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Eurasische Wirtschaftsunion will Innovatio- 23.02.2017
nen in der Industrie fördern
Moderne Industrie- und Innovationszentren, eurasische Technologieplattformen und digitale Fabriken geplant / Von Edda Wolf
Bonn (GTAI) - Der technologische Wandel stellt die Eurasische Wirtschaftsunion vor große Herausforderungen.
Die Mitgliedstaaten sind für das schnelle Aufkommen neuer Technologien nicht ausreichend gerüstet. Schlüssel­
industrien weisen vielfach einen mehrjährigen technologischen Rückstand zur Weltspitze auf. Doch das soll sich
ändern. Die Eurasische Wirtschaftskommission hat sich vorgenommen, die Innovation in der Industrie zu stimu­
lieren und die länderübergreifende industrielle Kooperation zu fördern.
Ziel ist die Modernisierung der Industrie der EAWU-Länder mittels Innovation. Führende nationale und interna­
tionale Errungenschaften des wissenschaftlich-technischen Fortschritts sollen gebündelt und in der Praxis ange­
wendet werden, um Hochtechnologie-Produktionen in der Industrie oder ganz neue Hochtechnologie-Branchen
zu schaffen.
Um die Entwicklung innovativer, marktfähiger Technologien und High-Tech-Erzeugnisse anzukurbeln, plant die
Eurasische Wirtschaftskommission:
- moderne Industrie- und Innovationsinfrastruktur,
- eurasische Technologieplattformen,
- digitale Fabriken,
- ein eurasisches Zentrum für Werkzeugmaschinenbau,
- umweltgerechte Technologien (wie Elektromobile).
Moderne Industrie- und Innovationsinfrastruktur
Eine moderne Industrie- und Innovationsinfrastruktur umfasst - den Empfehlungen der Eurasischen Wirt­
schaftskommission zufolge - Industrie- und Innovationscluster, Industrie- und Technoparks, Wissenschafts- und
Technikzentren, Innovationszentren und andere. In den EAWU-Ländern gibt es bereits über 200 Industrieparks,
über 200 Technoparks, über 200 Businessinkubatoren, über 50 Innovations- und Industriecluster, etwa 20 Wis­
senschaftsstädtchen, über 200 Engineering-Zentren sowie über 4.000 Institutionen im Bereich Forschung und
Entwicklung. Geplant sind ein stärkerer Austausch über Best-Practice-Beispiele und ein System zur freiwilligen
Zertifizierung von Objekten der Industrie- und Innovationsinfrastruktur. Auf diese Weise sollen die Risiken für
Investoren gesenkt und damit deren Interesse gefördert werden.
Eurasische Technologieplattformen
Die Eurasische Wirtschaftskommission setzt zudem auf eurasische Technologieplattformen, um die "Produkte
der Zukunft" zu entwickeln. Ihr Plan sieht vor, die intellektuellen und materiellen Ressourcen der EAWU auf die
vorrangigen technologischen Trends zu konzentrieren, um wichtige Schlüsselbranchen voran zu bringen. Wis­
senschaftler und Konstrukteure aus allen EAWU-Ländern sollen zusammen an der Lösung konkreter Innovati­
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onsaufgaben für einzelne Industriezweige arbeiten. Die Ergebnisse der Forschungs- und Entwicklungstätigkeit
sollen anschließend in die Produktion eingeführt werden.
Vorgesehen ist, neben wissenschaftlichen Institutionen (Forschungsinstitute, Universitäten, andere Bildungsein­
richtungen) auch Unternehmensverbände, staatliche Unternehmensholdings, Regierungseinrichtungen (speziali­
sierte staatliche Behörden, Entwicklungsbanken) und gesellschaftliche Organisationen (Fachvereinigungen) ein­
zubeziehen. So wurde an der Moskauer Staatlichen Universität ein Eurasisches Zentrum für Hochtechnologien
gegründet.
Im Oktober 2016 hat die Eurasische Wirtschaftskommission elf eurasische Technologieplattformen in acht prio­
ritären Technologiebereichen identifiziert. Für 2017 ist geplant, weitere acht eurasische Technologieplattformen
zu schaffen. Diese werden die Kooperation von 400 führenden nationalen Forschungseinrichtungen und Indus­
trieorganisationen bei 140 Projekten ermöglichen.
Eurasische Technologieplattformen
Im Jahr 2016 identifizierte Technologieplattformen:
Für 2017 geplante Technologieplattformen:
1. Weltraumtechnologien
12. Elektronik
2. Geoinformationstechnologien
13. Maschinenbau
3. Biomedizin
14. Metallurgie
4. Supercomputer
15. Neue Materialien
5. Photonik und LED
16. Chemie, Petrochemie
6. Bergbautechnik zur Förderung fester Bodenschätze
17. Energieerzeugung
7. Umwelttechnologien
18. Kernenergie, Strahlentechnik
8. EurasiaBio
19. Transport und Logistik
9. Lebensmittel- und Agrarrohstoffverarbeitung
10. Landwirtschaft
11. Textil- und Leichtindustrie
Quelle: Entwurf der Verordnung des Rates der Eurasischen Wirtschaftskommission "Über die Bildung der Priori­
täten der eurasischen Technologieplattformen"
Digitale Fabriken
Die Eurasische Wirtschaftskommission schlägt ebenso die Schaffung "digitaler Fabriken" in den EAWU-Ländern
vor - analog zum Trend zu Industrie 4.0 (Deutschland) und digitaler Produktion (USA). Dabei strebt die Kommis­
sion an, dass die EAWU-Länder ihre nationalen Digitalisierungsstrategien miteinander synchronisieren, um digi­
tale Technologieplattformen, System- und Querschnittsprojekte zu realisieren. Zu den Schlüsseltechnologien
gehören: additive Technologien (3D-Printing), automatisierte Produktionslinien zur schnellen Fertigung von
Elektronikkomponenten, Technologien und Software zur Automatisierung der Industrieproduktion und zum Ein­
satz von Robotern, nationale CAD/CAE/CAM-Systeme, neue Montagetechnologien, Systeme zum Management
des Lebenszyklus von Industrieerzeugnissen.
"Nach unseren Angaben beträgt der Anteil der Digitalwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt in den EAWU-Ländern
schon über 2,8% oder 85 Mrd. US$", sagte Sergej Sidorskij, Minister für Industrie und Landwirtschaft der Eurasi­
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schen Wirtschaftskommission. "Fast der ganze Effekt der Digitalisierung konzentriert sich auf Branchen wie Fi­
nanzen, Handel, Unterhaltung und Medien. In den Bereichen Industrie und Landwirtschaft ist der Anteil der Di­
gitalwirtschaft noch unbedeutend". Das soll sich künftig ändern.
Eurasisches Zentrum für Werkzeugmaschinenbau
Der Schlüssel zur Ausrüstung und Modernisierung anderer wichtiger Branchen ist ein moderner Werkzeugma­
schinenbau. Deshalb plant die EAWU ein Eurasisches Zentrum für Werkzeugmaschinenbau einzurichten. Das En­
gineering-Zentrum soll als integriertes "Gehirn" für die technologische Entwicklung des Werkzeugmaschinen­
baus fungieren. Treibende Länder sind Russland und Belarus. Künftig soll sich der Maschinenbau der EAWU-Län­
der selbst mit Werkzeugmaschinen und neuen Technologien versorgen können, statt auf Importe aus Japan,
Deutschland und den USA angewiesen zu sein.
Umweltgerechte Technologien wie Elektromobile
Die EAWU setzt auch auf moderne, umweltgerechte Technologien. Der Weltmarkt für Umwelttechnologien und
-dienstleistungen ist einer der am dynamischsten wachsenden mit einem geschätzten Marktvolumen von 500
Mrd. US$ und einem jährlichen Zuwachs von 5%. Die eurasische Plattform "Technologien für die ökologische
Entwicklung" soll ermöglichen, diesen Markt für Unternehmen aus der EAWU zu erschließen.
Eine der Prioritäten ist die Produktion von umweltgerechten Transportmitteln (z.B. Elektrobusse, gasgetriebene
Fahrzeuge). Im Jahr 2016 wurde ein Aktionsplan für Anreize zur Produktion und Nutzung von Elektrofahrzeugen
in der EAWU beschlossen. Dieser sieht vor, ein Testlabor zur Genehmigung der entwickelten Pilotmodelle von
Kraftfahrzeugen mit Elektroantrieb einzurichten, die Antragstellung für die Genehmigungsdokumentation beim
Bau der Lade- und Service-Infrastruktur für Elektromobile zu vereinfachen und die Marktteilnehmer über das
Thema Elektromobilität besser zu informieren, vor allem über die Vorteile der Nutzung von Elektrofahrzeugen.
Der Kampf mit den immer größer werdenden Abfallbergen steht ebenfalls auf der Agenda der EAWU. Es ist ein
Pilotprojekt zum Bau von fünf Müllverbrennungsanlagen geplant. Außerdem soll die Luftverschmutzung verrin­
gert und das Klima geschützt werden. Ziel des ersten Kooperationsprojektes der EAWU ist es, technologische
Lösungen zur Bekämpfung der Prozesse der Verwüstung und Degradierung der Böden in ariden Zonen zu entwi­
ckeln. Durch Labor- und Experimentalforschung wird eine Methode zur Verbesserung der physikalisch-chemi­
schen und biologischen Charakteristika von Böden und Pflanzen gesucht, besonders in Kasachstan und Russ­
land. Die Experten sehen Potenzial zur Vermarktung der entwickelten Technologie nicht nur in der EAWU, son­
dern auch in Drittstaaten.
Der Ansatz der Eurasischen Wirtschaftskommission, mehr Innovation in der Industrie zu stimulieren, ist der rich­
tige Weg zur Modernisierung der Industrie der EAWU-Länder. Die EAWU kann gute Rahmenbedingungen schaf­
fen, aber die Innovation selbst kann nur von engagierten Mitarbeitern auf der Arbeitsebene kommen. Dieses in­
novative Klima zu schaffen - das ist noch ein weiter Weg in Ländern wie Russland, Belarus und Kasachstan, die
von staatlichem Dirigismus geprägt sind.
(E.W.)
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