• IZZ ener Das Wirtschaftsmagazin für die Energiezukunft •• FINANZMARKTE Lukrative Öko-Fonds auch für Privatanleger DIGITALISIERUNG Wie intelligente Netze und Zähler die Energiewelt verändern MOBILITÄT Elektroautos und Trump-Effekte: Wasc201 7 bringen wird 5,90 Euro Februar 2017 bizz-energy.com markets. KOLUMNE Completely knocked down Mit kurzatmigen Deals und hohen Schutzzöllen wird Donald Trump die globale Autoindustrie in den nächsten Jahren umkrempeln von Ferdinand Dudenhöffer 62 marketse as sogenannte Weltwirtschaftsforum in Davos bot ein reichlich skurriles Bild: Chinas Staatspräsident Xi Jinping hielt eine flammende Rede zur Bedeutung des freien Warenverkehrs. Ausgerechnet Xi, der Chinas Binnenproduktion mit Einfuhrzöllen von 30 Prozent auf Autos schützt. Offensichtlich aber sind auch ihm die 140-Zeichen-1\vitter-Botschaften des neuen USPräsidenten Donald Trump nicht geheuer. Volkswagen einigte sich gerade noch rechtzeitig vor Trumps Vereidigung mit den US-Justizbehörden über die größten Baustellen des „Dieselgate". die der frühpensionierte Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn hinterlassen hat. Der musste am 19.Januarvor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags erscheinen - und hielt sich bedeckt. .,Auch ich suche bisher nach befriedigenden Antworten", gab er lapidar zu Protokoll und ging mit seinen Anwälten nach Hause. Das grenzte an Veralberung - in den USA wäre es anders gelau · fen. Winterkorn hat Belastungen von mehr als 20 Milliarden Euro hinterlassen. ~ioglicherweise muss der Konzern weitere zehn Milliarden Euro als Schadenersatz an VW-Aktionare zahlen. Winterkorn gehört ins Guinness-Buch der Rekorde: Kein Chef der Welt hat seinem Unternehmen je zuvor einen so gewaltigen Schaden zugefügt. Aber es gibt auch gute Nachrichten: Bei VW ist eine neue Zeit angebrochen. Die Konzernwelt unter Winterkorn und Ex-Aufsichtsrat Ferdinand Piech beschrieb der Spiegel einmal treffend als „Nordkorea nur ohne Arbeitslager". Jetzt spürt man die Befreiung, der neue VW-Lenker Matthias Müller hat völlig neue Entscheidungsstrukturen eingezogen. Kreativität erhält eine Chance, die neue Freiheit bei VW kann Berge versetzen. Themen wie Elektroautos und Fahrdienste a la Uber stehen ganz oben auf der Agenda. Trotz der größten Krise der Konzernhistorie hat VW sogar Toyota als weltgrößten Hersteller überholt. Aus dem auf vier Räder fixierten Autobauer wird gerade ein Mobilitätskonzern. Welche Rolle spielt künftig Donald Trump? Der neue US-Präsident definiert neue, sonderbar anmutende Regeln - und setzt auf Deals mit Vorständen, zum Beispiel mit Fiat Chrysler-Chef Sergio Marchionne. Auch dem sitzt jetzt die US-Umweltbehörde EPA im Nacken; sie hegt den Verdacht, dass FiatChrysler bei mehr als 100.000 Diesel-Fahrzeugen in den USA eine Schummelsoftware einsetzt und deutlich zu hohe Stickoxid-Emissionen in die Luft bläst. Das erinnert stark an VW, aber Marchionne ist zuversichtlich, dass sein Konzern viel weniger bluten wird. Er tönt sogar: D .Wer uns mit VW vergleicht, hat was geraucht." Das hatte Trump nicht besser twittem können. Was macht Marchionne so ZU\ersichtlich? Der Mann ist als gelernter Investmentbanker ein Fan schneller Deals - wie Trump. Beide sind ahnliche Charaktere, und es ist gut möglich. dass sie sich auch bereits telefonisch verstandigt haben. In •edem Fall ist Fiat Chrysler Trump entgegengekommen und hat verkündet, tausende neue Stellen in den US\ c:.uf Kosten von Mexiko zu schaffen. Im Gegenzug setzt \iarchionne darauf, dass Trump sein Wahlkampfversprechen hält und die EPA auflöst - ~· or sie Fiat Chrysler gefährlich werden kann. St-lche schnellen Deals werden die Trump-Jahre prägen. Langfristige, nachhaltige Konzepte wird Trump verwerfen, seine Redenschreiber werden zur Begrün· dung vielleicht Keynes zitieren: .. In the long run, we are all dead". Allein: Mit kurzatmigen Deals und Gegengeschäften wird Trump keine Anreize für Innovationen setzen, sondern auf ausgetrampelten Wegen marschieren. In Trumps Welt passt der Brexit wunderbar. Der EU-Austritt muss für die englische Autoindustrie nicht das schlechteste Szenario sein. Eine US-britische Zollunion würde etwaJaguarLandrover die Chance geben. seine Erfolgsgeschichte in Amerika auch ohne eigenes US-Werk fortzusetzen. Ohnehin ist der Konzern im Premiumsegment bereits seit Jahren ein Überflieger. Das niedrige Pfund und überschaubare Importhemmnisse machen JaguarLandrover gegenüber Audi oder Porsche wettbewerbsfähiger. Trumps Motto „America First" wird die globale Autoindustrie verändern, es ist mit hohen Schutzzöllen zu rechnen. Als Folge werden alle Hersteller in den USA produzieren müssen. wenn sie ihre Absatzchancen dort wahren wollen. Immerhin benötigen sie nicht unbedingt eine Komplettfabrik, sondern nur sogenannte Completely Knocked Down Kits (CKD). Dabei werden Autos in Einzelteilen in Kisten verpackt und dann im Verkaufsland an einer Montagestraße zusammengesetzt. CKD ist die Ausweichstrategie, um hohe Zölle zu umgehen. Es werden zwar einige Arbeitsplätze im Verkaufsland geschaffen, um die Regierung zu befrieden - aber die Kostenstrukturen bleiben überschaubar. CKD war bislang ein Konzept für Geschäfte in Entwicklungsländern. Künftig wird es Teil der Lebensrealität in Trumps Amerika. • Trumpund Marchionne sprechen die gleiche Sprache FERDINAND DUDENHÖFFER ... ist Direldor des CAR.Center Automotive Research an der Universitöt Duisburg-Essen sowie Inhaber des lehntuhl, für allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Euen. 63
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