft noch viel weniger von der Natur wissen. Die Zusammenhänge des Waldes zu erleben und dann auch zu verstehen, ist die Grundlage für eine Akzeptanz der Nutzung. Daher ist es für einen Waldbesitzer auf lange Sicht ein großer Verlust, wenn die Bevölkerung den Bezug zum Wald verliert. Sie nennen sich Fuchs- oder Froschgruppen, und es geht offenbar nicht darum, dass die Kinder im Wald stören, sondern um die genutzten mobilen Schutzhütten. Für Waldarbeiter sind diese zulässig, für Kinder nicht mehr? Gegen welches Gesetz verstoßen die Bauwagen? Helge Zarp: Obwohl es sich teilweise um baugleiche Schutzhütten handelt, gibt es rechtlich doch gravierende Unterschiede. Waldarbeiterschutzhütten werden als bewegliche Unterkünfte eingestuft, die nach der Landesverordnung zum Brandschutz der Wälder, Moore und Heiden vom Mindestabstand zum Wald von 30 m (§ 24 LWaldG) ausgenommen sind. Sie können also frei im Wald aufgestellt werden. Mobile Bauwagen, die als Schutzunterkunft für Waldkindergärten aufgestellt werden, unterliegen einer bauordnungs- Die Anbieter sind überzeugt von ihrem Konzept der Bildung und Betreuung in der Natur (siehe Infokasten). Wie beraten Sie die Träger der Einrichtungen, damit der Betrieb weitergehen kann? Im Moment sieht es ja so aus, als ob die rechtlichen Grundlagen für die Schutzwagen beziehungsweise Schutzhütten geschaffen werden. Ansonsten ist es wichtig, dass in der Betriebserlaubnis des Waldkindergartens keine unmittelbare Schutzeinrichtung vorgeschrieben ist, damit der Standort im Wald erhalten bleiben kann. Die Baugenehmigung für die mobile Schutzhütte könnte dann am Waldrand, etwa auf einer Wiese, beantragt werden. Sie ersetzt aber auf keinen Fall die feste Ausweichunterkunft, die bei Witterungsverhältnissen, bei denen das Betreten des Waldes verboten ist, benötigt wird. Interview: Isa-Maria Kuhn Mit dem ersten Waldkindergarten in Flensburg startete 1993 die Waldkindergartenbewegung in Deutschland. Foto: BvNW rechtlichen Genehmigungspflicht. Es muss also ein Bauantrag gestellt und gegebenenfalls auch der Flächennutzungsplan geändert werden. Hier ist der Mindestabstand zum Wald von 30 m einzuhalten. Dieser Abstand kann zwar unterschritten werden, aber eine Genehmigung im Wald zu bekommen, ist zurzeit nicht möglich. Dies stellt ein großes Problem dar, besonders wenn in der Betriebserlaubnis des Kindergartens ein Schutzwagen verlangt wird. die Waldbesitzer bezüglich der Einrichtung eines Waldkindergartens, wenn es gewünscht wird. Bei Vorliegen eines Betreuungsvertrages oder eines Auftrages wirken wir auch aktiv bei der Vertragsgestaltung mit und helfen bei dem Genehmigungsverfahren. Auch bei der Herstellung der Verkehrssicherheit können wir tätig werden. Für einen Waldkindergarten gilt eine erhöhte Verkehrssicherheitspflicht. Mehrere Mitarbeiter der Forstabteilung haben die Zusatzausbildung zum zertifizierten BaumkonWarum befasst sich die Forstabtei- trolleur gemacht und können somit lung der Landwirtschaftskammer diese Kontrollen durchführen. mit Waldkindergärten? Wir Bezirksförster der Landwirt- Ist es ein Verlust für die Waldbesitschaftskammer beraten natürlich zer, wenn sich Gruppen auflösen Zahlen und Fakten zu Waldkindergärten Der Bundesverband der Naturund Waldkindergärten (BvNW) gibt die Zahl dieser Einrichtungen in Schleswig-Holstein mit knapp 200 an. Rund ebenso viele Waldgruppen in herkömmlichen Einrichtungen gibt es danach zusätzlich. Hinzu kommen Waldtage für Hausgruppen, bei denen einzelne Kinder für einen Vormittag die Waldgruppe besuchen. Der Verband sitzt in Kiel, was nicht verwundert, denn hierzulande wurde, obwohl Schleswig-Holstein das waldärmste Bundesland ist, auch die erste Einrichtung dieser Art gegründet. Das war 1993 in Flensburg, danach folgte Lübeck. Seitdem nimmt die Anzahl der Waldkindergärten beständig zu. Sechs Stunden pro Tag dürfen die Schützlinge draußen sein. Bei extremer Witterung wie Orkanen ist eine feste Behausung aufzusuchen – das können ein Gemeinderaum oder die Urkindertagesstätte sein. Im mobilen Bauwagen, der oft benutzt wird, lagern Werkzeug und Wechselbekleidung, die meiste Zeit verbringen Erzieherinnen und Kinder jedoch im Wald. Dieser rege beim Spielen in und mit der Natur die Fantasie an, dort sei es leiser als in einer Kita mit zahlreichen Gruppen, und die Kinder hätten weniger Infekte, so die Vorsitzende des Verbandes, Ute Schulte Ostermann. Es gibt nur einen Wermutstropfen: „Am Abend sollten die Kinder nach Zecken untersucht werden.“ Unterstützt werden die Waldkindergärten von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW). In einem aktuellen Statement hebt der Landesverband der SDW deren Bedeutung hervor: „Waldkindergärten haben ein besonderes pädagogisches Konzept, das zunehmend Zuspruch erfährt. Die Kinder sind während der gesamten Zeit im Kindergarten draußen, erleben und erfahren die Natur. Das freie Spiel in der Natur kommt dem Bewegungsdrang der Kinder entgegen. Das waldpädagogi- sche Angebot führt Kinder ganzheitlich und alltäglich nicht nur an den Lebens- und Erholungsraum Wald heran, sondern bringt den Kindern schon von klein auf den Wirtschaftsraum Wald nahe. Holznutzung, aber auch Waldverjüngung, erleben die Kinder unmittelbar und nehmen diese Zusammenhänge im Sinne der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung wahr“, heißt es. Noch diesen Monat wollen sich die Landespolitiker mit dem Thema befassen. Zuständig sind drei Ministerien: das Umweltressort, das Sozialministerium und das Innenministerium. Isa-Maria Kuhn Landwirtschaftskammer
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