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"Es gibt immer wieder Momente, in denen man nicht so sicher ist"
Author : Schorr
In fünfter Generation steht Patrizia Kappus-Becker an der Spitze der M. Kappus GmbH & Co. KG, dem größten
Seifenunternehmen in Westeuropa. Aus freien Stücken trat sie die Nachfolge an – auch wenn es nicht immer ganz
leicht war.
Unternehmeredition: Frau Kappus-Becker, welche Seife ist hygienischer, Festseife oder Flüssigseife?
Kappus-Becker: Auf jeden Fall Festseife. Immer wenn sie mit Wasser in Verbindung kommt, bildet sie eine Lauge.
In dieser fühlen sich Bakterien nicht wohl und werden abgetötet. Bei der Flüssigseife hingegen ist der Wasseranteil
sehr hoch. Dieser muss konserviert werden. Zudem setzt sich viel Dreck auf dem Spender ab.
Ihr Unternehmen ist der größte Festseifenproduzent in Westeuropa. Allerdings stagniert der Markt. Wie viele Produzenten gibt es in
Deutschland noch?
Nach dem Krieg gab es rund 200 Seifenfabriken hierzulande. Mittlerweile gibt es nur noch drei Hersteller, die man
kennt. Erst im November haben wir Hirtler aus dem badischen Heitersheim in die Gruppe aufgenommen. Das war
der letzte verbliebene, der von der Größenordnung zu uns passt. Hier sahen wir die Möglichkeit, Synergieeffekte
zu heben. Jetzt können wir den Markt gezielter bearbeiten und auch im Ausland etwas stärker auftreten.
"Der Druck ist immer noch groß. Die Seife ist leider ein Produkt, das keine
hohen Margen mehr abwirft"
Patricia Kappus-Becker, Geschäftsführerin der M. Kappus GmbH & Co. KG
Hat durch die Konsolidierung am Markt der Druck auf Ihr Unternehmen abgenommen?
Der Druck ist immer noch groß. Die Seife ist leider ein Produkt, das keine hohen Margen mehr abwirft. Der Markt
teilt sich auf in einen Massenmarkt mit großen Mengen und niedrigen Margen und einen Nischenmarkt mit
Naturseifen, schön verpackten oder handgemachten Seifen mit besonderen Düften. Hier sind die Volumen gering,
die Margen allerdings höher.
Sie leiten das Unternehmen in der fünften Generation. Nicht immer war klar, dass es in Familienhand bleibt. Ihr Vater wäre eigentlich
gerne Journalist geworden. Wie war es bei Ihnen?
Mir wurde die Wahl gelassen, einen großen Druck meiner Eltern, das Unternehmen leiten zu müssen, verspürte ich
nicht. Allerdings gehörte es seit jeher zum Familienleben dazu. Je älter man wird, desto mehr realisiert man, dass
das ein Wert ist, der über Generationen aufgebaut wurde. Als Erwachsener tut man sich dann schwer zu sagen,
dass dieser Teil fortan nicht mehr zum Leben gehört. Und eine Ausstiegsmöglichkeit gibt es ja immer.
In fünfter Generation steht Patrizia Kappus-Becker an der Spitze der M. Kappus GmbH & Co. KG, dem größten
Seifenunternehmen in Westeuropa. Aus freien Stücken trat sie die Nachfolge an – auch wenn es nicht immer ganz
leicht war.
Bereuen Sie heute die Entscheidung von damals?
Es gibt immer wieder Momente, in denen man sich nicht so sicher ist. Doch letztlich ist es gut, wie es ist – mit allen
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Vor- und Nachteilen. Ich kann Entscheidungen frei tätigen und muss niemandem Rechenschaft ablegen. Außer
den Arbeitnehmern, die erwarten, dass ihr Arbeitsplatz erhalten bleibt.
Zwei Kündigungswellen hatten Sie bereits. Wie geht es weiter?
Wir gehen davon aus, dass wir personell jetzt so aufgestellt sind, dass wir auf Produktionsschwankungen gut
reagieren können. In Offenbach hatten wir zum Höhepunkt 200 Mitarbeiter. Jetzt beschäftigen wir hier etwas mehr
als 60 und sind an einem Punkt, an dem wir Produktionsschwankungen über Aushilfskräfte kompensieren können.
Für die Produktionsplanung sind wir jetzt besser gerüstet.
Seifenproduktion: Made in Germany
Ist der Arbeitsplatzerhalt der größte Druck, den Sie als Familienunternehmerin spüren?
Sicher ist die Arbeitsplatzsicherheit das, was einen am meisten umtreibt, weil man die Menschen oft seit
Jahrzehnten kennt. Viele, die bei uns im Betrieb arbeiten, kannte ich schon als Kind. In unserem familiengeführten
Unternehmen wollen wir dafür sorgen, dass man die Mitarbeiter möglichst lange beschäftigen kann. Am Ende ist es
natürlich ein Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis. Auch wir können nicht verhindern, dass wir Mitarbeiter
entlassen müssen, die wir schon sehr lange kennen. Da geht es dann um die Fortführung des Unternehmens.
Einzelschicksale müssen dann leider hintenanstehen.
Wie war denn deren Gefühl, als das kleine Kind auf einmal Chefin wurde?
Damit hatten die wenigsten ein Problem. Viele Mitarbeiter, die mich von Kindheit an kannten, waren Gastarbeiter,
die sich in Deutschland eine Existenz aufgebaut haben. Für diese Generation hat Familie eine besondere
Bedeutung. Dementsprechend groß ist der Zusammenhalt. Meine Nachfolge gab den Leuten Sicherheit.
Sicherheit, dass es weitergeht. Auch meine Kinder genießen eine hohe Akzeptanz.
In fünfter Generation steht Patrizia Kappus-Becker an der Spitze der M. Kappus GmbH & Co. KG, dem größten
Seifenunternehmen in Westeuropa. Aus freien Stücken trat sie die Nachfolge an – auch wenn es nicht immer ganz
leicht war.
Haben Ihre Kinder Interesse, Ihnen nachzufolgen?
Mein Sohn momentan eher nicht, er studiert Humangeografie. Unsere Tochter studiert Medienmanagement und ist
dem Thema gegenüber sehr aufgeschlossen. Sie macht momentan ähnliche Entwicklungsschritte wie ich damals.
Reden Sie ihr gut zu?
Nein, meine Haltung ist neutral. In Deutschland einen Produktionsbetrieb am Leben zu erhalten, ist sehr schwierig.
Es gibt Produktionsauflagen, die völlig überzogen sind.
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Und dennoch produzieren Sie weiterhin ausschließlich hierzulande an vier Standorten. Die Produktion an Ihrem Hauptsitz in
Offenbach verlegen Sie derzeit ins Industriegebiet.
"Der Druck ist immer noch groß. Die Seife ist leider ein Produkt, das keine
hohen Margen mehr abwirft"
Patricia Kappus-Becker, Geschäftsführerin der M. Kappus GmbH & Co. KG
In der Stadtmitte wurde es einfach zu eng. Die LKWs konnten nicht mehr vernünftig an das Unternehmen
ranfahren, die Einfahrten waren ständig zugeparkt. Gut, dass ich vorher nicht ahnte, wie groß der Aufwand des
Umzugs ist und was es alles zu bedenken gibt. Ansonsten hätte ich es nicht gemacht, sondern die Produktion in
unsere anderen beiden Produktionsstätten in Riesa und Krefeld integriert und hier einen Sozialplan aufgestellt.
Auch das war eine Entscheidung für die Mitarbeiter.
Hat sich das Verhältnis zu Ihrem Vater geändert, seit Sie in die Unternehmensleitung eingestiegen sind
Eigentlich nicht. Wir hatten schon immer ein gutes Verhältnis. Das ist im Wesentlichen auch so geblieben.
Sicherlich fliegen auch mal die Fetzen. Wichtig ist, dass man die Aufgabengebiete trennt, dann funktioniert es ganz
gut. Mein Großvater und mein Vater sind öfter aufeinandergeprallt.
In fünfter Generation steht Patrizia Kappus-Becker an der Spitze der M. Kappus GmbH & Co. KG, dem größten
Seifenunternehmen in Westeuropa. Aus freien Stücken trat sie die Nachfolge an – auch wenn es nicht immer ganz
leicht war.
Studien belegen, dass Tandems zwischen Vätern und Töchtern besser funktionieren als zwischen Vätern und Söhnen.
Das kann ich mir gut vorstellen, weil sich die Frauen nicht gegenüber dem Vater profilieren müssen. Töchter
können sich auf eine andere Art und Weise positionieren.
Wie lange wird Ihr Vater operativ noch tätig sein?
Er wird so lange arbeiten, bis er vom Stuhl fällt (lacht). Allerdings kümmert er sich nicht mehr um die Details,
sondern beschäftigt sich mit strategischen Dingen. Er verhandelt Verträge und spricht mit den Banken. Natürlich
entscheidet er nicht alleine.
Gibt es etwas, das Sie komplett anders machen als Ihr Vater?
Sicherlich habe ich einen etwas anderen Führungsstil. Der meines Vaters war patriarchalischer. Bei meinem Mann
und mir ist es eher so, dass wir Entscheidungen im Team suchen, wobei das auch seine Grenzen hat. Allerdings
besprechen wir sicherlich mehr, als es mein Vater zu seiner Zeit getan hat.
Zur Person
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Mitte der 80er-Jahre stieg Patrizia Kappus-Becker in das Familienunternehmen M. Kappus GmbH & Co. KG ein.
Seit 1997 führt sie in fünfter Generation mit ihrem Vater die Geschäfte. In einem Markt, der stagniert, wuchs das
Unternehmen vor allem durch Übernahmen. 1992 kauften die Offenbacher das Konsumseifenwerk in Riesa, 2004
die frühere Henkeltochter Dreiring-Werk GmbH und im November vergangenen Jahres das Seifenunternehmen
Hirtler aus Heitersheim. Das Unternehmen erwirtschaftet einen Umsatz von rund 64 Mio. Euro und beschäftigt 330
Mitarbeiter.
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