Corporate Governance: Die Ehre des ehrbaren

Corporate Governance: Die Ehre des ehrbaren Kaufmanns
Keyfacts über Ehrbarer Kaufmann
- Kommission erweitert ihren Kodex für Unternehmen
- Ehrbare Kaufmann ist ein gutes Leitbild
- Gute Corporate Governance steigert Firmenwert
22. Februar 2017
Man kann es sich leicht machen und feststellen, dass es schlecht bestellt ist um die
verantwortungsvolle und gute Unternehmensführung in Deutschland. Eine Behauptung, die mit
jedem Skandal, der an die Öffentlichkeit gerät, plausibler zu werden scheint. Wenn dann noch,
wie in diesen Tagen geschehen, die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance
Kodex mitteilt, das Leitbild des „Ehrbaren Kaufmanns“ in ihre Präambel aufzunehmen, dann
könnte die Kritik sogar noch wachsen. Was bringt ein Leitbild, wenn die tatsächliche
Unternehmenspraxis doch so häufig in die entgegengesetzte Richtung zu weisen scheint?
Ein derart unscharfes Leitbild sei in Zeiten von Big Data und Compliance nicht mehr zeitgemäß,
lautet ein dieser Tage häufig geäußerter Vorwurf. In eine ähnliche Richtung stoßen andere
Kritiker, die einen bewusst weit angelegten Begriff als begünstigend für mögliche
Aktionärsklagen empfinden. Manchmal hingegen tragen weit gefasste Begriffe dazu bei, dass
sich auch die Perspektive derer weitet, die mit diesen Begriffen arbeiten müssen. Jenseits der
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Frage, was genau einen „Ehrbaren Kaufmann“ eigentlich auszeichne – und folglich vom
unehrenhaften Kaufmann unterscheidet, liegt der entscheidende Punkt an anderer Stelle.
Offensichtlich hat jede Corporate Governance ein zentrales und unverzichtbares Element: die
Unternehmenskultur. Lassen Sie uns also über Kultur sprechen.
Compliance ohne Leitbild? Geht nicht
Dabei ist egal, ob man hier vom „moralischen Kompass“ oder von der Verpflichtung zu
ethischem Handeln spricht: Welchen Begriff auch immer man verwenden mag – es gibt kein
Compliance Management System, das ohne eine solche kulturell-moralische Festlegung
funktioniert. Diese regelt beispielsweise Grundeinstellungen und Verhaltensweisen des
Managements ebenso wie die Rolle des Aufsichtsorgans und die Art und Weise, wie
Unternehmensführung als sogenannter „tone at the top“ in einem Unternehmen vorgelebt wird.
Allerdings haben die eingangs erwähnten Governance-Skandale der letzten Zeit aber auch
bewiesen, dass es nicht reicht, ständig mehr Richtlinien und Kontrollen in der Hoffnung zu
etablieren, dass daraufhin in den Unternehmen regelkonform gearbeitet wird.
45
Prozent der großen deutschen Unternehmen sind bereits Opfer
von Betrug und Untreue geworden.
Die Wahrheit ist – leider – diese: Mit jeder neuen regulatorischen und gesetzlichen Anforderung
wächst analog dazu auch die Phantasie – und häufig auch die Möglichkeit – zur Umgehung
dieser Anforderung. Wer will, der findet Wege. Was also tun? Zwei Möglichkeiten: Man kann –
erstens – dafür sorgen, dass mit immer mehr Kontrollen und zu befolgenden Regulatorien
„nachgelegt“ wird. Das Problem hierbei: Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem die mit
diesen Kontrollen verbundenen Kosten jegliche Grundsätze von Wirtschaftlichkeit
überschreiten. Eben die ist aber letztlich das Ziel eines jeden Unternehmens: wirtschaftliches
Handeln mit der Absicht auf Gewinnerzielung. Anders gesagt: Ein Compliance-Manager, der
exorbitante Kosten mit nur sehr geringem Ertrag produziert, bekommt irgendwann ein Problem.
Bleibt also Möglichkeit zwei: Wer Compliance in Unternehmen sicherstellen will, der braucht
dafür eine Unternehmenskultur als Herzstück seines Compliance-Systems. Eine Kultur im
Sinne eines Sicherheitsnetzes, auf das sich Mitarbeiter wie Kunden als Grundlage für
regelkonformes und ethisches Handeln verlassen können.
Eben das ist es, was das Leitbild des „Ehrbaren Kaufmann“ vermitteln kann. Und zwar umso
besser, je größer die täglichen Herausforderungen der digitalisierten Arbeitsgesellschaft mit
steigendem Kosten- und Innovationsdruck sind. In Zeiten höchster Komplexität kann ein
solches Leitbild wie der sprichwörtliche „Fels in der Brandung“ fungieren. Nebenbei gesagt ein
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Leitbild, das nicht nur auf die Einhaltung von Gesetzen drängt.
Denn der nun aktualisierte Kodex führt explizit aus, dass es nicht nur um legales Handeln geht.
Stattdessen wird der Compliance-Begriff deutlich erweitert in dem Moment, wo auch ethisches
Verhalten eingefordert wird. Knapp gesagt: Nicht alles, was Recht ist, ist eines ehrbaren
Kaufmannes würdig.
Corporate Governance beeinflusst Unternehmenswert
Es ist daher sehr zu begrüßen, dass die Kommission sich zusätzlich zur Verankerung von
konkreten Anforderungen diesem übergreifenden Kulturthema widmet. Das gilt auch für die
ebenfalls in den Kodex aufgenommene Forderung nach mehr Transparenz wie beispielsweise
bei der Offenlegung der Grundzüge des Compliance Management Systems. Und es gilt
schließlich ebenso bei der Einrichtung eines Hinweisgebersystems – das sogenannte
whistleblowing.
Man kann es sich leichtmachen und sagen, dass Fragen der Unternehmenskultur immer erst
dann auf den Tisch kommen, wenn die Fragen nach dem Unternehmensgewinn schon
beantwortet sind. Tatsächlich jedoch hat Corporate Governance längst schon direkte
Auswirkungen auf den unternehmerischen Erfolg. Wenn – wie in unserer jüngsten Studie zur
Wirtschaftskriminalität in Deutschland festgestellt – 45 Prozent der großen Unternehmen
hierzulande Opfer von Betrug und Untreue sind, dann ist das nicht zuletzt auch ein Problem der
Unternehmenskultur.
Im Alltagsgeschäft lässt sich beobachten, dass Corporate Governance mittlerweile auch bei
Kauf- und Übernahmeprozessen eine Rolle spielt. Firmen mit einer guten und nachweisbaren
Corporate Governance sind am Markt mehr wert. Und spätestens hier geht es keineswegs mehr
ausschließlich um kulturelle Fragen. Sondern um den direkten Wert von Unternehmen.
Zusammengefasst
»Jenseits der Frage, was genau einen „Ehrbaren Kaufmann“ eigentlich auszeichne – und folglich
vom unehrenhaften Kaufmann unterscheidet, liegt der entscheidende Punkt an anderer Stelle.
Offensichtlich hat jede Corporate Governance ein zentrales und unverzichtbares Element: die
Unternehmenskultur. Lassen Sie uns also über Kultur sprechen. «
Die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex beschließt neue Regeln für die
Wirtschaft und nimmt das Leitbild des „Ehrbaren Kaufmanns“ in ihre Präambel auf. Daran gibt es Kritik.
Die Vorteile für Unternehmen überwiegen jedoch.
3/5
Jens C. Laue
Head of Governance und Assurance Services
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