Oberwalliser Grüne streben ersten Grossratssitz an

Walliser Bote
Montag, 20. Februar 2017
WALLIS
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Grossratswahlen | Die Ziele der Parteien, heute: Die «Grünen»
Oberwalliser Grüne streben
ersten Grossratssitz an
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OBERWALLIS | Die Senkung des
Quorums auf acht Prozent bietet auch kleinen Parteien die
Chance, Sitze für den Grossen
Rat ergattern zu können. Für
die Grünen ist das Quorum
immer noch zu hoch angesetzt, wie Parteichefin Brigitte
Wolf mitteilt.
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Die Oberwalliser Grünen sind eine
noch junge Partei. Wie vor vier Jahren
treten sie nicht mit eigenen Listen bei
den Grossratswahlen an, sondern
kandidieren erneut zusammen mit
den Sozialdemokraten auf gemeinsamen Listen. Im Bezirk Brig sind es Parteichefin Brigitte Wolf und Ralph
Manz, im Bezirk Leuk Peter Kälin,
welche für die Oberwalliser Grünen
die Kohlen aus dem Feuer holen wollen. Weshalb verzichten die Grünen
auf Kandidaturen in den übrigen Bezirken? «Es macht durchaus Sinn, die
linken Kräfte zu bündeln. Kommt
hinzu, dass wir immer noch Probleme haben, mögliche Kandidaten zu
finden, die sich politisch exponieren
wollen.»
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«Das Quorum
gehört abgeschafft»
Ein Alleingang würde laut Brigitte
Wolf auch darin münden, dass man
an der Acht-Prozent-Hürde scheitert.
«Wenn wir allein in den Bezirken antreten würden, schaffen wir aller Voraussicht nach nirgends das Acht-Prozent-Quorum. Deshalb bin ich auch
der Meinung, dass das Quorum ganz
abgeschafft werden sollte. Auch
wenn eine Partei im Extremfall nur
ein Prozent der Wählerschaft anspricht, dann sollte sie halt wenigstens einen Sitz erhalten. Im Wallis haben wir gar nicht so viele etablierte
Parteien. Der eine oder andere Sitz für
die Grünen oder die Piraten würde
doch gar nicht schaden.»
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Wolfs Chancen sind
durchaus intakt
Indem man gemeinsam mit der SP ins
Rennen steigt, erhöhen sich die Chancen hingegen massiv, erstmals einen
Grünen Grossrat im Oberwallis stellen zu können, ist Brigitte Wolf überzeugt. «Wir sind nicht chancenlos.
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Publikationsorgan CVPO
Pionierin? Brigitte Wolfs Ziel ist es, als erste Vertreterin ihrer Partei einen Grossratssitz erobern zu können.
Unser Ziel ist die Verteidigung der
vier Sitze der Linksallianz im Oberwallis. Und wir wollen den ersten
Grossratssitz eines grünen Kandidaten aus dem Oberwallis», sagt die Parteichefin. Am meisten Chancen hat
wahrscheinlich sie selbst. Das sieht
auch Brigitte Wolf so: «Im Bezirk Brig
wird German Eyer nicht mehr kandidieren. Er hinterlässt eine grosse Lücke. Meine Chancen stehen gut, hinter Doris Schmidhalter-Näfen den
zweiten Platz zu gewinnen. Kommt
hinzu, dass es im Goms und östlich
Raron auch wieder SP-Listen gibt. Diese Stimmen werden den Kandidaten
in Brig zugutekommen. Wir sollten
also unsere beiden bisherigen Sitze
verteidigen können, auch wenn der
Kuchen kleiner wird, weil der Bezirk
Brig einen Sitz verliert.». Weil sie sich
durchaus intakte Chancen ausrechnet, hat sie darauf verzichtet, ihren
Suppleantensitz zu verteidigen und
setzt nun voll auf einen Grossratssitz.
Die Grünen als Vorreiter
Die Grünen gibt es europaweit schon
seit über vierzig Jahren. Im Oberwallis tut sich die Partei hingegen noch
schwer, so richtig Fuss zu fassen. Weshalb ist dem so? «Bei den Abstimmungen holen wir stets viel mehr Stimmen, als wir bei den Wahlen gewinnen. Ich nenne die Abstimmung über
die Raumplanung als Beispiel. Wir
waren die einzige Partei im Kanton,
die für diese Vorlage war. Rund zwanzig Prozent haben im Wallis die Initiative angenommen. Das ist aber mei-
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lenweit mehr, als wir jeweils bei den
Wahlen abholen», erklärt die Parteipräsidentin. Vielleicht ist auch der
Umstand mitverantwortlich, dass viele der typischen Umweltthemen der
Grünen längst von anderen Parteien
ins Programm übernommen wurden? «Ja, aber es brauchte immer Vorreiter. Nehmen Sie das Frauenstimmrecht. Da musste auch lange gekämpft werden, bis die Männer sich
dazu durchrangen, dafür zu stimmen», sagt die Parteipräsidentin. Und
sicher sei auch die Rückkehr des
Wolfs dem Image der Grünen im
Oberwallis alles andere als zuträglich.
«Doch weshalb sollten wir unsere
Sympathie für den Wolf verhehlen?
Auch im Oberwallis gibt es viele Leute, die für den Wolf sind», sagt sie. wek
KOLUMNE
1517 (3)
Wir sahen letztmals, dass nicht (nur) grosse Glaubensfragen oder theologische Spitzfindigkeiten über Gedeih und
Verderben des reformatorischen Impetus entschieden.
Druck und Durchbruch der Bewegung gingen auch vom
«Volk» und dessen recht weltlichen Beweggründen aus.
Und natürlich von der classe politique und jenen, die gerne dazugehört hätten.
Mit im Spiel waren also auch sozialgeschichtliche
Momente und politische Intentionen der Akteure. Etwa,
dass man sich des bisherigen Stadtherrn entledigen
konnte (den Bischof oder die Äbtissin verjagen und selber
regieren). Oder dass eine Stadtbehörde die Rechtsprechung an sich reissen wollte (selber die Macht ausüben,
kontrollieren und abkassieren). Und dass die Übernahme
der Güter und Vermögen von Kirchen und Klöstern lockte
(restrukturieren und hemmungslos alle Gewinne einstreichen – kennen wir das?). Damit stelle ich keineswegs in
Abrede, dass der neue Glaube nicht auch dank seiner
Überzeugungskraft auf erstaunlich rasche Annahme fiel,
wie Hans Trümpy bei der Untersuchung der Reformation als Innovation feststellte.
Nun gelangte aber die Reformation nicht überall
in der damaligen Schweiz zum Durchbruch. Solothurn,
Luzern, die Innerschweizer Orte und weitere Gebiete der
Eidgenossenschaft blieben beim alten Glauben – weil sie
konservativ waren? Aber weshalb waren sie das? Die
leere Worthülle «konservativ» erklärt dies nicht.
Da wirkten im Hintergrund gleich mehrere Faktoren. In
den Landorten, und das war bis in die einzelnen Gemeinden hinein so, kontrollierten die Behörden die Kirche bereits einigermassen; die Kirche war hier nicht so verselbstständigt wie in den Städten. Folglich war es obsolet, hier
organisatorisch alles auf den Kopf zu stellen und neu eine
linientreue Staatskirche à la Reformation zu errichten.
Die Obrigkeit der katholischen Orte verzichtete aber auch
darum auf die Reformation, ja schätzte sie als gefährlich
ein, weil ihre radikalen Forderungen denjenigen der Bauernkriege nahestanden – Revolten! Das möge der Herr
verhindern… Auch der alte Stadt-Land-Konflikt war
noch nicht ausgestanden und die ländlichen Regionen riskierten, mit der Übernahme des neuen Glaubens noch
mehr unter die Dominanz der Städte zu geraten. Und das
nun wollten auf dem Lande weder Herr noch Knecht.
Und war da, last but not least, nicht noch etwas
mit der Kriegsmaterialausfuhr? Diese erfolgte damals
mitsamt Personal. Die eidgenössischen Söldner zählten
zu den gesuchtesten europaweit. Selbst vom Papst war
man für die militärischen Einsätze immer wieder fürstlich belohnt worden, mit barer Münze und seidenen Bannern. Und wenn wir schon vom Säbelrasseln sprechen:
Auch das grosse Habsburg blieb katholisch – ja Herrgott
noch mal: Musste man denn diesen starken Nachbarn
Werner Bellwald
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unbedingt provozieren, wo man ihn endlich zum Lande
hinausgeworfen hatte und einigermassen Ruhe eingekehrt war? Und logo konnten die Salonreformatoren der
grossen Städte, wo fette Krämerärsche auf Säcken voller
Gewürze und auf brokatenen Tuchrollen sassen, die Nase
über den Solddienst rümpfen. Dort blühten Handel
und Gewerbe. Was aber war hier, wo sich Fuchs und
Hase gute Nacht sagen?
So weit, so gut. Wir haben nun das eine oder andere über die Reformation, ihren Erfolg und ihren Misserfolg erzählt, haben den grossen Rahmen abgesteckt und
beginnen zu begreifen. Aber wir wissen immer noch
nicht genau, was hier im Wallis alles abging.
Literatur zu dieser wikipediafreien Kolumne
Hans Trümpy: Die Reformation als volkskundliches Problem. In: Kontakte und Grenzen. Probleme der Volks-,
Kultur- und Sozialforschung. In: Festschrift für Gerhard
Heilfurth zum 60. Geburtstag. Göttingen 1969, S. 249ff.
Thomas Maissen: Geschichte der Schweiz. Baden 2010.
Werner Bellwald ist Kulturwissenschafter